Leitsatz
In einem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht zwischen den Gesamtrechtsnachfolgern der im August 2002 verstorbenen Erblasserin und dem Finanzamt ging es primär um von der Erblasserin nicht bzw. erst verspätet erklärte Kapitaleinkünfte und Vermögenswerte sowie die Wirksamkeit eines den Rechtsnachfolgern des zuletzt verstorbenen Ehegatten zugestellten Zusammenveranlagungsbescheides nach dem Tod beider steuerpflichtiger Ehegatten.
Sachverhalt
Die Antragsteller in dem Verfahren vor dem FG waren Gesamtrechtsnachfolger der am 2. August 2002 verstorbenen Erblasserin, die in den Streitjahren 1990, 1992 und 1993 mit ihrem im September 1997 vorverstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer und zu den Hauptveranlagungszeitpunkten auf den 1.1.1989 und 1.1.1993 zusammen zur Vermögensteuer veranlagt worden war.
In den die Streitjahre 1990, 1992 und 1993 betreffenden Einkommensteuererklärungen erklärten die verstorbenen Ehegatten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Wesentlichen nur die in- und ausländischen Erträge aus einem Wertpapierdepot bei der H-Bank. Nur diese Erträge wurden zunächst in den Steuerbescheiden berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 23. Februar 2001 meldete die spätere Erblasserin bislang nicht erklärte Kapitaleinkünfte und Vermögenswerte aus einem ihr gehörenden Wertpapierdepot in der Schweiz für die Jahre 1994 bis 1998 nach. Daraufhin wurde sie vom Finanzamt aufgefordert, berichtigte Einkommensteuererklärungen für 1990 bis 1993 sowie Vermögensteuer-Erklärungen zum 1.1.1990 bis 1.1.1993 einzureichen. Dieser Aufforderung kam sie nicht nach, so dass eine Schätzung der Einkünfte aus dem Wertpapierdepot in der Schweiz erfolgte. Auf der Grundlage dieser Schätzung erließ das Finanzamt am 20. Dezember 2001 den nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid 1990 und am 28. Dezember 2001 den Bescheid auf den 1.1.1990 über VSt-Neuveranlagung, mit dem die VSt für 1990 bis 1992 festgesetzt wurde. Am 30. April 2003 erließ das FA jeweils geänderte ESt-Bescheide 1992 und 1993 und den geänderten VSt-Bescheid auf den 1.1.1993. Die Bescheide vom 20. Dezember und vom 28. Dezember 2001 enthielten den Vermerk "für Frau AS zugleich als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Herrn RS", die Bescheide vom 30. April 2003 enthielten den Hinweis "für A, B, C als Rechtsnachfolger von AS". Die hiergegen eingelegten Einsprüche mit der Begründung, die Steuerfestsetzung seit wegen eingetretener Festsetzungsverjährung unzulässig, weil der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung nicht erfüllt sei, blieben ohne Erfolg.
Im Rahmen einer daraufhin erhobenen Klage beantragten die Rechtsnachfolger der Erblasserin, die ESt-Bescheide für 1990, 1992 und 1993 sowie den VSt-Bescheid auf den 1.1.1990 und den VSt-Bescheid auf den 1.1.1993 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit von der Vollziehung auszusetzen.
Das FA beantragte, diesen Antrag abzulehnen.
Der Antrag der Antragsteller hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das FG kam zu dem Ergebnis, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte seien nicht ersichtlich.
Bei dem im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel beständen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die streitgegenständlichen Bescheide in ausreichendem Maße erkennen ließen, wer die Steuer im Sinne von § 157 Abs. 1 S. 2 AO schulde. Die noch zu Lebzeiten der Erblasserin erlassenen Zusammenveranlagungsbescheide vom 20. Dezember 2001 und vom 28. Dezember 2001 seien ordnungsgemäß an die spätere Erblasserin zugleich als Rechtsnachfolgerin des vorverstorbenen Ehemannes adressiert worden. Die Zusammenveranlagungsbescheide vom 30. April 2003 seien an die Antragsteller als Rechtsnachfolger der verstorbenen Frau AS gerichtet. Allerdings fehle der Hinweis darauf, dass der Steuertatbestand nicht ausschließlich von Frau AS verwirklicht worden sei, sondern auch von ihrem vorverstorbenen Ehemann, deren Rechtsnachfolgerin sie war. Dieser fehlende Hinweis auf den anderen Ehegatten berühre jedoch nicht die Wirksamkeit der Bescheide.
Die angefochtenen Bescheide seien auch innerhalb der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 AO erlassen worden, es greife die zehnjährige Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 S. 2 AO ein. Es beständen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Nichterklärung der Einkünfte und des Vermögens aus dem Wertpapierdepot in der Schweiz in der Person von Frau AS oder - was zum selben Ergebnis führen würde - von Herrn RS den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO erfüllt habe. Es sei - wie schon in der Einspruchsentscheidung des FA ausgeführt - nicht glaubhaft, dass die Eheleute S von der Steuerpflicht in Deutschland keine Kenntnis gehabt hätten. Trotz ihres hohen Alters seien sie in der Lage gewesen, ein Wertpapierdepot in Millionenhöhe zu verwalten und gleichzeitig aufgrund umfangreicher Dispositionen und Vermögensumschichtungen innerhalb eines Zeitraums von...