Leitsatz

Die in den Ausfuhrdokumenten zu hochpreisigen Uhren gewählte Bezeichnung mit Herstellerangabe und Referenznummer ist handelsüblich i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) und § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStDV und genügt damit den für steuerfreie Ausfuhrlieferungen erforderlichen Buch- und Belegnachweisen. Die zusätzliche Angabe der Individualnummer der Uhren ist nicht erforderlich.

 

Problematik

Eine Schmuckhändlerin lieferte u.a. "hochpreisige" Markenarmbanduhren an Kunden in Hongkong und Japan (Wiederverkäufer). In einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen einen Lieferanten wurde angegeben, lt. einer Ausgangsrechnung vom 7.2.2001 seien zwei C-Uhren mit denselben Referenznummern (RT …) am 13.2.2001 nach Hongkong ausgeführt worden; bereits am 20.2.2001 sei eine Uhr mit derselben Referenznummer bei der Beschlagnahme wieder im Inland aufgefunden worden. Nach Ansicht der Steuerfahndung waren daher alle zehn von der Firma C erworbenen Uhren nur scheinbar nach Hongkong geliefert, diese tatsächlich aber von der Händlerin im Inland veräußert worden.

Das Finanzamt versagte ihr daher die Steuerbefreiung für die angemeldeten Ausfuhrumsätze. Es meinte, für die Ausfuhrbefreiung sei für eine "handelsübliche Bezeichnung" der Uhren (i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStDV – Belegnachweis – und § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStDV – Buchnachweis –) in solchen Fällen die Angabe der sog. Referenznummern, die das Modell, die Ausführung und das Material der Uhr kennzeichneten, nicht ausreichend. Vielmehr müssten die individuellen Seriennummern angegeben werden.

 

Entscheidung des Finanzgerichts

Das Finanzgericht gab der Händlerin recht. Es verwies darauf, dass bisher das Merkmal "handelsüblich" in der Rechtsprechung nicht in dem weiten Sinne des Finanzamts ausgelegt worden sei. Zwar hätten das Finanzgericht Baden-Württemberg[1] und das Finanzgericht München[2] – ohne Definition des Merkmals – unter Bezugnahme auf die "Mussvorschrift" des § 8 UStDV für die Versendung hochpreisiger Uhren die Angaben reiner Gattungsbezeichnungen wie "automatische Armbanduhren" mit Angabe des Gewichts ohne weitere individualisierende Beschreibungen nicht als handelsüblich in diesem Sinne ausreichen lassen, da diese Angaben nicht die zweifelsfreie Identifizierung der ausgeführten Uhren zuließen.

Das Finanzgericht hielt aber die vom BMF-Merkblatt zur Umsatzsteuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr (zuletzt in der Fassung vom 28.5.2004[3]) vertretene Auslegung, dass "handelsüblich" jede Bezeichnung einer Ware ist, die im Geschäftsverkehr dafür verwendet wird, für zutreffend. Entscheidend sei, welcher Handelsbrauch bei der Versendung hochpreisiger Uhren im Hinblick auf die Warenbezeichnungen festgestellt werden kann. Da im Klageverfahren eine uneinheitliche Praxis im Geschäftsverkehr festgestellt worden sei, genüge die Angabe der Herstellerangabe und Referenznummer.

Im Übrigen wäre – so das Finanzgericht – keine eindeutigere Prüfung für das Finanzamt anhand der Belege gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV (der Einheitspapiere Nr. 3 mit den zugehörigen Ausgangsrechnungen) möglich gewesen, wenn in diesen auch die Individualnummer der Uhren angeführt gewesen wären.

 

Konsequenzen für die Praxis

Wegen der Maßgeblichkeit des Merkmals "handelsübliche Bezeichnung" kann eine Revisionsentscheidung des BFH nicht nur die Befreiung der Ausfuhrlieferung, sondern auch die Rechnungsanforderungen für den Vorsteuerabzug betreffen. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG verlangt als Rechnungsangabe "die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände".

Der vom Finanzgericht eingeschlagene Weg dürfte überzeugen. Er entspricht dem (allerdings nicht berücksichtigten) Urteil des BFH v. 19.4.2007 zur Leistungsbeschreibung in einem Umsatzsteuer-Karussell. In dem Urteil ging der BFH nicht vom Vorliegen eines Handelsbrauchs aus, nach dem die sog. IMEI-Nummern von Mobil-Telefonen – also die Individualnummern – "handelsübliche" Angaben seien. Soweit er auf die Literatur-Diskussion über deren Bedeutung als ergänzende Unterlagen verwies, betraf das besondere Feststellungspflichten bei Missbrauchsverdacht.

Zwar hat der BFH zuvor im vorläufigen Rechtsschutz[4] als noch nicht geklärt bezeichnet, ob über die Lieferung von Mobiltelefonen die jedem Gerät vom Hersteller zugeordnete Gerätenummer in der Rechnung oder in einer Anlage zur Rechnung (Lieferschein) angegeben werden muss; für den Vorsteuerabzug aus einer Rechnung zur Identifizierung der Leistung reiche es nicht aus, wenn über hochpreisige Uhren und Armbänder mit Kaufpreisen von jeweils 5.000 DM und mehr mit bloßen Gattungsbezeichnungen "Uhren" und "Armbänder" abgerechnet wird[5]. Das FG beurteilte es aber (m.E. zutreffend) als zweifelhaft, ob das auch hier gelte, zumal die Rechnungen nicht nur bloße – allgemeine – Gattungsbezeichnungen, sondern auch Artikel-Nummern aufwiesen.

Jedenfalls muss in solchen Fällen berücksichtigt werden, ob der allgemeine Geschäftsverkehr solche Angaben in Rechnungen, wie sie ...

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