Leitsatz (amtlich)
a) Grundstücke in der ehemaligen DDR haften aus Grundpfandrechten, die von einem staatlichen Verwalter bestellt worden sind, in dem durch Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen festgestellten Umfang einer noch bestehenden Bereicherung; eine Haftung für rückständige Zinsen, die während der staatlichen Verwaltung aufgelaufen sind, besteht nicht.
b) Funktionsnachfolger der Sparkassen der ehemaligen DDR als Teile der volkseigenen Wirtschaft sind in bezug auf das Verwaltungsvermögen nach Art. 21 des Einigungsvertrages die durch Ländergesetze bestimmten öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute.
c) Die Leistung eines Schuldners unter dem Vorbehalt einer Rückforderung ohne Änderung der den Gläubiger treffenden Beweislast ist keine Erfüllung.
Normenkette
VermG §§ 16, 18; EinigVtr Art. 21; BGB § 362
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 18. Dezember 1997 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 3. April 1997 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückzahlung unter Vorbehalt gezahlter Zinsen.
Die Kläger sind Eigentümer eines in B. gelegenen Grundstücks, das vom 16. Februar 1963 bis zum 3. Juni 1991 unter staatlicher Verwaltung stand. Nach Eintragung von zwei – von den Klägern übernommenen – Aufbaugrundschulden (lfd. Nr. 1 und 2) wurde das Grundstück im Jahre 1969 mit vier weiteren Aufbaugrundschulden (lfd. Nr. 3 bis 6) und in den Jahren 1977 bis 1990 mit neun Aufbauhypotheken (lfd. Nr. 7 bis 16) jeweils zugunsten der Sparkasse der Stadt B. belastet. Die Grundpfandrechte mit den laufenden Nr. 5 bis 16 sicherten mit 4,5% verzinsliche Kredite, die der staatliche Verwalter bei der Sparkasse der Stadt B. in Anspruch genommen hatte.
Nach Aufhebung der staatlichen Verwaltung bestimmte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen durch bestandskräftigen Bescheid vom 29. August 1994, daß die während der staatlichen Verwaltung eingetragenen Grundpfandrechte mit den laufenden Nr. 5 bis 16 in Höhe von 423.659,81 DM mit Wirkung vom 4. Juni 1991, nicht aber die Grundpfandrechte mit den laufenden Nr. 3 und 4, zu übernehmen seien; die übrigen Belastungen blieben unberührt.
Die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Sparkasse der Stadt B. errechnete für die durch die Grundpfandrechte mit den laufenden Nr. 1, 2, 5 bis 16 gesicherten Kredite für die Zeit vom 1. Juli bis 2. Oktober 1990 bei einem Zinssatz von 4,5% Zinsen in Höhe von 6.757,31 DM und für die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis 3. Juni 1991 bei einem Zinssatz von 9,2% Zinsen in Höhe von 36.189,14 DM. Ein in der Gesamtsumme enthaltener Teilbetrag von 4.104 DM betrifft die mit den Grundpfandrechten unter den laufenden Nr. 1 und 2 gesicherten Kredite.
Als die Beklagte sich weigerte, vor Tilgung der von ihr errechneten Zinsen einen Antrag der Kläger auf Gewährung von Altschuldenhilfe an die Kreditanstalt für Wiederaufbau weiterzuleiten, einigten sich die Parteien auf eine Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, daß das Kammergericht oder der Bundesgerichtshof eine Pflicht der Kläger zur Zahlung von Zinsen für die Zeit vor Aufhebung der staatlichen Verwaltung verneinen sollte.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen (vgl. ZOV 1998, 198 = Grundeigentum 1998, 487). Mit der – zugelassenen – Revision verfolgen die Kläger ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Das Berufungsgericht hat einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch der Kläger verneint und zur Begründung ausgeführt:
Eine Rückforderung der durch die Grundpfandrechte Nr. 1 und 2 gesicherten Kreditzinsen in Höhe von 4.104 DM scheitere schon deshalb, weil diese Grundpfandrechte nicht dem Vermögensgesetz unterlägen und sich deshalb der Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen nicht darauf erstrecke; diese Zinsen seien somit von dem bei Zahlung vereinbarten Vorbehalt nicht erfaßt worden.
Die bis zur Aufhebung der staatlichen Verwaltung aufgelaufenen weiteren Zinsen in Höhe von 38.842,45 DM seien ebenfalls nicht zurückzuzahlen. Da sich nach dem Vermögensgesetz der Umfang der Zinsforderung nach der tatsächlichen oder hypothetischen Haftung des Grundstücks für den Kredit richte und § 16 Abs. 5 Satz 1 VermG die „Übernahme” von eingetragenen Aufbauhypotheken anordne, ergebe sich schon aus dem Wortlaut, daß das Grundstück weiterhin für rückständige Zinsen hafte. Es fehle auch nicht an einer Bereicherung der Kläger, weil die Zinsen, wirtschaftlich betrachtet, das „Entgelt” für das übernommene Kapital seien, ein Grundstückseigentümer zur Finanzierung von Baumaßnahmen aber nicht nur Kapital, sondern auch Zinsen aufwenden müsse. Ferner habe der Gesetzgeber bereits vor Erlaß des zweiten Vermögensgesetzes in Art. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 1991 vom 24. Juni 1991 (BGBl. I 1314), dem sogenannten Zinsanpassungsgesetz, in § 9 Abs. 1 bestimmt, daß rückständige Zinsen aus Darlehen, die durch Kreditinstitute der DDR an private Vermieter von Wohn- und Gewerberaum vergeben und durch Aufbauhypotheken oder -grundschulden gesichert worden waren, für den Zeitraum bis 30. Juni 1990 erloschen seien. Das Schweigen des Gesetzgebers bei Erlaß von § 16 Abs. 5 bis 9 VermG sei dahin zu verstehen, daß Zinsen vom Berechtigten zu übernehmen seien. Da die Regelung des sogenannten Zinsanpassungsgesetzes im übrigen auch für unter staatlicher Verwaltung stehende Grundstücke gelte, schuldeten Berechtigte ohnehin nur Zinsen ab 1. Juli 1990. Schließlich stehe der von den Klägern erhobenen Verjährungseinrede entgegen, daß sich der Vorbehalt darauf nicht bezogen habe; im übrigen sei die Zinsforderung erst mit Bestandskraft des Bescheids des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen fällig geworden und damit noch nicht verjährt, weil erst durch diesen Bescheid die Höhe der Grundpfandrechte und mithin die Höhe des Zinsanspruches bekannt geworden seien.
II.
Diese Begründung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Teilen nicht stand.
1. Die Kläger können von der Beklagten als Empfängerin der rechtsgrundlos erbrachten Leistung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (Art. 230 Abs. 2 EGBGB) Rückzahlung der für die Zeit nach dem 3. Oktober 1990 gezahlten Kreditzinsen in Höhe von 38.842,45 DM verlangen, die auf die durch die Grundpfandrechte Nr. 5 bis 16 gesicherten Kredite entfallen. Die Kläger sind nicht verpflichtet, nach Aufhebung der staatlichen Verwaltung rückständige Zinsen auf die Kreditverträge zu entrichten.
Nach § 16 Abs. 1 VermG sind mit der Aufhebung der staatlichen Verwaltung die sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte und Pflichten vom Berechtigten wahrzunehmen, der nach § 16 Abs. 2 VermG in alle in bezug auf den jeweiligen Vermögenswert bestehenden Rechtsverhältnisse eintritt. Aufbauhypotheken und vergleichbare Grundpfandrechte zur Sicherung von Baukrediten, die aufgrund Bestellung durch den staatlichen Verwalter im Grundbuch eingetragen wurden, sind nach § 16 Abs. 5 VermG allerdings nur in dem sich aus § 18 Abs. 2 VermG ergebenden Umfang zu übernehmen und gelten im übrigen einschließlich der gesicherten Forderung nach § 16 Abs. 9 Satz 1 und 2 VermG als erloschen.
Diese Wirkung trat im vorliegenden Fall mit der Aufhebung der staatlichen Verwaltung ein (vgl. Impelmann in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand: August 1997, § 16 Rdn. 107). Ihr Umfang ergibt sich aus dem Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen, nach dem die Kläger aus den Grundpfandrechten laufende Nr. 3 und 4 nicht und aus den Grundpfandrechten laufende Nr. 5 bis 16 nur in Höhe des zu übernehmenden Betrages von 423.659,81 DM in Anspruch genommen werden konnten. Dies hatte – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – zur Folge, daß die Kläger eine Haftung aus den Grundpfandrechten Nr. 3 bis 16 für vor dem 4. Juni 1991 entstandene Zinsen nicht übernommen haben.
Im Schrifttum wird – soweit ersichtlich – einhellig die Auffassung vertreten, daß eine Haftung von Grundstücken für rückständige Zinsen in diesem Zusammenhang nicht besteht (Impelmann a.a.O. Rdn. 69; Busche, in: Säcker/Busche, Vermögensrecht, 1995, § 16 VermG Rdn. 10; Kinne, in: Rädler/Raupack/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR § 16 VermG Rdn. 76). Dies entspricht der Empfehlung des Bundesministeriums der Justiz vom l. September 1992 zur Durchführung der Verfahren nach § 16 Abs. 5 bis 10, §§ 18 bis 18 b VermG und der Hypothekenablöseanordnung (abgedruckt bei Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Anh. III 8 S. 15) und dem Sinn und Zweck der entsprechenden Vorschriften des Vermögensgesetzes, eine Haftung des Berechtigten auf eine noch vorhandene Bereicherung zu beschränken (BT-Drucks. 12/2480 vom 28. April 1992 I. Ziff. 13 c, abgedruckt in Kuhlmey/Tenbieg, 2. VermRÄndG; so auch BVerwG ZOV 1997, 281), die bei rückständigen Zinsen gerade nicht gegeben ist.
Der Senat schließt sich dieser Ansicht an. Für die vom Schrifttum vertretene Auslegung des § 16 Abs. 5 Satz 1 VermG spricht das mit dem Vermögensgesetz verfolgte Anliegen, spezifisches Teilungsunrecht zu beseitigen (BTDrucks. 12/2480 vom 28. April 1992 I. Ziff. 13 c aaO; Fieberg/Reichenbach in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Einführung Rdn. 35). Nur eine Beschränkung der Haftung des Berechtigten auf eine noch vorhandene Bereicherung stellt sicher, daß er nicht weniger zurückerhält, als er teilungsspezifisch verloren hat. Deshalb vermag auch die vom Berufungsgericht angestellte wirtschaftliche Betrachtungsweise über die Entgeltfunktion der Zinsen nicht zu überzeugen. Für die Feststellung eines noch vorhandenen Wertzuwachses durch finanzierte Baumaßnahmen ist unerheblich, ob und in welchem Umfang Zinsen noch nicht getilgt sind. Auch die Regelung in § 16 Abs. 5 Satz 4 VermG, daß ein Recht nicht zu übernehmen ist, wenn der Berechtigte die Nichtdurchführung einer der Kreditaufnahme entsprechenden Baumaßnahme nachweist, spricht dafür, die Haftung des Berechtigten auf noch vorhandene Wertsteigerungen zu beschränken.
Weder aus der durch den Regelungsanlaß gebotenen Verwendung des Begriffs „Übernahme” in § 16 Abs. 5 Satz 1 VermG noch aus Art. 2 § 9 Abs. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 1991 vom 24. Juni 1991, das nach seinem Anwendungsbereich vorliegend nicht in Betracht kommt und keinen Bezug zur Beseitigung von spezifischem Teilungsunrecht hat, ergibt sich ein Argument für die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung.
Schließlich spricht gegen die Erlöschensfiktion in dem dargestellten Umfang auch nicht, daß vor deren Eintritt erbrachte Zinsleistungen nicht mehr zurückverlangt werden können (vgl. Kleene-Debring, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus aao § 18 b Rdn. 53). Da die Pflicht zur Zahlung rückständiger Zinsen nicht rückwirkend, sondern ex nunc entfällt (Busche, in: Säcker/Busche aao § 16 Rdn. 10; Kleene-Debring aaO), hat für die bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheids über die Aufhebung der staatlichen Verwaltung geleisteten Zinszahlungen nämlich ein Rechtsgrund bestanden.
Da die Aufhebung der staatlichen Verwaltung zur Folge hat, daß die eingetragenen Grundpfandrechte nicht mehr für Zinsansprüche aus der Zeit vor Aufhebung der staatlichen Verwaltung haften und die schuldrechtliche Haftung nach § 16 Abs. 9 Satz 2 VermG der dinglichen Haftung folgt, entfiel mit der Aufhebung der staatlichen Verwaltung auch die schuldrechtliche Haftung der Kläger für rückständige Kreditzinsen.
2. Die Kläger können nach § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB auch Rückzahlung der in Höhe von 4.104,- DM gezahlten Kreditzinsen verlangen, die auf die durch die Grundpfandrechte Nr. 1 und 2 gesicherten Kredite entfallen.
a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Aufhebung der staatlichen Verwaltung ohne Auswirkungen auf die vor deren Anordnung begründeten Grundpfandrechte geblieben ist, weil die vor der staatlichen Verwaltung bestehende Sicherungsverwaltung kein spezifisches Teilungsunrecht darstellte und daher von den Regelungen des Vermögensgesetzes nicht erfaßt wird (BVerwG ZOV 1997, 281). Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen hat bei seiner Entscheidung die unter den laufenden Nr. 1 und 2 eingetragenen Grundpfandrechte unberührt gelassen. Mit der Aufhebung der staatlichen Verwaltung traten die Kläger nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG in vollem Umfang in diese Rechtsverhältnisse ein.
b) Die Beklagte ist aufgrund der Regelungen im Einigungsvertrag Gläubigerin der Ansprüche aus den Kreditverträgen sowie der diese sichernden Grundpfandrechte geworden. Die Zinsansprüche sind – entgegen der Ansicht der Revision – nicht nach Art. 21 Einigungsvertrag, §§ l, 1a VZOG, §§ 1 und 2 Abs. 1 e Kommunalvermögensgesetz auf die Stadt B. übergegangen.
Die Kreditverträge und die sie sichernden Aufbaugrundschulden laufende Nr. 1 und 2 sind nach dem anzuwendenden Recht der DDR – für die Aufbauhypotheken und -grundschulden ergibt sich dies aus Art. 233 § 3 EGBGB und für die Kreditverträge aus Art. 232 § 1 EGBGB (BGHZ 124, 1, 7 und Senatsurteil vom 15. November 1994 – XI ZR 64/94, WM 1995, 150 = ZIP 1995, 167 = VIZ 1995, 233) – wirksam begründet worden; Einwendungen werden insoweit nicht mehr erhoben. Zwar waren für die Zeit nach Inkrafttreten des ZGB der DDR vom 19. Juni 1975 Aufbaugrundschulden gesetzlich nicht mehr vorgesehen. Bereits bestehende Grundschulden blieben nach § 6 Abs. 1 EGZGB jedoch weiterhin wirksam.
Mit dem Wirksamwerden des Beitritts gemäß Art. 21 Abs. 1 und 2 des Einigungsvertrages ist die Beklagte Gläubigerin der Kreditforderungen sowie der diese sichernden Grundpfandrechte geworden.
Die Sparkassen der DDR waren als Teil der volkseigenen Wirtschaft vom Zentralstaat vereinnahmte Träger öffentlicher Verwaltung, die zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben mit Vermögensgegenständen ausgestattet wurden; diese waren den Sparkassen als Rechtsträgern zugeordnet (BVerwG VIZ 1996, 448). Nach der Systematik des Wiedervereinigungsrechts sind diese Folgen daher nach den die Verteilung des öffentlichen Vermögens betreffenden Art. 21 und 22 Einigungsvertrag und den dazu erlassenen Vorschriften des Vermögenszuordnungsrechts zu regeln (BVerwG a.a.O.). Hiernach gehören die Kreditforderungen sowie die diese sichernden Grundpfandrechte zum Verwaltungsvermögen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages.
Denn die von den Sparkassen der DDR zur Durchführung von Baumaßnahmen gewährten Kredite dienten am l. Oktober 1989 als dem entscheidenden Stichtag unmittelbar den in den §§ 2 bis 7 des Beschlusses des Ministerrats vom 23. Oktober 1975 über den Status der Sparkassen der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. I S. 703) niedergelegten Verwaltungsaufgaben. Für die Aufbaugrundschulden und -hypotheken gilt nichts anderes, weil diese als Sicherungsmittel keine eigenständigen Vermögenswerte darstellten, sondern nur zur Tilgung der Kreditforderungen verwertet werden durften.
Dieses Verwaltungsvermögen steht seit dem Wirksamwerden des Beitritts nach Art. 21 Abs. 2 des Einigungsvertrages der Beklagten als demjenigen Träger öffentlicher Verwaltung zu, der nach dem Grundgesetz für diese Aufgabe zuständig ist. Nach dem Grundgesetz fällt das Recht der öffentlich-rechtlichen Sparkassen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder, die diese als staatlichen Zwecken dienende, dem Bereich der öffentlichen Verwaltung zuzurechnende juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgestaltet haben (BGH, Urteil vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, ZIP 1983, 543, 546; BVerfG WM 1987, 801; BVerwG WM 1984, 1394). Die Sparkassen sind zu den sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages zu rechnen (vgl. Schmidt/Leitschuh, in: Brunner/Clemm, Rechtshandbuch Vermögen in der ehemaligen DDR, Stand: August 1997, Art. 21 Einigungsvertrag Rdn. 24). Durch das Gesetz über die Errichtung der Landesbank Berlin – Girozentrale – vom 27. September 1990 (GVBI. S. 2115) hat der Landesgesetzgeber mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 die Beklagte als öffentlich-rechtliche Sparkasse errichtet. Sie wurde damit für Verwaltungsaufgaben zuständig, die zuvor der Sparkasse der Stadt B. oblagen. Durch die Vermögenszuordnung auf die Beklagte wird das mit Art. 21 des Einigungsvertrages verfolgte Ziel erreicht, eine der Funktionsnachfolge entsprechende angemessene Verteilung des öffentlichen Vermögens sicherzustellen (Schmidt/Leitschuh a.a.O. Rn. 1).
Der Vermögensübergang ist am 3. Oktober 1990 kraft Gesetzes eingetreten, ohne daß es zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge eines gesonderten Bescheides bedurft hätte.
Dies folgt aus dem eindeutigen Wortlaut von Art. 21 Abs. 2 Einigungsvertrag. Der in § 1 VZOG vorgesehene Zuordnungsbescheid regelt lediglich feststellend den Umfang der kraft Gesetzes übergegangenen Vermögensgegenstände (Schmidt/Leitschuh a.a.O. § 1 VZOG Rn. 7 a.E.). Soweit das Kammergericht (vgl. VIZ 1998, 90 = Grundeigentum 97, 1171) die Auffassung vertreten hat, eine Grundbuchberichtigung zugunsten der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Sparkasse der Stadt B. komme erst in Betracht, wenn eine Entscheidung nach § 3 Abs. 1 und 2 VZOG herbeigeführt sei, trägt dies lediglich grundbuchrechtlichen Besonderheiten Rechnung.
c) Die Zinsansprüche der Beklagten sind indessen verjährt. Die Kläger haben sich auf Verjährung berufen.
Das Berufungsgericht irrt, wenn es annimmt, die Zinsforderungen seien erst im Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheides des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen fällig geworden, weil erst dadurch die Höhe des Zinsanspruches bekannt gewesen sei. Es hat übersehen, daß die Grundpfandrechte laufende Nr. 1 und 2 sowie die hierdurch gesicherten Kredite von dem Bescheid nicht erfaßt worden sind. Nach Art. 231 § 6 Abs. 1 EGBGB finden auf die am 3. Oktober 1990 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Sämtliche bis zum 3. Juni 1991 entstandenen Zinsansprüche sind somit nach der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB spätestens am l. Januar 1996 verjährt. Ob bei Anwendung des Rechts der DDR (§ 475 Nr. 3 ZGB), das für den Beginn der Verjährung von vor dem 3. Oktober 1990 entstandenen Ansprüche maßgebend ist (vgl. BGHZ 126, 87, 91 ff.) die Verjährung schon zu einem früheren Zeitpunkt vollendet war, kann deshalb dahinstehen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Rückforderungsvorbehalt dahin zu verstehen, daß er auch die durch die Grundpfandrechte laufende Nr. 1 und 2 gesicherten Forderungen erfaßt und eine Berufung der Kläger auf Verjährung nicht ausschließt.
aa) Zwar unterliegt die Auslegung von Willenserklärungen nach ständiger Rechtsprechung als tatrichterliche Würdigung nur der Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche bei der Auslegung zu berücksichtigende Umstände außer acht gelassen worden sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 25. Februar 1992 – X ZR 88/90 –, NJW 1992, 1967). Unterläßt das Berufungsgericht jedoch eine gebotene Auslegung und kommen weitere Feststellungen nicht in Betracht, kann das Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen (BGHZ 65, 107, 112; BGH LM BGB § 133 (A) Nr. 2). So liegt der Fall hier.
bb) Das Berufungsgericht hat den bei der Zinszahlung vereinbarten Vorbehalt als auf die Reichweite des Bescheids des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen beschränkt angesehen und gemeint, die Verjährungsfrage sei nicht von dem Vorbehalt erfaßt. Dem angefochtenen Urteil kann jedoch weder entnommen werden, daß vom Berufungsgericht eine Auslegung vorgenommen wurde, noch ist sonst erkennbar, welche Gesichtspunkte das vom Berufungsgericht angenommene Ergebnis, das vom Wortlaut des Vorbehalts nicht gedeckt ist, tragen.
cc) Der Vorbehalt erfaßt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch die Zinsen, die sich auf die vor der Anordnung der staatlichen Verwaltung begründeten Kreditverbindlichkeiten beziehen. Zum einen enthält der Wortlaut keine zeitlichen Beschränkungen. Zum anderen spricht auch der tatsächliche Ablauf bei der Vorbehaltsvereinbarung für diesen Parteiwillen: Die Beklagte hat undifferenziert die Zahlung des gesamten, von ihr als Zinsrückstand berechneten Betrages verlangt; die Parteien haben sich sodann auf einen Rückforderungsvorbehalt geeinigt, und die Kläger haben anschließend den geforderten Betrag gezahlt. Damit haben die Parteien die Zahlung des Gesamtbetrags dem Vorbehalt unterstellt.
Da die Rechtsposition der Kläger trotz Zahlung des geforderten Betrags unverändert erhalten bleiben sollte, sind sie befugt, sich noch nach der Zahlung auf die Verjährung der Zinsansprüche zu berufen.
dd) Der damit gegebene Rückforderungsanspruch ist nicht nach § 813 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 222 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, weil die Zahlung unter dem vereinbarten Vorbehalt nicht die Erfüllung des Zinsanspruchs bewirkt hat.
Leistet ein Schuldner unter Vorbehalt, kann ein solcher Vorbehalt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 86, 267, 269 ff.; BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 – IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826; BGH, Urteil vom B. Juni 1988 – IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161, 162) unterschiedliche Bedeutung haben: Im allgemeinen will der Schuldner lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis (§ 208 BGB) entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offenhalten, das Geleistete gem. § 812 BGB zurückzufordern; ein Vorbehalt dieser Art stellt die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung nicht in Frage. Anders ist es, wenn der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt leistet, daß den Leistungsempfänger für einen späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen soll. Ein Vorbehalt dieser Art ist keine Erfüllung im Sinne von § 362 BGB. Er liegt insbesondere dann vor, wenn ein Schuldner während eines Rechtsstreits zahlt und seine Rechtsverteidigung fortsetzt, weil damit zum Ausdruck kommt, daß die Zahlung auf den Ausgang des Rechtsstreits keinen Einfluß haben soll. Dem entspricht der vorliegende Fall: Die Parteien haben sich darauf geeinigt, daß das Kammergericht bzw. der Bundesgerichtshof die weiterhin zwischen ihnen strittig bleibende Frage der Haftung für Zinsen aus der Zeit vor Aufhebung der staatlichen Verwaltung endgültig entscheiden sollte, während die Kläger trotz Zahlung an ihrer Rechtsauffassung festhielten und ihre Rechtsposition durch die Zahlung nicht nachteilig verändert werden sollte; sie wollten mit der Zahlung lediglich bewirken, daß die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Altschuldenhilfe an die Kreditanstalt für Wiederaufbau weiterleitete; das hatte die Beklagte von der Zahlung der von ihr berechneten Zinsen abhängig gemacht.
III.
Aus diesen Gründen war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 708026 |
BGHZ |
BGHZ, 357 |
NJW 1999, 494 |
EWiR 1999, 137 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 1999, 103 |
WM 1998, 2423 |
WuB 1999, 227 |
ZAP-Ost 1998, 715 |
ZIP 1999, 285 |
DÖV 1999, 213 |
MDR 1999, 86 |
NJ 1999, 306 |
ZInsO 1999, 109 |
ZBB 1999, 43 |
ZNotP 1999, 37 |
OVS 1999, 16 |