Prof. Dr. Uwe Grobshäuser
Im Regelfall ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH vom 14. 03. 1990 BStBl II 1990, 795).
Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter steht die Zuwendung an einen Dritten gleich, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Falls der Dritte eine einem Gesellschafter nahestehende Person ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte (BFH vom 18. 12. 1996 BStBl II 1997, 301 sowie BFH vom 11. 12. 2018 a. a. O.).
Da das "Nahestehen" lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zur Begründung des "Nahestehens" jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst.
Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (H 8.5 "Nahestehende Person" KStH; BFH vom 18. 12. 1996 a. a. O.).
G ist zusammen mit A, B und C Gesellschafter einer GmbH. Außerdem ist G zusammen mit K 1 und K 2 Gesellschafter der XY-KG. Die GmbH schließt mit K1 einen Werkvertrag und zahlt einen Werklohn, der 25 % über dem Üblichen liegt.
LÖSUNG Das "Nahestehen" führt nicht automatisch zu einer vGA. Es muss immer noch die gesellschaftsrechtliche Veranlassung hinzukommen. Es besteht aber die Vermutung, dass die gesellschaftsrechtliche Beziehung zwischen G und K 1 die Vorteilszuwendung beeinflusst hat.
Je enger die Beziehung ist, umso schwerer wird die Vermutung zu widerlegen sein, das "Nahestehen" habe die Vorteilszuwendung beeinflusst.
Gesellschafterin G der XY-GmbH schließt mit ihrem Schwager einen Anstellungsvertrag, wonach dieser als Monteur einen Arbeitslohn von 75 000 EUR erhält, obwohl seiner Ausbildung und seiner Berufserfahrung entsprechend ein fremder dritter Arbeitgeber maximal 55 000 EUR gezahlt hätte.
LÖSUNG Hier dürfte es der GmbH kaum gelingen nachzuweisen, dass die familiäre Beziehung keine Auswirkung auf das überhöhte Gehalt hat.
Fließt eine vGA einer Person zu, die einem Gesellschafter nahe steht, ist die vGA steuerrechtlich stets dem Gesellschafter als Einnahme zuzurechnen (§§ 11, 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Es spielt keine Rolle, ob der Gesellschafter durch die vGA selbst einen Vermögensvorteil erlangt (BFH vom 18. 12. 1996 a. a. O.; BMF vom 20. 05. 1999 BStBl I 1999, 514).
In obigem Beispiel muss G eine vGA i. H. v. 20 000 EUR als Einnahme versteuern (§§ 11, 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Im Gegenzug muss konsequenterweise der Schwager nach § 19 EStG lediglich 55 000 EUR als Einnahme versteuern (keine doppelte Besteuerung des Vorteils).