Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Kartellsenats des Kammergerichts vom 20. Dezember 1995 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin vom 17. August 1992 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlußberufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 3 % Zinsen aus 176.792,34 DM seit dem 1. Januar 1991 zu zahlen.
Im übrigen werden die Anschlußberufung und die Revision zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 3/50 und die Beklagte zu 47/50.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger betrieb aufgrund eines Tankdienststellenvertrages vom 14. Dezember 1976 und eines Pachtvertrages vom gleichen Tage eine in der Reuterstraße in Berlin-Neukölln gelegene Selbstbedienungstankstelle der Beklagten. Ihm oblag als Handelsvertreter der Verkauf von Treib- und Schmierstoffen in deren Namen und für deren Rechnung. Außerdem bot er im Rahmen des Tankstellenbetriebes (ARAL-Shop) für eigene Rechnung Dienstleistungen an und verkaufte Waren. Die Beklagte beendete das Vertragsverhältnis zum 30. September 1990 durch ordentliche Kündigung. Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger Ausgleich gemäß § 89 b HGB geltend.
Für das Geschäft mit Treib- und Schmierstoffen erhielt er im letzten Vertragsjahr eine Provision von 198.390 DM netto; die durchschnittliche Provision während der letzten fünf Vertragsjahre betrug 155.081 DM netto. Auf der Grundlage einer im Jahre 1987 durchgeführten und im November 1988 veröffentlichten Repräsentativbefragung der Beklagten, nach der 62 % der Autofahrer ihren Bedarf nur an einer einzigen und weitere 22 % an zwei oder drei Tankstellen decken, hat der Kläger behauptet, von seinen zuletzt etwa 16.000 Kunden seien 25 % Stammkunden gewesen, auf die 99,4 % seines Umsatz entfallen seien. Bei zwei von ihm selbst am 14. Dezember 1989 und 7. Mai 1990 durchgeführten Befragungen sämtlicher Tageskunden hätten nur 3 von 605 Personen angegeben, erstmals an seiner Tankstelle getankt zu haben. Entsprechend der Praxis der Beklagten für Berlin wolle er der Berechnung seines Ausgleichsanspruchs jedoch nur einen Stammkundenumsatzanteil von 90 % zugrunde legen.
Eine Aufteilung der Provision auf werbende und verwaltende Tätigkeiten sei zwar weder vereinbart worden noch berechtigt, es möge jedoch für verwaltende Tätigkeiten ein Abzug von 10 % vorgenommen werden. Der Abwanderungsverlust sei im ersten Jahr nach der Vertragsbeendigung lediglich mit 10 %, im zweiten bis vierten Jahr mit je 20 % und im fünften Nachvertragsjahr mit restlichen 10 % zu bewerten, so daß sich für einen fünfjährigen Prognosezeitraum ein Provisionsverlust von insgesamt 250 % ergebe.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs seien auch die Umsätze im Eigenschäft (ARAL-Shop) zu berücksichtigen. Dabei sei von einem imaginären Provisionsanteil von 3 % seines durchschnittlichen Jahresumsatzes auszugehen und der Ausgleich auf der Grundlage des sich daraus ergebenden Betrages von 9.430,34 DM im übrigen wie beim Treib- und Schmierstoffgeschäft zu berechnen.
Insgesamt hat der Kläger unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 89 b Abs. 2 HGB Ausgleich in Höhe von 187.542,93 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1990 gefordert. Die Beklagte hat die Höhe des geltend gemachten Ausgleichs beanstandet und unter anderem eingewandt, der Kläger habe zwischen 50 % und 80 % seiner Provision für verwaltende Tätigkeit erhalten.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 176.792,34 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1990 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Auf die mit dem Ziel der vollständigen Abweisung der Klage eingelegte Berufung der Beklagten und die unselbständige Anschlußberufung des Klägers, mit der dieser neben der Verurteilung der Beklagten gemäß seinem erstinstanzlichen Klageantrag weitere 3 % Zinsen aus der Klageforderung seit dem 1. Januar 1991 begehrt hat, hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise geändert, die Beklagte unter Klageabweisung im übrigen zur Zahlung von 77.587,10 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % seit dem 1. Oktober 1990 sowie von weiteren 3 % seit dem 1. Januar 1991 verurteilt und die weitergehenden Berufungen zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision, mit der er die Klageforderung in vollem Umfang weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
A. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Unstreitig stehe dem Kläger für seine Tätigkeit als Handelsvertreter dem Grunde nach ein Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB zu. Grundlage für die Berechnung der Höhe des Anspruchs sei die letzte Jahresprovision im Treib- und Schmierstoffgeschäft von 198.390 DM.
Davon sei der Teil abzusetzen, den der Kläger nicht für werbende, sondern für verwaltende Tätigkeiten erhalten habe. Dieser sei gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf 50 % zu schätzen.
Nach dem dem Rechtsverhältnis der Parteien zugrunde liegenden Handelsvertretervertrag sei der Kläger nicht nur zu einer für den Handelsvertreter charakteristischen Abschluß- und Vermittlungstätigkeit, sondern darüber hinaus auch zur Lagerung von Treibstoffen, zu deren Abgabe und zum Inkasso verpflichtet gewesen. Gemäß Nr. 4 der zuletzt maßgebenden Vereinbarung vom 13.05./15.06.1988 seien mit der Provision auch alle verwaltenden (nicht werbenden) Tätigkeiten abgegolten worden. Es sei deshalb davon auszugehen, daß die Provision das Äquivalent für alle erbrachten Leistungen habe sein sollen und der Kläger nicht etwa die Lagerung, den Verkauf und das Inkasso für die Agenturware kostenlos übernommen habe.
Jedoch lasse sich tatsächlich nicht aufklären, in welchem Verhältnis die Provisionsanteile für werbende und für verwaltende Tätigkeiten zueinander stünden. Weder das von den Parteien in den Rechtsstreit eingeführte Gutachten des Sachverständigen Dr. R. noch die vom Gericht angeordnete Begutachtung durch den Sachverständigen Professor G. hätten dafür verwertbare Ergebnisse erbracht. Damit seien die Möglichkeiten einer tatsächlichen Aufklärung der Beweisfrage erschöpft, so daß das Gericht entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung festzustellen habe, welcher Anteil der Provision auf die werbende Tätigkeit des Klägers entfalle.
Für den wesentlichen Teil des Agenturgeschäfts, den Verkauf der Treib- und Schmierstoffe, fielen an verwaltenden Tätigkeiten deren Lagerung und Abgabe sowie das Inkasso an. Die Position Lagerung könne vernachlässigt werden, weil der mit ihr verbundene Aufwand geringfügig erscheine. Für die beiden anderen verwaltenden Aufgaben müsse dagegen über die gesamte Dauer der Öffnungszeiten Personal bereitgestellt werden. Die werbende Tätigkeit des Tankstellen-Handelsvertreters liege demgegenüber im wesentlichen darin, durch atmosphärische Einflüsse wie freundliche, schnelle und vertrauenerweckende Bedienung Anreize gegenüber den Kunden zu schaffen, ihren Bedarf weiterhin an „seiner” Tankstelle zu decken. Wegen der qualitativen Unterschiedlichkeit der verwaltenden und der werbenden Tätigkeit, die sich wechselseitig zu einem Sinnganzen zusammenfügten, führe die Feststellung des auf beide Bereiche entfallenden zeitlichen Aufwands zu keinen sachgerechten Ergebnissen. Unter Berücksichtigung der verbleibenden Unwägbarkeiten erscheine es nach alledem angemessen, beide Bereiche mit jeweils 50 % zu veranschlagen.
Von dem Provisionsanteil für werbende Tätigkeit sei für die Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs weiter nur derjenige Teil zu berücksichtigen, den der Kläger für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten habe. Sein Stammkundenumsatzanteil sei insgesamt gemäß § 287 ZPO auf 67 % zu schätzen, davon wiederum entfielen 60 % auf die geworbenen Stammkunden.
Rechnerisch exakte Feststellungen dazu ließen sich nicht treffen. Die Rechenoperationen, mit denen der Kläger einen Stammkundenanteil von 25 % und einen Stammkundenprovisionsanteil von 90 % errechne, seien widersprüchlich und führten zudem bei Stammkundenanteilen, wie sie die Repräsentativbefragung der Beklagten von 1987 angebe, zu Stammkundenumsatzanteilen von mehr als 100 %. Auf 62 % Stammkunden und 38 % Laufkunden müßten vielmehr bei gleichen Tankmengen zwangsläufig auch entsprechende Umsatzanteile entfallen.
Bei der Würdigung der vom Kläger vorgelegten Repräsentativbefragung der Beklagten gemäß § 286 ZPO sei zu berücksichtigen, daß sich aus dem Umstand, daß 62 % der Befragten nur an einer einzigen Tankstelle tankten, noch nicht zwingend ein entsprechend hoher Stammkundenanteil an jeder Tankstelle in Deutschland ergebe. Der Stammkundenanteil hänge darüber hinaus von der Interpretation des weiteren Befragungsergebnisses ab, wonach 22 % der Autofahrer zwei oder drei Tankstellen ständig benutzten.
Die Frage brauche jedoch nicht abschließend beurteilt zu werden, weil der nur unter den dargelegten Vorbehalten verwertbaren Repräsentativbefragung der Beklagten zwei Erhebungen gegenüber stünden, die der Kläger selbst am 14. Dezember 1989 und 7. Mai 1990 an seiner Tankstelle durchgeführt habe. Berücksichtige man zur Ermittlung des Stammkundenanteils neben denjenigen Kunden, die angegeben hätten, regelmäßig an der Tankstelle des Klägers zu tanken, auch diejenigen, die nach eigener Einschätzung manchmal, aber jedenfalls wöchentlich dort tankten, so ergebe sich ein Stammkundenanteil von knapp 80 % bei der ersten und von rund 66 % bei der zweiten Befragung. Den an der Tankstelle des Klägers gewonnenen Befragungsergebnissen komme ein hoher Indizwert für den tatsächlichen Stammkundenanteil zu, zumal sie dem Ergebnis der bundesweiten Umfrage der Beklagten von 1987 nahekämen.
Plausibel erscheine die verhältnismäßig deutliche Abschmelzung des Stammkundenanteils zwischen der ersten und der zweiten Befragung des Klägers. Es sei anzunehmen, daß die Tankstelle des Klägers nach dem Fall der Berliner Mauer mehr und mehr von Laufkunden aus Ostberlin und dem nahe gelegenen südlichen Berliner Umland profitiert habe, zumal sie am Rande des lokalen Einkaufszentrums von Neukölln liege. Das zweite Befragungsergebnis gebe daher die Verhältnisse bei Beendigung des Vertragsverhältnisses mit weitaus höherer Wahrscheinlichkeit realistisch wieder als das erste. Aus diesem Grund sei der Stammkundenanteil des Klägers bei Vertragsbeendigung auf zwei Drittel, aufgerundet 67 %, zu schätzen.
Geworben habe der Tankstellenhalter Stammkunden zwar schon dann, wenn seine Tätigkeit nur mitursächlich dafür gewesen sei, daß sich der Kunde für seine Tankstelle als Stammtankstelle entschieden habe. Dafür genüge es, daß für die Wahl des Kunden zumindest auch das Serviceangebot ausschlaggebend gewesen sei. Beruhe seine Wahl aber ausschließlich auf der Lage, der Marke, den – im Tankstellenvertrag vereinbarten – Öffnungszeiten der Tankstelle oder dem Preis, sei die Werbetätigkeit des Pächters in keiner Weise mitursächlich geworden. Ausgehend von diesen Kriterien seien nach dem Ergebnis der schriftlichen Vernehmung einer Auswahl von Kunden des Klägers etwa zwei Drittel seiner Stammkunden von ihm geworben worden, während nach dem Ergebnis seiner eigenen Befragung vom 7. Mai 1990 der Anteil geworbener Stammkunden nur ein Drittel aller Stammkunden betrage. Es sei deshalb ein mittlerer Wert von 50 % geworbener Stammkunden anzunehmen. Auch wenn keine statistisch oder sonst abgesicherten Erkenntnisse darüber vorlägen, ob Stammkunden insgesamt proportional mehr tankten als Laufkunden oder geworbene Stammkunden mehr als nicht geworbene, bestünden im Falle des Klägers nach der Beweisaufnahme Anzeichen dafür, daß die von ihm geworbenen Stammkunden überproportional viel tankten. Der auf sie entfallende Anteil am gesamten Stammkundenumsatz sei deshalb auf rund 60 % zu schätzen.
Der danach verbleibende Provisionsanteil des letzten Vertragsjahres sei zur Bemessung des Ausgleichsanspruchs für einen Prognosezeitraum von vier Jahren anzusetzen, wobei ein jährlicher Abwanderungsverlust von 20 % zu berücksichtigen sei, so daß sich ein Provisionsverlust von insgesamt 200 % (80 % + 60 % + 40 % + 20 %) ergebe. Dieser sei mit 8 %, dem im Prognosezeitraum zu erwartenden Anlagezins, abzuzinsen.
Hinsichtlich des Eigengeschäfts (Shop-Verkauf) stehe dem Kläger ein Ausgleichsanspruch nicht zu. Es sei bereits nicht substantiiert dargelegt, daß die vertraglichen Verhältnisse im Shopgeschäft dem Handelsvertreterverhältnis so weit angenähert gewesen seien, daß eine entsprechende Anwendung des § 89 b HGB geboten sei. Insbesondere fehle es an hinreichendem Vortrag dazu, daß der Kläger als Eigenhändler in die Absatzorganisation der Beklagten eingegliedert gewesen sei und dieser bei Vertragsende seinen Kundenstamm übertragen habe. Im übrigen seien auch die Bemessungsgrundlagen der sogenannten Quasiprovision (Vorteile der Beklagten, Provisionsverluste des Klägers, Stammkundenumsätze) nicht nachvollziehbar.
Insgesamt errechne sich der dem Kläger zustehende Ausgleichsanspruch daher wie folgt:
letzte Jahresprovision |
198.390,00 DM |
werbender Anteil 50 % |
99.195,00 DM |
Stammkunden insgesamt 67 % |
66.460.65 DM |
davon geworben 60 % |
39.876,40 DM |
Provisionsverluste insgesamt 200 % |
79.752,80 DM |
Barwert nach Abzinsung |
68.058,90 DM |
14 % MWSt. |
9.528,20 DM |
insgesamt |
77.587,10 DM. |
B. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
I. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß der Kläger wegen seiner Tätigkeit als Handelsvertreter im Treib- und Schmierstoffgeschäft gemäß § 89 b HGB dem Grunde nach ausgleichsberechtigt ist und daß der Berechnung der Höhe des Anspruchs die ihm für diese Tätigkeit im letzten Vertragsjahr gezahlte Provision zugrunde zu legen ist.
1. Das Berufungsgericht ist auch im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (für den Tankstellenhandelsvertreter: BGH, Urteile vom 15. November 1984 - I ZR 79/82 = NJW 1985, 860 unter II 4 und vom 28. April 1988 - I ZR 66/87 = WM 1988, 1024 unter II 2) nur solche Provisionen und Provisionsanteile zugrunde zu legen sind, die der Handelsvertreter für werbende (vermittelnde, abschließende) Maßnahmen und nicht für verwaltende Tätigkeiten erhalten hat. Die Bestimmung des Anteils der für verwaltende Tätigkeit gezahlten Provision ist jedoch nicht rechtsfehlerfrei erfolgt.
a) Gemäß Nr. 4 der Vereinbarung der Parteien vom 13.05./15.06.88 sollten mit der Vergütung für den Absatz von Treibstoffen alle vom Kläger übernommenen Verpflichtungen, Leistungen und Risiken aus dem Tankstellenvertrag einschließlich der verkaufsfördernden Maßnahmen und aller „verwaltenden (nicht werbenden) Tätigkeiten” abgegolten werden. Die Provisionen waren also nicht ausschließlich Gegenleistung für die werbende Tätigkeit, ohne daß sich dem Vertrag jedoch entnehmen läßt, welche Provisionsanteile die Parteien zur Abgeltung der werbenden Tätigkeit und welche sie zur Abgeltung verwaltender Aufgaben vorgesehen haben. Mangels anderer Anhaltspunkte ist deshalb davon auszugehen, daß nach ihrer Vorstellung die Provisionsanteile dem tatsächlichen Verhältnis beider entsprechen sollten.
b) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der Rechtsprechung des früher für Rechtsstreitigkeiten über die Vertragsverhältnisse der Handelsvertreter zuständigen I. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 15. November 1984 aaO unter II 4 und vom 28. April 1988 aaO unter II 2) angenommen, die dem Kläger obliegende Lagerung und Abgabe der Treib- und Schmierstoffe sowie das Inkasso seien insgesamt der verwaltenden Tätigkeit zuzurechnen. Dieser Ansicht vermag sich der Senat für das Tankstellengeschäft – anders als z.B. für den Kraftfahrzeug-Vertragshändler – allenfalls im Hinblick auf das Inkasso anzuschließen.
Bei der Abgrenzung der verwaltenden von der werbenden Tätigkeit handelt es sich um eine Rechtsfrage, die das Revisionsgericht selbst zu beurteilen hat (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 7/95 = WM 1996, 1558 unter B I 2 d). Auszugehen ist von dem Grundsatz, daß die vermittelnde oder werbende Tätigkeit des Handelsvertreters dessen wesentliche Aufgabe ist. Verwaltende Tätigkeiten sind demgegenüber solche, die „für den Begriff des Handelsvertreters nicht wesentlich sind und für die Werbung des Kundenstamms keine entscheidende Rolle spielen” (BGH, Urteile vom 15. November 1984 aaO unter II 4 und vom 28. April 1988 aaO unter II 2). Da der Ausgleichsanspruch die Schaffung eines Kundenstamms durch den Handelsvertreter abgelten soll, ist es folgerichtig, seiner Berechnung all diejenigen Provisionen und Provisionsanteile zugrunde zu legen, die der Handelsvertreter für seine auf Schaffung des Kundenstamms gerichteten Bemühungen erhält.
Dabei verbietet sich eine schematisierende Einordnung ohne Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweils betroffenen Vertriebssparte. Ein Tankstellenhalter, der keine Lagerhaltung und keine Auslieferung betreibt, kann keinen Kundenstamm schaffen. Kein Kunde würde allein die Vermittlungstätigkeit des Tankstellenhalters in Anspruch nehmen; im Vordergrund steht vielmehr die sofortige Verfügbarkeit der gewünschten Kraftstoffmenge, die nur durch Lagerhaltung und Auslieferung an der Tankstelle gewährleistet werden kann.
c) Unabhängig von der Einordnung der Lagerung und Abgabe der Treib- und Schmierstoffe als verwaltende oder als werbende Tätigkeit läßt sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts tatsächlich nicht weiter aufklären, in welchem Verhältnis die Provisionsanteile für verwaltende und für werbende Tätigkeiten zueinander stehen. Die Revision rügt zu Recht, daß in diesem Fall das Berufungsgericht die Anteile nicht gemäß § 287 ZPO hätte schätzen dürfen, sondern eine Beweislastentscheidung zulasten der Beklagten hätte treffen müssen, die für den von ihr behaupteten, gegenüber dem Vortrag des Klägers höheren Verwaltungsanteil die Darlegungs- und Beweislast trägt (BGH, Urteil vom 28. April 1988 aaO unter II 2 b; zum Vertragshändlerverhältnis: Senatsurteil vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 141/95 = WM 1996, 1962 unter B I 2 a bb). Eine Schätzung nach § 287 ZPO kommt allenfalls dort in Betracht, wo die Beweisaufnahme zwar kein klares Ergebnis, aber doch deutliche Anhaltspunkte für die Beantwortung der Beweisfrage geliefert hat. Mit der Einräumung der Befugnis zur Schätzung nimmt das Gesetz zwar in Kauf, daß deren Ergebnis mit der Wirklichkeit vielfach nicht übereinstimmt; die Schätzung soll allerdings möglichst nahe an diese heranführen. Sie scheidet deshalb aus, wenn sie mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (BGHZ 91, 243, 257; BGH, Urteil vom 16. November 1989 - I ZR 15/88 = BGHR ZPO § 287 Mindestschaden 1; Urteil vom 12. Oktober 1993 - X ZR 65/92 = NJW 1994, 663 unter II 2 c bb). Der Tatrichter darf nicht willkürlich schätzen, sondern muß für die Überzeugung, die er sich bildet, gesicherte Grundlagen haben (BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 - X ZR 54/93 = BGHR ZPO § 287 Lizenzgebühr 1). Daran fehlt es hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts.
2. Das Berufungsgericht ist weiter im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 42, 244, 247; Urteil vom 29. November 1984 - I ZR 149/82 = BB 1985, 353 unter III) zur Berechnung des Ausgleichsbetrages von dem Provisionsanteil für werbende Tätigkeit wegen der besonderen Fluktuation des Kundenkreises beim Tankstellenbetrieb nur der Teil zu berücksichtigen ist, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne von § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht. Die Revision rügt jedoch zu Recht, daß die Bestimmung des Stammkundenumsatzanteils im vorliegenden Fall von Rechtsfehlern beeinflußt ist. Zwar unterliegt eine Schätzung, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen hat, nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Revisionsrechtlich überprüfbar ist es aber, ob der Tatrichter wesentliche Bemessungsfaktoren außer acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (BGHZ 92, 84, 86 f; 102, 322, 330; BGH, Urteil vom 28. April 1992 - VI ZR 360/91 = NJW-RR 1992, 1050 unter II 2 c; Urteil vom 18. Februar 1993 - III ZR 23/92 = NJW-RR 1993, 795 unter II 2). Das ist hier der Fall.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 42, 244, 247; Urteil vom 29. November 1984 aaO) ist die „Stammkundschaft” von der übrigen „unzuverlässigen, nicht zu erfassenden Kundschaft”, der nur gelegentlich abschließenden „Laufkundschaft”, abzugrenzen. Sie läßt allerdings offen, wann und wodurch aus einem gelegentlichen Laufkunden ein Stammkunde wird. Beim Autokauf (Senatsurteil vom 26. Februar 1997 - VIII ZR 272/95 = NJW 1997, 1503 unter C I 1) und beim Kauf von Gabelstaplern (BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 - I ZR 142/89 = WM 1991, 1513 unter III 4) begründet schon ein Zweitkauf die Stammkundeneigenschaft; der Kunde eines Reisebüros wird dagegen nach der Rechtsprechung erst durch eine größere Zahl von Folgegeschäften zum Stammkunden (BGH, Urteil vom 28. März 1974 - VII ZR 18/73 = NJW 1974, 1242 unter I 2 und 3).
Der Senat ist der Auffassung, daß als Stammkunden alle Mehrfachkunden anzusehen sind, das heißt diejenigen Kunden, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (Senatsurteil vom 26. Februar 1997 aaO unter C I 1 a für das Vertragshändlerverhältnis; Semmler, Die Rechtsstellung des Tankstellenhalters zwischen Handelsvertreter und Vertragshändler, 1995, S. 160 f; Jürgen A.E. Meyer, BB 1970, 780, 781; ders., Handelsvertreterrecht, 1978, S. 237 f.; Matthies, DB 1986, 2061). Sinn und Zweck des § 89 b HGB ist es, dem Handelsvertreter einen Ausgleich für den Verlust solcher Provisionen zu verschaffen, die er zukünftig verdient hätte, wenn das Handelsvertreterverhältnis nicht beendet worden wäre. Die Höhe dieser Provisionen ist durch eine Prognose zu ermitteln, in die alle Geschäfte einzubeziehen sind, die der Unternehmer während des Prognosezeitraums voraussichtlich mit Kunden abschließen wird, die der Handelsvertreter als solche geworben hat. Welche Anzahl von Folgegeschäften auf einen einzelnen Kunden entfällt, ist dafür unerheblich.
Auch der Wortlaut des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB, insbesondere das Tatbestandsmerkmal „erhebliche Vorteile”, rechtfertigt es nicht, die Prognose auf solche Kunden zu beschränken, die mehr als nur gelegentliche Folgegeschäfte mit dem Unternehmer abschließen werden. Die Erheblichkeit des Unternehmervorteils richtet sich nach Umfang und erwarteter Beständigkeit des vermittelten Neugeschäfts, nicht nach dessen Verhältnis zum Gesamtgeschäft des Unternehmers (BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 aaO unter III 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 89 b Rdnr. 30; Hopt, HGB, 29. Aufl., § 89 b Rdnr. 15; MünchKommHGB/v.Hoyningen-Huene, § 89 b Rdnr. 80).
b) Den sich daraus ergebenden Stammkundenbegriff hat das Berufungsgericht verkannt, soweit es als Stammkunden nur solche Kunden angesehen hat, die bei den Befragungen durch den Kläger angegeben haben, mindestens wöchentlich an dessen Tankstelle zu tanken. Die Revision rügt zu Recht, daß zu den Stammkunden des Klägers auch diejenigen Kunden gehören, die in größeren Abständen, aber dennoch wiederholt seine Tankstelle aufsuchen, weil auch sie Mehrfachkunden im oben (unter a) dargestellten Sinne sind. Berücksichtigt man alle Kunden, die wenigstens monatlich an der Tankstelle des Klägers tanken, so ergibt sich selbst aufgrund der zweiten Befragung vom 7. Mai 1990 ein Stammkundenanteil von 97 %.
c) Mit Erfolg beanstandet die Revision ferner die Vorbehalte des Berufungsgerichts gegen eine Berücksichtigung der Ergebnisse der Repräsentativbefragung der Beklagten. Unabhängig davon, daß sich aus der ARAL-Information keine statistisch sichere Aussage für einzelne Großstädte und den Kundenkreis einer einzelnen Tankstelle ableiten läßt, kommt sie jedenfalls als Grundlage einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht. Im anonymen Massengeschäft einer großstädtischen Selbstbedienungstankstelle drängt es sich geradezu auf, die für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs erforderlichen Daten nach Möglichkeit durch die Verwertung vorhandenen statistischen Materials zu gewinnen, anstatt in jedem Einzelfall zeit- und kostenaufwendige Erhebungen durchzuführen und durch umfangreiche Beweisaufnahmen nachzuvollziehen, deren Aussagekraft im Vergleich zu professionell durchgeführten statistischen Untersuchungen eher zweifelhaft ist. Für andere Sparten des Handelsvertretervertriebs hat der Bundesgerichtshof bereits wiederholt die Verwendung statistischen Materials als Schätzgrundlage im Rahmen der Umsatzprognose nach § 89 b HGB gebilligt (BGHZ 34, 310, 319; 59, 125, 130 - Bausparkassenvertreter; Urteil vom 4. Juni 1975 - I ZR 130/73 = WM 1975, 931 unter II - Lottoannahmestelle; Senatsurteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 54/95 = WM 1996, 1817 unter III 2 - Versicherungsvertreter).
Aus der Repräsentativbefragung der Beklagten ergibt sich ein Stammkundenanteil von insgesamt 84 %, weil es sich bei den 22 % der Kunden, die zwei oder drei Stammtankstellen haben, um Mehrfachkunden und deshalb nach dem oben (unter a) Ausgeführten ebenfalls um Stammkunden handelt.
d) Erfolgreich ist auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe unzulässigerweise den Stammkundenanteil mit dem Stammkundenumsatzanteil gleichgesetzt. Es ist davon ausgegangen, daß auf einen bestimmten Anteil an Stammkunden und einen bestimmten Anteil an Laufkunden – gleiche Tankmengen unterstellt – auch entsprechende Umsatzanteile entfallen. Dabei hat das Berufungsgericht übersehen, daß gerade, wenn man gleiche Tankmengen pro Tankvorgang unterstellt, der auf einen einzelnen Stammkunden entfallende Jahresumsatz größer sein muß als der auf einen einzelnen Laufkunden entfallende, weil der Stammkunde sich dadurch auszeichnet, daß er pro Zeiteinheit häufiger tankt als der Laufkunde.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist deshalb auch der Vortrag des Klägers zu einem Stammkundenumsatzanteil von 90 % bei einem Stammkundenanteil von nur 25 % nicht widersprüchlich, wie die Revision zu Recht geltend macht. Die Berechnungsweise des Klägers führt nicht etwa auf der Grundlage der Stammkundenzahlen der Repräsentativbefragung der Beklagten zu Umsatzanteilen von über 100 %, wie das Berufungsgericht meint. Der Kläger hat nach seinem unbestritten gebliebenen Vortrag im letzten Vertragsjahr 3.558.255 l Treibstoff umgesetzt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien weiter unstreitig, daß Autofahrer im statistischen Durchschnitt etwa 36 mal im Jahr rund 30 l Kraftstoff tanken. Geht man davon aus, daß die 62 % der Kunden, die nach der Repräsentativbefragung der Beklagten nur eine Stammtankstelle haben, alle 36 Tankvorgänge im Jahr an der Tankstelle des Klägers durchführen und daß die 22 % der Kunden, die zwei oder drei Stammtankstellen haben, wenigstens jedes dritte, also 12 mal im Jahr beim Kläger tanken, so ergibt sich daraus bei insgesamt 118.609 Tankvorgängen (= 3.558.255 l: 30 l) ein Stammkundenumsatzanteil von 93,4 %, selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, daß von den verbleibenden 16 % Tankkunden jeder 11 Tankfüllungen jährlich und damit deutlich mehr als ein Laufkunde an der Tankstelle des Klägers vornimmt.
e) Zu Recht beanstandet die Revision weiter die Unterscheidung des Berufungsgerichts zwischen geworbenen und nicht geworbenen Stammkunden. Zwar sind gemäß § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs von den Stammkundenbeziehungen nur Geschäftsverbindungen mit solchen Kunden zu berücksichtigen, die von dem Handelsvertreter (neu) geworben worden sind. Dafür genügt aber eine bloße Mitursächlichkeit der Tätigkeit des Handelsvertreters, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. November 1984 aaO unter II 1 und 2) bei einer Selbstbedienungstankstelle schon dann gegeben ist, wenn der Tankstellenhalter die Tankstelle offen und die Vorrichtungen zur Abgabe von Kraftstoffen betriebsbereit hält. Diese Tätigkeit ist für das Zustandekommen einer Geschäftsbeziehung zu dem Unternehmer unerläßlich, selbst wenn ein Kunde die Tankstelle zunächst allein der Lage, der Marke oder des Preises wegen aufsucht. Auf welche Motive die Entscheidung des Kunden für eine Stammtankstelle zurückgeht, ist deshalb entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unerheblich.
3. Vergeblich wendet sich die Revision jedoch dagegen, daß das Berufungsgericht den Abwanderungsverlust mit jährlich 20 % des Ausgangsbetrages angenommen und daraus einen Gesamtprovisionsverlust von 80 % + 60 % + 40 % + 20 % = 200 % errechnet hat.
a) Soweit die Revision diese Schätzung mit der Begründung für unzulässig hält, eine Abwanderung habe tatsächlich nur in wesentlich geringerem Umfang stattgefunden, kann sie sich zwar auf die vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 31. Januar 1991 aaO unter III 3 a) fortgeführte Rechtsprechung des VII. Zivilsenats (Urteil vom 28. Januar 1965 - VII ZR 120/63 = LM § 89 b HGB Nr. 24 unter A I 5 b bb; BGHZ 56, 242, 246; ebenso Küstner/v. Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, 6. Aufl., Rdnr. 1474; MünchKommHGB/v.Hoyningen-Huene, § 89 b Rdnr. 81) stützen, nach der bei der Prognose nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB auch die nach Beendigung des Vertrages bis zur Entscheidung des Tatrichters eingetretene tatsächliche Entwicklung der Geschäftsbeziehungen zu berücksichtigen ist. Der erkennende Senat vermag sich dieser Auffassung jedoch nicht uneingeschränkt anzuschließen.
Der Ausgleichsanspruch entsteht und wird fällig mit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses (BGH, Urteil vom 8. November 1990 - I ZR 269/88 = WM 1991, 602 unter II 5; Küstner/v. Manteuffel/Evers, aaO Rdnr. 1434). Grundlage seiner Berechnung kann somit nur eine zu diesem Zeitpunkt zu stellende Prognose sein, die sich als richtig oder unrichtig erweisen, aber nicht durch später eintretende Umstände ändern kann. Solche können deshalb nur dann in die Prognose einfließen, wenn sie im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits abzusehen sind. Von unvorhergesehenen tatsächlichen Entwicklungen kann die Höhe des bereits entstandenen Anspruchs dagegen nicht mehr beeinflußt werden. Andernfalls müßte auch die eine oder die andere Partei Rückzahlungs- bzw. Nachzahlungsansprüche geltend machen können, falls sich die Prognose nachträglich als unzutreffend erweist. Diese Konsequenz wird indes allgemein abgelehnt (Hopt aaO, § 89 b Rdnr. 16; Küstner/v. Manteuffel/Evers aaO, Rdnr. 1482). Daß eine Abwanderungsquote von weniger als 20 % pro Jahr bereits bei Vertragsbeendigung zu erwarten gewesen sei, macht die Revision nicht geltend.
b) Soweit sie eine „lineare” Abwanderung zugrunde legen will, nach der sich für einen fünfjährigen Prognosezeitraum jährliche Provisionsverluste von 90 % + 70 % + 50 % + 30 % + 10 % = 250 % ergeben sollen, kann die Revision ebenfalls keinen Erfolg haben. Bei der vom Berufungsgericht angewandten Methode handelt es sich um eine gebräuchliche schematisierte Berechnungsweise, die keinen Anspruch darauf erhebt, die tatsächliche Abwanderungsbewegung auch in zeitlicher Hinsicht mathematisch richtig zu erfassen. Für die Prognostizierung der Provisionsverluste des Tankstellenhalters genügt die Feststellung, daß jährlich der Umsatz mit Stammkunden wegen der Abwanderung eines Teils derselben voraussichtlich um 20 % geringer ausfallen wird als im Basisjahr.
4. Auch die Angriffe der Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Abzinsung des Ausgleichsbetrages bleiben erfolglos. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 28. April 1988 aaO unter II 3 und vom 8. November 1990 aaO unter II 5) ist der Ausgleichsbetrag auch dann abzuzinsen, wenn er erst lange Zeit nach Fälligkeit oder gar erst nach Ablauf des Prognosezeitraums tatsächlich gezahlt wird. Der Nachteil, den der Handelsvertreter durch die verspätete Zahlung erleidet, wird durch Fälligkeits-, Prozeß- und Verzugszinsen ausgeglichen (BGH aaO).
Soweit sich die Revision gegen die Berechnungsmethode des Berufungsgerichts wendet und geltend macht, es müsse eine Progression der Abwanderungsquote zugrunde gelegt werden, was einen niedrigeren Abschlag ergebe, als bisher angenommen worden sei, übersieht sie, daß es für die Berechnung der Abzinsung keine allgemein gültige Formel gibt. Jede Berechnung eines Abzinsungsbetrages führt nur zu einem Annäherungswert, dessen Maßgeblichkeit der Tatrichter wie bei einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu beurteilen hat (BGH, Urteil vom 6. Juni 1984 - VIII ZR 65/83 = WM 1984, 1217 unter III 2 b; Urteil vom 10. Oktober 1990 - VIII ZR 296/89 = WM 1990, 2043 unter II 2). Daß das Berufungsgericht bei der Auswahl der angewandten Abzinsungsmethode das ihm bei einer Schätzung nach § 287 ZPO eingeräumte Ermessen überschritten hätte, zeigt die Revision nicht auf. Ihre Ausführungen lassen weder erkennen, daß die vom Berufungsgericht gewählte Methode für die hier vorzunehmende Berechnung generell ungeeignet wäre, noch, daß der von der Revision angestrebten Berechnungsart eine größere Genauigkeit zukäme.
II. Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht einen Ausgleichsanspruch des Klägers im Hinblick auf das Shop-Geschäft verneint. Dabei kann offenbleiben, ob eine analoge Anwendung des § 89 b HGB auf das diesem Eigengeschäft des Klägers zugrunde liegende Vertragsverhältnis der Parteien in Betracht kommt, wie die Revision meint. Denn jedenfalls hat der Kläger einen Ausgleichsanspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargetan. Angaben über den Anteil der Stammkunden im Shop, der nicht mit dem Anteil der Tankstammkunden identisch sein muß, fehlen dafür ebenso wie Angaben darüber, inwieweit der Gewinn aus dem Shop handelsvertretertypische und inwiefern er händlertypische Vergütungsbestandteile enthält, die in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht einfließen dürfen, damit der Gewinn mit den Provisionen eines Handelsvertreters vergleichbar ist (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 141/95 aaO unter B I 2 a aa).
C. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben. Gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden, weil diese auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist.
Ausgangspunkt für die Berechnung des Ausgleichsbetrages ist die Provision für das Treib- und Schmierstoffgeschäft im letzten Vertragsjahr. Davon entfallen auf werbende Tätigkeiten 90 %, weil nach dem oben (unter B I 1 c) Ausgeführten wegen Beweisfälligkeit der Beklagten für verwaltende Tätigkeiten nur der vom Kläger eingeräumte Anteil von 10 % abzuziehen ist. Der Stammkundenumsatzanteil ist ebenfalls, wie vom Kläger geltend gemacht, mit 90 % anzunehmen. Wie oben (unter B I 2 d) ausgeführt, ergibt sich selbst bei Zugrundelegung eines Stammkundenanteils von nur 84 % entsprechend der Repräsentativbefragung der Beklagten, der hinter dem sich bei rechtsfehlerfreier Interpretation aus den eigenen Kundenbefragungen des Klägers ergebenden Stammkundenanteil von 97 % zurückbleibt (s. oben unter B I 2 b), ein Stammkundenumsatzanteil von mehr als 93 %.
Dem Kläger steht danach ein Ausgleichsanspruch gemäß folgender Berechnung zu:
letzte Jahresprovision (netto) |
198.390,– DM |
davon 90 % für werbende Tätigkeit |
178.551,– DM |
davon 90 % Stammkundenumsatz |
160.695,90 DM |
× 200 % |
321.391,80 DM |
abgezinst nach der Abzinsungsmethode des Berufungsgerichts mit 8 % |
274.267,05 DM |
+ 14 % MWSt. |
38.397,38 DM |
|
312.664,43 DM. |
Dieser Betrag liegt über der durchschnittlichen Jahresprovision von 176.792,34 DM (= 155.081 DM zzgl. 14 % MWSt.), die gemäß § 89 b Abs. 2 HGB die Höchstgrenze des Ausgleichs bildet.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Zülch, Dr. Hübsch, Ball, Wiechers
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.08.1997 durch Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen