Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsentschädigungsanspruch des Hauptmieters gegen den Untermieter nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses; Gewährleistungsausschluß wegen Rechtsmangelkenntnis des Mieters: Kenntnis vom Rechtsmangel
Leitsatz (amtlich)
1. Nach Beendigung des Untermietverhältnisses steht dem Hauptmieter kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs. 1 BGB gegen den Untermieter zu, wenn auch das Hauptmietverhältnis bereits beendet ist.
2. Zum Ausschluß der Gewährleistung des Vermieters für einen Rechtsmängel wegen Kenntnis des Mieters.
Leitsatz (redaktionell)
Kenntnis vom Rechtsmangel der Mietsache hat der Mieter nicht schon dann, wenn er weiß, daß einem Dritten ein Recht an der Sache zusteht, das generell geeignet sein könnte, den vertragsmäßigen Gebrauch der Mietsache zu beeinträchtigen. Kenntnis vom Rechtsmangel hat der Mieter nur dann, wenn er sich darüber im klaren ist, daß der Dritte sein Recht möglicherweise geltend machen wird und wenn er das Risiko, das damit für ihn verbunden ist, bewußt in Kauf nimmt.
Normenkette
BGB § 539 S. 1, §§ 541, 557 Abs. 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 07.09.1994; Aktenzeichen 4 U 53/93) |
LG Flensburg (Entscheidung vom 26.02.1993; Aktenzeichen 4 O 225/92) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 7. September 1994 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger mietete von der Firma P., die selbst Mieterin war, in H. ein Ladenlokal „zum Betriebe eines Bäckereifachgeschäfts mit Kaffeeausschank”. In dem schriftlichen Mietvertrag war festgehalten, jede Änderung der Art des Betriebes bedürfe der schriftlichen Zustimmung des Mieters und eine Untervermietung sei nicht gestattet. Die die Untervermietung betreffende Klausel wurde durch eine Vereinbarung vom 4. Dezember 1984 (Beiakte … LG Flensburg 16) dahin abgeändert, daß „bei Vorliegen besonderer Umstände eine Untervermietung an die gleiche Branche gestattet” sein solle. Voraussetzung sei allerdings, daß Art und Charakter des Geschäfts erhalten blieben. Nachdem der Kläger von einer ihm eingeräumten Verlängerungsoption Gebrauch gemacht hatte, verlängerte sich das Mietverhältnis bis zum 31. Dezember 1994.
Im Jahre 1989 gab der Kläger das in den gemieteten Räumen betriebene Ladengeschäft auf. Er suchte – auch mit Hilfe eines Maklers – einen Untermieter, fand aber niemanden, der in dem Ladenlokal ein Bäckereinfachgeschäft betreiben wollte. Am 12. September 1989 schloß der Kläger mit dem Beklagten einen schriftlichen Untermietvertrag ab, in dem es heißt, der Beklagte werde in den angemieteten Räumen „einen Verkaufsladen zum Verkauf von Fladenbrot (Kebab) unterbringen”. Die Parteien waren sich bei Abschluß des Vertrages einig, daß der Beklagte einen Kebab-Imbiß eröffnen wollte.
Eine Kaution, die er nach dem Untermietvertrag zu leisten hatte, erbrachte der Beklagte, indem er eine Spareinlage bei einer Bank von 10.000 DM dem Kläger verpfändete.
Nachdem die Firma P. festgestellt hatte, daß in den Räumen ein Kebab-Imbiß betrieben wurde, erklärte sie gegenüber dem Kläger am 14. Juni 1990 wegen unerlaubter Untervermietung die fristlose Kündigung des Mietvertrages. Außerdem erwirkte sie gegen beide Parteien am 30. Januar 1991 ein Räumungsurteil, das seit dem 18. Dezember 1991 rechtskräftig ist. Der Beklagte räumte das Ladenlokal Ende März 1992, nachdem er zuvor auf Betreiben der Firma P. von ihm vorgenommene Umbauten beseitigt und den alten Zustand wiederhergestellt hatte. Von September 1991 an zahlte der Beklagte keine Miete mehr an den Kläger. Die vereinbarte Miete betrug 3.534 DM monatlich (einschließlich MWSt), so daß für die Monate September 1991 bis März 1992 rein rechnerisch 24.738 DM offenstehen.
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte über den Inhalt des Mietvertrages zwischen der Firma P. und dem Kläger in allen Einzelheiten informiert war.
Der Kläger macht mit der Klage die offenstehende Mietzinsforderung (zuzüglich Zinsen) geltend. Der Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der er die Herausgabe des als Mietkaution verpfändeten „Wachstumszertifikats” der Bank verlangt, außerdem Schadensersatz wegen nutzlos gewordener Aufwendungen und wegen entgangenen Gewinns.
Das Landgericht hat nach einer Beweisaufnahme den Kläger auf die Widerklage hin verurteilt, das Wachstumszertifikat herauszugeben. Die Klage und die weitergehende Widerklage hat es abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte die Widerklage ermäßigt und nur noch einen Teilbetrag der von ihm berechneten Widerklageforderung geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung des Klägers hin das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert: Es hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Herausgabe des Wachstumszertifikats 24.738 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen in der Berufungsinstanz gestellten Widerklageantrag weiter. Bezüglich der Klage will er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht führt aus, es könne dahingestellt bleiben, ob und wann das zwischen den Parteien bestehende Untermietverhältnis durch Kündigung beendet worden sei. Der Beklagte müsse an den Kläger für die Monate September 1991 bis März 1992 entweder Mietzins oder in gleicher Höhe nach § 557 Abs. 1 Satz 1 BGB Nutzungsentschädigung zahlen. Er sei nicht berechtigt, die Miete/Nutzungsentschädigung nach den §§ 541, 537 BGB zu mindern. Für die Zeit bis einschließlich Januar 1992 komme eine Minderung schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte das Ladenlokal bis zu diesem Zeitpunkt wie im Vertrag vorgesehen genutzt habe. Das bedeute, daß noch kein Rechtsmangel i.S.d. § 541 BGB bestanden habe. In den Monaten Februar und März 1992 habe ein Rechtsmangel zwar vorgelegen, eine Minderung scheide aber nach § 539 BGB auch für diese Monate aus, weil dem Beklagten der Mangel bei Abschluß des Mietvertrages bekannt gewesen sei. Aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme sei erwiesen, daß dem Beklagten vor Abschluß des Untermietvertrages die Einzelheiten des zwischen dem Kläger und der Firma P. bestehenden Hauptmietvertrages bekannt gewesen seien und daß er deshalb gewußt habe, daß der Kläger nur zur Untervermietung zum Betriebe eines Bäckereifachgeschäftes mit Kaffeeausschank berechtigt gewesen sei. Daraus ergebe sich auch, daß die Widerklage unbegründet sei, weil durch § 539 BGB auch Schadensersatzansprüche des Beklagten aus § 538 BGB ausgeschlossen seien.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
2. Unzutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, es könne offen bleiben, wann das zwischen den Parteien bestehende Untermietverhältnis beendet worden sei. Für die Zeit nach der Beendigung des Untermietverhältnisses bis zur Räumung des Ladenlokals durch den Beklagten könne der Kläger nach § 557 BGB eine. Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten Mietzinses verlangen. Dies trifft nicht zu, weil – wovon das Berufungsgericht und beide Parteien zu Recht ausgehen – das Hauptmietverhältnis zwischen der Firma P. und dem Kläger durch eine berechtigte Kündigung der Firma P. früher beendet worden ist als das zwischen den Parteien bestehende Untermietverhältnis. Nach Beendigung sowohl des Haupt- als auch des Untermietverhältnisses ist der Untermieter sowohl gegenüber dem Untervermieter (§ 556 Abs. 1 BGB) als auch gegenüber dem Hauptvermieter (§ 556 Abs. 3 BGB) verpflichtet, die gemietete Sache zurückzugeben. Durch eine Herausgabe der Sache an den Hauptvermieter wird der Untermieter auch gegenüber dem Untervermieter befreit (vgl. Wolf/Eckert aaO Rdn. 1337 m.N.). Da dem Untervermieter nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses keine eigene Nutzungsberechtigung mehr zusteht und er von jeder Nutzungsmöglichkeit ausgeschlossen werden kann, wenn der Untermieter die Sache direkt dem Hauptvermieter herausgibt, steht ihm auch kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung mehr zu (so zutreffend Emmerich/Sonnenschein, Miete, 6. Aufl. § 557 Rdn. 2; Wolf/Eckert aaO Rdn. 1340). Schon deshalb kann die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Klage keinen Bestand haben.
Gibt der Untermieter nach Beendigung sowohl des Hauptmietverhältnisses als auch des Untermietverhältnisses die Mietsache nicht rechtzeitig an den Hauptvermieter oder an den Untervermieter zurück, so kommt allerdings ein Anspruch des Untervermieters auf Ersatz des Verzugsschadens nach § 286 BGB in Betracht. Der Verzugsschaden kann z. B. darin bestehen, daß der Untervermieter wegen der verspäteten Rückgabe selbst Nutzungsentschädigung nach § 557 BGB an den Hauptvermieter zahlen muß. Das Berufungsgericht hat jedoch – von seinem Standpunkt aus zu Recht – keine Feststellungen getroffen, die es erlauben würden, dem Kläger einen solchen Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Rückgabe zuzusprechen.
3. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht auch, für die Zeit bis einschließlich Januar 1992 komme eine Minderung des Mietzinses wegen eines Rechtsmangels (§§ 541, 537 BGB) von vornherein nicht in Betracht, weil der Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt den Kebab-Imbiß in dem Ladenlokal weiter betrieben habe. Es ist zwar richtig, daß nach § 541 BGB ein zur Minderung berechtigender Rechtsmangel nicht schon dann vorliegt, wenn nur ein Recht eines Dritten auf die vermietete Sache besteht, das zu einer Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauches führen könnte. Ein Rechtsmangel entsteht vielmehr erst dann, wenn der Dritte sein Recht in einer Weise geltend macht, die zu einer Beeinträchtigung des Gebrauchs durch den Mieter führt (BGH, Urteil vom 2. November 1988 – VIII ZR 7/88 – NJW-RR 1989, 77, 78 m.N.; Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 7. Aufl. Rdn. 201). Eine Beeinträchtigung der Gebrauchsgewährung setzt aber nicht voraus, daß der Mieter den Besitz oder die Nutzung der Sache deswegen aufgegeben hat. Eine zu einem Rechtsmangel führende Beeinträchtigung der Gebrauchsgewährung liegt bei der Vermietung von Räumen vielmehr schon dann vor, wenn der Dritte gegen den Mieter einen ihm zustehenden Herausgabeanspruch geltend macht und Räumung verlangt (BGHZ 63, 132, 137, 138). Im vorliegenden Fall war schon vor der Zeit, für die der Kläger Mietzins verlangt, auf eine Klage der Firma P. hin gegen beide Parteien ein – damals allerdings noch nicht rechtskräftiges – erstinstanzliches Räumungsurteil ergangen. Ein Rechtsmangel lag somit vor.
4. Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, soweit eine Minderung nach §§ 541, 537 BGB an sich in Betracht komme, sei sie nach § 539 Satz 1 BGB ausgeschlossen, weil dem Beklagten vor Abschluß des Untermietvertrages die Einzelheiten des Hauptmietvertrages bekannt gewesen seien und weil er deshalb gewußt habe, daß der Kläger nach den Regeln dieses Hauptmietvertrages nicht berechtigt gewesen sei, das Ladenlokal zum Betrieb eines Kebab-Imbisses unterzuvermieten.
a) Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, daß das Berufungsgericht festgestellt hat, dem Beklagten sei der Hauptmietvertrag bekannt gewesen. Das Berufungsgericht ist zu dieser Feststellung durch eine tatrichterliche Beweiswürdigung gelangt, die die Revision hinnehmen muß. Daß dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang revisionsrechtlich relevante Fehler unterlaufen sind, zeigt die Revision nicht auf. Daß das Berufungsgericht den in erster Instanz vernommenen Zeugen K. nicht erneut vernommen hat, ist nicht zu beanstanden. Die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme ist grundsätzlich auch in der Berufungsinstanz verwertbar. Die Entscheidung, ob das Berufungsgericht einen in erster Instanz vernommenen Zeugen selbst anhören will, steht in seinem Ermessen (§§ 523, 526, 398 Abs. 1 ZPO; vgl. im einzelnen Zöller/Gummer, ZPO 19. Aufl. § 526 Rdn. 3 m.N.). Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten hat. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.
b) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts läßt sich aber aus der Kenntnis des Beklagten von dem Hauptmietvertrag nicht herleiten, daß ihm der später eintretende Rechtsmangel bei Abschluß des Untermietvertrages bekannt gewesen sei und daß deshalb Gewährleistungsansprüche nach § 539 Satz 1 BGB ausgeschlossen seien. Nach § 539 Satz 1 BGB stehen dem Mieter die in den §§ 537, 538 bestimmten Rechte nicht zu wegen eines Sachmangels, den er bei Abschluß des Mietvertrages gekannt hat. § 539 Satz 2 BGB bestimmt u. a., daß der Mieter aus einem Sachmangel, der ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, nur in eingeschränktem Umfang Rechte herleiten kann. Nach § 541 BGB ist nur § 539 Satz 1 BGB, nicht dagegen § 539 Satz 2 BGB bei Rechtsmängeln entsprechend anzuwenden. Daraus folgt – wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig erkennt –, daß die Kenntnis der einen Rechtsmangel begründenden tatsächlichen Verhältnisse allein nicht ausreicht, daß der Mieter vielmehr auch die rechtlichen Folgen der ihm bekannten Tatsachen kennen muß (MünchKomm-BGB/Voelskow, 3. Aufl. § 541 Rdn. 7 m.N.; für den vergleichbaren Fall eines Rechtsmangels beim Kauf BGH, Urteil vom 20. Dezember 1978 – VIII ZR 114/77 – NJW 1979, 713, 714). Erforderlich ist, daß der Mieter zumindest mit dem Vorliegen eines Rechtsmangels gerechnet und das Risiko, daß diese Annahme richtig sei, bewußt in Kauf genommen hat (BGH aaO S. 714).
Daß einem Dritten ein Recht an der Mietsache zusteht, das generell geeignet sein könnte, den vertragsmäßigen Gebrauch der Mietsache zu beeinträchtigen, stellt für sich allein noch keinen Rechtsmangel i. S. des § 541 BGB dar. Das ist bereits ausgeführt. Ein Rechtsmangel tritt erst – nachträglich – ein, wenn der Dritte sein Recht geltend macht und auf diese Weise den vertragsgemäßen Gebrauch stört (BGHZ 63 aaO; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl. III B Rdn. 1266). Daß ein generell zur Gebrauchsbeeinträchtigung geeignetes Recht eines Dritten besteht, ist im Mietrecht nichts Ungewöhnliches. Es ist zulässig und üblich, auch fremde Sachen zu vermieten. Bei einem Untermietvertrag ist das die Regel. Die Kenntnis des Mieters von dem Recht des Dritten allein kann deshalb für die Anwendung des § 539 Satz 1 BGB nicht ausreichend sein. Erforderlich ist vielmehr, daß dem Mieter auch das zweite Element eines Rechtsmangels bekannt ist: Kenntnis von dem Rechtsmangel hat der Mieter nur dann, wenn er sich darüber im klaren ist, daß der Dritte sein Recht möglicherweise geltend machen wird und wenn er das Risiko, das damit für ihn verbunden ist, bewußt in Kauf nimmt. Es bedarf für die Entscheidung des vorliegenden Falles keiner Ausführungen dazu, wie konkret dieses Risiko für den Mieter erkennbar sein muß. Die Parteien tragen übereinstimmend vor, daß sie die Möglichkeit, der Hauptvermieter werde u.U. aus der unberechtigten Untervermietung Rechte herleiten, nicht ernsthaft in Betracht gezogen haben. Dementsprechend kann man auch nicht davon ausgehen, daß der Beklagte in diesem Zusammenhang bewußt ein Risiko eingegangen ist.
Enthält der Hauptmietvertrag keine Regelung über die Zulässigkeit einer Untervermietung und schließt der Hauptmieter einen Untermietvertrag ab, ohne zuvor die nach § 549 Abs. 1 BGB erforderliche Erlaubnis des Hauptvermieters einzuholen, so beeinträchtigt das die Wirksamkeit des Untermietvertrages nicht. Die nachträgliche Einholung der Erlaubnis ist allein Sache des Hauptmieters (Emmerich/Sonnenschein, aaO § 549 Rdn. 6 m.N.). Er übernimmt mit der durch den Untermietvertrag eingegangenen Verpflichtung zur Leistung auch die Haftung für seine Leistungsfähigkeit und hat hierfür einzustehen. Diese Pflicht wird nicht eingeschränkt, wenn dem Untermieter bekannt ist, daß die Erlaubnis zur Untervermietung nicht erteilt, aber erforderlich ist. § 539 Satz 1 BGB ist in einem solchen Falle nicht anwendbar. Wird die Erlaubnis nicht erteilt und kündigt der Hauptvermieter wegen unberechtigter Untervermietung den Hauptmietvertrag, so muß der Untervermieter für den dann entstehenden Rechtsmangel eintreten (grundlegend RGZ 81, 59, 61 f; Wolf/Eckert aaO Rdn. 1328; Palandt/Putzo BGB 54. Aufl. § 549 Rdn. 21; Bub/Treier aaO III B Rdn. 1265 m.w.N.).
Der vorliegende Fall liegt insofern anders, als der Hauptmietvertrag eine Regelung über die Zulässigkeit der Untervermietung enthält und (nur) die Untervermietung zum Betriebe eines Bäckereifachgeschäftes mit Kaffeeausschank gestattet. Dieser Unterschied ist jedoch für die Anwendbarkeit des § 539 BGB nicht von entscheidender Bedeutung. Auch wenn gar nicht beabsichtigt war, daß der Untervermieter sich nachträglich um eine – rechtlich mögliche – Erweiterung der Erlaubnis zur Untervermietung bemühen werde, hing es auch im vorliegenden Fall von dem Verhalten des Hauptvermieters ab, ob der Untervermieter die eingegangene Verpflichtung, dem Untermieter das Ladenlokal zum Betrieb eines Kebab-Imbiß zur Verfügung zu stellen, auf Dauer erfüllen konnte. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied, ob der Untervermieter darauf vertraute, der Hauptvermieter werde die notwendige Erlaubnis zur Untervermietung erteilen, oder ob er darauf vertraute, er werde auf die unerlaubte Untervermietung nicht reagieren. Das Risiko, daß sich der Hauptvermieter nicht wie erwartet verhalten, sondern die Gebrauchsüberlassung an den Untermieter verhindern könnte, trägt in beiden Fällen der Untervermieter (hier also der Kläger).
Die Übernahme dieses Risikos hätte der Kläger vermeiden können, wenn er dafür gesorgt hätte, daß eine entsprechende Klausel in den Untermietvertrag aufgenommen oder daß der Untermietvertrag unter der auflösenden Bedingung abgeschlossen worden wäre, daß der Hauptvermieter seine Rechte geltend macht (vgl. Palandt/Putzo aaO; Bub/Treier aaO Rdn. 1265). Für eine entsprechende Abrede, die auch stillschweigend getroffen werden kann, ergeben sich aber aus den Feststellungen des Berufungsgerichts und aus dem Vortrag der Parteien keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Umstand allein, daß in dem Untermietvertrag die beabsichtigte Nutzung bewußt irreführend angegeben worden ist, reicht hierzu nicht aus.
5. Die Abweisung der Widerklage hat das Berufungsgericht ausschließlich damit begründet, auch eventuelle Schadensersatzansprüche nach §§ 541, 538 BGB seien durch § 539 BGB ausgeschlossen. Die Voraussetzungen und insbesondere die Höhe eines solchen Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus zu Recht – nicht geprüft.
Weder die Entscheidung über die Klage, noch die Entscheidung über die Widerklage kann deshalb Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst in der Sache zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es fehlende Feststellungen nachholen kann. Bezüglich der Klage fehlen Feststellungen dazu, wann das Untermietverhältnis beendet worden ist. Außerdem muß das Berufungsgericht klären, in welchem Umfang (u.U. für die einzelnen Monate, für die der Kläger Mietzins verlangt, unterschiedlich) durch den Rechtsmangel der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache (schon) eingeschränkt war. Bezüglich der Widerklage müssen die Feststellungen, die zur Beurteilung eines Schadensersatzanspruchs nach § 538 BGB erforderlich sind, insgesamt nachgeholt werden.
6. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
a) Der Beklagte errechnet eine aus verschiedenen Positionen – u. a. entgangenem Gewinn – zusammengesetzte Schadensersatzforderung und macht davon als Teilbetrag 30.000 DM mit der Widerklage geltend. Er wird im weiteren Verfahren Gelegenheit haben, im einzelnen anzugeben, wie und in welcher Reihenfolge sich der geltend gemachte Teilbetrag auf die einzelnen Posten seiner Schadensberechnung beziehen soll (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 – VI ZR 228/82 – NJW 1984, 2346, 2347 m.N.).
b) Bei der Prüfung der mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzforderung wird das Berufungsgericht ggf. – evtl. nach ergänzendem Vortrag der Parteien – zu prüfen haben, ob sich der Beklagte ein Mitverschulden nach § 254 BGB zurechnen lassen muß. Das Mitverschulden könnte darin liegen, daß er nach seinem Vortrag in großem Umfang investiert hat, obwohl er wußte, daß eine Untervermietungserlaubnis zum Betriebe eines Kebab-Imbisses nicht erteilt und die beabsichtigte Nutzung in dem Untermietvertrag irreführend angegeben war (vgl. Wolf/Eckert aaO Rdn. 1331).
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Gerber
Fundstellen
Haufe-Index 542460 |
BB 1996, 450 |
NJW 1996, 46 |
Nachschlagewerk BGH |
JuS 1996, 358 |