Leitsatz (amtlich)
Im Bereich der Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin ist auf das Verhältnis von Wiedergutmachungsgerichten und Gerichten der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit § 17 a GVG grundsätzlich entsprechend anwendbar.
Normenkette
GVG § 17a; REAO Berlin Art. 51, 61, 64
Verfahrensgang
KG Berlin (Aktenzeichen 3 W 6290/96) |
LG Berlin |
Tenor
Die weiteren Beschwerden der Antragsteller und des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 9. April 1997 werden zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
A.
Der Oberstleutnant a.D. H. K. und seine jüdische Ehefrau G. K. geb. Ko. waren seit 1926 je zur ideellen Hälfte Miteigentümer des 9.276 m² großen Villen-Grundstücks Berlin-Dahlem, … und … Mit Vertrag vom 21. Juni 1938 veräußerten sie das Grundstück nebst Zubehör und Inventar zu einem Kaufpreis von 450.000 Reichsmark an das Deutsche Reich (Antragsgegner zu 1). Dieses wurde im Juli 1938 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen und nutzte das Grundstück bis zur Zerstörung der Gebäude im April 1945 durch die Rote Armee als Residenz von Regierungsmitgliedern. Zur Zeit des Verkaufs lebten die Verkäufer aus Furcht vor rassebedingter Verfolgung in der Schweiz. Im Jahre 1939 emigrierten sie in die USA. Sie verstarben in New York, H. K. am 5. Dezember 1945, G. K. am 21. Februar 1946. Die Eheleute hatten zwei gemeinsame Kinder, den am 12. November 1986 verstorbenen H. W. K. und die am 26. März 1916 geborene H. K. B. (früher K. Bo. und K. OB.), die Antragstellerin zu 3. H. K. hinterließ ein Testament vom 12. Juli 1943, G. K. ein Testament vom 3. Januar 1946. Alleinvorerbin von H. K. war G. K.. Nach ihrem Tode sollte die Hälfte des Nachlasses an ihren Sohn H. W. K. ausgekehrt werden. Die andere Hälfte sollte für die Antragstellerin zu 3 während ihrer Lebenszeit von „Executors and Trustees” verwaltet werden. G. K. hatte letztwillig ebenfalls ihre Kinder je zur Hälfte als Erben eingesetzt, jedoch sollte der dem Sohn zugewandte Anteil während seiner oder seiner Witwe Lebenszeit, der Anteil der Antragstellerin zu 3 während ihrer und ihres beim Tode von G. K. lebenden jüngsten Kindes Lebenszeit von „Executors and Trustees” verwaltet werden. Trustees waren für den Miterbenanteil der Antragstellerin zu 3 nach H. K. zunächst der Sohn H. W. K. und R. R. L., der im April 1955 von A. E. M. abgelöst wurde; für den Nachlaß nach G. K. die Antragstellerin zu 3, H. W. K. und R. R. L., sowie – nach dessen Ausscheiden – A. R. M. Für H. W. K. und die Antragstellerin zu 3 wurden vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in Berlin am 6. Februar 1987 gegenständlich beschränkte gemeinschaftliche Erbscheine ausgestellt. Danach wurde H. K. von seinen beiden Kindern beerbt, von H. W.K. als Vollerbe zu 1/2 und von der Antragstellerin zu 3 als Vorerbin zu 1/2; für deren Anteil ist Testamentsvollstreckung angeordnet, Testamentsvollstrecker war H. W. K. G. K. wurde ebenfalls von ihren Kindern beerbt, und zwar von beiden als Vorerben. H. W. K. war ihr Testamentsvollstrecker. Der Trustee A. E. M. wurde nach seinem Tode in beiden Fällen durch R. W. K., einen Sohn von H. W. K. und Testamentsvollstrecker über seinen Nachlaß, ersetzt.
Im März/April 1950 machte der damalige Rechtsanwalt Dr. H. St. für die Erben der Eheleute H. und G. K. in mehreren Verfahren folgende Rückerstattungsansprüche geltend:
- auf Rückerstattung des Grundstücks in Berlin-Dahlem – (43 WGK) 4 WGA 3761/50 (21/52) - 6/82 -;
- auf Ersatz der bei ordnungsgemäßer Verwaltung gezogenen Nutzungen – (43 WGK) 4 WGA 3762/50 (21/52);
- auf Schadensersatz wegen Beschädigung des Hauses – (43 WGK) 4 WGA 6106/50 (419/52) - 7/82 -;
- auf Schadensersatz wegen Verunstaltung der Gartenanlagen einschließlich Tennisplatz und Gewächshaus – (43 WGK) 4 WGA 6341/50 (421/52) - 8/82 -.
Mit Beschluß vom 1. Juni 1950, gegen den von Rechtsanwalt Dr. St. und dem Antragsgegner zu 1 mit Schreiben vom 2. Juni 1950 und am 24. Juni 1950 auf Rechtsmittel verzichtet wurde, ordnete das Wiedergutmachungsamt Berlin die Rückerstattung des Grundstücks an. Am 1. Juli 1950 wurden H. W. K. und die Antragstellerin zu 3 als Eigentümer in ungeteilter Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen. Nachdem der Antragsgegner zu 1 den im Kaufvertrag von 1938 vorgesehenen Kaufpreis als Ausgleichsanspruch geltend gemacht hatte, kam es zu einer einvernehmlichen Regelung. Am 17. Mai 1952 – zuvor waren mit Beschlüssen des Wiedergutmachungsamtes vom 23. März 1952 die Anträge in den Verfahren 4 WGA 6106/50 und 4 WGA 6341/50 zurückgewiesen worden – wurde vor der Wiedergutmachungskammer des Landgerichts Berlin ein Vergleich vom 26. April 1952 protokolliert, doch wurden nicht sämtliche der in seiner Nr. 6 vorgesehenen Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt. Am 21. Mai 1952 kam es vor der Wiedergutmachungskammer in allen vier Rückerstattungsverfahren zu einem weiteren Vergleich, nachdem die Antragsteller „mit rückwirkender Kraft auf alle ihnen etwa aus dem Beschluss des Wiedergutmachungsamtes vom 1. Juni 1950 zustehenden Rechte” verzichtet hatten. Der Vergleich sah vor, den Antragsgegner zu 1 so zu stellen, als sei er seit dem Entziehungsfall unverändert Eigentümer des Grundstücks gewesen. Die Antragsteller verzichteten gegen Zahlung von 70.000 DM und Übernahme einer Pflicht zur Enttrümmerung des Grundstücks durch den Antragsgegner zu 1 auf Rückerstattung von Nutzungen und auf alle weiteren von ihnen geltend gemachten Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche. Durch den Vergleich sollten sämtliche sonstigen gegenseitigen Ansprüche in bezug auf das Vergleichsobjekt ausgeglichen sein. Am 24. Dezember 1952 wurde der Antragsgegner zu 1 wieder als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Er veräußerte das Grundstück im Jahre 1979 zu einem Kaufpreis von 4.266.960 DM an das Land Berlin (Antragsgegner zu 2); dieses schloß im folgenden Jahr einen Erbbaurechtsvertrag mit einer Wohnungsbaugesellschaft.
Mit Schriftsatz des Rechtsanwalts E. St. vom 14. Mai 1982 – beim Landgericht Berlin eingegangen am 17. Mai 1982 – wurden die Vergleiche vom 21. Mai 1952 und vom 17. Mai 1952 als „ungültig … und zudem unzulässig” „angefochten”. Die Unwirksamkeit der Vergleiche wurde insbesondere darauf gestützt, daß diese nicht für die Trustees abgeschlossen worden seien, namentlich der Trustee L. ihnen nicht zugestimmt habe, und die von beiden Parteien zugrunde gelegte Annahme, dem Antragsgegner zu 1 stehe wegen des im Kaufvertrag von 1938 vereinbarten Kaufpreises ein Ausgleichsanspruch zu, der Wirklichkeit nicht entsprochen habe. Darüber seien die Antragsteller von seiten des Antragsgegners zu 1 in sittenwidriger Weise arglistig getäuscht worden. Den Antragsgegner zu 2 haben die Antragsteller wegen Amtspflichtverletzung in Anspruch genommen, weil die Wiedergutmachungsämter das Erbrecht, die Vertretungsmacht und die Vollmachten nicht hinreichend geprüft hätten.
Die Antragsgegner haben beantragt,
die Beschlüsse in 6/82 vom 1. Juni 1950 und in 7/82 und 8/82 vom 23. März 1952, sowie die Vergleiche vom 26. April, 17. und 21. Mai 1952, aufzuheben,
hilfsweise,
diese Beschlüsse und Vergleiche für nichtig,
hilfsweise,
für unwirksam zu erklären;
das Grundstück … frei von Lasten und Verbindlichkeiten zurückzuerstatten;
den Antragsgegner zu 1 zu verpflichten, Schadensersatz für die Zerstörung des Hauses zu zahlen und
die Nutzungen in Höhe von 4 % vom Verkehrswert (Indexwert des Senats von Berlin) seit der Währungsreform zu zahlen;
das Grundbuch für das Grundstück … unter Freistellung von zwischenzeitlichen Belastungen entsprechend der Rückerstattung an die Antragsteller zu berichtigen,
hilfsweise,
- Ersatz durch Zahlung des Kaufpreises (für den Verkauf an das Land Berlin) in Höhe von 4.266.960,00 DM nebst banküblichen Zinsen seit dem 25. April 1979 zu leisten;
- Schadensersatz für die Zerstörung des Hauses;
- die Nutzungen in Höhe von 4 % vom Verkehrswert (Indexwert des Senats von Berlin) seit der Währungsreform zu zahlen;
- den Antragsgegner Deutsches Reich dem Grunde nach zu verurteilen, Schadensersatz für den durch Prozeßbetrug erwirkten Prozeßvergleich vom 21. Mai 1952 zu leisten;
- festzustellen, daß das Deutsche Reich den Antragstellern für den durch seine falschen Angaben während des Rückerstattungsverfahrens entstandenen Schaden Ersatz zu leisten hat;
- den Antragsgegner Land Berlin dem Grunde nach zu verurteilen, Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung wegen mangelnder Feststellung des Prozeßführungsrechts gemäß § 2212 BGB der hierzu Berechtigten gemäß Art. 43 Ziff. 1 REAO und gemäß § 56 Abs. 1 ZPO seit dem 1. Juni 1950 zu leisten;
- festzustellen, daß das Land Berlin den Antragstellern für den durch das Amtsversehen der mangelnden Prüfung der Aktivlegitimation und der Bevollmächtigung, der mangelnden Veranlassung der Grundbucheintragung des Verwaltungs- und Nacherbentestamentsvollstreckervermerks durch das Grundbuchamt und das Landgericht Berlin und der mangelnden Mitteilung der Auskunft der Deutschen Bank Berlin vom 24. März 1952 durch das Landgericht Berlin den Antragstellern entstandenen Schaden Ersatz zu leisten hat.
Der Antrag auf Aufhebung des Beschlusses vom 1. Juni 1950 in Nr. 1 und den Antrag auf Rückerstattung des Grundstücks in Nr. 2 haben die Antragsteller einseitig für erledigt erklärt.
Die Antragsgegner haben beantragt,
- die Anträge zurückzuweisen,
- der Antragsgegner zu 1 darüber hinaus hilfsweise,
- auszusprechen, daß das Verfahren durch Vergleich vom 17. und 21. Mai 1952 erledigt ist.
Das Landgericht hat durch rechtskräftig gewordenen Teilbeschluß vom 5. August 1987 den Antrag zu 6. und den Antrag zu 2., soweit mit ihm begehrt worden ist, das Hausgrundstück … frei von Lasten und Verbindlichkeiten zurückzuerstatten, als in der gewählten Prozeßart unzulässig zurückgewiesen. Das Teilverfahren auf Rückerstattung des Grundstücks sei durch den von den Antragstellern ausdrücklich genehmigten Beschluß vom 1. Juni 1950 und die Eintragung von H. W. K. und der Antragstellerin zu 3 im Grundbuch endgültig abgeschlossen worden. Die nachfolgenden Übereignungen unterlägen ebenso wie der Anspruch der Antragsteller auf Übertragung des Grundstücks an sie allein bürgerlichem Recht, so daß dieser Anspruch im Zivilprozeß vor den ordentlichen Gerichten, nicht aber im Rückerstattungsverfahren geltend zu machen sei. Diese hätten auch über die Amtshaftungsklage zu befinden.
Durch weiteren – ebenfalls rechtskräftig gewordenen – Teilbeschluß vom 23. Dezember 1994 hat das Landgericht Berlin den Antrag zu 2., soweit dieser dahin ging, den Antragsgegner zu 1 zu verurteilen, Schadensersatz für die Zerstörung des Hauses zu leisten, sowie einen Antrag, Schadensersatz für die Zerstörung der sonstigen Anlagen auf dem Grundstück (Tennisplatz, Gewächshaus) zu zahlen, als unbegründet zurückgewiesen.
Nachdem das Landgericht die Verfahrensbeteiligten mit Verfügung vom 7. Juli 1995 unter anderem darauf hingewiesen hatte, daß es Bedenken habe, ob für die Anträge zu 3., 4. und 5. der Rechtsweg zu den Wiedergutmachungsgerichten zulässig sei, und erwäge, das Verfahren insoweit abzutrennen und in entsprechender Anwendung von § 17 a Abs. 2 GVG an das zuständige Prozeßgericht zu verweisen, erließ es am 1. Juli 1996 folgenden Schluß-Beschluß:
1. Es werden
die Anträge auf Feststellung der Unwirksamkeit der Vergleiche vom 26. April 1952 und vom 17. Mai 1952 sowie auf Aufhebung der Beschlüsse des Magistrates von Groß-Berlin, Abteilung Rechtswesen, – Wiedergutmachungsamt – vom 23. März 1952 - 4 WGA 6106/50 und 4 WGA 6341/50 - Antrag zu 1.) als unzulässig
und
- der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zu 1 zur Zahlung eines Nutzungsersatzes in Höhe von 4 % des Verkehrswertes (Indexwert des Senats von Berlin) seit der Währungsreform (Antrag zu 2.), soweit es den Zeitraum bis zum 31. Mai 1950 betrifft, als unbegründet
zurückgewiesen.
2. Es wird festgestellt, daß das Verfahren insoweit in der Hauptsache erledigt ist, als die Aufhebung des Beschlusses des Wiedergutmachungsamtes vom 1. Juni 1950 - 4 WGA 3761 und 3762/50 - (Anordnung der Rückerstattung) in 6/82 beantragt worden ist.
3. Das Verfahren wird, soweit es die Anträge der Antragsteller auf
- Berichtigung des Grundbuches, hilfsweise Ersatz durch Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 4.266.960,00 DM; Schadensersatz für die Zerstörung des Hauses; die Nutzungen in Höhe von 4 % vom Verkehrswert (Indexwert des Senats von Berlin) seit der Währungsreform (Antrag zu 3.);
- Verurteilung des Deutschen Reichs zum Schadensersatz dem Grunde nach für den Prozeßvergleich am 21. Mai 1952 (Antrag zu 4.);
- Feststellung, daß das Deutsche Reich für den durch seine falschen Angaben während des Rückerstattungsverfahrens entstandenen Schaden Ersatz zu leisten habe (Antrag zu 5.);
- Feststellung, daß das Land Berlin für den entstandenen Schaden durch das Amtsversehen der mangelnden Prüfung der Aktivlegitimation und der Bevollmächtigung, der mangelnden Veranlassung der Grundbucheintragung des Verwaltungs- und Nacherbentestamentsvollstreckervermerks durch das Grundbuchamt und das Landgericht Berlin und der mangelnden Mitteilung der Auskunft der Deutschen Bank Berlin vom 24. März 1952 durch das Landgericht Berlin Ersatz zu leisten habe (Antrag zu 6. [nach hiesiger Zählung Antrag zu 7.]);
auf Ersatz der Nutzungen in Höhe von 4 % vom Verkehrswert (Indexwert des Senats), soweit es den Zeitraum ab dem 1. Juni 1950 betrifft (Antrag zu 2.),
betrifft, abgetrennt, der Rechtsweg im Umfang der Abtrennung für unzulässig erklärt und insoweit der Rechtsstreit an das Landgericht Berlin – Prozeßgericht – verwiesen (§ 17 a GVG).
4. …
Gegen diesen Beschluß haben die Antragsteller und der Antragsgegner zu 1 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragsteller haben beantragt,
den angefochtenen Beschluß in Ziff. 3. der Beschlußformel aufzuheben und das Verfahren, soweit es die abgetrennten Ansprüche betrifft, an das Landgericht Berlin – Wiedergutmachung – zur erneuten Entscheidung in der Sache zurückzuverweisen.
Der Antragsgegner zu 1 hat beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und nach dem im Verfahren vor dem Landgericht zuletzt gestellten Antrag des Antragsgegners zu 1 (S. 21 des Beschlusses vom 01.07.1996) zu erkennen.
Der Antragsgegner zu 2 hat beantragt,
die sofortigen Beschwerden zurückzuweisen.
Mit Beschluß vom 9. April 1997 hat das Kammergericht die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen und die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zu 1 als unzulässig verworfen. Mit ihrer weiteren Beschwerde begehren die Antragsteller,
die Beschlüsse des Kammergerichts vom 9. April 1997 sowie des Landgerichts Berlin vom 1. Juli 1996 aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Der Antragsgegner zu 1 beantragt,
B.
I.
Weitere Beschwerde der Antragsteller
1. Die Antragsteller wenden sich allein gegen die Abtrennung und Verweisung der in Nr. 3. des Tenors des Schluß-Beschlusses des Landgerichts aufgeführten Ansprüche. Sie halten Abtrennung und Verweisung für unvereinbar mit Art. 51, 61 und 64 der Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin (REAO) und machen dazu im wesentlichen geltend, die Anträge stünden in engem Zusammenhang zum Rückerstattungsverfahren, weil der Antragsgegner zu 1 durch falsche Angaben die ungerechtfertigte Entziehung des Vermögens für die Berechtigten durch den Vergleich perpetuiert habe. Dies sei zwar nach der Rückerstattung geschehen, aber noch in der Verhandlung über die Neben- und Ausgleichsansprüche, in die das Grundstück wiedereinbezogen worden sei. Selbst wenn es sich bei den in Rede stehenden Ansprüchen nicht um rückerstattungsrechtliche Ansprüche handeln sollte, rechtfertigten die besonderen Umstände des Falles gleichwohl die Zuständigkeit der Wiedergutmachungskammer. Die Anträge erwiesen sich als Folgewirkung der Anordnung der Rückerstattung des ursprünglichen Grundstücks, so daß ein besonderer Sachzusammenhang bestehe.
2. Die weitere Beschwerde ist gemäß § 1 des Gesetzes zur Überleitung der Zuständigkeit der Obersten Rückerstattungsgerichte auf den Bundesgerichtshof (Art. 9 des Rechtspflege-Vereinfachungsgesetzes v. 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2847, 2862 - fortan kurz: ÜberlG) i.V.m. § 11 Nr. 1. Buchst. d BRüG, Art. 62 Abs. 2 REAO statthaft und auch im übrigen nach §§ 4, 2 ÜberlG i.V.m. § 548 ZPO zulässig, soweit es um die Frage geht, ob die Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin eine entsprechende Anwendung von § 17 a GVG und damit eine Abtrennung der Ansprüche überhaupt zuläßt (vgl. BGH, Urt. v. 6. Juli 1995 - I ZR 20/93, NJW 1995, 3120).
3. Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde scheitert in bezug auf die Antragsteller zu 1 nicht daran, daß diese als „unbekannte Erben nach H. W. K.” bezeichnet werden. Eine Partei ist so klar zu benennen, daß kein Zweifel an ihrer Identität und Stellung aufkommen kann und daß aus der Parteibezeichnung sich für jeden Dritten die betreffende Partei ermitteln läßt (vgl. BGH, Urt. v. 12. Mai 1977 - VII ZR 167/76, NJW 1977, 1686 - Wohnungseigentümergemeinschaft; Zöller/Vollkommer, ZPO 21. Aufl. § 253 Rdn. 8). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, zumal die Antragsteller zu 1 nach der Behauptung des Antragsgegners zu 1 nicht unbekannt sind.
4. Gemäß § 51 Satz 1 REAO können Ansprüche, die unter die Anordnung fallen, soweit in ihr nichts anderes bestimmt ist, nur in dem Verfahren nach dieser Anordnung geltend gemacht werden; Satz 2 zufolge können Ansprüche aus anderen Gründen, die nicht unter diese Anordnung fallen, im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden. Die Vorschrift entspricht Art. 49 Abs. 1 des Rückerstattungsgesetzes der Britischen Zone und Art. 57 des Rückerstattungsgesetzes der Amerikanischen Zone. Die Wiedergutmachungsämter sind danach grundsätzlich nur für rückerstattungsrechtliche (unter die Anordnung/Gesetze fallende) Ansprüche zuständig (vgl. Harmening/Hartenstein/Osthoff, Rückerstattungsgesetz 2. Aufl. Art. 49 Anm. 2). Ob die Zuständigkeit darüber hinaus für solche bürgerlich-rechtlichen Ansprüche besteht, die mit dem geltend gemachten Entziehungstatbestand in engem Zusammenhang stehen (so etwa OLG Frankfurt am Main RzW 1950, 372 zu Art. 57 REG AmZ; vgl. auch Weißstein/Riedel, Rückerstattungsrecht der amerikanischen Zone zu Art. 57 nebst Nachtrag), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls sind die Wiedergutmachungsämter und -gerichte nicht für solche Ansprüche zuständig, die nicht unter die Rückerstattungsgesetze fallen und mit dem Entziehungstatbestand nicht nahe zusammenhängen (vgl. v. Godin, Rückerstattungsgesetze 2. Aufl. Art. 57 US 4; auch Harmening/Hartenstein/Osthoff aaO Art. 49 Anm. 3; Kubuschok/ Weißstein, Rückerstattungsrecht BZ 49 AZ 57 Anm. 4).
5. Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken, auf Ansprüche, die nach der Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin nicht in die Zuständigkeit der Wiedergutmachungsgerichte fallen, § 17 a GVG entsprechend anzuwenden.
a) Das Verfahren vor der Wiedergutmachungskammer des Landgerichts richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften über das Verfahren in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Art. 61 REAO). Es ist anerkannt, daß im Verhältnis zwischen freiwilliger Gerichtsbarkeit und ordentlicher streitiger Gerichtsbarkeit die §§ 17 bis 17 b GVG entsprechend anwendbar sind. Die Unterschiede der beiden Verfahrensarten rechtfertigen es, Kompetenzkonflikte zwischen ihnen wie Rechtswegstreitigkeiten zu behandeln (vgl. BGHZ 115, 275, 284 f; 130, 159, 162 f; BGH, Urt. v. 5. Februar 1996 - II ZR 293/93, WM 1996, 1198, 1199).
b) Für das Verhältnis zwischen Wiedergutmachungsgericht und Prozeßgericht gilt jedenfalls in bezug auf die Anwendung von §§ 17 a, 17 b GVG nichts anderes, soweit es um die Verweisung von einem Rückerstattungsgericht an ein Gericht der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit geht. Ob auch § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG (vgl. dazu BGHZ 114, 1, 2) für die Wiedergutmachungsgerichte entsprechend anzuwenden ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Das Verfahren nach der Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin enthält jedenfalls keine Besonderheiten, die es gebieten könnten, von einer Verweisung nicht rückerstattungsrechtlicher Ansprüche in die ordentliche streitige oder sonst zuständige Gerichtsbarkeit abzusehen oder anzunehmen, die Rückerstattungsgerichte mit Einschluß des Bundesgerichtshofs hätten entgegen § 17 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 GVG ihre Zuständigkeit in jedem Verfahrensabschnitt zu prüfen.
Die Regelung des § 17 a GVG soll verhindern, daß ein Rechtsstreit, der bereits über mehrere Instanzen geführt worden ist, allein deshalb vor einem anderen Gericht neu begonnen werden muß, weil in höherer Instanz die Unzuständigkeit der bisher mit der Sache befaßten Gerichte festgestellt wird (BGH, Urt. v. 5. Februar 1996 aaO). Die Vorschrift dient der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens und der Kostenersparnis (BT-Drucks. 11/7030 S. 37).
Die Bindung der Rechtsmittelgerichte an eine von der unteren Instanz fälschlich bejahte Zuständigkeit der Wiedergutmachungsgerichte kann ebenso wie in sonstigen Verfahrensordnungen im Interesse der Beschleunigung hingenommen werden. Daß das Verfahren vor den Wiedergutmachungsbehörden und -gerichten gemäß Art. 65 Abs. 1 REAO grundsätzlich gebührenfrei ist, steht dem nicht entgegen. Umgekehrt ist diese Gebührenfreiheit nicht geeignet, von einer Verweisung in die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit abzusehen. Es erscheint nicht unbillig, den Beteiligten für Ansprüche, die nicht im Verfahren nach der Rückerstattungsanordnung zu erledigen sind, die hier vorgesehene Kostenbegünstigung zu versagen. Da die Beteiligten vor der Entscheidung über die Verweisung zu hören sind (§ 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG), haben sie die Möglichkeit, den entsprechenden Antrag zurückzunehmen, wenn sie insoweit eine mit der Verweisung verbundene Kostenbelastung vermeiden wollen.
Ferner erscheint es nicht geboten, stets eine Überprüfung der Frage der Zuständigkeit der Wiedergutmachungsgerichte durch den Bundesgerichtshof zu ermöglichen. Die Gefahr, daß ein rückerstattungsrechtlicher Anspruch mit bindender Wirkung zu Unrecht in die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit (oder in einen anderen Rechtsweg) verwiesen wird, ist wegen der immer möglichen Kontrolle durch ein Oberlandesgericht (§ 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG) gering. Sie hindert eine Anwendung des § 17 a GVG um so weniger, als in Art. 64 Abs. 1 REAO die Verfolgung von rückerstattungsrechtlichen Ansprüchen in einem anderen gerichtlichen Verfahren mit Ermächtigung der Wiedergutmachungskammer vorgesehen ist (vgl. zu der ähnlichen Vorschrift des Art. 62 REG BritZ Harmening/Hartenstein/Osthoff aaO Art. 62). Wegen des hier geregelten besonderen Verfahrens erscheint es freilich zweifelhaft, ob andere Gerichte, vor denen rückerstattungsrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, diese Ansprüche nach § 17 a Abs. 2, 4 GVG an ein Wiedergutmachungsgericht verweisen dürfen. Insoweit könnten Art. 64 REAO und vergleichbare Vorschriften anderer Rückerstattungsgesetze spezielle Regelungen enthalten, die § 17 a GVG vorgehen. Diese Frage bedarf im Streitfall jedoch keiner Entscheidung.
c) Die Qualität der Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin als ursprünglich Alliiertes Recht steht einer Anwendung von § 17 a GVG auf das Verhältnis von Wiedergutmachungsgerichten und Gerichten der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit (und anderen Gerichten) jedenfalls nach der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Wiedererlangung der vollen Souveränität Deutschlands (Art. 7 des Vertrages über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, BGBl. 1990 II S. 1318), die auch den Wegfall der Obersten Rückerstattungsgerichte zur Folge hatte (vgl. NJW 1991, 1875), nicht entgegen. Die Fortgeltung der im Dritten Teil des Überleitungsvertrages (BGBl. 1955 II S. 405) festgesetzten Grundsätze in bezug auf die innere Rückerstattung (Nr. 4. Buchst. c der Vereinbarung vom 27./28. September 1990 zu dem Vertrag über die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten [in der geänderten Fassung] sowie zu dem Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen [in der geänderten Fassung], BGBl. 1990 II S. 1387) wird dadurch nicht berührt.
d) Schließlich steht einer Verweisung in die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit nicht entgegen, daß die Anträge zum Teil gegen das Deutsche Reich gerichtet sind. Diese Bezeichnung des Antragsgegners zu 1 ist durch die Besonderheiten des Rückerstattungsrechts bedingt (vgl. BT-Drucks. II/2677 S. 17; auch BT-Drucks. II/1659 S. 43). Nach der gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG verbindlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Deutsches Reich und Bundesrepublik Deutschland ein identischer Staat (BVerfGE 36, 1, 16). Der Antragsgegner zu 1 bleibt mithin nach der Verweisung in die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit dieselbe Partei, mag das Verfahren in bezug auf ihn hier auch unter seiner Bezeichnung Bundesrepublik Deutschland fortzusetzen sein.
6. Ist die entsprechende Anwendung des § 17 a GVG durch Land- und Kammergericht mit der Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin vereinbar, kommt eine Überprüfung der Entscheidung über die Verweisung und damit der Frage, ob die in das ordentliche streitige Verfahren verwiesenen prozessualen Ansprüche rückerstattungsrechtlichen Charakter haben, gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG nicht in Betracht, weil das Kammergericht die Beschwerde zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen hat (vgl. BGH, Urt. v. 18. November 1998 - VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651, 652). Die Bindungswirkung der Verweisungsentscheidung erschöpft sich freilich in der Verneinung des Rechtswegs vor den Wiedergutmachungsgerichten. Auf die rechtliche Beurteilung des verfolgten Begehrens bezieht sie sich nicht. Diese obliegt vielmehr nun den Gerichten der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Dezember 1989 - IX ZB 40/89, WM 1990, 782, 784).
II.
Weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1.
1. Soweit die weitere Beschwerde sich gegen die Verweisung der Anträge in Nr. 3. des Tenors des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts wendet, ist ihr nach den Ausführungen zu Nr. I., 5. der Erfolg zu versagen. Danach findet § 17 a GVG auf das Verhältnis von Wiedergutmachungsgerichten zu den Gerichten der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung. Nach § 17 Abs. 4 Satz 4 GVG kommt eine Beschwerde an den zuständigen obersten Gerichtshof des Bundes nur in Betracht, wenn sie von dem oberen Landesgericht zugelassen ist. Das trifft hier – wie dargelegt – nicht zu. Deshalb ist dem Senat eine Entscheidung über das Begehren nach Zurückweisung der (verwiesenen) Anträge verwehrt.
2. Soweit der Antragsgegner zu 1 geltend machen will, Landgericht und Kammergericht hätten in bezug auf die verwiesenen Anträge zu Unrecht nicht über den Hilfsantrag entschieden, ist die weitere Beschwerde gemäß § 1 ÜberlG i.V.m. § 11 Nr. 1. Buchst. d BRüG, Art. 62 Abs. 2 REAO, § 4 Abs. 1 ÜberlG zulässig. In der Sache bleibt sie jedoch ebenfalls ohne Erfolg.
Wegen der verwiesenen Anträge fehlt es bisher an einer Sachentscheidung, so daß über den hilfsweise gestellten Antrag, auszusprechen, daß das Verfahren durch Vergleich vom 17. und 21. Mai 1952 erledigt ist, noch nicht zu entscheiden war. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß der Hilfsantrag erst dann zum Zuge kommen soll, wenn über das Hauptbegehren – die Anträge der Antragsteller zurückzuweisen – entschieden, ihm aber nicht entsprochen wird.
Der von dem Antragsgegner zu 1 mit der weiteren Beschwerde gestellte neue Antrag, die Wirksamkeit des Prozeßvergleichs vom 21. Mai 1952 festzustellen, ist unzulässig. Auf die weitere Beschwerde sind nach § 2 ÜberlG die §§ 545 ff ZPO über die Revision entsprechend anzuwenden. Nach § 561 Abs. 1 ZPO ist eine Zwischenfeststellungsklage in der Revisionsinstanz unzulässig (BGHZ 28, 131, 137; Zöller/Gummer aaO § 561 Rdn. 10). Das gleiche gilt erst recht für einen in der Revisionsinstanz erstmals gestellten selbständigen Feststellungsantrag.
Auch dem Hilfsantrag, den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen, ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu entsprechen.
Unterschriften
Paulusch, Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof, Fischer
Fundstellen
Haufe-Index 539234 |
NJW-RR 1999, 1007 |
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