Leitsatz (amtlich)
Der Zusammenschluß von LPG unter Auflösung ohne Abwicklung i.S.d. § 14 LwAnpG kann nicht dadurch erfolgen, daß eine LPG aufgelöst und ihr Vermögen als Gesamtheit auf eine zuvor im Wege der Bargründung errichtete GmbH übertragen wird.
Normenkette
LwAnpG § 14
Verfahrensgang
Brandenburgisches OLG (Aktenzeichen 7 U 246/97) |
LG Cottbus (Aktenzeichen 3 O 3/97) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 2. September 1998 aufgehoben.
In Abänderung des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 10. September 1997 wird festgestellt, daß die Beklagte nicht aus der Umwandlung der LPG T. „V.” K., der LPG T. „G. H.” Ko. und der Agrargenossenschaft C. e.G. aufgrund der Vollversammlungsbeschlüsse vom 21. November 1991 hervorgegangen ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin begehrt als Mitglied der ihrer Auffassung nach in unerkannter Liquidation fortbestehenden LPG T. „G. H.” Ko. (nachfolgend: LPG „G. H.”) die Feststellung, daß die beklagte GmbH nicht aus Zusammenschluß bzw. Umwandlung dieser LPG und zweier anderer Genossenschaften hervorgegangen ist.
Die Vollversammlungen der LPG „G. H.” der LPG T. „V.” K. und der „Agrargenossenschaft C. e.G.” beschlossen am 21. November 1991 gleichlautende Strukturänderungen, die in den schriftlichen Erläuterungen der Vollversammlungsbeschlüsse wie folgt beschrieben wurden:
„Die Umstrukturierung erfolgt als sog. übertragende Umwandlung nach § 22 LAG durch Teilung und Zusammenschluß in einem Zug der bisherigen 3 LPGen der Kooperation …, die ihr Vermögen als Gesamtheit auf eine vorher durch Bareinlage gegründete GmbH überträgt, an der nur 4 Personen als Gesellschafter beteiligt sind, während die Mitglieder sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen, die sich still an dieser GmbH in der Höhe ihrer bisherigen Anteile am Eigenkapital der LPG beteiligt.”
Mit der GmbH, auf die das Vermögen der LPG übertragen werden sollte, war die Beklagte gemeint, die am 12. Dezember 1991 von den vier dafür vorgesehenen LPG-Mitgliedern mittels Bareinlagen gegründet wurde. In den jeweiligen LPG-Registern der beteiligten Genossenschaften wurde im Dezember 1991 unter Bezugnahme auf die Vollversammlungsbeschlüsse vom 21. November 1991 der Zusammenschluß mit den anderen Genossenschaften zur Beklagten eingetragen. Die Beklagte wurde im Juli 1992 im Handelsregister eingetragen. Den LPG-Mitgliedern bot die Beklagte „Anteilscheine” über die stille Beteiligung an ihr an. Die Klägerin zeichnete am 23. Mai 1992 einen solchen Anteilschein über eine Einlage im Nominalwert von 3.380,– DM und trat diesen Anteil am selben Tage gegen eine Verpflichtung der Beklagten zur „Abstandszahlung” in Höhe des Nominalwertes an die Beklagte ab. Den Empfang dieser Zahlung in Höhe von 3.380,– DM bestätigte die Klägerin am 12. Dezember 1994 auf einer Auszahlungsliste.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zum Ausspruch der begehrten Feststellung.
I.
Das Berufungsgericht (Urt. abgedr. in NZG 1999, 222) hat ausgeführt, die Klage sei unbegründet, weil die Klägerin etwaige Ansprüche aus ihrer Mitgliedschaft in der früheren LPG oder aus ihrer Stellung als stille Gesellschafterin der Beklagten dadurch verwirkt habe, daß sie im Mai 1992 den Anteilschein unterschrieben, ihren Anteil an der stillen Beteiligung an die Beklagte abgetreten und im Jahre 1994 den Auszahlungsbetrag von der Beklagten entgegengenommen habe, ohne bis zur Klageerhebung im Januar 1997 die Wirksamkeit der Umwandlung in Frage gestellt oder Einwendungen gegen die Höhe der „Abfindung” erhoben zu haben. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
II.
Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Feststellungsbegehren der Klägerin, dem die Fehlerhaftigkeit der formwechselnden Umwandlung der drei LPG in die Beklagte zugrunde liegt, überhaupt mit dem Einwand der Verwirkung begegnet werden kann. Auch wenn man das unterstellt, greift der Einwand nicht durch, weil die Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt sind.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts vermögen weder das Zeit- noch das Umstandsmoment den Einwand der Verwirkung zu tragen. Der Zeitraum, in dem die Klägerin ihre Rechte nicht verfolgt hat, konnte bei der Beklagten nicht den Eindruck erwecken, sie brauche mit der Geltendmachung der Rechte durch die Klägerin nicht mehr zu rechnen. Allerdings ist der Beschluß über den Zusammenschluß der drei Genossenschaften sowie ihrer „Umwandlung” in eine GmbH bereits am 21. November 1991 gefaßt, ferner sind Zusammenschluß und Umwandlung unter gleichzeitiger Löschung der LPG am 17. Dezember 1991 in das LPG-Register eingetragen worden. Auch ist die Beklagte schon am 12. Dezember 1991 gegründet und am 8. Juli 1992 in das Handelsregister eingetragen worden. Soweit die Klägerin davon betroffen ist, war der Veränderungsvorgang jedoch erst am 12. Dezember 1994 abgeschlossen, an dem sie – nach Zeichnung eines Anteilscheines über nominal 3.380,– DM und dessen Abtretung an die Beklagte am 23. Mai 1992 – die Auszahlung des Betrages von 3.380,– DM bestätigt hat. Die Feststellungsklage ist im Anschluß daran zwar erst Anfang Januar 1997 erhoben worden. Angesichts der für die Beteiligten komplizierten und rechtlich undurchschaubaren Vorgänge war die Klägerin kaum in der Lage, sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt Klarheit über die rechtliche Bewertung der Vorgänge zu verschaffen.
Die Organmitglieder der Beklagten konnten ihrerseits nicht darauf vertrauen, daß sie mit der Geltendmachung von Ansprüchen durch die Klägerin nicht mehr zu rechnen brauchten. Denn auch sie waren nicht in der Lage, die Vorgänge zu durchschauen und zutreffend zu beurteilen. Aus diesem Grunde konnten sie auch nicht davon ausgehen, daß das Rechtsverhältnis zur Klägerin mit der Auszahlung des in dem Anteilschein verbrieften Betrages abgeschlossen war. Sie durften sich demnach als Organe der Beklagten jedenfalls in dem dargelegten Zeitraum nicht darauf einrichten, daß die Klägerin weitere Ansprüche nicht mehr geltend machen werde, wenn sie – insbesondere nach Einholung von Rechtsrat – zu einer anderen Einschätzung der Rechtslage gelangte, als das bislang der Fall war.
III.
Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Klage nicht entsprechend § 275 Abs. 3 Satz 1 AktG verfristet. Wie der Senat an derer Stelle näher ausgeführt hat (Urt. v. 17. Mai 1999 - II ZR 293/98, zur Veröffentlichung bestimmt), ist die dreijährige Ausschlußfrist des § 275 Abs. 3 AktG für Klagen auf Nichtigerklärung von Aktiengesellschaften auf eine negative Feststellungsklage der vorliegenden Art nicht entsprechend anwendbar, weil beide Klageziele nicht vergleichbar sind.
2. Die Beklagte ist nicht aus Zusammenschluß bzw. Umwandlung der drei Genossenschaften entstanden und folglich weder mit diesen identisch, noch deren Gesamtrechtsnachfolgerin. Die Vollversammlungsbeschlüsse vom 21. November 1991 sind inhaltlich nicht auf nach dem LwAnpG mögliche Formen der Strukturänderung von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften gerichtet.
a) Nicht zweifelsfrei ist bereits, ob die in den Vollversammlungsbeschlüssen als „Agrargenossenschaft C. e.G.” bezeichnete Genossenschaft überhaupt eine LPG war. Hätte es sich – worauf die Bezeichnung hindeutet – um eine eingetragene Genossenschaft gehandelt, wäre ein Zusammenschluß dieser Genossenschaft mit LPG auf der Grundlage des LwAnpG bereits von vornherein nicht möglich gewesen, weil dort nur Zusammenschlüsse mehrerer LPG geregelt sind. Der in den Akten befindliche Auszug aus dem LPG-Register deutet allerdings darauf hin, daß es sich bei der Genossenschaft um die frühere, als LPG (P) Ko. -K. eingetragene LPG gehandelt hat, die lediglich ihren Namen in „Agrargenossenschaft C. e.G.” geändert hat, ohne daß damit ein Wechsel der Rechtsform verbunden war. Die Frage kann aber offenbleiben; denn die beabsichtigte Strukturänderung wäre aus den nachfolgenden Gründen auch dann fehlgeschlagen, wenn es sich um eine LPG gehandelt hätte.
b) In den Erläuterungen der Vollversammlungsbeschlüsse werden die beabsichtigten Maßnahmen als „übertragende Umwandlung” gemäß § 22 LwAnpG durch Teilung und Zusammenschluß von drei LPG in einem Zuge bei gleichzeitigem Übergang des Vermögens der LPG als Gesamtheit auf die durch Bargründung zu gründende Beklagte beschrieben. Für eine derartige Strukturänderung fehlt es an einer Grundlage im LwAnpG.
Nach § 14 LwAnpG können LPG unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Bildung einer neuen LPG zusammengeschlossen werden, auf die das Vermögen jeder der sich vereinigenden LPG als Ganzes gegen Gewährung der Mitgliedschaft der übernehmenden LPG an die Mitglieder der übertragenden LPG übergeht. Ein solcher Zusammenschluß kann auch in einem Zuge zusammen mit einer Teilung einzelner beteiligter LPG gemäß §§ 4 ff. LwAnpG erfolgen (§ 22 Abs. 2 LwAnpG). Des weiteren besteht die Möglichkeit, zugleich mit dem Zusammenschluß der LPG die Rechtsform der neuen LPG gemäß §§ 23 ff. LwAnpG identitätswahrend zu wechseln (§ 22 Abs. 3 LwAnpG). Auf solche Strukturänderungen sind die Vollversammlungsbeschlüsse der drei beteiligten LPG aber nicht gerichtet. Inhalt der von den Vollversammlungen beschlossenen Maßnahmen war nicht ein übertragender Zusammenschluß der LPG zu einer neuen LPG, deren Rechtsform gleichzeitig bei Wahrung ihrer Identität in eine GmbH umgewandelt werden sollte. Vielmehr sollten die drei LPG – sei es nach einem Zusammenschluß zu einer neuen LPG, welche in den Beschlußerläuterungen allerdings an keiner Stelle erwähnt wird, oder sei es jede LPG für sich – liquidationslos aufgelöst werden, ferner sollte deren Vermögen als Gesamtheit auf die durch Bargründung neu entstehende Beklagte übergehen. Entsprechend dieser Planung wurde die Beklagte dann auch tatsächlich mittels Bareinlage als neue Gesellschaft gegründet. Beschlossen wurde folglich eine übertragende Auflösung (vgl. BGHZ 76, 352, 354; 103, 184, 188; Hommelhoff/Schubel, ZIP 1998, 537, 547) der ursprünglichen LPG mit Vermögensübergang auf eine davon verschiedene, neue Gesellschaft. Für eine solche übertragende Auflösung findet sich im LwAnpG jedoch keine Grundlage. Wegen der Abgeschlossenheit der im LwAnpG geregelten Strukturänderungsmöglichkeiten kann die Zulässigkeit einer solchen Maßnahme auch nicht aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen hergeleitet werden (BGH, Beschl. v. 8. Mai 1998 - BLw 39/97, ZIP 1998, 1207, 1208 = WM 1998, 1650; Beschl. v. 5. März 1999 - BLw 57/98, ZIP 1999, 840 = WM 1999, 912; Sen.Urt. v. 17. Mai 1999 - II ZR 293/98, zur Veröffentlichung bestimmt). Mithin ist der beabsichtigte Vermögensübergang auf die Beklagte fehlgeschlagen und diese nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der drei LPG geworden.
c) Die beschlossene Strukturänderung ist auch nicht entsprechend § 34 Abs. 3 LwAnpG aufgrund der Eintragung der Beklagten in das Handelsregister oder der Eintragung des Zusammenschlusses der LPG zur Beklagten in die LPG-Register wirksam geworden. Die Wirkungen des § 34 Abs. 3 LwAnpG greifen nur, wenn der Eintragung eine nach dem LwAnpG mögliche Strukturänderung zugrunde liegt (BGHZ 137, 134, 140; BGH, Beschl. v. 3. Mai 1996 - BLw 54/95, ZIP 1996, 1146, 1149 = WM 1996, 1221; Beschl. v. 8. Mai 1998 - BLw 18/97, ZIP 1998, 1161, 1162 = WM 1998, 1645, zur Veröffentlichung in BGHZ 138, 371 vorgesehen; Beschl. v. 5. März 1999 - BLw 45/98, Urteilsumdruck S. 9; Sen.Urt. v. 17. Mai 1999 - II ZR 293/98, zur Veröffentlichung bestimmt), was aus den genannten Gründen vorliegend nicht der Fall ist.
Unterschriften
Röhricht, Henze, Goette, Kurzwelly, Kraemer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.06.1999 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538668 |
BB 1999, 2210 |
DB 1999, 2105 |
DStR 1999, 1240 |
BGHR |
EWiR 1999, 1019 |
NZG 1999, 900 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 1999, 743 |
WM 1999, 1510 |
ZAP-Ost 1999, 552 |
AgrarR 2000, 132 |
NJ 2000, 42 |