Leitsatz (amtlich)
Sind an einem streitigen Rechtsverhältnis ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt, von denen keines als mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen beliehenes Unternehmen gehandelt hat, so scheidet die Zuordnung des Rechtsstreits zum öffentlichen Recht auch dann aus, wenn das Handeln eines der Beteiligten der Erfüllung öffentlicher Aufgaben gedient hat. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist gegeben, wenn ein privatrechtliches Kreditinstitut, das im Rahmen eines staatlichen Förderprogramms im eigenen Namen Gelder an Private ausgezahlt hat, aus eigenem Recht Rückzahlungsansprüche gegen die Empfänger geltend macht.
Normenkette
GVG § 13; VwGO § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der am 17. März 1999 verkündete Beschluß des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. März 1999 aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für zulässig erklärt.
Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 12.366 DM.
Gründe
I.
Die klagende Bank nimmt die Beklagten auf Rückzahlung eines nach dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen gewährten Invesitionszuschusses in Höhe von 37.100 DM nebst Zinsen in Anspruch.
Im Rahmen dieses Förderungsprogramms und auf der Grundlage einer Bewilligungsentscheidung der Investitionsbank Nordrhein-Westfalen sagte die in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft betriebene Klägerin im Mai 1992 als Hausbank des Beklagten zu 1) diesem im eigenen Namen die Auszahlung des beantragten Investitionszuschusses unter der Bedingung der Schaffung weiterer sechs Arbeitsplätze zu und zahlte den Betrag in der Folgezeit aus. Sie trägt zur Begründung ihres – auch gegen die Beklagte zu 2) als Übernehmerin des Betriebs des Beklagten zu 1) gerichteten – Rückzahlungsanspruchs vor, zwischen ihr und dem Beklagten zu 1) sei ein Vertrag über die Gewährung des Investitionszuschusses geschlossen worden; nach den zum Vertragsinhalt gewordenen Allgemeinen Bedingungen für Investitionszuschüsse sei sie berechtigt, den Zuschuß zurückzufordern, weil die Beklagtenseite die geforderten zusätzlichen Arbeitsplätze nicht geschaffen habe.
Die Beklagten haben von Anfang an die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten geltend gemacht. Das Landgericht hat sie gleichwohl zur Rückzahlung des Investitionszuschusses verurteilt, ohne vorab über die Rechtswegfrage zu entscheiden. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Zulassung der Beschwerde gegen seine Entscheidung den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten durch Beschluß für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht verwiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, die die Zivilgerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits für berufen hält.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist aufgrund der Zulassung durch das Oberlandesgericht nach § 17a Abs. 4 Satz 3 bis 6 GVG statthaft. Der Senat ist an diese Zulassung nach § 17a Abs. 4 Satz 6 GVG gebunden, obwohl das Oberlandesgericht erstmalig und nicht als Beschwerdeinstanz in dem Vorabverfahren gemäß § 17a Abs. 2 bis 4 GVG entschieden hat (BGHZ 131, 169, 170 f.; BGH, Beschluß vom 4. März 1998 – VIII ZB 25/97, WM 1998, 1254, 1255). Da das Landgericht trotz einer entsprechenden Rüge der Beklagten entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht vorab über die Rechtswegfrage entschieden hatte, ist das Oberlandesgericht zutreffend selbst in das Vorabverfahren eingetreten und hat auch zu Recht über die Zulassung der Beschwerde entschieden. Das Rechtsmittel ist im übrigen form- und fristgerecht eingelegt (§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO).
III.
Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Das Rechtsverhältnis der Parteien, aus dem der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch hergeleitet wird, ist zivilrechtlicher Natur.
1. Für die Frage, ob eine Streitigkeit vor die ordentlichen Gerichte oder vor die Verwaltungsgerichte gehört, kommt es nach den §§ 13 GVG, 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO immer dann, wenn – wie hier – eine ausdrückliche gesetzliche Rechtswegzuweisung fehlt, darauf an, ob die Streitigkeit nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich ist. Sind an einem streitigen Rechtsverhältnis ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt, so scheidet die Zuordnung des Rechtsstreits zum öffentlichen Recht grundsätzlich aus, es sei denn, eine Partei wäre durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes mit öffentlich-rechtlichen Handlungs- oder Entscheidungsbefugnissen ausgestattet und gegenüber der anderen Partei als beliehenes Unternehmen tätig geworden (Senatsbeschluß vom 12. Oktober 1993 – XI ZB 14/93, WM 1993, 2078, 2079; BVerwGE 61, 222, 224; BVerwG, Beschlüsse vom 6. März 1990 – 7 B 120/89, NVwZ 1990, 754 und vom 29. Mai 1990 – 7 B 30/90, NVwZ 1991, 59).
2. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin aus eigenem Recht Rückzahlungsansprüche geltend, die ihr auf vertraglicher Grundlage gegen die beiden Beklagten zustehen sollen. An dem streitigen Rechtsverhältnis sind somit ausschließlich Privatrechtssubjekte, nämlich zwei juristische Personen des Privatrechts (die Klägerin und die Beklagte zu 2) und eine natürliche Person (der Beklagte zu 1), beteiligt. Daher käme eine Zuordnung des Rechtsstreits zum öffentlichen Recht nur dann in Betracht, wenn die Klägerin als mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen Beliehene angesehen werden könnte.
Das ist indessen nicht der Fall. Gesetzliche Vorschriften, durch die oder aufgrund deren eine solche Beleihung vorgenommen worden sein könnte, sind nicht ersichtlich. Die ministeriellen Richtlinien und dazu erlassenen Allgemeinen Bestimmungen, die die Vergabe von Investitionszuschüssen unter Einschaltung von Banken im einzelnen regeln, kommen als Rechtsgrundlage für eine Beleihung Privater mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen schon deshalb nicht in Betracht, weil solche Verwaltungsvorschriften nicht Grundlage einer unter dem institutionellen Gesetzesvorbehalt stehenden Übertragung hoheitlicher Befugnisse sein können (BVerwG, Urteil vom 14. März 1969 – VII C 37.67, DVBl. 1970, 735, 736 m.w.Nachw.; OVG Münster NJW 1980, 1406, 1407). Im übrigen enthalten sie auch nichts, was auf die Absicht schließen ließe, die in die Vergabe der Investitionszuschüsse eingeschalteten Hausbanken mit hoheitlichen Befugnissen auszustatten.
3. Demgegenüber kommt es auf die vom Oberlandesgericht in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellte Frage, ob auf Subventionen in der Form verlorener Zuschüsse die sogenannte Zweistufentheorie Anwendung finden kann, nicht an. Bei dieser Frage geht es darum, ob ein Subventionen gewährender Träger öffentlicher Gewalt sich dabei zumindest teilweise bürgerlich-rechtlicher Instrumente bedient hat und sein Rechtsverhältnis zum Subventionsempfänger daher insoweit als zivilrechtlich einzustufen ist. Hintergrund der Fragestellung ist der Umstand, daß Träger öffentlicher Gewalt bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unter bestimmten Voraussetzungen zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Instrumenten wählen können. Zivilrechtliche Rechtssubjekte dagegen haben – sofern sie nicht im Einzelfall mit hoheitlichen Befugnissen beliehen sind – keine entsprechende Wahlmöglichkeit. Ihre Rechtsbeziehungen untereinander unterliegen stets dem Privatrecht.
4. Die Tatsache, daß die Klägerin im Rahmen eines staatlichen Förderungsprogramms und auf der Grundlage einer von einer öffentlich-rechtlichen Förderbank getroffenen Bewilligungsentscheidung tätig geworden ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung der Rechtswegfrage. Dient das Handeln privater Rechtssubjekte, die nicht mit hoheitlichen Befugnissen beliehen sind, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, so können sich daraus zwar für die Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen zu anderen Privaten öffentlich-rechtliche Bindungen (sogenanntes Verwaltungsprivatrecht) ergeben; an der Zuordnung diesbezüglicher Rechtsstreitigkeiten zum Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichte ändert das nichts (BVerwG, Beschlüsse vom 6. März 1990 – 7 B 120/89, NVwZ 1990, 754 und vom 29. Mai 1990 – 7 B 30/90, NVwZ 1991, 59).
IV.
Der angefochtene Beschluß des Oberlandesgerichts mußte daher aufgehoben werden. Das Oberlandesgericht wird nunmehr über die nach wie vor bei ihm anhängige Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zu entscheiden haben.
Unterschriften
Dr. Siol, Dr. Schramm, Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Joeres
Fundstellen
Haufe-Index 556460 |
BB 2000, 328 |
NJW 2000, 1042 |
NVwZ 2000, 594 |
JurBüro 2000, 332 |
WM 2000, 185 |
DÖV 2000, 475 |
MDR 2000, 347 |
DVBl. 2000, 557 |
ZBB 2000, 56 |