Leitsatz (amtlich)
›Ein Makler hat ohne besondere Absprache keinen Provisionsanspruch gegen seinen Auftraggeber, wenn er das beabsichtigte Geschäft mit seinem eigenen Ehegatten als Vertragspartner des Auftraggebers zustande bringt.‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger, für den die Beklagte als Vermittlungsmaklerin beim Verkauf seines Hauses tätig war, verlangt Zahlung desjenigen Anteils vom Verkaufserlös, den die Beklagte als ihre Maklerprovision einbehalten hat.
Nach den Vereinbarungen der Parteien sollte die Beklagte im Alleinauftrag das Hausgrundstück des Klägers für zunächst mindestens 155.000,- DM, später mindestens 145.000,- DM, jeweils zuzüglich ihrer Provision von 10.000,- DM verkaufen; ein etwaiger Mehrerlös sollte geteilt werden. Der Kläger hatte die Beklagte notariell zum Verkauf und zur Auflassung für mindestens 165.000,- DM umfassend unter Befreiung von den Einschränkungen des § 181 BGB bevollmächtigt. Die Beklagte verkaufte als Vertreterin des Klägers das Hausgrundstück an ihren Ehemann für 165.000,- DM. 150.000,- DM vom Verkaufserlös erhielt der Kläger. Er will darüber hinaus den von der Beklagten einbehaltenen Betrag von 15.000,- DM.
Die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts wurde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision kann keinen Erfolg haben. Mit Recht führt das Berufungsgericht aus, ein Vermittlungsmakler habe ohne besondere Absprache grundsätzlich keinen Provisionsanspruch gegenüber seinem Auftraggeber, wenn er das beabsichtigte Geschäft mit seinem eigenen Ehegatten als Vertragspartner des Auftraggebers zustande bringe.
1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts entfällt in einem solchen Fall der Anspruch auf Maklerlohn allerdings nicht gemäß § 654 BGB. Diese Bestimmung hat Strafcharakter. Durch sie werden grobe Treupflichtverstöße mit der Rechtsfolge der Verwirkung geahndet (BGHZ 92, 184, 185; Senatsurteil vom 13.3.1985 - IVa ZR 222/83 - WM 1985, 1276). Ob sich der Makler in diesem Sinne seines Lohnes unwürdig erwiesen hat, ist in erster Linie nach dem subjektiven Tatbestand der Treupflichtverletzung zu entscheiden (Senatsurteil vom 24.6.1981 - IVa ZR 225/80 - LM BGB § 654 Nr. 12). Deshalb greift § 654 BGB nur bei im Einzelfall konkret vorliegenden, vorsätzlichen oder zumindest dem Vorsatz nahekommenden Pflichtverletzungen des Maklers gegenüber seinem Auftraggeber ein. Dafür fehlt es an ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen.
2. Jedoch liegen bei einer Vermittlung an den Ehegatten die Gesamtumstände in dem Dreiecksverhältnis Auftraggeber-Makler-Vertragsgegner regelmäßig so, daß die vom Makler zu erbringende Leistung nicht als wesensgemäße, dem anerkannten Leitbild des Maklers entsprechende Vermittlung angesehen und eine Vergütung dafür nicht erwartet werden kann (vgl. zur Verflechtungsrechtsprechung Senatsurteil vom 24.4.1985 - IVa ZR 211/83 - LM BGB § 652 Nr. 91 = WM 1985, NJW 1985, 2473).
a) Wenn in dem genannten Verhältnis die Interessenlage gewissermaßen institutionell so gestaltet ist, daß der Makler im Streitfalle sich bei regelmäßigem Verlauf auf die Seite des Vertragsgegners stellen wird, und wenn der Makler diese Interessenlage dennoch nicht vorher aufdeckt, erscheint er generell ungeeignet, die Belange seines Auftraggebers wahrzunehmen. Das dem Makler vom Auftraggeber entgegengebrachte Vertrauen verdient Schutz. Für das zu vermittelnde Geschäft ist der Makler wirtschaftlicher Berater seines Auftraggebers. Deshalb kann ein Maklerlohnanspruch nicht entstehen, wenn eine deutliche, nicht offengelegte Interessenkollision vorhanden ist, die eine sachgemäße Wahrung der Interessen des Auftraggebers schon grundsätzlich nicht erwarten läßt (Senatsurteil vom 24.6.1981 - IVa ZR 159/80 - LM BGB § 652 Nr. 74 = NJW 1981, 2293 = WM 1981, 993 unter 3. a).
b) Allerdings hat der Senat es abgelehnt, eine solche gewichtige Interessenkollision grundsätzlich schon dann zu bejahen, wenn lediglich persönliche, z.B. freundschaftliche Beziehungen zwischen dem Makler und dem Vertragsgegner bestehen (Senatsurteil vom 24.6.1981 - IVa ZR 159/80 - LM BGB § 652 Nr. 74 unter 3. b). Er hat den Vertrauensschutz für den Regelfall darauf beschränkt, daß wirtschaftliche Gründe, entgegengesetzte eigene wirtschaftliche Interessen des Maklers die Interessenkollision bedingen. Demgegenüber sind persönliche Beziehungen in ihrer wesentlich individuelleren Prägung, ihrer vielfältigen Art und verschiedenen Intensität einer solchen generalisierenden Betrachtungsweise nicht von vornherein zugänglich. Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Interesse des Schutzes der Privatsphäre kann das Bestehen persönlicher Beziehungen allein nicht generell geeignet sein, einen solchen Interessenkonflikt zu begründen, zumal der Auftraggeber im konkreten Fall hinreichenden Schutz bereits durch § 654 BGB und das Institut der positiven Forderungsverletzung erfährt.
c) Die in jener Entscheidung ausdrücklich offen gelassene Frage, welches Gewicht der Interessenkonflikt bei einer solchen Beteiligung des Ehegatten hat (vgl. aaO unter 3. b bb), ist in dem vom Berufungsgericht entschiedenen Sinne zu beantworten. In einem solchen Fall greifen die oben unter b ) angeführten Gründe, nach denen persönliche Beziehungen nicht generell ausreichen, gerade nicht; bei ihm ist die differenzierende Sichtweise nicht erforderlich, vielmehr eine Generalisierung geboten. Das Bestehen der Ehe zwischen dem Makler und dem Vertragsgegner bewirkt institutionell, daß der Makler sich im Streitfall regelmäßig auf die Seite seines Ehegatten, also des Vertragsgegners und damit gegen den Auftraggeber stellen wird. Mit Recht weist das Berufungsgericht auf die zwischen Ehegatten bestehenden nicht nur persönliche, sondern auch wirtschaftliche Bindung hin. Sie ist so eng, daß sie den als Makler tätigen Ehegatten im Regelfall hindert, gegenläufige Interessen des Auftraggebers zu wahren. Die wirtschaftliche Bindung zwischen Eheleuten kann bei nicht gestörter Ehe durchaus den Fällen gleichgestellt werden, in denen nach der Verflechtungsrechtsprechung ein Anspruch auf Maklerprovision ausgeschlossen ist (dazu zuletzt Senatsurteil vom 24.4.1985 - IVa ZR 211/83 - LM BGB § 652 Nr. 91 = NJW 1985, 2473 = WM 1985, 946). Ehegatten verfolgen bei ihrem gemeinschaftlichen Wirtschaften sogar in umfassenderem Sinn das gleiche wirtschaftliche Ziel und sind vom Erfolg des einverständlichen Vorgehens häufig stärker abhängig als z.B. der Gesellschafter von der Gesellschaft. Die besondere Verknüpfung von persönlichen und von wirtschaftlichen Beziehungen der Eheleute ist für ihre Interessenlage gerade kennzeichnend. Demgemäß hat der frühere IV. Zivilsenat bereits beiläufig den Interessenkonflikt als provisionsausschließend in dem Fall bezeichnet, in dem der Makler als Treuhänder seiner Ehefrau an der Verkäufergesellschaft beteiligt war (nicht veröffentlichtes Urteil vom 19.1.1977 - IV ZR 73/75).
d) In der vom Gesetzgeber für den Fall eines Interessenkonflikts bereits erlassenen Schutznorm des § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 4. November 1971 (BGBl. I, 1747) ist der Fall allerdings nicht erwähnt, daß Dritter der Ehegatte des Maklers oder eine Gesellschaft ist, an der dieser nicht unerheblich wirtschaftlich beteiligt ist. Das hat zu unterschiedlicher Entscheidung der Frage geführt (vgl. LG Frankfurt/M. NJW 1973, 1502 - dazu ablehnend Benöhr NJW 1973, 1976 und v. Hoyningen-Huene BB 1974, 258 - und OLG Hamburg Betrieb 1976, 1527 einerseits, LG Frankfurt/M NJW 1974, 862 sowie MünchKomm/Schwerdtner, 2. Aufl. § 652 Rdn. 187 andererseits). Insoweit kann weder die gewerberechtliche noch die güterrechtliche Betrachtungsweise entscheidend sein (so zu Unrecht OLG Hamburg aaO). Maßgeblich ist vielmehr das Gewicht des institutionalisierten Interessenkonflikts, in dem der Makler zwischen den auch und hier vorrangig wirtschaftlichen Interessen seines Ehegatten und denen seines Auftraggebers steht.
Folgerichtig sieht auch der in der 10. Wahlperiode des Bundestages von der Bundesregierung erneut eingebrachte Entwurf eines Gesetzes über Maklerverträge (BT-Drucks. 10/1014) mit § 653b Abs. 1 Nr. 4 eine Bestimmung vor, nach der mit der Folge des Provisionsausschlusses die Gefahr einer Beeinträchtigung der Interessenwahrnehmung insbesondere dann angenommen wird, wenn der Makler Ehegatte des Dritten ist. Insoweit hat der Bundesrat keine Änderungen vorgeschlagen.
3. Nach diesen Grundsätzen kann der Makler in einem solchen Fall nur dann einen Provisionsanspruch haben, wenn er den Interessenskonflikt oder dessen Möglichkeit offengelegt und der Kunde sich dennoch verpflichtet hat, auch bei Vermittlung eines Kaufvertrages mit dem Ehegatten des Maklers die Provision zu zahlen.
Unstreitig hat die Beklagte hier nicht offengelegt. Schon deshalb und unabhängig von der tatrichterlichen Auslegung der Parteivereinbarungen, die ebenfalls zu einem für die Beklagte ungünstigen Ergebnis geführt hat, kann es auf ihre Beweisantritte zu den wirtschaftlichen Interessen des Klägers und zu ihren vergeblichen Bemühungen nicht ankommen, seine Preisvorstellung durchzusetzen. Unerheblich ist auch ihr weiterer Beweisantritt dazu, der Kläger habe nach Abschluß des Kaufvertrages das Rückgabeangebot ihres Mannes mit der Bemerkung abgelehnt, der Preis sei ihm sogar sehr lieb. Damit ist nicht schlüssig behauptet, der Kläger habe nachträglich das Handeln der Beklagten in dem Bewußtsein gebilligt, daß diese eine provisionspflichtige Leistung nicht erbracht habe, der Kläger habe also ein von der Maklerleistung unabhängiges Provisionsversprechen nachträglich abgegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 2992876 |
NJW 1987, 1008 |
BGHR BGB § 652 Abs. 1 Verflechtung 1 |
DRsp I(138)518c |
WM 1987, 409 |
MDR 1987, 477 |