Leitsatz (amtlich)
Der Grundsatz, daß das Versorgungsunternehmen und nicht der Straßenbaulastträger die Kosten zu tragen hat, wenn nach der Wiedervereinigung wegen des Ausbaus einer Bundesfernstraße im Beitrittsgebiet eine Versorgungsleitung verlegt werden muß, gilt auch bei Energiefortleitungsanlagen im Sinne der Energieverordnung der DDR, wenn dem Energieversorgungsunternehmen kein vertragliches Mitbenutzungsrecht im Sinne der §§ 29 ff, 48 DDR-EnVO eingeräumt worden ist (Fortführung von BGHZ 138, 266).
Normenkette
FStrG § 8; DDR: StraßenVO § 13 F: 22. August 1974; DDR: EnVO §§ 29 ff.; EnVO § 48 F: 1. Juni 1988
Verfahrensgang
Thüringer OLG (Aktenzeichen 3 U 74/97) |
LG Erfurt (Aktenzeichen 4 O 2224/96) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts – 3. Zivilsenat – in Jena vom 7. Oktober 1997 - 3 U 74/97 (14) - wird nicht angenommen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 99.358,87 DM.
Gründe
Die Rechtssache hat im Hinblick auf das in BGHZ 138, 266 veröffentlichte Senatsurteil vom 2. April 1998 (III ZR 91/95) keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Die Revison hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
I.
Wegen der Verbreiterung der Bundesautobahn A 4 von vier auf sechs Fahrstreifen mußte die die A 4 zwischen den Anschlußstellen W. und G. kreuzende Erdgasleitung der Beklagten durch die Verlängerung eines Schutzrohres gesichert werden. Da zwischen den Parteien unterschiedliche Auffassungen darüber bestanden, wer nach der geltenden Rechtslage die Kosten für die Sicherung der Leitung zu tragen hat, schlossen sie im August 1994 einen „Vorfinanzierungsvertrag”. Darin verpflichtete sich die Beklagte, die Leitungsänderung einschließlich Erdarbeiten unverzüglich durchzuführen, während sich die klagende Bundesrepublik verpflichtete, die streitigen Kosten einstweilen vorzulegen. Die endgültige Klärung der Kostenfrage sollte auf dem Rechtsweg erfolgen.
II.
1. Der Rechtsvorgängerin der Beklagten wurde am 16. Februar 1983 durch die zuständige Autobahndirektion eine Sondernutzungsgenehmigung nach § 13 der Verordnung über die öffentlichen Straßen – Straßenverordnung (im folgenden: StraßenVO) – vom 22. August 1974 (DDR-GBl. I S. 515) erteilt, die Autobahn „mittels Durchörterung” zu kreuzen. Zur Frage, wer bei einer Verlegung, Verbreiterung oder sonstigen Änderung der Straße etwaige Änderungen oder Sicherungen der kreuzenden Erdgasleitung vorzunehmen (Folgepflicht) und die hierbei anfallenden Kosten zu tragen hat (Folgekostenpflicht), verhält sich der Genehmigungsbescheid nicht.
§ 13 Abs. 3 Satz 1 StraßenVO bestimmte, daß bei Maßnahmen der Instandhaltung, Erhaltung und Erweiterung an bestehenden öffentlichen Straßen die Sondernutzer die erforderlichen Folgemaßnahmen an ihren Anlagen auf eigene Kosten durchzuführen haben. § 13 Abs. 3 Satz 2 StraßenVO regelte weiterhin, daß der Zeitwert zu beseitigender Teile von Sondernutzungsanlagen von den Rechtsträgern oder Eigentümern der öffentlichen Straßen abzüglich des Zeitwertes wiederverwendungsfähiger Anlagenteile zu ersetzen ist.
2. Mit der im Einigungsvertrag getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung, das Bundesfernstraßengesetz auch im Beitrittsgebiet in Kraft zu setzen (Anl. I Kap. XI Sachgeb. F Abschn. III Nr. 1 des Einigungsvertrages), ist das bisher dort nach dem Recht der DDR als (öffentlich-rechtliche) Sondernutzung ausgestaltete Recht zur Inanspruchnahme der öffentlichen Straßen für die Errichtung und den Betrieb von Versorgungsleitungen durch das nach dem Recht der Bundesrepublik (§ 8 Abs. 10 FStrG) seit langem geltende privatrechtliche System der freien Vereinbarung zwischen dem Straßeneigentümer und dem Benutzer (Versorgungsunternehmen) ersetzt worden. Eine Sondernutzung kam damit ab dem 3. Oktober 1990 nicht mehr in Betracht. Das hat zur Folge, daß dann, wenn – wie hier – besondere vertragliche (endgültige) Folgekostenvereinbarungen fehlen, entsprechend dem in § 8 Abs. 2 a und Abs. 8 FStrG zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken die Kosten für eine etwaige durch eine Straßenänderung nach der Wiedervereinigung notwendig werdende Verlegung der Versorgungsleitung regelmäßig nicht vom Träger der Straßenbaulast, sondern von dem Versorgungsunternehmen zu tragen sind; auch die – ohnehin nur schwach ausgestaltete – Rechtsposition nach § 13 Abs. 3 StraßenVO steht dem Versorgungsunternehmen nicht (mehr) zu (vgl. Senatsurteil BGHZ 138, 266, 274 ff).
III.
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich vorliegend aus den Bestimmungen der Verordnung über die Energiewirtschaft in der DDR – Energieverordnung (EnVO) – vom 1. Juni 1988 (DDR-GBl. I S. 89), die nach Anl. II Kap. V Sachgeb. D Abschn. III Nr. 4 des Einigungsvertrags mit Maßgaben in Kraft geblieben ist, nichts anderes.
1. a) Die Energieverordnung 1988 enthält in Teil 2 (Bevölkerung) in den §§ 29 ff ausführliche Regelungen zur Mitnutzung von Grundstücken (privater) Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigter durch Energiekombinate bzw. (vgl. § 1 Nr. 7 der Verordnung über die Änderung oder Aufhebung von Rechtsvorschriften vom 28. Juni 1990 - DDR-GBl. I S. 509) Energieversorgungsunternehmen. Nach § 29 Abs. 1 EnVO 1988 ist das Energieversorgungsunternehmen grundsätzlich berechtigt, Grundstücke und Bauwerke dauernd und zeitweilig für Energiefortleitungsanlagen mitzunutzen und die Einhaltung von Nutzungsbedingungen auf benachbarten Grundstücken zu verlangen. Nach § 31 Abs. 1 EnVO 1988 kann auf schriftlichen Antrag des Grundstückseigentümers eine bestehende Energiefortleitungsanlage für dauernd verlegt werden. Wird dem Antrag stattgegeben, so hat nach § 31 Abs. 3 EnVO 1988 der Antragsteller grundsätzlich alle durch die Verlegung entstehenden Aufwendungen zu tragen.
Bei Grundstücken, die der gesamten Volkswirtschaft zur Verfügung stehen, enthält Teil 3 (Volkswirtschaft) eine besondere Mitnutzungsregelung, die im wesentlichen auf die §§ 29 ff verweist (§ 48 EnVO 1988). Hinsichtlich der Frage der Folgekosten waren nach § 48 Abs. 2 Satz 2 EnVO 1988 in der ursprünglichen Fassung die Rechtsvorschriften über die Folgeinvestitionen entsprechend anzuwenden (siehe hierzu die Ausführungen unter 3 a bb). Seit dem 1. Juli 1990 ist auch hinsichtlich dieser Grundstücke die Folgekostenregelung des § 31 Abs. 3 EnVO maßgeblich (§ 1 Nr. 5 der Änderungsverordnung v. 28. Juni 1990).
b) Nach den Maßgaben (hier: Buchst. b) des Einigungsvertrages gelten (u.a.) auch die §§ 31 und 48 EnVO 1988 sowie die dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen für bestehende Mitbenutzungsrechte an Grundstücken und Bauwerken für Energiefortleitungsanlagen bis zum 31. Dezember 2010 fort. Für Mitbenutzungsrechte an Grundstücken von Städten und Gemeinden für Energiefortleitungsanlagen, die der kommunalen Versorgung dienen – dieser, in den alten Ländern traditionell durch Konzessionsverträge geregelte, Sonderfall ist hier nicht gegeben –, galt dies freilich nur bis (höchstens) zum 31. Dezember 1991.
c) Der personelle Geltungsbereich der Energieverordnung 1988 umfaßte nach § 2 Abs. 1 nicht nur Kombinate, Betriebe, gesellschaftliche Organisationen und Vereinigungen sowie Bürger, sondern auch Staatsorgane. Daher bestehen nach dem Wortlaut der Verordnung keine Bedenken dagegen, daß auch an öffentlichen Straßenflächen Mitbenutzungsrechte zugunsten eines Energieversorgungsunternehmens begründet werden konnten. Ein solches Normverständnis liegt ersichtlich auch den einschlägigen Bestimmungen des Einigungsvertrages und § 9 des Grundbuchbereinigungsgesetzes (Art. 2 des Registerverfahrenbeschleunigungsgesetzes vom 20. Dezember 1993, BGBl. I S. 2182) zugrunde. § 9 Abs. 2 GBBerG bestimmt zwar, daß für Leitungen über oder in öffentlichen Verkehrswegen und Verkehrsflächen in der früheren DDR begründete Nutzungsrechte an Grundstücken nicht in dingliche Rechte (gesetzliche beschränkte persönliche Dienstbarkeit) übergeleitet werden; die Bestimmung läßt aber das Mitbenutzungsrecht als solches unberührt.
2. Von einem (weiter-)bestehenden Mitbenutzungsrecht der Beklagten im Sinne der Energieverordnung kann jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden.
a) Lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Begründung eines Mitbenutzungsrechts vor, so entstand dieses Recht nicht ipso iure; das Energieversorgungsunternehmen hatte vielmehr nur einen Anspruch auf Einräumung eines solchen Rechts (so deutlich Ott, RdE 1991, 150, 153; unklar insoweit Ronnacker, RdE 1993, 10 ff, der von einem „gesetzlichen Mitbenutzungsrecht” spricht). Dieser Anspruch wurde regelmäßig durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Eigentümer bzw. Rechtsträger erfüllt (so auch Kempfer in Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. Kap. 27 Rdn. 107.2 S. 737). Kam eine Vereinbarung nicht zustande, konnte das Mitbenutzungsrecht durch Entscheidung des zuständigen Rates des Kreises begründet werden.
b) Dieses „Vertragsprinzip” lag eindeutig den bei Erteilung der Sondernutzungsgenehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beklagten durch die zuständige Autobahndirektion am 16. Februar 1983 geltenden – also vorliegend unmittelbar einschlägigen – §§ 29 ff der Energieverordnung vom 30. Oktober 1980 (DDR-GBl. I S. 321) wie auch schon dem bei Inkrafttreten der Straßenverordnung 1974 geltenden § 48 der Energieverordnung vom 10. Sepember 1969 (DDR-GBl. II S. 495) zugrunde. Für die Energieverordnung 1988 gilt nichts anderes.
Dies ergab sich im Verhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem (privaten) Eigentümer oder Nutzer ohne weiteres aus § 29 EnVO 1988. Die grundsätzliche Notwendigkeit eines auf die Begründung des Mitbenutzungsrechts gerichteten Vertrages bestand jedoch auch bei den volkswirtschaftlichen Zwecken dienenden Grundstücken. So ordnete § 48 Abs. 1 Satz 2 EnVO 1988 die entsprechende Anwendung des § 29 an. Darüber hinaus verwies die Ausführungsbestimmung zu § 48 EnVO, nämlich § 25 der Dritten Durchführungsbestimmung zur Energieverordnung – Volkswirtschaft – vom 1. Juni 1988 (DDR-GBl. I S. 113), hinsichtlich der Einzelheiten der zu treffenden Vereinbarung auf die zu § 29 EnVO ergangene Ausführungsbestimmung des § 17 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Energieverordnung – Allgemeine Vorschriften – vom 1. Juni 1988 (DDR-GBl. I S. 107).
c) Daß vorliegend der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin neben der Erteilung der Sondernutzungsgenehmigung auch ein vertragliches Mitbenutzungsrecht nach Maßgabe der §§ 29 ff EnVO 1980 eingeräumt worden ist, ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von einer Partei vorgetragen worden.
3. Gründete aber – wie hier – die Befugnis, öffentliche Straßenflächen für Energiefortleitungsanlagen in Anspruch zu nehmen, allein auf einer Sondernutzungsgenehmigung im Sinne des § 13 Abs. 1 StraßenVO, so läßt sich weder den Normen des DDR-Rechts entnehmen, daß in einem solchen Falle nicht die Folge- bzw. Folgenkostenregelung des § 13 Abs. 3 StraßenVO, sondern die energierechtlichen Folge- bzw. Folgekostennormen gelten sollten, noch können die Bestimmungen des Einigungsvertrages dahin verstanden werden, daß ein solcher Vorrang des fortgeltenden DDR-Energierechts gegenüber dem geltenden Straßenrecht (Bundesfernstraßengesetz bzw. Straßenverordnung 1974) noch bis (spätestens) zum 31. Dezember 2010 anzunehmen ist.
a) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 StraßenVO bedürfen Nutzungen der öffentlichen Straßen, die über den verkehrsüblichen Fahrzeug- und Fußgängerverkehr hinausgehen und besondere verkehrslenkende und -organisatorische Maßnahmen erfordern bzw. solche Nutzungen, die nicht im Rahmen des Fahrzeug- und Fußgängerverkehrs erfolgen – darunter fällt nach dem Wortlaut der Bestimmung insbesondere auch die Inanspruchnahme des Straßenraums durch Versorgungsleitungen –, der vorherigen Zustimmung der jeweiligen Rechtsträger oder Eigentümer der öffentlichen Straßen, soweit sich das nicht bereits aus anderen Rechtsvorschriften ergibt. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 StraßenVO hat der Sondernutzer seine Anlagen so herzustellen, instand zu halten und in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, daß keine Gefährdung der öffentlichen Nutzung sowie kein Schaden an öffentlichen Straßen eintritt. Nach § 13 Abs. 3 StraßenVO haben – wie bereits erwähnt – bei Maßnahmen der Instandhaltung, Erhaltung und Erweiterung an bestehenden öffentlichen Straßen die Sondernutzer erforderliche Folgemaßnahmen an ihren Anlagen auf eigene Kosten durchzuführen. Nach § 13 Abs. 4 Satz 1 StraßenVO regeln der Minister für Verkehrswesen und die Leiter anderer zuständiger zentraler Staatsorgane in Rechtsvorschriften Besonderheiten für die im gesellschaftlichen Interesse erforderlichen Sondernutzungen, zu denen nach Satz 2 u. a. Energiefortleitungsanlagen gehören.
Die allgemeinen Bestimmungen der Straßenverordnung 1974 über die Sondernutzungen öffentlicher Straßen weichen von den einschlägigen Vorschriften der (damals noch gültigen) Energieverordnung 1969 über die Benutzung von Grundstücken für Zwecke der Energieversorgung (Abschn. VII, §§ 48 ff EnVO 1969) erheblich ab; insbesondere von der Folgekostenregelung des § 49, wonach die vom Grundstückseigentümer bzw. -nutzer veranlaßten Kosten der Verlegung einer über das Grundstück führenden Energiefortleitungsanlage diesem und nicht dem Energieversorgungsbetrieb zur Last fallen.
aa) Die Vorschriften der Straßenverordnung lassen erkennen, daß öffentliche Straßen vorrangig dem öffentlichen Verkehr dienen und demgegenüber die Interessen der Sondernutzer – und zwar auch solcher, die ihrerseits Aufgaben wahrnehmen, die im öffentlichen Interesse liegen – zurückzutreten haben. Daß nach dem Recht der DDR bezüglich der Energieversorgungsunternehmen eine Ausnahme zu gelten hatte, läßt sich demgegenüber weder dem Wortlaut der Straßenverordnung noch dem der Energieverordnung entnehmen.
(1) Wie ausgeführt waren Benutzungsrechte im Sinne der Energieverordnung grundsätzlich durch besondere Vereinbarungen einzuräumen. Die Begründung eines Mitbenutzungsrechts durch Sondernutzungsgenehmigung war nicht vorgesehen. Demgemäß können, wenn und soweit eine solche Vereinbarung nicht zustande gekommen war, die Bestimmungen der EnVO 1969 und dementsprechend die vergleichbaren Bestimmungen der „Folgeverordnungen” nicht als „andere Rechtsvorschriften” im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 letzter Nebensatz StraßenVO 1974 verstanden werden.
(2) Die EnVO 1969 und ihre Folgeverordnungen sind jeweils als Verordnungen des Ministerrats der DDR erlassen worden. Diese Verordnungen können daher auch nicht als besondere, die Folge- bzw. Folgenkostenbestimmungen der Straßenverordnung modifizierende Rechtsvorschriften im Sinne des § 13 Abs. 4 StraßenVO aufgefaßt werden (so zutreffend Krüger in Obernolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht Band I, Wege V A S. 126 f [Stand: November 1996] gegen Ronnacker, RdE 1993, 10, 13 und Seeliger, RdE 1993, 103, 106). Die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 4 StraßenVO 1974 erfaßt ihrem Wortlaut nach nur nachrangige „Ressortregelungen”, die zwischen dem Minister für Verkehrswesen und den Leitern anderer zentraler Staatsorgane zu treffen waren (soweit ersichtlich, sind solche besonderen Rechtsvorschriften nur für die Deutsche Post im Rahmen einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Post- und Fernmeldewesen und dem Ministerium für Verkehrswesen getroffen worden, vgl. Hohlwein, Die Straße 1980, 272; Hammer, Die Straße 1987, 378, 380).
(3) Soweit in § 43 EnVO 1969 bzw. § 59 Abs. 2 EnVO 1988 bestimmt ist, daß im Falle der Berührung von Energiefortleitungsanlagen und anderen, insbesondere Verkehrsanlagen bei allen Anlagen der sichere Betrieb und die Möglichkeit der ordnungsgemäßen Unterhaltung zu gewährleisten ist, ist diese Regelung für die Beantwortung der „Folgekostenfrage” ohne Belang (a.A. Ronnacker, RdE 1993, 10, 13).
(4) Hätte demgegenüber der Verordnungsgeber der Straßenverordnung den Folge- bzw. Folgekostenregelungen der Energieverordnung den Vorrang einräumen wollen, hätte es nahegelegen, in § 13 Abs. 3 StraßenVO eine ausdrückliche Einschränkung in dem Sinne vorzunehmen, daß (insbesondere) § 49 EnVO 1969 unberührt bleibt.
bb) Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß die Rechtspraxis der DDR, der bei der Auslegung und Anwendung von Vorschriften des DDR-Rechts eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. nur BGHZ 135, 158, 161 f), entgegen dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen von einem Vorrang der DDR-Energieverordnung gegenüber der DDR-Straßenverordnung ausgegangen ist, sind nicht ersichtlich. Auch dem DDR-Schrifttum läßt sich dies nicht entnehmen (dezidiert für einen Vorrang der Straßenverordnung Hohlwein, Die Straße 1969, 615, 617 f; im Zeitpunkt der Veröffentlichung waren noch die Verordnung über das Straßenwesen vom 18. Juli 1957 - DDR-GBl. I S. 377 - und die Energiewirtschaftsverordnung vom 18. April 1963 - DDR-GBl. II S. 318 - in Kraft).
Nicht eindeutig zu beantworten ist demgegenüber das Konkurrenzverhältnis bzw. der Anwendungsbereich der Straßenverordnung 1974 einerseits und (zunächst) der Verordnung über die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Folgeinvestitionen vom 13. Juli 1978 (DDR-GBl. I S. 247) bzw. (später) der Verordnung über die Vorbereitung und Durchführung von Investitionen vom 30. November 1988 (DDR-GBl. I S. 287) andererseits. Ob und inwieweit das für den Anwendungsbereich dieser Verordnungen normierte Veranlassungsprinzip – danach hatte der Investitionsauftraggeber der auslösenden Investition die „materiellen Fonds” für notwendige Folgeinvestitionen bereitzustellen (vgl. § 6 FolgeinvestionsVO 1978 bzw. § 49 InvestionsVO 1988) – auch dann gegolten hat, wenn es sich um Straßenbaumaßnahmen handelte (vgl. hierzu Hohlwein, Die Straße 1980, 272 ff; Hammer aaO S. 381), kann indes dahinstehen. Denn jedenfalls mit Außerkraftsetzung der Investitionsverordnung 1988 (vgl. Bekanntmachung vom 20. Juni 1990, DDR-GBl. I S. 479) stellte sich die Rechtslage nicht (mehr) anders dar als vor dem Erlaß der Folgeinvestitionsverordnung 1978 (vgl. Senat, BGHZ 138, 266, 276).
b) Nach dem Einigungsvertrag ist sowohl die Energieverordnung 1988 als auch (zunächst) die Straßenverordnung 1974 als Landesrecht bis zum Erlaß der Landesstraßengesetze der neuen Bundesländer in Kraft geblieben (vgl. Anl. II Kap. XI Sachgeb. D Abschn. III Nr. 1 des Einigungsvertrages). Der Anwendungsbereich dieser Verordnungen ist jedoch nach dem Wirksamwerden des Beitritts nicht anders vorzunehmen als für die Zeit vor dem 3. Oktober 1990. Den Bestimmungen des Einigungsvertrages läßt sich nur der Wille des Gesetzgebers entnehmen, daß etwaige Mitbenutzungsrechte von Energieversorgungsunternehmen an kommunalen Straßengrundstücken nicht über den 31. Dezember 1991 hinaus Bestand haben sollen, um den „flächendeckenden” Abschluß von Konzessionsverträgen zu ermöglichen. Daraus läßt sich aber nicht der Umkehrschluß ziehen, jegliche rechtmäßige Nutzung von Straßengrundstücken durch Versorgungsunternehmen, gleichgültig auf welcher Rechtsgrundlage sie eingeräumt worden ist, sei nunmehr als Mitbenutzung im Sinne der fortgeltenden Energieverordnung zu verstehen. Der Einigungsvertragsgesetzgeber wollte den Energieversorgungsunternehmen nur bestimmte, zu DDR-Zeiten begründete Rechtspositionen bis zum 31. Dezember 1991 bzw. 2010 erhalten, ihnen aber nicht eine Rechtsposition verschaffen, die ihnen nach dem bei Herstellung der deutschen Einheit geltenden Recht der DDR nicht (mehr) zugestanden hat. Entgegen der Auffassung von Ronnacker (RdE 1993, 10, 14) läßt sich daher dem Einigungsvertrag nichts für die Klärung des Regelungsbereichs der folgekostenrechtlichen Normen – nämlich der fortgeltenden Energieverordnung 1988 einerseits und des Bundesfernstraßengesetzes bzw. der als Landesrecht fortgeltenden Straßenverordnung 1974 andererseits – entnehmen.
IV.
Mit dieser Entscheidung stellt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem in BGHZ 132, 198 veröffentlichen Urteil vom 21. März 1996. Dort waren die Parteien des Rechtsstreits und beide Vorinstanzen übereinstimmend davon ausgegangen, daß dem beklagten Energieversorgungsunternehmen an den kommunalen (Wege-)Grundstücken bis zum 31. Dezember 1991 Mitbenutzungsrechte im Sinne der Energieverordnung 1988 zugestanden haben. Für den Senat bestand daher weder Veranlassung, die Existenz solcher Mitbenutzungsrechte in Frage zu stellen, noch auf das Konkurrenzverhältnis zwischen Straßenverordnung und Energieverordnung näher einzugehen.
Unterschriften
Rinne, Wurm, Streck, Schlick, Dörr
Fundstellen
Haufe-Index 538746 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 1999, 239 |
WM 1999, 740 |
DÖV 1999, 655 |
NJ 1999, 477 |
RdE 1999, 155 |
UPR 1999, 279 |