Leitsatz

Das Finanzamt nimmt den Kläger aus unbeschränkter Erbenhaftung wegen bestehender Steuerrückstände des Erblassers in Anspruch. Der Kläger meint, auf Grund der Errichtung des Nachlassinventars sei eine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass eingetreten, was jedoch nicht der Fall ist. Darüber hinaus hat der Kläger den Nachlass nicht ordnungsgemäß verwaltet, so dass er sich die daraus resultierenden Ersatzansprüche ebenfalls entgegenhalten lassen muss.

 

Sachverhalt

Der Kläger wendet sich mit der Vollstreckungsgegenklage gegen die vom Finanzamt betriebene Zwangsvollstreckung in sein Eigenvermögen an Grundstücken wegen bestehender Haftungsschulden des bereits verstorbenen Vaters des Klägers. Streitig ist, ob der Kläger dabei unbeschränkt oder lediglich mit dem Nachlassvermögen haftet.

Der Kläger errichtete nach dem Tode des Vaters ein notarielles Nachlassverzeichnis, wobei der Notar den Kläger über die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten der Herbeiführung einer beschränkten Erbenhaftung belehrte und zugleich darauf hinwies, dass die Inventarerrichtung nicht zur Haftungsbeschränkung führt. In dem Nachlassverzeichnis gab der Kläger u.a. die grundschuldrechtlich gesicherten Forderungen der GmbH als Verbindlichkeiten mit an; die GmbH hat einen Verzicht auf die Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens erklärt.

Mit bestandskräftigem Haftungsbescheid nahm das Finanzamt den Kläger in der Folgezeit wegen der auf Hinterziehungshandlungen beruhenden Steuerrückstände des Vaters in Anspruch. Im Nachhinein stellte der Kläger fest, dass die GmbH - nach seinen Angaben im Nachlassverzeichnis abgetretene - Grundschuldbriefe an den Vater des Klägers zurückgegeben hatte und sich diese im Nachlass befanden. Daraufhin trat der Kläger die Grundschulden erneut ab.

 

Entscheidung

Gegen die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens als Vollstreckungsmaßnahme nach der AO ist die Leistungsklage auf Unzulässigerklärung der Vollstreckung zulässig, in diesem Falle jedoch unbegründet, da das Finanzamt den Kläger zu Recht als Gesamtrechtsnachfolger für die Haftungsschulden des Erblassers in Anspruch genommen hat.

Die Einwendung der beschränkten Erbenhaftung ist durch formlose Erklärung gegenüber der Vollstreckungsbehörde geltend zu machen, was der Kläger auch gegenüber dem Finanzamt getan hat.

Jedoch sind die Voraussetzungen der beschränkten Erbenhaftung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht gegeben - allein die Errichtung des Inventars hat nicht die Haftungsbeschränkung zur Folge. Unstreitig ist auch weder die Nachlassverwaltung noch Nachlassinsolvenz angeordnet bzw. durchgeführt worden. Auch die alleinige Erklärung der GmbH, auf die Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu verzichten, führt nicht zur Haftungsbeschränkung.

Auch die vom Kläger erhobene Dürftigkeitseinrede führt diesen nicht zum Ziel, denn die Dürftigkeit ist auf Grund der Hinzurechnung von Ersatzansprüchen gegen den Kläger wegen mangelhafter Verwaltung des Nachlasses entfallen. Diese Einrede setzt zunächst voraus, dass eine die Kosten der Nachlassverwaltung oder der Nachlassinsolvenz deckende Masse fehlt. Die Überschuldung des Nachlasses muss jedoch nicht eingetreten sein. Entscheidender Zeitpunkt der Feststellung der Dürftigkeit ist derjenige der Entscheidung über die Einrede, d.h. die letzte mündliche Verhandlung.

Der Kläger haftet allerdings für die ordnungsgemäße Verwaltung und Erhaltung des Nachlasses. Zwar macht er geltend, dass nennenswerte Aktiva nicht mehr vorhanden seien. Er war den Nachlassgläubigern aber zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Erhaltung des Nachlasses verpflichtet. Der Ersatzanspruch beläuft sich bereits ohne Berücksichtigung des Nachlassgrundstücks auf 37.500 DM, so dass die Kosten für die Durchführung eines Nachlassinsolvenzverfahrens offensichtlich gedeckt sind. Die Frage, ob der Nachlass überschuldet ist, ist nicht entscheidungserheblich, da auf Grund des Vorhandenseins der kostendeckenden Masse Dürftigkeit schon nicht vorliegt.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.05.2006, 3 K 153/05

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