Leitsatz

Der Befall einer Wohnung mit Hausschwamm stellt eine private Katastrophe dar, die eher mit einem Wohnungsbrand oder mit Wasserschäden vergleichbar ist, als mit Baumängeln. Die Aufwendungen für die Beseitigung von Hausschwamm können daher als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige besitzt eine Wohnung in einem im Jahr 1900 errichteten Gebäude, in dem von einem Sachverständigen Hausschwamm entdeckt wurde. Ein amtsärztliches Gutachten wurde vor der Sanierung nicht eingeholt. Sie machte Kosten für die Beseitigung des Hausschwamms von 10.491 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht an mit der Begründung, dass der Schwammbefall aufgrund seiner Häufigkeit nicht als außergewöhnlich anzusehen sei. Außerdem hätte die Gesundheitsgefährdung durch ein amtsärztliches Attest nachgewiesen werden müssen. Die Steuerpflichtige trug vor, dass sie gesundheitlich geschädigt worden wäre, wenn sie den Schwamm nicht beseitigt hätte. Ein amtsärztliches Gutachten sei nicht erforderlich gewesen, weil allgemein bekannt sei, dass Hausschwamm eine akute Gesundheitsgefährdung bedeute.

Das FG hat entschieden, dass die Aufwendungen für die Beseitigung des Hausschwamms als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können. Nach Auffassung des FG stellt der Befall einer Wohnung mit Hausschwamm eine private Katastrophe dar, die eher mit einem Wohnungsbrand vergleichbar ist, als mit herkömmlichen Baumängeln. Der Befall einer Wohnung mit Hausschwamm stellt einen besonderen Schicksalsschlag dar, der nicht von der allgemeinen Lebensführung erfasst wird. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen gibt es für das FG keine Zweifel, dass sich die Steuerpflichtige den Aufwendungen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnte. Das FG sieht den Nachweis der Zwangsläufigkeit durch das vorab erstellte Gutachten des Sachverständigen für Bautenschutz als erbracht an. Die sog. Gegenwerttheorie steht der Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen, da durch die Schadensbeseitigung ein verlorener Aufwand entsteht, und erst durch diesen Aufwand der Zustand wiederhergestellt worden ist, den das Objekt einmal hatte.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.08.2010, 12 K 10270/09; Az. des BFH: VI R 70/10.

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