Leitsatz (amtlich)
Auch der Forderungsübergang nach § 4 LFZG ist bei Schädigungen unter Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherten leben, durch den sozialen Schutzzweck der Lohnfortzahlung in der Art des § 67 Abs. 2 VVG ausgeschlossen.
Normenkette
LohnfortzahlungsG § 4
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 17.01.1975) |
LG Bielefeld |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Januar 1975 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Zweitbeklagte verursachte am 15. Dezember 1972 mit seinem bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherten Pkw schuldhaft einen Verkehrsunfall, bei dem seine Mutter, die neben ihm saß, verletzt wurde. Sie war bis zum 2. Februar 1973 arbeitsunfähig. Die Klägerin, bei der sie beschäftigt ist, hat ihr für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Lohn- und Sozialbeiträge fortgezahlt und dafür 1.572,21 DM aufgewendet.
Unter Berufung darauf, daß nach § 4 des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz) die Schadensersatzantsprüche der Mutter des Zweitbeklagten gegen diesen auf sie übergegangen seien, verlangt sie von den Beklagten Ersatz dieser Aufwendungen.
Die Beklagten vertreten die Ansicht, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 67 Abs. 2 VVG, der den Übergang von Ersatzansprüchen gegen Familienangehörige ausschließe, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Verletzten lebten, könne auch die Klägerin keine Rechte aus § 4 LFZG haben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht sie abgewiesen.
Mit der (zugelassenen) Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des klagabweisenden Urteils des Landgerichts.
Entscheidungsgründe
I.
Das Oberlandesgericht führt im wesentlichen aus (VersR 1975, 912): Der Forderungsübergang nach § 4 LFZG unterliege denselben Beschränkungen, wie sie in § 67 Abs. 2 VVG geregelt seien. Es bestehe eine Regelungslücke, die der Ausfüllung bedürfe. Der Grundgedanke des § 67 Abs. 2 VVG, die Sicherung des Familienfriedens und der Schutz des Geschädigten davor, durch den Rückgriff gegen den zur Familie gehörigen Schädiger in Mitleidenschaft gezogen zu werden, gebiete dessen Anwendung auch auf diesen Fall des gesetzlichen Forderungsüberganges, wie dies die Rechtsprechung bereits für die Fälle des § 87 a BBG und § 1542 RVO getan habe.
Der Tatsache, daß der Gesetzgeber den Arbeitgeber mit den Kosten der gesetzlichen Sozialleistungen belastet habe, könne keine Bedeutung zukommen. Die Klägerin könne schließlich auch nicht damit gehört werden, daß im Ergebnis nicht der Zweitbeklagte, sondern dessen Haftpflichtversicherer, die Erstbeklagte, den Schaden zu ersetzen haben würde.
II.
Diese Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ist entgegen der Ansicht der Revision zutreffend.
1. Das Berufungsgericht meint, das Schweigen des Gesetzgebers zu der Frage, ob die Geltendmachung übergegangener Schadensersatzansprüche nach § 4 LFZG gegen in häuslicher Gemeinschaft mit dem Verletzten lebende Familienangehörige ebenso wie in § 67 Abs. 2 VVG ausgeschlossen sein solle, deute nicht darauf hin, daß eine Übernahme dieses Rechtsgedankens habe ausgeschlossen werden sollen. Das ist richtig. Es handelt sich, wie der Entstehungsgeschichte des Gesetzes zu entnehmen ist, um eine Regelungslücke.
Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, daß z.Z. der Verabschiedung und Verkündung des Lohnfortzahlungsgesetzes im Jahre 1969 die auch hier auftauchende Problematik, ob der Arbeitgeber auch gegen Familienangehörige Rückgriff nehmen dürfe, in der Rechtsprechung des Senats zu § 1542 RVO und zu § 87 a BBG bereits entschieden worden war (Senatsurteile vom 11. Februar 1964 – BGHZ 41, 79 ff – und vom 8. Januar 1965 – BGHZ 43, 72 ff).
Wenn das Lohnfortzahlungsgesetz trotzdem diese Frage weder in dem einen noch dem anderen Sinne geregelt hat, so läßt das jedoch nicht darauf schließen, daß der Rückgriffsanspruch gegen Familienangehörige zugelassen werden sollte. Die durch das Lohnfortzahlungsgesetz beabsichtigte und weitgehend vollzogene Angleichung der Behandlung von Arbeitern mit der der Angestellten auf dem Gebiete der Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfall (vgl. für die Angestellten § 63 HGB, § 133 c Gewerbeordnung, § 616 Abs. 2 BGB) hat eine längere Vorgeschichte (vgl. dazu im einzelnen Kehrmann/Pelikan, Lohnfortzahlungsgesetz 2. Aufl., Einleitung S. 2 ff). Das Gesetz geht auf einen im Dezember 1962 von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf (BT-Drucks. IV/817) zurück, in dem schon der gesetzliche Übergang von Schadensersatzansprüchen des Arbeiters gegen seinen Schädiger auf den lohnfortzahlenden Arbeitgeber vorgesehen war. Damals war allerdings die Problematik des Regresses gegen Familienangehörige von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in den ähnlichen Fällen des § 1542 RVO und des § 87 a BBG noch nicht entschieden worden. Am 18.3. 1969 brachten dann die Fraktionen der SPD (BT-Drucks. V/3383) und der CDU/CSU (BT-Drucks. V/3985) getrennte Entwürfe eines „Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitentgeltes im Krankheitsfall” im Bundestag ein, die in dem hier interessierenden Punkte nicht voneinander abwichen und sich weitgehend an den Regierungsentwurf von 1962 anlehnten; obschon inzwischen das Problem erkannt und in der Literatur behandelt worden war (vgl. z.B. Hanau BB 1968, 1044 ff), sagen diese Entwürfe dazu nichts. Weder in den Ausschußberatungen des Bundestagsausschusses für Arbeit (vgl. die Protokolle Nr. 88 und 93) noch in der abschließenden Ausschußvorlage (BT-Drucks. V/4285) sind Fragen des Forderungsüberganges erörtert worden. Offenbar hat man sich also in den gesetzgebenden Körperschaften keine Gedanken darüber gemacht, ob die in der Rechtsprechung entwickelten Beschränkungen des Forderungsüberganges auch in das neue Gesetz aufzunehmen seien oder nicht.
Angesichts dieser Entstehungsgeschichte wäre, worauf das Berufungsgericht mit Recht hinweist, zu erwarten gewesen, daß der Gesetzgeber eine etwaige Entscheidung gegen die in der Rechtsprechung sichtbar gewordenen Tendenzen ausdrücklich getroffen hätte; dies umsomehr, als die Frage nach dem gesetzlichen Übergang von Ersatzforderungen, die sich gegen Angehörige richten, von großer sozialer Bedeutung für die betroffene Familie ist.
2. Die im wesentlichen gleiche Interessenlage und der mit dem Lohnfortzahlungsgesetz verfolgte soziale Schutzzweck, damit der Gesamtzusammenhang der rechtlichen Ordnung des Problems, gebieten es, wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt, die in § 67 Abs. 2 VVG zum Ausdruck gekommene Wertung des Gesetzes ebenso wie in den Fällen des § 1542 RVO und des § 87 a BBG auf den Rechtsübergang nach § 4 LFZG anzuwenden, mithin diesen Übergang auszuschließen, wenn sich der Ersatzanspruch des Arbeitgebers gegen einen mit dem geschädigten Arbeitnehmer, dem der Lohn wegen der Schädigung fortgezahlt worden ist, in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen richtet, der den Unfall lediglich fahrlässig herbeigeführt hat (ebenso OLG Celle VersR 1976, 93; Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 11. Aufl., TZ 1014 und WJ 74, 172; Kehrmann/Pelikan, Lohnfortzahlungsgesetz, 2. Aufl., § 4 LFZG Anm. 2; Kaiser, Lohnfortzahlungsgesetz, § 4 Anm. 2; Schlüter, DOK 69, 775; LG Saarbrücken VersR 74, 848; für die Rechtslage vor Einführung des LFZG Hanau, BB, 68, 1046; Weitnauer, DB 68, 879, 880; Brucks/Möller/Sieg, VVG, 8. Aufl., § 67 Anm. 112; a.A. Berg VersR 74, 980 und, ohne nähere Begründung, Lehmann DB 72, 1390).
a) Das Lohnfortzahlungsgesetz ergänzt und erweitert die soziale Sicherung der Arbeiter vor der durch die Wechselfälle des Lebens bedingten wirtschaftlichen Not im Krankheitsfalle, wie sie bereits durch Gewährung von Krankengeld seitens der gesetzlichen Krankenkasse nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO gewährleistet worden war. Diese Ansprüche aus der Sozialversicherung bleiben auch jetzt noch subsidiär bestehen; nur ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn und soweit der Versicherte während der Krankheit Arbeitsentgelt erhält (§ 189 RVO).
Das Anliegen des Gesetzgebers, daß durch die Gewährung der Lohnfortzahlung verwirklicht werden sollte, ist der Schritt zur Angleichung der Rechtsstellung der Arbeiter an die der Angestellten durch Einführung der sog. arbeitsrechtlichen Lösung, nämlich mittels Ablösung der sozialversicherungsrechtlichen Unterstützung der Arbeiter im Krankheitsfalle durch Einführung eines arbeitsrechtlichen Anspruches gegen den Arbeitgeber (vgl. dazu insbesondere Protokoll Nr. 88 des BT-Ausschusses für Arbeit vom 5.5.1969), wie er für Angestellte etwa im § 63 HGB, § 133 c Gewerbeordnung und § 616 Abs. 2 BGB besteht. Einen finanziellen Ausgleich für den entgangenen Arbeitsverdienst in den ersten sechs Wochen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit erhielten Arbeiter schon vor der gesetzlichen Neuregelung von 1969 nach dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherheit der Arbeiter im Krankheitsfall vom 12. Juli 1963 (BGBl I S. 913); danach hatte der Arbeitgeber die Differenz zwischen den Barleistungen der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung und 100 % des Netto-Arbeitsverdienstes zuzuschießen.
Das Lohnfortzahlungsgesetz ist mithin ungeachtet der Einführung der sog. arbeitsrechtlichen Lösung durch die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes seitens des Arbeitgebers eingebettet in das System der bestehenden sozialen Sicherungen des Arbeiters. Die Rechtsstellung der Arbeiter sollte, wie auf der Hand liegt, nicht verschlechtert, sondern lediglich verbessert werden.
b) Infolgedessen treffen die Erwägungen, die den Senat in den Urteilen BGHZ 41, 79 und 43, 72 veranlaßt haben, den Übergang von Ersatzansprüchen des verletzten Arbeitnehmers auf den Sozialversicherungsträger nach § 1542 RVO oder auf den öffentlichen Dienstherrn nach § 87 a BBG auszuschließen, sofern der Schädiger ein mit dem Verletzten in häuslicher Gemeinschaft lebender Familienangehörigerist, ebenso auf den Rechtsübergang nach § 4 LFZG zu. Auch hier wird eine Schädigung unter Familienangehörigen nur deshalb Gegenstand des Streites, weil sich der Arbeitgeber an einem Familienangehörigen schadlos halten will. Damit würde aber der Unfallurheber einem Zugriff auf sein Vermögen und sein Einkommen ausgesetzt werden, dem er seitens der betroffenen Familienangehörigen kaum je ausgesetzt worden wäre und vielleicht auch nicht hätte ausgesetzt werden können, solange er sich im Rahmen seiner Kräfte bemüht, die Auswirkungen des Schadens innerhalb der Familiengemeinschaft angemessen mitzutragen (vgl. auch BGHZ 53, 352, 354). Vor allem fällt ins Gewicht, daß die in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebenden Familienangehörigen zumeist eine gewisse wirtschaftliche Einheit darstellen. Bei Zulassung des Forderungsüberganges würde der Versicherte häufig im praktischen Ergebnis das, was er mit der einen Hand erhalten hat, mit der anderen herausgeben müssen und so durch den Rückgriff selbst in Mitleidenschaft gezogen werden.
Dem kann nicht, wie die Revision es will, entgegengehalten werden, das Lohnfortzahlungsgesetz gewähre nicht in gleicher Weise wie die Reichsversicherungsordnung oder die Beamtengesetze den Schutz der Familie, weil es keine Direktansprüche von Familienangehörigen kenne (vgl. § 205 RVO) und auch nicht die Versorgung von Hinterbliebenen. Das ist zwar richtig; dennoch verkennt damit die Revision die Stellung des Lohnfortzahlungsgesetzes im Gesamtsystem der sozialen Sicherung der Arbeitnehmer, dessen sich auch auf Familienangehörige erstreckender Schutz, wie bereits betont, nicht verschlechtert werden sollte. Ähnliches gilt für die Erwägung, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verstoße es nicht gegen das Gleichheitsgebot, wenn Arbeiter anders behandelt würden als etwa Beamte, weil im Beamtenrecht die besondere Treue- pflicht des öffentlichen Dienstherrn bestehe, die über die Treuepflichten des Arbeitgebers hinausgehe. Ob überhaupt der Gleichheitsgrundsatz der Verfassung berührt ist, braucht nicht entschieden zu werden, weil jedenfalls, wie ausgeführt, die Beschränkung des Forderungsübergangs aus anderen Sachgründen geboten und gerechtfertigt ist.
c) Die besondere Ausgestaltung des Lohnfortzahlungsgesetzes, wie sie in der sog. arbeitsrechtlichen Lösung der Lohnfortzahlung zum Ausdruck kommt, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Zwar hat der erkennende Senat in seinen zu § 1542 RVO und § 87 a BBG ergangenen Entscheidungen davon gesprochen, die öffentlichen Leistungs- und Versorgungsträger hätten wegen dieser ihrer Stellung eine besondere soziale Fürsorgepflicht wahrzunehmen. Indessen bedeutet, wie oben dargelegt, die Gewährung eines arbeitsrechtlichen Anspruchs gegen den Arbeitgeber auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall anstelle eines Anspruchsgegen einen Sozialversicherungsträger oder gegen den öffentlichen Dienstherrn im Ergebnis keine Veränderung des Anspruchszwecks, nämlich der sozialen Sicherung des Arbeitnehmers im Krankheitsfalle: die. Lohnfortzahlung an Arbeiter bleibt eingebettet im Gesamtsystem der sozialen Sicherung. Damit sind entgegen der Ansicht der Revision den Arbeitgebern Aufgaben übertragen worden, die sonst Sozialversicherungsträgern oder anderen öffentlichen Stellen obgelegen hätten; deshalb stehen sie, was die Lohnfortzahlung und damit die Auslegung des § 4 LFZG anbelangt, ebenso wie diese in einer öffentlichen sozialen Verantwortung.
Bedenken ergeben sich schließlich auch nicht aus der Regelung in § 1 LFZG, wonach der Arbeiter den Anspruch auf Lohnfortzahlung nur hat, wenn ihm an seiner Erkrankung kein Verschulden trifft, ebensowenig aus dem in § 5 LFZG geregelten Recht des Arbeitgebers, die Fortzahlung des Lohns zu verweigern, wenn oder solange der Arbeitnehmer gewisse Obliegenheiten nicht erfüllt. Die Revision will daraus schließen, daß im Lohnfortzahlungsgesetz eine andere Risikoverteilung gelte, als im Sozialversicherungsrecht. Indessen beruhen der Ausschluß bzw. der Aufschub des Anspruchs auf Lohnfortzahlung im Einzelfall auf dem Grundgedanken, daß der Arbeitnehmer sich ein Verschulden gegen sich selbst zurechnen lassen muß (so schon § 616 Abs. 1 BGB). Das findet seine Berechtigung in dem durch gegenseitige Fürsorge- und Treupflichten gekennzeichneten Arbeitsverhältnis, kann aber nicht für ein Verschulden Dritter, und sei es auch von Familienangehörigen, gelten, die außerhalb dieses Arbeitsverhältnisses stehen.
Mit Recht hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, daß durch die arbeitsrechtliche Lösung der Lohnfortzahlung die Arbeitgeber bewußt mit den Kosten dieser Sozialleistung für ihre Arbeitnehmer belastet worden sind, und zwar unter voller Würdigung der Grenzen der finanziellen Belastbarkeit der Betriebe. Danach kann die Einschränkung des Forderungsübergangs nicht mit der Erwägung abgelehnt werden, diese sei für die betroffenen Arbeitgeber nicht zumutbar (vgl. dazu auch § 10 LFZG). Die Revision greift diesen Gesichtspunkt auch selbst nicht auf.
d) Das alles entspricht im Ergebnis der Rechtslage, wie sie nicht nur für Beamte, sondern auch für Angestellte schon immer bestanden hat. Auch da, wo ein gesetzlicher Forderungsübergang auf den Arbeitgeber oder Dienstherrn nicht angeordnet ist, sondern nur ein Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf Abtretung seiner Schadensersatzforderung besteht, ist dieser Abtretungsanspruch nach Treu und Glauben eingeschränkt, sofern es sich bei dem Ersatzpflichtigen um ein in häuslicher Gemeinschaft mit dem Verletzten lebendes Familienmitglied handelt (vgl. dazu BGHZ 43, 72, 79; Senatsurteil vom 9. Januar 1968 – VI ZR 44/66 – VersR 1968, 248, 249; Hanau a.a.O. m.w. Nachw.). Den Arbeiter im Falle des § 4 LFZG schlechter zu behandeln, ist nicht gerechtfertigt.
3. Mit Recht hält es das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats (BGHZ 54, 256; Senatsurteil vom 9. Mai 1972 – VI ZR 40/71 – VersR 72, 464, 465 m.w.Nachw.) für unerheblich, ob für den Schädiger der Schutz eines Haftpflichtversicherers eingreift. Das muß auch für den hier zu entscheidenden Fall gelten, der sich insoweit nicht von den bisher in der Rechtsprechung behandelten Fällen unterscheidet. Der Standpunkt des Landgerichts Hildesheim (VersR 1975, 131) – offenbar im Anschluß an Hanau – BB 1968, 1044 ff – ist unrichtig; die Pflicht des Haftpflichtversicherers, dem Versicherungsnehmer (Versicherten) Deckung für einen gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruch zu gewähren, setzt voraus, daß, unabhängig vom Versicherungsschutz, ein Ersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer (Versicherten) besteht (so schon Senatsurteil vom 9. Januar 1968 – VI ZR 44/66 – VersR 1968, 248, 249).
4. Da im übrigen das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum ausgeführt hat, daß der Zweitbeklagte zur Unfallzeit in häuslicher Gemeinschaft mit seiner Mutter gelebt hat, und damit diejenigen Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach dem Grundgedanken des § 67 Abs. 2 VVG ein Übergang von Ersatzansprüchen nach § 4 LFZG zu verneinen ist, hat es die Klage zu Recht abgewiesen.
Unterschriften
Dr. Weber, Dunz, Scheffen, Dr. Kullmann, Dr. Ankermann
Fundstellen
Haufe-Index 1502231 |
BGHZ |
NJW 1976, 1208 |
Nachschlagewerk BGH |