Prof. Dr. Uwe Grobshäuser
Eine vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht (R 8.5 Abs. 1 KStR).
2.3.1.1 Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung
Eine vGA kann nur dann angenommen werden, wenn bei der GmbH eine tatsächliche Vermögensminderung eingetreten ist oder eine Vermögensmehrung verhindert wurde.
Beispiel 1
Eine GmbH veräußert an ihren Geschäftsführer ein Grundstück für 200 000 EUR, obwohl der Verkehrswert 250 000 EUR beträgt.
LÖSUNG Das Vermögen der GmbH wurde um 50 000 EUR gemindert, da einem Abgang des Grundstücks mit 250 000 EUR nur ein Zuwachs im Bankkonto von 200 000 EUR entgegensteht. Damit liegt eine vGA vor.
Beispiel 2:
Eine GmbH vermietet an ihren Gesellschafter eine Wohnung für 500 EUR monatlich, obwohl ein Mietzins von 800 EUR monatlich angemessen wäre.
LÖSUNG Hätte die GmbH den Mietvertrag zu Konditionen abgeschlossen, wie sie unter fremden Dritten üblich sind, dann hätte sich das Vermögen der GmbH im Wj. um (12 × 300 EUR =) 3 600 EUR erhöht. Insoweit liegt eine vGA vor.
2.3.1.1.1 Rückgängigmachung der verdeckten Gewinnausschüttung
Eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung wird nicht dadurch ausgeschlossen oder rückgängig gemacht, dass der Gesellschafter den Betrag der vGA an die Gesellschaft nachzahlen bzw. zurückzahlen muss.
In vielen Gesellschaftsverträgen finden sich entsprechende Klauseln. Diese sind gesellschaftsrechtlich sinnvoll, da damit ein Streit unter den Gesellschaftern über ungerechtfertigte Zuwendungen an einzelne Gesellschafter vermieden werden kann.
Steuerrechtlich vermögen derartige Vereinbarungen eine vGA weder zu verhindern noch rückgängig zu machen (vgl. BFH vom 25. 05. 1999 BStBl II 2001, 226 und vom 29. 08. 2000 BStBl II 2001, 173).
Die Rückzahlung einer vGA durch den Gesellschafter, an den verdeckt ausgeschüttet worden war, stellt nämlich – ebenso wie bei der Rückzahlung einer offenen Ausschüttung – eine verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft dar. Entscheidend hierfür ist, dass die Rückzahlung der vGA – wie diese selbst – ihre Ursache in dem Gesellschaftsverhältnis hat. Die steuerlichen Rechtsfolgen hängen nicht davon ab, ob die Rückzahlung auf einer gesetzlichen Verpflichtung (§ 62 AktG; § 31 GmbHG) oder auf einer Vereinbarung zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Gesellschafter beruht oder ob sie freiwillig erfolgt.
Als Einlage wirkt sich die Rückzahlung nicht auf die Höhe des Einkommens der Kapitalgesellschaft aus (§ 8 Abs. 3 Satz 3 KStG). Die Einlage ist als Zuführung im steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG) zu behandeln und führt beim Gesellschafter zu nachträglichen Anschaffungskosten i. S. d. § 17 EStG. Ein Abzug als negative Einnahmen ist ausgeschlossen (BFH vom 18. 02. 1966 BStBl III 1966, 250).
2.3.1.1.2 Vorteilsausgleich
Erleidet die Kapitalgesellschaft einen Vermögensnachteil, der grundsätzlich als vGA zu beurteilen ist, erhält sie gleichzeitig aber von ihrem Gesellschafter Leistungen, die nicht wie unter fremden Dritten abgerechnet werden, so stellt sich die Frage, ob Vorteil und Nachteil saldiert werden können (sog. Vorteilsausgleich).
Gesellschafter G vermietet an die GmbH eine Halle für monatlich 1 500 EUR. Als es der GmbH finanziell schlecht geht, reduziert er den Mietzins auf 200 EUR monatlich. Gleichzeitig vereinbart er, dass ihm die GmbH unentgeltlich Räume zu Wohnzwecken überlässt. Die angemessene Miete hierfür liegt bei 800 EUR monatlich.
Es stellt sich nun die Frage, ob die vGA wegen der Überlassung der Wohnräume mit dem Vorteil, den die GmbH aus der verbilligten Überlassung der Halle erzielt, saldiert werden kann.
LÖSUNG Die unentgeltliche Überlassung der Wohnräume steht hier in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der verbilligten Überlassung der Halle. Man könnte auch die Überlassung der Wohnräume als Mietzahlung für die Halle werten. In diesem Falle kann saldiert werden. Da G einen Vorteil von monatlich 800 EUR erhält, gleichzeitig aber der GmbH einen Vorteil von 1 300 EUR zuwendet, liegt keine vGA vor.
Die Rechtsprechung bejaht grundsätzlich die Möglichkeit des Vorteilsausgleichs, wenn Leistung und Gegenleistung aus den auszugleichenden Rechtsgeschäften so eng zusammenhängen, dass sie wirtschaftlich als ein einheitliches Geschäft anzusehen sind (BFH vom 08. 06. 1977 BStBl II 1977, 704).
Die Rechtsprechung sieht aber den Vorteilsausgleich als Ausnahme an. Im Grundsatz sind Verträge zwischen Gesellschaft und Gesellschafter jeweils getrennt zu beurteilen (kein Vorteilsausgleich zwischen Gehaltsnachzahlung und unentgeltlicher Überlassung von Geschäftsräumen, BFH vom 03. 04. 1974 BStBl II 1974, 497; kein Vorteilsausgleich zwischen überhöhtem Gehalt an die Ehefrau und Gehaltsverzicht des Ehemannes als Gesellschafter-Geschäftsführer, BFH vom 07. 12. 1988 BStBl II 1988, 248).
Die Grundsätze des Vorteilsausgleichs können nur dann zum Zuge kommen, wenn die gegenseitig gewährten Ve...