Leitsatz

Erwerbsbedingte Fremdbetreuungskosten sind dem Grunde und der Höhe nach Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.

 

Sachverhalt

Sachverhalt

Die verheiratete Steuerpflichtige war im Jahr 2001 nichtselbstständig tätig. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie und ihr Ehemann Kinderbetreuungskosten i. H. von 4.371 DM für die am 1.1.1988 und 5.7.1995 geborenen Kinder als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt hat die Aufwendungen nicht als Werbungskosten anerkannt, weil diese mit dem gewährten Kinderfreibetrag abgegolten seien. Im Klageverfahren trägt die Steuerpflichtige vor, dass die bisherige Rechtsprechung des BFH zur Nichtabzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten bei beiderseits berufstätigen Eltern gegen Art. 3 und 6 GG verstoße.

 

Entscheidung

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts sind die von der Steuerpflichtigen aufgewandten Fremdbetreuungskosten dem Grunde und der Höhe nach als Werbungskosten abzugsfähig, weil sich dies im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG i. V. mit § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG 2001 und § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 3 EStG 2001 ergibt.

Durch das einfachgesetzliche Verständnis dieser Vorschriften wird das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gebot der horizontalen Steuergerechtigkeit, sowie das Benachteiligungsverbot aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt. Die dadurch notwendige verfassungskonforme Auslegung führt dazu, dass die Abzugsfähigkeit der erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten nicht an dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG scheitern darf, weil den Eltern nicht vorgehalten werden darf, diese Kosten seien nicht unvermeidbar. Bei verfassungskonformer Auslegung sind auch die Kinderbetreuungskosten nicht durch die Gewährung des Betreuungsfreibetrags nach § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 3 EStG abgegolten, da dieser untrennbar in einem Gesamtfreibetrag aufgegangen ist. Durch diesen Freibetrag wird nur das steuerliche Existenzminimum eines Kindes freigestellt. Daneben kann ein steuerlich nicht berücksichtigter erwerbsbedingter Kinderbetreuungsbedarf verbleiben. Im Streitjahr ist der Fremdbetreuungsaufwand den Werbungskosten zuzuordnen, weil der Gesetzgeber über die Abschaffung des § 33c EStG in den Jahren 2000 und 2001 von seiner Freiheit, die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten den außergewöhnlichen Belastungen zuzuordnen, keinen Gebrauch gemacht hat. Mit der Einführung der §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 EStG 2006 durch das FördWachsG hat der Gesetzgeber die erwerbsbedingten Betreuungskosten den Werbungskosten zugeordnet.

 

Hinweis

Gegen das vorstehende Urteil wurde Revision eingelegt. Der Ausgang dieses Verfahrens ist für die ab 1.1.2006 geltende Neuregelung, nach welcher nur ⅔ der Betreuungskosten als Werbungskosten abzugsfähig sind, von großer Bedeutung, da der BFH auch über die Frage der vollen Abzugsfähigkeit zu entscheiden hat. Betroffene sollten daher Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil v. 1.8.2006, 8 K 4006/03, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 60/06.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Erbschaftsteuergesetz-Kommentar enthalten. Sie wollen mehr?