Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Mieter eines Ladenlokals Herabsetzung des Mietzinses verlangen kann, wenn der Bereich, in dem das Ladenlokal liegt, nicht in dem Maße von kauf interessiertem Publikum aufgesucht wird, wie beide Vertragspartner es bei Vertragsabschluß erwartet haben.
Normenkette
BGB § 537
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 19.06.1980) |
LG Düsseldorf |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 1980 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Seit etwa 1970 entstand in H. zwischen der Innenstadt und dem Stadtteil L. entlang der I. – und zwar auf einem Gelände von ca. 500 m Länge und 100 m Breite – nach einem einheitlichen Gesamtplan ein Wohn- und Geschäftszentrum (I.-Zentrum). Als Einkaufszentrum sollte es mit einem reichhaltig gefächerten Warenangebot – ergänzt durch Freizeitanlagen (Hallenbad, Sauna pp.) und soziale Einrichtungen (Kindergärten) – die Innenstadt Hannover, an die es verkehrsmäßig eng angebunden war, entlasten und zusätzlich Käuferschichten aus der näheren und weiteren Umgebung erschließen. Kern des gewerblich zu nutzenden Teiles war eine als Ladenstraße in mehreren Ebenen ausgestaltete Fußgängerzone, an der etwa 100 der Geschäftslokale unterschiedlicher Größe errichtet werden sollten und an dessen Südende („Sch.”) sich ein Komplex befand, der Ende Mai 1972 an die Firma SB „mehr Wert” zum Betrieb eines Supermarkts vermietet wurde. Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch dieser Firma übernahm Anfang 1977 das Warenhaus H. (Firma H.) dieses Mietobjekt und mietete weitere Ladeneinheiten an, wobei das SB-Warenhaus durch zusätzliche Aufzüge unmittelbar mit dem unter der Ladenfläche gelegenen Parkplatz verbunden wurde.
Die Beklagte betreibt einen Schuheinzelhandel mit zahlreichen Filialen. Mit Mietvertrag vom 24. Juli 1972 mietete sie von der Klägerin die noch zu errichtende Ladeneinheit L 55 gegen einen Mietzins von jährlich 122 488,50 DM zuzüglich Nebenkosten auf die Dauer von zehn Jahren. Das Mietverhältnis sollte mit Überlassung der noch zu errichtenden Gebäudeteile, jedoch nicht eher als zwei Monate vor der Gesamteröffnung des „I.-Zentrums” beginnen. § 1 dieses Vertrages (Mietgegenstand) bestimmt:
- „Durch diesen Vertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter den Gebrauch der im „I.-Zentrum” noch zu errichtenden Gewerberäume … während der Mietzeit zu Gewerbezwecken zu gewähren. Grundrißzeichnungen und Baubeschreibungen werden diesem Vertrag beigefügt und sind Bestandteil dieses Vertrages.
- Der Mieter wird in den an ihn vermieteten Räumen ein Schuhhaus mit dem üblichen Nebensortiment betreiben.”
Nach § 7 Abs. 2 des Vertrages sind Aufrechnung, Minderung oder Zurückbehaltung im Laufe eines Kalenderjahres höchstens mit dem Betrag einer Monatsmiete zulässig.
Schon bald nach der Eröffnung des „I.-Zentrums” am 31. Oktober 1974 – gleichzeitig dem Beginn der Mietzeit für die Beklagte – zeigte sich, daß die Inanspruchnahme des Geschäftszentrums durch die Käufer weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Etwa ein Fünftel der Geschäftslokale konnte von vornherein nicht vermietet werden, einige Mieter eröffneten ihren Betrieb nicht, die Hälfte der Mieter stellte in der Folgezeit den Geschäftsbetrieb ein. Mehrere geplante Einrichtungen – etwa die Überdachung der Ladenstraße, das Hallenbad, die Sauna und die Kindergärten – wurden nicht errichtet. Mit Rücksicht auf die finanziell schwierige Lage der Gewerbetreibenden verlangte die Klägerin bis Ende Oktober 1977 von der Beklagten – wie auch von ihren anderen Mietern – nur den halben Mietzins. Seit dem 1. November 1977 beansprucht sie mit der Begründung, die Anlauf Schwierigkeiten seien zumindest weitgehend behoben, nunmehr den vollen Mietpreis von monatlich 10 207,38 DM zuzüglich Nebenkostenpauschale und Mehrwertsteuer. Die Beklagte hält sich demgegenüber mit der Behauptung, der Geschäftsgang sei nach wie vor unbefriedigend, unter dem Gesichtspunkt der Mietpreisminderung sowie wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage weiterhin für berechtigt, nur den halben Mietzins zu zahlen.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von – der Höhe nach unstreitigen – 46 607,28 DM nebst Zinsen für die Monate November 1977 bis Juni 1978 in Anspruch. Das Landgericht hat nach Abzug eines Minderungsbetrages von 7 621,50 DM, der sich auf eine mangelhafte Wärmeversorgung der Geschäftsräume bezog und jetzt nicht mehr im Streit ist, die Beklagte zur Zahlung von 37 985,78 DM nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Befugnis der Beklagten, den Mietzins auch weiter einseitig auf die Hälfte zu kürzen, bereits daran, daß § 7 Abs. 2 des Mietvertrages das Minderungsrecht in rechtlich zulässiger Weise auf eine Monatsmiete je Jahr beschränke und dieser Betrag bereits durch den Abzug für die unzureichende Beheizung ausgeschöpft sei. Unabhängig davon sei die Mietsache aber auch weder mit einem Mangel behaftet, noch fehle ihr eine zugesicherte Eigenschaft. Das Ladenlokal selbst entspreche der Bauzeichnung und Baubeschreibung und sei für den vorgesehnen Zweck – den Betrieb eines Schuhgeschäftes – geeignet. Daß in der Gesamtausgestaltung des „I.-Zentrums” einzelne geplante Baumaßnahmen gestrichen oder zurückgestellt seien, stelle weder einen Mangel der Mietsache (§ 537 Abs. 1 BGB) dar, noch habe die Klägerin diese Ausstattung, deren Verwirklichung – wie etwa der in Aussicht gestellte U-Bahn-Anschluß, die Gesamtüberdachung der Ladenstraße oder die Errichtung von Hallenbad, Sauna und Kindergärten – erkennbar außerhalb ihrer Zuständigkeit gelegen habe, vertraglich zugesichert (§ 537 Abs. 2 BGB). Auf einen Wegfall bzw. die Änderung der Geschäftsgrundlage könne sich die Beklagte schließlich deswegen nicht berufen, weil die nicht erfüllten Gewinnerwartungen ausschließlich in ihren Risikobereich fielen; das gelte auch insoweit, als sich Kaufwillige durch die nur teilweise Vermietung der Ladenlokale von einem Besuch des Einkaufszentrums abhalten ließen oder ihre Einkäufe ausschließlich in dem – durch die zusätzlich und nachträglich eingebauten Aufzüge von den Parkplätzen unmittelbar erreichbaren – Huma-Supermarkt tätigten.
II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten – jedenfalls im Ergebnis – einer rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Soweit allerdings das Berufungsgericht in erster Linie eine Befugnis der Beklagten zur Mietzinsminderung im Hinblick auf § 7 Abs. 2 des Mietvertrages verneint, bestehen gegen diese Ansicht – zumindest hinsichtlich der Begründung – Bedenken. Der bloße Umstand, daß auf den Mietvertrag, wäre er nach dem 1. April 1977 abgeschlossen, deswegen § 11 Nr. 10 a AGBG keine Anwendung finden würde, weil die Beklagte Kaufmann ist (§ 24 Satz 1 AGBG), besagt noch nicht, daß § 7 Abs. 2 einer an § 9 AGBG ausgerichteten Inhaltskontrolle standhalten würde, – und zwar unbeschadet der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob § 11 Nr. 10 AGBG überhaupt auf Mietverträge Anwendung findet (vgl. dazu Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, AGBG, § 11 Nr. 10 Rdn. 4; Schlosser bei Staudinger, BGB, 12. Aufl. § 11; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 3. Aufl. § 11 Nr. 10 Rdn. 3). Das alles kann jedoch hier auf sich beruhen; denn Minderungsansprüche sind schon dem Grunde nach nicht gegeben.
2. Rechtsfehlerfrei stellt das Berufungsgericht fest, daß das vermietete Ladenlokal weder zur Zeit der Überlassung noch im Laufe der Mietzeit mit einem Fehler behaftet war, der seine Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch minderte. Daß die zum Betrieb eines Schuhhauses vermieteten Räume selbst – von der unzureichenden Beheizbarkeit abgesehen – mangelhaft gewesen seien und insbesondere den in § 1 Abs. 1 und § 8 Satz 1 des Mietvertrages in Bezug genommenen Grundrißzeichnungen, Bauplänen und Baubeschreibungen nicht entsprochen hätten, macht die Beklagte auch in der Revisionsinstanz nicht geltend. Sie führt im Ausgangspunkt zwar zutreffend aus, daß auch tatsächliche Zustände und rechtliche Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen, einen Fehler im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB darstellen können (vgl. dazu Gelhaar in BGB-RGRK, 12. Aufl. § 537 Rdn. 8 und 15 ff m.w.Nachw.; Voelskow in MünchKomm § 537 Rdn. 11). Mit Recht weist jedoch vor allem Gelhaar (aaO Rdn. 8 Abs. 2) darauf hin, daß insoweit der Fehlerbegriff – insbesondere im Hinblick auf eine sachgemäße Eingrenzung der ohnehin schon sehr weitgehenden Garantiehaftung des Vermieters – nicht zu sehr ausgedehnt werden darf. Nur wenn die tatsächlichen Umstände und die rechtlichen Verhältnisse die Tauglichkeit der Mietsache unmittelbar beeinträchtigen, kann ein rechtlich relevanter Fehler vorliegen (Senatsurteile vom 9. Dezember 1970 – VIII ZR 149/69 = WM 1971, 244 = NJW 1971, 424 und vom 2. Februar 1972 – VIII ZR 160/70 = WM 1972, 419 = LM BGB § 537 Nr. 19 m.w.Nachw.). Maßgebend für die Beantwortung der Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen eine derartige unmittelbare Beeinträchtigung der Mietsache vorliegt, ist in erster Linie der zum Vertragsinhalt erhobene Verwendungszweck. Betrifft der Mietvertrag – wie hier – ein Ladenlokal, in dem der Mieter ein Schuhgeschäft betreiben will oder soll, so kann über die Eignung der Räume in ihrer baulichen Ausgestaltung hinaus auch der ungehinderte Zutritt des Publikums zu diesem Geschäft – also die Möglichkeit, es beschwerde-, gefahrlos und bequem betreten zu können – für die Gebrauchstauglichkeit unmittelbar bestimmend sein. Wird diese Möglichkeit durch bauplanerische oder bauausführende Maßnahmen in der näheren Umgebung des Ladenlokals nachhaltig beeinträchtigt, so kann dies einen Mangel im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB darstellen. Etwas anderes wird dagegen dann gelten, wenn das kauf interessierte Publikum ganz allgemein nicht in dem erwarteten Maße den Bereich, in dem sich das vermietete Ladenlokal befindet, besucht, – etwa weil der Verkehrsstrom an dem Bereich, in dem das Ladenlokal liegt, weitgehend vorbeigeleitet wird oder die Bevölkerung aus sonstigen Gründen diesen Bereich nicht als Verkaufszentrum „annimmt”. Eine solche fehlgeschlagene Erwartung könnte, sofern der Vermieter nicht bestimmte Eigenschaften zugesichert hat, allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für die Vertragsdurchführung Bedeutung gewinnen (vgl. dazu unten unter II, 5), würde jedoch keinen Mangel der Mietsache (§ 537 Abs. 1 BGB) darstellen.
So lag es hier. Die Revision stützt ihre Ansicht, die Beklagte sei auch weiterhin zur Minderung des Mietzinses befugt, darauf, daß entgegen der zum Vertragsinhalt erhobenen Baubeschreibung das „I.-Zentrum” bisher keinen unmittelbaren U-Bahn-Anschluß erhalten habe, ihn auch in absehbarer Zeit nicht erhalten werde, eine mit Pavillons und Geschäften ausgestattete Brücke als einladende Verbindung der L. straße mit dem Einkaufszentrum noch nicht errichtet worden sei und die Bauherren von der vorgesehenen Überdachung der Fußgängerzone abgesehen hätten. Diese Umstände, die möglicherweise für die Attraktivität des Einkaufszentrums und damit für die Besucherfrequenz der Anlage insgesamt von Bedeutung sein könnten, berühren jedoch die Gebrauchstauglichkeit und damit die Funktionsfähigkeit des an die Beklagte vermieteten Ladenlokals allenfalls mittelbar und kommen daher als Mängel im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Auf den weiteren Umstand, daß der vertragswidrig noch fehlende Ausbau bzw. das erklärte Absehen von weiteren Baumaßnahmen der Beklagten bei Übernahme der Mietsache im Herbst 1974 bekannt waren, ohne daß diese sich in dem Übernahmeprotokoll (GA Bd. I Bl. 215) insoweit ihre Rechte vorbehalten hätte (vgl. dazu § 539 Satz 2 in Verbindung mit § 464 BGB), kommt es mithin nicht an. Die ebenfalls unterbliebene Errichtung eines Hallenbades, einer Sauna und mehrerer Kindergärten, auf die die Beklagte in den Vorinstanzen abgestellt hat, war ohnehin in den zum Vertragsinhalt erhobenen Baubeschreibungen vom 8. August 1969 (GA Bd. I Bl. 203 ff) und vom 21. Dezember 1970 (GA Bd. I Bl. 20 ff) nicht erwähnt.
3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft, das die Beklagte gemäß § 537 Abs. 2 BGB zur Minderung des Mietzinses berechtigen würde, verneint. Soweit die Revision ein solches Recht darauf stützen will, daß die Klägerin entgegen den in der Baubeschreibung enthaltenen Angaben das Einkaufszentrum – insbesondere die Vermietung eines wesentlichen Teils der Ladenlokale an die Firma H. – bewußt nach und nach in ein Billigzentrum umgewandelt habe, übersieht sie, daß bereits in der Baubeschreibung vom 21. Dezember 1970 (GA Bd. I Bl. 22) ein Selbstbedienungswarenhaus an der Stelle vorgesehen war, an der der Firma SB „mehr Wert” im Mai 1972 – und damit vor dem Abschluß des Mietvertrages zwischen den Parteien – ein Warenhausgebäude vermietet wurde. Die Beklagte, die nach ihrem Vorbringen Artikel von gehobener Qualität und gehobenem Preisniveau vertreibt, mußte also von vornherein mit einer Konkurrenz durch Billigangebote und damit mit der Möglichkeit rechnen, daß dieser Bereich bei entsprechend intensiver Verkaufspolitik, wie sie später die Firma Hurler betrieb, nicht nur nach und nach eine größer werdende Verkaufsfläche einnehmen, sondern auch den Charakter des Einkaufszentrums insgesamt bestimmen würde.
4. Auch unter dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung ist die Beklagte nicht befugt, den Mietzins zu senken. Es ist zwar richtig, daß die Klägerin 1977 der Errichtung einer weiteren, unmittelbar vom Parkhaus in das Selbstbedienungskaufhaus führenden, aus drei Aufzügen bestehenden Anlage zugestimmt hat, nachdem die Firma H. den Abschluß des Mietvertrages von dieser Genehmigung abhängig gemacht hatte. Es erscheint aber schon zweifelhaft, ob die Klägerin angesichts dieser Forderung und der dringenden Notwendigkeit, im Interesse des gesamten Einkaufszentrums möglichst rasch einen Nachfolger für die in Vermögensverfall geratene Firma SB „mehr Wert” zu finden, mit der Erteilung dieser Genehmigung überhaupt schuldhaft gegen die Belange der Beklagten verstoßen hat. Jedenfalls aber hat die Beklagte ihre ohnehin unsubstantiierte und von der Klägerin bestrittene Behauptung, seither benutzten die Besucher nicht mehr die übrigen vier vom Parkhaus unmittelbar zur Ladenstraße führenden Aufzugsanlagen, sondern lediglich die zum H.-Kaufhaus führende Anlage und erledigten demgemäß ihre Einkäufe auch ausschließlich in diesem Geschäft, nicht unter Beweis gestellt (vgl. dazu GA Bd. I Bl. 233 f); das Berufungsgericht hatte mithin keinen Anlaß, dieser Behauptung weiter nachzugehen.
5. Schließlich kann die Beklagte auch nicht unter Berufung auf eine Änderung der Geschäftsgrundlage eine Herabsetzung des vereinbarten Mietzinses auf die Hälfte verlangen. Dabei bedarf es keines Eingehens auf die im Schrifttum erörterte Frage, unter welchen Voraussetzungen im Mietrecht neben der Gewährleistung (§§ 537 ff BGB) für eine Berufung auf das Fehlen oder den nachträglichen Wegfall der Geschäftsgrundlage Raum ist (vgl. dazu Stötter NJW 1971, 2281; Kubisch NJW 1958, 1084; Mezger bei Soergel/Siebert, 10. Aufl. § 537 Rdn. 4; Palandt/Putzo, BGB, 40. Aufl. § 537 Anm. 1 c cc; siehe auch Gelhaar aaO vor § 535 Rdn. 157 ff); denn im vorliegenden Fall kann die Beklagte sich ohnehin nicht auf eine Änderung der Geschäftsgrundlage berufen. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, daß Umstände, die in den Risikobereich einer Partei fallen, dieser in aller Regel nicht das Recht geben, eine Änderung der Vertragspflichten zu ihren Gunsten herbeizuführen, weil andernfalls die in der Vertragsgestaltung liegende Risikoverteilung in einer für den Vertragspartner nicht tragbaren Weise verändert würde (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 1978 – VIII ZR 188/77 = WM 1978, 1008 und vom 24. Januar 1979 – VIII ZR 56/78 = WM 1979, 500 = NJW 1979, 1404). Insbesondere für das Mietrecht hat der Senat wiederholt ausgesprochen, daß die Erwartung, auf dem zu gewerblichen Zwecken überlassenen Grundstück gewinnbringende Geschäfte abzuschließen und nicht etwa Verlust zu machen, zum Risikobereich des Mieters gehört (Senatsurteile vom 20. Mai 1970 – VIII ZR 197/68 = WM 1970, 907 = NJW 1970, 1313 und vom 22. Mai 1978 – VIII ZR 188/77 aaO).
So lagen aber die Umstände hier. Daß die Beklagte das Risiko einer Umwandlung des Einkaufszentrums in ein Billigzentrum und damit einer Änderung der Käuferschicht zu ihrem Nachteil trug, ist oben bereits dargelegt. Der Senat vermag aber auch der Ansicht der Beklagten, angesichts der Besonderheiten und der Einmaligkeit des hier verwirklichten Projektes sei eine Mitbeteiligung der Vermieter an dem Verlustrisiko der Mieter sachlich gerechtfertigt, nicht zu teilen. Gerade weil die Erfolgsaussichten eines solchen Projektes nicht sicher vorauszusehen waren, übernahm die Beklagte mit ihrer unternehmerischen Entscheidung, sich an diesem Projekt zu beteiligen, neben der Erwartung einer besonderen Gewinnerzielung auch das Risiko eines finanziellen Fehlschlages. Wie das Berufungsgericht überzeugend dargelegt hat, trug die Klägerin das Risiko der Vermietbarkeit, die Beklagte dagegen das Risiko einer Gewinnerzielung in dem angemieteten Geschäftslokal. Daß ausnahmsweise eine andere Risikoverteilung gerechtfertigt wäre, weil die Abwicklung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen für die Beklagte zur Existenzvernichtung führen würde (vgl. etwa Senatsurteil vom 11. Februar 1958 – VIII ZR 12/57 = NJW 1958, 785), läßt sich nicht feststellen,
III. Die Revision war daher – mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO – zurückzuweisen.
Unterschriften
Braxmaier, Dr. Hiddemann, Hoffmann, Merz, Treier
Fundstellen
Haufe-Index 950568 |
NJW 1981, 2405 |
Nachschlagewerk BGH |