Da die Tantieme Teil der Gesamtausstattung ist, beeinflusst diese zunächst einmal die Angemessenheit der Gesamtausstattung (s. oben). Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Tantieme für sich (bei Angemessenheit der Gesamtausstattung) die Grenzen der Angemessenheit einhält. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich des Angemessenen sich auf eine Bandbreite von Beträgen erstrecken kann. Allerdings gehen Rechtsprechung und Verwaltung davon aus, dass die Zahlung einer Gewinntantieme i. d. R. eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, soweit sie 50 % des Jahresgewinns übersteigt (BFH vom 15. 03. 2000, I R 74/99, BStBl II 2000, 547 und vom 04. 06. 2003, I R 24/02, BStBl II 2004, 136 sowie vom 06. 05. 2004, I B 223/03, BFH/NV 2004, 1294 sowie BMF vom 01. 02. 2002, BStBl I 2002, 219). Bemessungsgrundlage dieser Regelvermutung ist der Jahresüberschuss vor Abzug der Steuern und der Tantieme (aber nach Berücksichtigung der fixen Geschäftsführervergütung).
Geschäftsführer G der XY-GmbH soll neben einem Festgehalt eine Gewinntantieme erhalten. Beim Abschluss der Vereinbarung über das Geschäftsführergehalt gehen die Gesellschafter von einem Jahresüberschuss vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern von 63 000 EUR aus. Die Ertragsteuern (KSt, SolZ, GewSt) sollen aus Vereinfachungsgründen mit 60 000 EUR angesetzt werden. Der Geschäftsführer soll ein Festgehalt i. H. v. 150 000 EUR sowie eine Tantieme von einem Dritten des Jahresüberschusses vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhängigen Steuern erhalten.
LÖSUNG In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die Tantieme als solche angemessen ist. Der Jahresüberschuss vor Abzug der Tantieme beträgt 360 000 EUR. Die Tantieme beläuft sich vereinbarungsgemäß auf (360 000 EUR × 1/3 =) 120 000 EUR. Damit beträgt der Jahresüberschuss nach Abzug der Tantieme 240 000 EUR. Da der GmbH damit nach Abzug der Tantieme noch mindestens 50 % des Jahresüberschusses verbleiben, ist die Tantieme insoweit angemessen.
In einem zweiten Schritt ist nun die Gesamtausstattung auf die Angemessenheit hin zu überprüfen. Der Jahresüberschuss vor Abzug der Geschäftsführervergütung und der Tantieme beläuft sich auf (240 000 EUR + 120 000 EUR + 150 000 EUR =) 510 000 EUR. Nach Abzug der Gesamtvergütung verbleiben der Gesellschaft 240 000 EUR. Damit verbleibt der Gesellschaft nach Abzug der Gesamtvergütung nicht mindestens 50 % des Jahresüberschusses vor Steuern. Die Gesamtvergütung müsste auf 255 000 EUR (= die Hälfte des Jahresüberschusses vor Abzug der Geschäftsführervergütung und der Tantieme) reduziert werden. Es steht der Gesellschaft frei, ob sie die Tantieme oder das Festgehalt entsprechend absenkt.
Neben der 50 %-Regelung ist nach Ansicht von Rechtsprechung und Verwaltung (vgl. H 8.8 KStH "Grundsätze" m. w. N. sowie BFH vom 04. 06. 2003, I R 24/02, BStBl II 2004, 136) zu beachten, dass die Bezüge im Allgemeinen wenigstens zu 75 % aus einem festen und höchstens zu 25 % aus erfolgsabhängigen Bestandteilen bestehen dürfen. Übersteigt der variable Anteil der Vergütung diese Grenze, ist im Einzelfall zu ermitteln, ob die gewählte Gestaltung betriebliche Ursachen hat oder gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. In letzterem Fall liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Die angemessene Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers soll 400 000 EUR/Jahr betragen. Der Jahresüberschuss vor Tantieme und Steuern wird mit 1,6 Mio. EUR geschätzt.
LÖSUNG Bei einer angemessenen Gesamtausstattung von 400 000 EUR darf die Tantieme (absolut) nicht mehr als 25 % = 100 000 EUR betragen.
Damit ergibt sich ein Tantiemesatz von 100 000 EUR/1,6 Mio. EUR = 6,25 %.
Dieser Satz kann bis zu einer wesentlichen Änderung der Gewinnsituation vereinbart werden.
Die Verwaltung (BMF vom 01. 02. 2002 a. a. O.) will für die Fälle, in denen eine Nur-Tantieme zulässig ist (also insbesondere Gründungsphase; s. oben), ein Abweichen vom 75/25-Maßstab zulassen. Wie auch die 50 %-Regel darf auch die 75/25-Regel nur als Richtschnur angenommen werden. Es kommt jeweils entscheidend auf die Verhältnisse des einzelnen Falles an (so ausdrücklich BFH vom 04. 06. 2003 a. a. O.).