Prof. Dr. Uwe Grobshäuser
Dividenden, die eine in Deutschland unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft aus einer Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen Kapitalgesellschaft erhält, sind grundsätzlich steuerfrei (zu den Ausnahmen s. unten).
§ 8b Abs. 1 KStG gilt für alle Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. §§ 1 und 2 KStG als Empfänger.
§ 8b Abs. 1 KStG enthält eine abschließende Aufzählung der Tatbestände, die unter die Beteiligungsertragsbefreiung fallen. Dies sind insbesondere Bezüge aus offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen.
Schüttet eine Kapitalgesellschaft Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG) aus, so gehören diese Beträge nicht zu den Dividenden i. S. d. § 8b Abs. 1 KStG. Die Einlagenrückgewähr unterliegt aber der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG (BMF vom 28. 04. 2003 BStBl I 2003, 292, Rz. 6).
Liquidationsraten, die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital mit Ausnahme des Nennkapitals i. S. d. § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG bestehen und nicht aus dem Bestand des steuerlichen Einlagekontos i. S. d. § 27 KStG stammen, gehören gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und fallen daher unter die Beteiligungsertragsbefreiung (BMF vom 28. 04. 2003 a. a. O., Rz. 7).
Die Beteiligungsertragsbefreiung erstreckt sich auch auf Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenansprüchen (§ 8b Abs. 1 Satz 2 KStG).
Unabhängig von dem Befreiungstatbestand des § 8b Abs. 1 KStG ist die Kapitalertragsteuer in voller Höhe abzuführen. Diese beträgt ab VZ 2009 25 % des Kapitalertrags (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Die Kapitalertragsteuer wird i. R. d. Körperschaftsteuerveranlagung in voller Höhe angerechnet (§ 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG). Bei beschränkt Steuerpflichtigen ohne inländisches Betriebsvermögen hat der Kapitalertragsteuereinbehalt abgeltende Wirkung (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG).
Ein besonderes Problem stellen Quellensteuern (Kapitalertragsteuern) dar, die eine in Deutschland ansässige Kapitalgesellschaft für im Ausland erzielte Dividenden gezahlt hat. Eine Anrechnung nach § 26 KStG ist nicht möglich, da auf die ausländischen Dividenden wegen § 8b Abs. 1 KStG keine deutsche Körperschaftsteuer entfällt.
Die Steuerfreiheit des § 8b Abs. 1 KStG ginge zugunsten ausländischer Quellensteuern verloren. Hier greift aber die Europäische Mutter-Tochter-Richtlinie (Umsetzung: § 43b EStG). Danach muss für eine Dividende, die an eine Muttergesellschaft gezahlt wird, die mindestens 10 % an einer Tochtergesellschaft beteiligt ist (Art. 3 der Richtlinie) keine Quellensteuer abgeführt werden (Art. 5 der Richtlinie). Die Richtlinie gilt sowohl für eine deutsche Mutter mit ausländischer Tochter in einem EU-Mitgliedstaat als auch für den umgekehrten Fall.
Außerhalb des Anwendungsbereiches der europäischen Mutter-Tochter-Richtlinie sehen zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen eine ermäßigte Quellensteuer im Verhältnis Mutter-Tochter vor (sog. Schachtelprivileg; z. B. Art. 10 Abs. 2a DBA USA).
Die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG ist im Wege einer außerbilanziellen Korrektur vorzunehmen (BMF vom 10. 01. 2000 BStBl I 2000, 71).
Die A-GmbH ist zu 100 % an der B-GmbH beteiligt. Diese schüttet eine Dividende i. H. v. 1 Mio. EUR. Nach Abzug von 25 % Kapitalertragsteuer und 5,5 % SolZ überweist die B-GmbH 736 250 EUR.
LÖSUNG Die A-GmbH bucht handelsrechtlich: Bank 736 250 EUR, Kapitalertragsteuer 250 000 EUR und SolZ 13 750 EUR an Beteiligungserträge 1 Mio. EUR. Damit erhöht sich der handelsrechtliche Jahresüberschuss um 1 Mio. EUR. Aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes gilt dies auch für die Steuerbilanz.
Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 8 KStG) erfolgt außerbilanziell eine Kürzung um 1 Mio. EUR und eine Hinzurechnung von (5 %=) 50 000 EUR. Die Kapitalertragsteuer und der SolZ werden bei der Veranlagung der A-GmbH auf die Steuerschuld angerechnet.
Im Rahmen einer Organschaft ist § 8b Abs. 1 KStG stets auf der Ebene des Organträgers zu berücksichtigen (sog. Bruttomethode). Dadurch wird verhindert, dass natürliche Personen oder Personengesellschaften die Steuerfreiheit des § 8b Abs. 1 KStG in Anspruch nehmen.
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Zwischen der X-KG (Organträger) und der G-GmbH (Organgesellschaft) besteht ein Organschaftsverhältnis. Die G-GmbH hält Anteile an der A-AG. Die A-AG schüttet eine Dividende von 1,2 Mio. EUR an die G-GmbH aus. Unter Einrechnung der Dividende beträgt der Jahresüberschuss der G-GmbH 6,2 Mio. EUR. |
LÖSUNG Auf der Ebene der Organgesellschaft ist § 8b Abs. 1 KStG nicht anwendbar. Der Jahresüberschuss ist daher nicht zu korrigieren. Da der Organträger eine Personengesellschaft ist, kann § 8b Abs. 1 KStG auf dieser Ebene ebenfalls nicht angewendet werden. Es bleibt bei der Steuerpflicht. Allerdings ist auf Ebene der KG das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Buchst. d EStG) anzuwenden. Dadurch ergibt sich außerbilanziell eine Minderung des aufgrund der Organschaft zuzurechnenden Einkommens um (1,2 Mio. EUR × 40 % =) 4...