Personengesellschaften sind zwar umsatzsteuerrechtsfähig, als ideelle Gebilde sind sie jedoch nicht selbst handlungsfähig; sie handeln ausschließlich über ihre Organe. Dabei gilt bei den Personengesellschaften der Grundsatz der Selbstorganschaft, der besagt, dass nur ein Gesellschafter Geschäftsführer (= Organ) einer Personengesellschaft sein kann. Soweit dabei ein Gesellschafter in Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte als Organ der Gesellschaft tätig war, hatte er nach überholter Auffassung der Rechtsprechung und Finanzverwaltung keine Leistungen an die Gesellschaft erbracht. Der BFH führte in einem Urteil vom 17. 07. 1980 (BStBl II 1980, 622) dazu aus: "Der Gesellschafter leistet nicht an die Gesellschaft, sondern die Gesellschaft verkörpert sich in seinem Handeln." Mit Urteil vom 06. 06. 2002 hat der BFH (BStBl II 2003, 36) jedoch seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und festgestellt, dass – bezogen auf Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen durch einen Gesellschafter für eine Personengesellschaft – ein Leistungsaustausch lediglich voraussetzt, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.
Nach dieser Entscheidung und den hierzu ergangenen Schreiben des BMF, die nunmehr in A 1.6 Abs. 3 ff. UStAE eingearbeitet wurden, gilt nunmehr Folgendes.
Bei der Beurteilung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen durch Gesellschafter sind zwei Fragen zu unterscheiden:
- In welchen Fällen ist der Gesellschafter selbständig tätig?
- Wann kommt es zwischen Gesellschafter und Gesellschaft zu einem umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch?
1. Selbständigkeit des Geschäftsführers? Der Geschäftsführer ist |
Natürliche Person:
- Kriterien zur Selbständigkeit in R 19.0 LStR 2011 Amtliche Hinweise
- § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist ohne Bedeutung
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Juristische Person:
- diese ist grundsätzlich selbständig
- Ausnahme: Organschaft
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Folge: Der Geschäftsführer ist |
Selbständig! Dann weiter mit 2. |
Unselbständig! Dann kein steuerbarer Umsatz! |
2. Liegt ein Leistungsaustausch gegen Sonderentgelt vor?
- Die Bezeichnung ist irrelevant!
- Die handelsrechtliche Behandlung als Aufwand ist ein Indiz für Sonderentgelt.
- Es liegt kein Leistungsaustausch vor, wenn der Gesellschafter nur am Gewinn und Verlust beteiligt ist.
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Wenn nach diesen Kriterien ein Leistungsaustausch vorliegt: steuerbarer Umsatz des Geschäftsführers. |
Wenn nach diesen Kriterien ein Leistungsaustausch nicht vorliegt: kein steuerbarer Umsatz des Geschäftsführers. |
Natürliche Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an eine Personengesellschaft erbringen, werden unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG selbständig tätig. Gem. A 2.2 Abs. 2 UStAE ist die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen für die USt, ESt und GewSt nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 18. 10. 2007 ("van der Stehen" Rs. C-355/06) diese Betrachtungsweise, die die Frage der Selbständigkeit nach einer Würdigung der vertraglichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter ausrichtet, bestätigt. Da es somit nicht mehr entscheidend auf die Organstellung des Gesellschafters ankommt, könnte unter gewissen Voraussetzungen auch ein Komplementär nicht selbständig tätig sein.
In diesem Kontext hat der BFH mit Urteil vom 14. 04. 2010 (XI R 14/09 BStBl II 2011, 433) entschieden, dass ein geschäftsführender Komplementär einer KG in umsatzsteuerlicher Hinsicht unselbständig sein kann. Danach sind die einzelnen Merkmale, die für und gegen die Selbständigkeit i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG sprechen, unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen. Selbständigkeit in der Organisation und bei der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sprechen für persönliche Selbständigkeit. Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, die Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Erfolgs, Ausführung von einfachen Tätigkeiten, die regelmäßig weisungsgebunden sind, sprechen gegen die Selbständigkeit der Tätigkeit. Besondere Bedeutung kommt dem Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung und dem Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko) zu. Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit; ist der Steuerpflichtige von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt, spricht dies gegen Selbständigkeit. Die Finanzverwaltung hat in A 2.2 Abs. 2 Satz 3 UStAE dieses Urteil übern...