Entscheidungsstichwort (Thema)
Hoferbschaft
Leitsatz (amtlich)
a) Dem Hofeigentümer steht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu, wenn es das Landwirtschaftsgericht ablehnt, seiner negativen Hoferklärung (§ 1 Abs. 4 Satz 1 HöfeO) durch ein Ersuchen des Grundbuchamts auf Löschung des Hofvermerks (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 HöfeVfO) Folge zu leisten.
b) Stirbt der Hofeigentümer nach Eingang seiner negativen Hoferklärung beim Landwirtschaftsgericht, so sind seine Erben gegen eine ablehnende Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts beschwerdeberechtigt. Unter mehreren Erben kann jeder Miterbe für sich allein – auch gegen den Willen des Hofprätendenten – den Antrag auf Löschung des Hofvermerks (auch im Wege der sofortigen Beschwerde) weiterverfolgen.
c) Das Rechtsbeschwerdegericht kann ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden, wenn das Beschwerdegericht die Zulässigkeit einer Beschwerde bejaht hat und es im Wege einer zulässigen Rechtsbeschwerde (§ 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG) nur um diese Frage geht.
Leitsatz (redaktionell)
Für die Löschung des Hofvermerks auf Grund der unwiderruflich gewordenen Erklärung des Erblassers muss jeder Miterbe allein beschwerdeberechtigt sein, denn der Vollzug der Erklärung entscheidet, ob der Hof einem Sondererbrecht nach der Höfeordnung unterliegt.
Normenkette
LwVG § 22; HöfeVfO § 1 Abs. 1; LwVG § 9; FGG § 20 Abs. 2; BGB § 2038 Abs. 1 S. 2; LwVG § 20 Abs. 1 Nr. 4; HöfeO § 1 Abs. 4 S. 1, Abs. 7; HöfeVfO § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 3; BGB § 1922 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Celle (Beschluss vom 20.06.1994) |
AG Rinteln |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Celle vom 20. Juni 1994 wird auf Kosten des Beteiligten zu 3, der den Beteiligten zu 1 und 2 die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 DM.
Tatbestand
I.
Verfahrensgegenstand ist ein Antrag auf Löschung eines Hofvermerks.
Der Landwirt Karl S. (im folgenden: Erblasser) war Eigentümer eines ca. 20 ha großen Hofes. Aus seiner Ehe gingen drei Kinder hervor, nämlich die Beteiligten dieses Verfahrens. Der Erblasser verpachtete den Hof mit Vertrag vom 1. April 1969 bis zum 30. März 1988 an den Beteiligten zu 3, seinen ältesten Sohn. Über die Beendigung des Pachtverhältnisses kam es zwischen beiden zu Streit; im Wege gerichtlichen Vergleichs einigte man sich auf eine Verlängerung des Pachtvertrages bis zum 30. September 1988.
Am 8. Oktober 1988 schloß der Erblasser mit dem Sohn der Beteiligten zu 1 einen Hofübergabevertrag und erklärte mit notariell beglaubigter Urkunde vom 10. Oktober 1988 unter anderem, daß sein Hof kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr sein solle. Diese Urkunde reichte der Notar am 21. November 1988 beim Landwirtschaftsgericht ein, mit dem Antrag, den Hofvermerk zu löschen. Der Beteiligte zu 3 widersprach der Löschung des Hofvermerks und erreichte im Wege einstweiliger Verfügung zunächst die Eintragung einer Vormerkung und schließlich eines Veräußerungsverbots. Das Landwirtschaftsgericht setzte die Entscheidung über den Antrag auf Löschung des Hofvermerks im Hinblick auf das Verfügungsverfahren mit Beschluß vom 15. Dezember 1989 aus.
Mit Urteil vom 2. Oktober 1992 stellte das Landgericht rechtskräftig fest, daß der Erblasser den Beteiligten zu 3 verbindlich zum Hoferben bestimmt habe und deshalb die beabsichtigte Hofübertragung mit Vertrag vom 8. Oktober 1988 unwirksam sei. Den Antrag des Beteiligten zu 3 auf Feststellung der Unwirksamkeit des Antrags auf Hofvermerkslöschung wies es ab.
Am 30. November 1992 verstarb der Erblasser. In dem von den Beteiligten zu 1 und 2 fortgesetzten Verfahren hat das Landwirtschaftsgericht den Antrag auf Löschung des Hofvermerks abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht das Landwirtschaftsgericht angewiesen, den Hofvermerk aufgrund der Erklärung vom 10. Oktober 1988 löschen zu lassen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3. mit der er die Verwerfung der sofortigen Beschwerde als unzulässig erstrebt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG statthaft, weil es sich nach dem Standpunkt des Beschwerdeführers um die Unzulässigkeit der Beschwerde handelt. Ohne Zulassung statthaft ist die Rechtsbeschwerde nicht nur, wenn das Oberlandesgericht die Beschwerde als unzulässig verworfen hat, sondern auch dann, wenn es die Zulässigkeit bejaht hat, der Rechtsbeschwerdeführer aber deren Unzulässigkeit geltend macht (vgl. Senatsbeschl. v. 23. Februar 1989, BLw 11/88, BGHR LwVG § 24 Abs. 2 Nr. 2, Unzulässigkeit 1). Auch gegen die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen (§§ 25, 26 LwVG) bestehen keine Bedenken.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Senat ist darauf beschränkt, die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde zu prüfen (Senat a.a.O. m.w.N.).
a) Mit Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, daß dem Hofeigentümer das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zusteht, wenn es das Landwirtschaftsgericht ablehnt, seiner negativen Hoferklärung (§ 1 Abs. 4 Satz 1 HöfeO) durch ein Ersuchen des Grundbuchamts auf Löschung des Hofvermerks (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 HöfeVfO) Folge zu leisten (vgl. OLG Celle, AgrarR 1980, 342; OLG Hamm, AgrarR 1986, 179; Wöhrmann/Stöcker, Landwirtschaftserbrecht, 5. Aufl., § 1 HöfeO Rdn. 149). Das bezweifelt auch die Rechtsbeschwerde nicht. Dem steht die Senatsentscheidung vom 30. Januar 1980 (V BLw 35/79, AgrarR 1980, 245 ff) nicht entgegen, weil sie den Fall der von einem Dritten angeregten Amtslöschung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 HöfeVfO) betrifft (vgl. dazu auch Wöhrmann/Stöcker a.a.O. Rdn. 144).
b) Zutreffend bejaht das Beschwerdegericht auch die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1 und 2.
aa) Sie richtet sich – wovon der angefochtene Beschluß und auch die Rechtsbeschwerde ausgehen – im vorliegenden Antragsverfahren nach § 20 Abs. 2 FGG (§ 1 Abs. 1 HöfeVfO i.V. mit § 9 LwVG). Grundsätzlich ist zwar nur der Antragsteller beschwerdeberechtigt. Im Falle seines Todes geht sowohl die Eigenschaft des Antragstellers als auch die Beschwerdeberechtigung im Wege der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB) auf seinen oder seine Erben über (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 20 Rdn. 56; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 20 Rdn. 11 je m.w.N.). Dies folgt mittelbar auch aus § 1 Abs. 7 HöfeO und § 4 Abs. 3 HöfeVfO. Die Löschung des Hofvermerks wirkt auf den Zeitpunkt des Eingangs der negativen Hoferklärung zurück. Mit dem Tode des erklärenden Hofeigentümers wird eine negative Hoferklärung unwiderruflich, d.h. auch das entsprechende Verfahren wird forstgesetzt. An die Stelle des Hofeigentümers können nur der oder die Erben treten (vgl. auch Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 9. Aufl., § 1 Rdn. 92; Faßbender/von Jeinsen, HöfeO, 3. Aufl., § 4 HöfeVfO Rdn. 15).
bb) Das Beschwerdegericht stellt fest, daß der Erblasser von den Beteiligten beerbt worden ist. Grundsätzlich steht die Eigenschaft als Antragsteller und die Beschwerdeberechtigung damit nur sämtlichen Miterben gemeinsam zu (Keidel/Kuntze/Winkler aaO, § 20 Rdn. 56; Schlegelberger, FGG, 7. Aufl., § 20 Rdn. 36 a.E.). Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen. Auch im vorliegenden Verfahren war es zulässig, daß nur die Beteiligten zu 1 und 2 das Verfahren weiterbetrieben und sofortige Beschwerde eingelegt haben. Es liegt ein Fall der Notgeschäftsführung (§ 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB) vor, in dem jeder Miterbe auch allein die zur Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßregeln ohne Mitwirkung der anderen treffen kann. Insoweit beurteilt sich die Rechtslage nicht anders als im Rahmen von § 744 Abs. 2 BGB (vgl. auch Palandt/Edenhofer, BGB, 54. Aufl., Rdn. 14). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, daß ein Teilhaber (Miterbe) eine Klage erheben kann, um durch sie ein zum Nachlaß gehörendes Recht zu erhalten (BGHZ 94, 117, 120). Für die Löschung des Hofvermerks aufgrund der unwiderruflich gewordenen Erklärung des Erblassers kann dies nicht anders sein, denn der Vollzug dieser Erklärung entscheidet, ob der Hof einem Sondererbrecht nach der Höfeordnung unterliegt (§§ 4 ff HöfeO) oder nicht. Ähnlich wie bei der Ablehnung eines Antrags auf Erteilung eines Erbscheins (vgl. dazu Keidel/Kuntze/Winkler aaO; KG, RJA 13, 84; KG DFG 39, 182) muß deshalb im vorliegenden Fall jeder Miterbe allein beschwerdeberechtigt sein. Im übrigen stehen die Beteiligten zu 1 und 2 und der Beteiligte zu 3 hinsichtlich der Löschung des Hofvermerks in einem unüberbrückbaren Interessenwiderstreit. Ähnlich wie in Fällen, in denen der Miterbe Schuldner hinsichtlich der Einziehung einer Forderung ist, kann dem Beteiligten zu 3 kein Stimmrecht (§§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB) zur Frage zustehen, ob das Löschungsverfahren weiterbetrieben werden soll, und zwar aufgrund einer Erblassererklärung, die er ohnehin als unwiderruflich hinnehmen muß (vgl. auch BGHZ 56, 47, 52 ff; BayObLGZ 1964, 350, 356).
cc) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Miterbenstellung der Beteiligten betreffe nur das hoffreie Vermögen des Erblassers, in bezug auf den Hof sei aber der Beteiligte zu 3 kraft formloser Bestimmung durch den Erblasser Hoferbe geworden, ist dies ein Zirkelschluß. War der Hofvermerk auf der Grundlage der negativen Hoferklärung zu löschen, dann wirkt, diese Löschung auf den Zeitpunkt des Erklärungseingangs beim Landwirtschaftsgericht zurück (§ 1 Abs. 7 HöfeO) und die „vorläufige” Hoferbenstellung des Beteiligten zu 3 entfällt rückwirkend (vgl. auch Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery a.a.O. § 1 Rdn. 92), weil dann feststeht, daß jedenfalls keine Erbfolge nach der Höfeordnung eingetreten ist. Auch nach formlos bindender Bestimmung des Hoferben kann der Erblasser durch eine negative Hoferklärung die Hofeigenschaft beseitigen und damit bewirken, daß der Hof nicht mehr einer Sondererbfolge nach der Höfeordnung unterliegt (BGHZ 101, 57 ff insbesondere S, 65; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery a.a.O. § 6 Rdn. 13; Wöhrmann/Stöcker, Landwirtschaftserbrecht a.a.O. § 7 HöfeO Rdn. 57). Eine ganz andere, hier nicht zu entscheidende Frage ist, in welchem Umfang und auf welche Weise der Beteiligte zu 3 als Hofprätendent nach der Art einer jeweiligen Bindung (z.B. Hofübergabevorvertrag) geschützt bleibt (BGHZ aaO). Verfehlt ist insbesondere die Auffassung der Rechtsbeschwerde mit Zurückweisung des Löschungsantrags durch das Landwirtschaftsgericht sei der Beteiligte zu 3 „endgültiger” Hoferbe geworden. Diese Entscheidung wurde gerade nicht rechtskräftig, sondern in zulässiger Weise von den Beteiligten zu 1 und 2 angefochten. Jede andere Betrachtung liefe darauf hinaus, daß der Beteiligte zu 3 doch die Möglichkeit hätte, die mit dem Tode des Erblassers unwiderruflich gewordene negative Hoferklärung zu unterlaufen.
dd) Schließlich fehlt die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1 und 2 auch nicht deshalb, weil das Landgericht in einem Rechtsstreit zwischen dem Beteiligten zu 3 (damals Kläger) und dem Erblasser (damals Beklagter) rechtskräftig festgestellt hat, der Beklagte habe den Kläger „gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HöfeO verbindlich zum Erben des … Hofes bestimmt”. Diese zu Lebzeiten des Erblassers ergangene Entscheidung besagt nichts darüber, daß der Beteiligte zu 3 auch Hoferbe wird oder bleibt, wenn der Erblasser durch eine vor seinem Tode abgegebene negative Hoferklärung der formlosen Hoferbenbestimmung die Grundlage entzieht (§ 1 Abs. 7 HöfeO). Wie bereits ausgeführt, hat der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob der Beteiligte zu 3 etwa im Wege eines Hofübergabevorvertrages Anspruch auf den Hof erheben kann. Diese Frage hat auch das Landgericht in seinem vorerwähnten Urteil ausdrücklich offengelassen. Sie hat mit der hier allein entscheidungserheblichen Frage zur Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nichts zu tun. Da der Senat in seiner Prüfungszuständigkeit hierauf beschränkt ist, war auch nicht zu entscheiden, ob das Beschwerdegericht dem Löschungsantrag sachlich zu Recht stattgegeben hat.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 1 HöfeVfO in Verbindung mit §§ 44, 45 LwVG. Der Geschäftswert wurde nach § 30 Abs. 2 Kostenordnung bestimmt (vgl. § 19 Buchst. h HöfeVfO; Steffen, HöfeO mit HöfeVfO 1987, § 4 HöfeVfO Rdn. 8 b; Faßbender, AgrarR 1979, 80, 81).
4. Der Senat hat ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entschieden (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG analog). Kann der Senat über eine Rechtsbeschwerde auch dann ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter befinden, wenn das Beschwerdegericht einen Antrag oder ein Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat (vgl. Senatsbeschl. v. 21. Februar 1994, BLw 79/93, AgrarR 1994, 197 ff), dann muß nach Sinn und Zweck von § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG dies auch dann möglich sein, wenn das Beschwerdegericht die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde bejaht hat und im Wege einer Rechtsbeschwerde es nur um diese Frage geht (zur teleologischen Auslegung von § 20 Abs. 1 Nr. 4 vgl. auch Senatsbeschlüsse v. 14. November 1985, BLw 23/84, RdL 1986, 46, 47 und v 6. Februar 1992, BLw 18/91, BGHR LwVG § 20 Abs. 1 Nr. 6 Prozeßkostenhilfe 1).
Unterschriften
Hagen, Vogt, Wenzel
Fundstellen
Haufe-Index 1122688 |
BGHR |
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