Prof. Dr. Uwe Grobshäuser
Ein auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhender Verzicht eines Gesellschafters auf seine nicht mehr vollwertige Forderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft führt bei dieser zu einer verdeckten Einlage i. H. d. Teilwerts der Forderung (H 8.9 KStH "Forderungsverzicht"). Dies gilt auch dann, wenn die entsprechende Verbindlichkeit auf abziehbare Aufwendungen zurückgeht. Der Verzicht des Gesellschafters auf eine Forderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft im Wege der verdeckten Einlage führt bei ihm zum Zufluss des noch werthaltigen Teils der Forderung (BFH GrS vom 09. 06. 1997 BStBl II 1998, 307).
Gesellschafter G ist Geschäftsführer der X-GmbH. Sein vertraglich vereinbartes Geschäftsführergehalt beläuft sich auf 10 000 EUR monatlich. Da die X-GmbH unter erheblichen Zahlungsschwierigkeiten leidet, zahlt sie in 2018 das Gehalt nicht aus. Zum 31. 12. 2018 bilanziert sie eine Verbindlichkeit i. H. v. 120 000 EUR. Im Januar 2019 verzichtet G auf Druck der Banken auf das ausstehende Gehalt. Die GmbH kann zu diesem Zeitpunkt ihre Verbindlichkeiten nur noch zu 30 % erfüllen.
LÖSUNG Auf der Ebene der GmbH ist die Verbindlichkeit zum Nennwert auszubuchen (BS: Verbindlichkeit an Ertrag 120 000 EUR). Außerbilanziell ist wegen der verdeckten Einlage eine Korrektur vorzunehmen. Da die Forderung des Gesellschafters aber nur noch i. H. v. (120 000 EUR × 30 % =) 36 000 EUR werthaltig war, erfolgt lediglich eine Kürzung um diesen Betrag. Es verbleibt auf Ebene der GmbH ein Ertrag i. H. v. (120 000 EUR ./. 36 000 EUR =) 84 000 EUR. Gleichzeitig ist das Einlagekonto um den werthaltigen Teil der Forderung zu erhöhen (= 36 000 EUR).
Auf Ebene des Gesellschafters führt der Verzicht i. H. d. werthaltigen Teils (= 36 000 EUR) zu einem Zufluss von Arbeitslohn (§ 19 EStG). Im Übrigen entstehen dem Gesellschafter i. H. d. verdeckten Einlage (= 36 000 EUR) nachträgliche Anschaffungskosten, die einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG mindern.
Eine verdeckte Einlage bei der Kapitalgesellschaft kann auch dann anzunehmen sein, wenn der Forderungsverzicht von einer dem Gesellschafter nahestehenden Person ausgesprochen wird. Dieser Fall ist nicht zu verwechseln mit dem Ausfall einer Forderung bei einer dem Gesellschafter nahestehenden Person. Hier gilt der Grundsatz, dass Drittaufwand nicht abziehbar ist (BFH vom 12. 12. 2000 BStBl II 2001, 286).
Wie Beispiel oben. Die F ist die Ehefrau des Gesellschafters G. Sie arbeitet als Angestellte der GmbH für monatlich 8 000 EUR. In 2018 bekommt sie das Gehalt wegen der Zahlungsschwierigkeiten nicht ausgezahlt.
- Im Januar 2019 verzichtet sie auf ihr ausstehendes Gehalt, um die Sanierungsbemühungen ihres Ehemannes zu unterstützen.
- Im Januar 2019 muss die GmbH Insolvenz anmelden.
LÖSUNG In der Alternative a) ist der Verzicht wirtschaftlich so zu behandeln, als ob die F die Gehaltsforderung ihrem Ehemann zuwendet und dieser die Forderung verdeckt in die GmbH einlegt. Aus Sicht der GmbH liegt eine Leistung des G vor. Daher sind die Rechtsfolgen die gleichen wie im Beispiel oben.
In der Alternative b) erleidet die F einen Verlust. Dieser Verlust kann nicht dem Ehemann zugerechnet werden, da das Verbot des Abzugs von Drittaufwand gilt.
Hat der Gesellschafter für Darlehen an die Gesellschaft eine Bürgschaft abgegeben, so führt der Verzicht auf die Rückgriffsforderung (§ 774 BGB) i. H. d. Werthaltigkeit zu einer verdeckten Einlage (BFH vom 12. 12. 2000 BStBl II 2001, 234; vom 31. 05. 2005 BStBl II 2005, 707).
Eine verdeckte Einlage liegt auch vor, wenn auf eine Forderung verzichtet wird, die kapitalersetzenden Charakter hat (BFH vom 16. 05. 2001 BStBl II 2002, 436). I. H. d. verdeckten Einlage liegen nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung vor. Dies hat insbesondere Bedeutung für die Berechnung des Veräußerungs- oder Liquidationsgewinns nach § 17 EStG.
Wird eine vGA vom Gesellschafter zurückbezahlt, so hat dies auf die Versteuerung der vGA keinen Einfluss. Allerdings liegt insoweit eine verdeckte Einlage des Gesellschafters vor.
Verzichtet der Gesellschafter auf seine Tätigkeitsvergütung, so ist zu differenzieren: Hat er bereits einen Vergütungsanspruch erworben, so muss die Gesellschaft hierfür eine Verbindlichkeit passivieren. Verzichtet der Gesellschafter auf seine Forderung, so gelten die allgemeinen Grundsätze des Forderungsverzichts (BFH vom 09. 06. 1997 BStBl II 1998, 307). Ist die Forderung im Zeitpunkt des Verzichts aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft nichts mehr wert, so ist die verdeckte Einlage unter Umständen mit 0 EUR zu bewerten.
Verzichtet der Gesellschafter auf künftige Gehaltsansprüche, so liegt keine verdeckte Einlage vor, da es insoweit an einer Vermögensmehrung bei der Gesellschaft mangelt. Es fließt in diesem Fall auch dem Gesellschafter-Geschäftsführer keine Einnahmen nach § 19 EStG zu (BFH vom 14. 03. 1989 BStBl II 1989, 633).
Ein Verzicht des Gesellschafters auf bereits erworbene Pensionsansprüche ist besonders problematisch, da i. H...