Eine Kapitalherabsetzung ist gesellschaftsrechtlich nur unter strenger Beachtung der §§ 58 ff. GmbHG möglich.
Die Rückzahlung von Stammeinlagen an den Gesellschafter führt in der Regel nicht zu einem Gewinn nach § 17 EStG, da die Stammeinlage den Anschaffungskosten entspricht.
Das Stammkapital der Z-GmbH beträgt 100 000 EUR. Einziger Gesellschafter ist G, der die Gesellschaft gegründet hat. In 2019 soll das Stammkapital in gesellschaftsrechtlich zulässiger Form auf 25 000 EUR herabgesetzt werden. Das durch die Kapitalherabsetzung freiwerdende Stammkapital soll an G ausbezahlt werden.
LÖSUNG Die Kapitalherabsetzung fällt unter § 17 Abs. 4 EStG, soweit Stammkapital an den Gesellschafter ausbezahlt wird. Der gemeine Wert des zurück gezahlten Vermögens beträgt (75 000 EUR × 60 % =) 45 000 EUR. Die Anschaffungskosten betrugen – bezogen auf den Herabsetzungsbetrag – ebenfalls (75 000 EUR × 60 % =) 45 000 EUR.
Die Kapitalherabsetzung kann auch dann gewinnneutral sein, wenn die Anschaffungskosten höher waren als das Stammkapital, da der Herabsetzungsbetrag in voller Höhe von den ursprünglichen Anschaffungskosten der Kläger für die Beteiligung abzusetzen ist (BFH vom 29. 06. 1995, VIII R 69/93 BStBl II 1995, 725).
Wie oben. Gesellschafter G hat die Beteiligung für 500 000 EUR erworben.
LÖSUNG Der Erlös beträgt auch in dieser Variante (75 000 EUR × 60 % =) 45 000 EUR. Der Herabsetzungsbetrag ist voll von den Anschaffungskosten abzusetzen; somit sind im Rahmen der Berechnung nach § 17 Abs. 4 EStG Anschaffungskosten i. H. v. (75 000 EUR × 60 % =) 45 000 EUR zu berücksichtigen. Der Gewinn beläuft sich wieder auf 0 EUR.
Hat der Gesellschafter die Beteiligung zu einem Kaufpreis erworben, der geringer war als das entsprechende Stammkapital, so kann die Kapitalherabsetzung gewinnwirksam werden (BFH vom 29. 06. 1995 a. a. O.).
Wie oben. Gesellschafter G hat die Beteiligung für 10 000 EUR erworben.
LÖSUNG In diesem Fall entsteht ein Gewinn nach § 17 Abs. 4 EStG. Dem Erlös i. H. v. (75 000 EUR × 60 % =) 45 000 EUR sind die vollen Anschaffungskosten gegenüber zu stellen (10 000 EUR × 60 % =) 6 000 EUR. Damit hat der Gesellschafter (45 000 EUR ./. 6 000 EUR =) 39 000 EUR zu versteuern.
Wird im Rahmen einer Kapitalherabsetzung der Herabsetzungsbetrag nicht ausgekehrt (z. B. bei einer nominellen Kapitalherabsetzung zum Ausgleich einer Unterbilanz), so ist § 17 Abs. 4 EStG nicht anzuwenden.
Der Herabsetzungsgewinn entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalherabsetzung im Handelsregister (BFH vom 06. 04. 1976, VIII R 72/70 BStBl II 1976, 341). Wird der Herabsetzungsbetrag vor der Eintragung der Kapitalherabsetzung im Handelsregister ausbezahlt, so kann dies als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sein. Eine vGA liegt nicht vor, wenn die Beteiligten im Zeitpunkt der Zahlung alles unternommen haben, was zum handelsrechtlichen Wirksamwerden erforderlich ist und wenn Gläubigerinteressen nicht berührt sind (BFH vom 29. 06. 1995 a. a. O.).
Ist der Kapitalherabsetzung eine Kapitalerhöhung vorausgegangen, die aus Gesellschaftsmitteln erfolgte und bei der Gewinnrücklagen verwendet wurden (Sonderausweis nach § 28 KStG), so gilt die Rückzahlung des Nennkapitals insoweit als Gewinnausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG als dieser Sonderausweis für die Kapitalherabsetzung verwendet wurde.
Die XY-GmbH hat ein Stammkapital von 100 000 EUR. In 2008 wurde eine Gewinnrücklage i. H. v. 250 000 EUR zur Kapitalerhöhung verwendet. In 2019 wird das Kapital um 100 000 EUR herabgesetzt und an den Alleingesellschafter G ausgekehrt.
LÖSUNG Wird das Stammkapital durch Umwandlung von Rücklagen erhöht, so ist dieser Teil des Nennkapitals getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen (§ 28 Abs. 1 KStG). Der Sonderausweis beträgt im vorliegenden Beispiel 250 000 EUR.
Im Fall der Herabsetzung des Stammkapitals wird zunächst der Sonderausweis gemindert. Insoweit gilt die Rückzahlung des Stammkapitals als steuerpflichtige Dividende (§ 28 Abs. 2 KStG). G hat daher eine Dividende i. H. v. 100 000 EUR zu versteuern. Die Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 1 EStG) ist anzuwenden, soweit der Gesellschafter keinen Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG stellt.