Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob die im Rahmen des Realsplittings dem Unterhaltsberechtigten entstandene und von dem Unterverpflichteten zu erstattende Einkommensteuer als Unterhaltsleistungen und damit sonstige Einkünfte des Unterhaltsberechtigten i.S.d. § 22 EStG zu qualifizieren ist.
Sachverhalt
Zwischen der Klägerin und dem beklagten Finanzamt bestand Streit darüber, ob in das sog. "begrenzte Realsplitting" auch Zahlungen des Unterhaltsverpflichteten an den Unterhaltsberechtigten einzubeziehen sind, die dem Ausgleich steuerlicher Nachteile aufgrund des in den Vorjahren durchgeführten begrenzten Realsplittings aufseiten des unterhaltsberechtigten Ehegatten dienen.
Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Sie lebte von ihrem Ehemann getrennt und erhielt von diesem Unterhaltszahlungen. Im Oktober 1997 hatte sie eine Anlage U für Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten zur Einkommensteuererklärung für 1996 unterzeichnet und dem Antrag auf Abzug von Barleistungen i.H.v. 28.908,00 DM (Unterhaltsleistungen) zugestimmt.
Der getrennt lebende Ehemann hatte sich im Gegenzug durch schriftliche Erklärung vom 18. Oktober 1996 bereit erklärt, die aufseiten seiner Ehefrau im Hinblick auf die Durchführung des begrenzten Realsplittings entstehenden Steuern zu übernehmen.
Aus der Durchführung des begrenzten Realsplittings war bei der Klägerin für die Jahre 1999, 2000 und 2001 insgesamt Einkommensteuer i.H.v. 2.412,16 EUR entstanden, die der getrennt lebende Ehemann in monatlichen Raten von 200,00 EUR ab August 2003 an sie zahlte.
Unter Berücksichtigung der von dem Ehemann der Klägerin im Streitjahr geltend gemachten Unterhaltszahlungen i.H.v. 3.094,00 EUR als sonstige Einkünfte setzte das Finanzamt die ESt der Klägerin für das Streitjahr mit Bescheid vom 25. November 2005 auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens i.H.v. 23.464,00 EUR auf 3.901,00 EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den sie u.a. damit begründete, die von dem Ehemann geltend gemachten Zahlungen von monatlich 200,00 EUR für Januar bis Juli und 110,00 EUR für August 2004 stellten keine Unterhaltszahlungen dar.
Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage und begehrte, die ESt ohne Einbeziehung der Ausgleichszahlungen des getrennt lebenden Ehemannes entsprechend niedriger festzusetzen.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das FG hielt die Klage für nicht begründet.
Das Finanzamt habe zu Recht die von dem getrennt lebenden Ehemann der Klägerin an diese im Streitjahr geleisteten Ausgleichszahlungen i.H.v. 1.212,16 EUR für steuerliche Nachteile, die der Klägerin aus der Durchführung des begrenzten Realsplittings in zurückliegenden Jahren entstanden seien, als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1a EStG steuererhöhend erfasst.
Die Ausgleichszahlungen des von der Klägerin getrennt lebenden Ehemannes seien Unterhaltsleistungen und damit sonstige Einkünfte der Klägerin i.S.d. § 22 EStG. Zu den sonstigen Einkünften zählten gemäß Nr. 1a dieser Vorschrift auch Einkünfte aus Unterhaltsleistungen, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG von dem Unterhaltspflichtigen abgezogen werden könnten. Nach der für das Streitjahr geltenden Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG könnten Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten bis zu 13.805,00 EUR im Kalenderjahr als Sondergaben abgezogen werden, wenn der Unterhaltspflichtige dies mit Zustimmung des Empfängers beantrage.
Der Begriff "Unterhaltsleistungen" sei in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht definiert. Er entspreche dem in § 33a Abs. 1 EStG verwendeten Begriff "Aufwendungen für den Unterhalt", da der Gesetzgeber mit der Einführung des Realsplittings den Steuerpflichtigen bewusst das Wahlrecht zwischen dem Abzug als Sonderausgabe oder als außergewöhnliche Belastung eingeräumt habe. Danach seien Unterhaltsleistungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG die typischen Aufwendungen zur Bestreitung der Lebensführung. Ebenso gehörten hierzu auch die auf die Unterhaltsleistungen entfallende ESt nebst Solidaritätszuschlag und ggf. die Kirchensteuer (Lindberg in Frotscher, EStG, § 10 Rz. 21; Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 10 Rz. 27; Hutter in Blümich, a.a.O., Rz. 62; Söhn in Kirchhof/Söhn, EStG, Rn. C20; Steiner in Lademann, EStG, § 10 Anm. 64; offen: Schmidt/Heinicke, EStG, 25. Aufl. 2006, § 10 Rz. 50).
Die beruhe darauf, dass die von dem getrennt lebenden Ehemann übernommene Verpflichtung zum Ausgleich der der Ehefrau erwachsenden steuerlichen Nachteile unterhaltsrechtlichen Charakter habe. Die Verpflichtung des ausgleichsberechtigten Ehegatten zur Zustimmung zum begrenzten Realsplitting gegen Ausgleich der ihm hierdurch erwachsenden steuerlichen Nachteile beruhe auf einer Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Rahmen des zwischen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ...