Leitsatz

Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs aus betrieblich veranlassten Aufwendungen für die Auftrittsgarderobe eines Entertainers gem. § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG i. V. m. § 12 Nr. 1 EStG ist nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.

 

Problematik

Ein Piano-Entertainer machte Vorsteuerbeträge u. a. aus Aufwendungen für einen Smoking und andere elegante dunkle Anzüge geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG, weil nicht nachgewiesen sei, dass es sich um besondere Kleidung handle, die für private Anlässe ungeeignet sei.

Das zum 1.4.1999 mit § 15 Abs. 1a UStG eingeführte Vorsteuerabzugsverbot verweist auf § 12 Nr. 1 EStG. Es betrifft damit sog. Aufwendungen für die Lebensführung, wie z. B. für Kleidung, die nicht typische Berufskleidung ist.

 

Entscheidung des Finanzgerichts

Das FG sah zwar die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsverbots für erfüllt an, weil der Smoking keine nahezu ausschließlich beruflich verwendbare Kleidung sei. Es sah aber die Vorschrift des § 15 Abs. 1a UStG als unvereinbar mit der 6. EG-Richtlinie und damit unanwendbar an. Nach Art. 17 der Richtlinie ist die MwSt für Gegenstände abziehbar, die der Steuerpflichtige für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet. Ausnahmen vom Abzugsrecht müssen durch die Richtlinie zugelassen oder im Mitgliedstaat bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie vorhanden gewesen sein. Daran fehlt es lt. FG. Bei Inkrafttreten der 6. EG-Richtlinie gab es im UStG - als technischen Vorläufer des Vorsteuerabzugsverbots - zwar die Eigenverbrauchsregelung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c UStG. Diese nahm aber noch nicht auf § 12 Nr. 1 EStG Bezug.

Das FG erkannte dem Pianisten den Vorsteuerabzug insoweit voll zu.

Eine Vorlage an den EuGH hielt das FG für nicht erforderlich, es ließ aber die Revision zu, über die der BFH noch nicht entschieden hat (Az.: V R 25/06).

 

Konsequenzen für die Praxis

Der Fall dürfte zur sog. Berufskleidung und anderen Gegenständen, die auch der Lebensführung dienen können, weitgehende praktische Bedeutung haben. Ist die Verweisung auf § 12 Nr. 1 EStG eine gemeinschaftsrechtlich nicht genehmigte Ausnahme vom Vorsteuerabzugsrecht, so ist der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung zu gewähren, soweit der Gegenstand vom Erwerber für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet wird. Es muss sich um einen Gegenstand handeln, der mindestens zu 10 Prozent für das Unternehmen genutzt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Darüber hinaus ist es eine Frage des Nachweises, welcher Verwendungsumfang gegeben ist.

Die Verweisung auf § 12 Nr. 1 EStG wurde durch den Gesetzgeber erst 1990 in den Eigenverbrauchstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c eingefügt, nachdem der BFH[1] den Vorsteuerabzug aus der Errichtung eines sog. Weinbrunnens, der sowohl der Werbung, als auch dem persönlichen Andenken des Winzers diente, voll anerkannte und dabei darauf verwies, dass die Eigenverbrauchsregelung sich nicht auf § 12 EStG beziehe.

Steuerpflichtige, die den Vorsteuerabzug aus Gegenständen der Lebensführung (die sie objektiv nachweisbar unternehmerisch verwenden) vom Finanzamt unter Hinweis auf § 15 Abs. 1a i. V. m. § 12 EStG abgelehnt bekommen, sollten ggf. unter Hinweis auf das FG-Urteil Einspruch einlegen. Der Abschluss des BFH-Verfahrens bleibt abzuwarten.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil v. 23.2.2006, 14 K 3585/03 - Rev. eingelegt (Az. des BFH: V R 25/06) -, EFG 2006 S. 1018.

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