Leitsatz (amtlich)
a) Zur Bestimmbarkeit des Mietobjekts eines der Schriftform unterliegenden Verlängerungsvertrages anhand des Umfangs der tatsächlichen Nutzung im Zeitpunkt seines Abschlusses.
b) Zur Formgültigkeit eines Verlängerungsvertrages, dem als Anlagen bezeichnete Baupläne nicht beigefügt sind, wenn diese nur für die ursprüngliche Vermietung vom Reißbrett bedeutsam waren.
Normenkette
BGB § 566 S. 1, § 126
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Aktenzeichen 10 U 220/95) |
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 5 O 108/95) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Dezember 1996 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 30. August 1995 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen der vorliegenden Räumungsklage um die Wirksamkeit einer vom Kläger zum 30. Juni 1995 ausgesprochenen Kündigung eines gewerblichen Mietvertrages.
1993 erwarb der Kläger das Hausgrundstück O. straße 127-129/A. d. M. in N. und wurde als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Die Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der C. S.-AG, die vom Voreigentümer des Grundstücks mit Mietvertrag vom 10. April 1967 in dem damals noch zu errichtenden Gebäude für die Dauer von zehn Jahren ab Bezugsfertigkeit Räume zum Betrieb eines Supermarktes gemietet hatte.
Das Mietobjekt ist in Nr. 1 dieses Vertrages wie folgt bezeichnet:
„… die im Hause N., O. straße 127-129/A. d. M. im
- Erdgeschoß gelegenen Räume mit ca. 680 qm
- Kellergeschoß gelegenen Räume mit ca. 600 qm …”
Nr. 2 des Vertrages enthält folgende Bestimmung:
„Die vermieteten Räume und Flächen werden in der von dem Vermieter vorgesehenen mit der Mieterin abgesprochenen Ausstattung zur Verfügung gestellt. Beiliegende Bauskizzen vom 5.7.67/30.6.67 Lageplan und die Baubeschreibung vom ./. sind von beiden Parteien unterschrieben und bilden wesentliche Bestandteile dieses Vertrages …”
Im Anschluß an diesen zum 31. August 1978 auslaufenden Vertrag schlossen die ursprünglichen Mietvertragsparteien am 10. März/10. August 1978 einen neuen Mietvertrag mit einer Laufzeit von wiederum zehn Jahren bis zum 31. August 1988. § 1 dieses Vertrages ist mit Nr. 1 des früheren Vertrages identisch. § 2 lautet:
„Die vermieteten Räume und Flächen werden in der vorhandenen Ausstattung zur Verfügung gestellt. Beiliegende Bauskizzen vom 30.6./5.7.67 und der Lageplan bilden wesentliche Bestandteile dieses Vertrages.”
Dieser von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Vertrag besteht aus drei mit einer Heftklammer zusammengehefteten Seiten. Die darin als Anlagen bezeichneten Bauskizzen und der Lageplan waren ihm – wie auch schon dem Ursprungsvertrag – nicht beigefügt.
Am 14. März 1988 schlossen die Vertragsparteien eine als Nachtrag zum Mietvertrag vom 10.03.1978/10.08.1978 bezeichnete Verlängerungsvereinbarung, durch die das Mietverhältnis zwischen den namentlich aufgeführten Vertragsparteien um weitere zehn Jahre bis zum 31. August 1998 verlängert wurde. Zugleich wurde der Mieterin eine Verlängerungsoption für zweimal fünf weitere Jahre eingeräumt, die als ausgeübt gelten sollte, wenn die Mieterin der Verlängerung nicht zwölf Monate vor Beendigung der vereinbarten Laufzeit durch eingeschriebenen Brief widersprach. Ein ursprünglich vorgesehener Passus, demzufolge sich die Flächenangabe in § 1 a) des vorausgegangenen Vertrages auf ca. 580 qm reduzieren sollte, war gestrichen worden. Der ursprüngliche Mietzins wurde auf 14.350 DM monatlich ermäßigt und einer Wertsicherungsklausel unterworfen. Ferner bestimmte die Nachtragsvereinbarung, daß alle übrigen Bedingungen des Mietvertrages vom 10.03.1978/10.08.1978 unverändert bestehen bleiben. Punkt 7 der Nachtragsvereinbarung lautet:
„Die Mieterin erklärt sich bereit, eine Verlegung der Sozialräume im Untergeschoß nach der vorgelegten Planung zu akzeptieren, falls diese behördlich zulässig ist. Evtl. behördliche Auflagen muß der Vermieter erfüllen. Die Kosten dieser Verlegung trägt der Vermieter. Die Flächenreduzierung durch die Verlegung der Mieträume hat keine Auswirkung auf die Miete.”
Diese Nachtragsvereinbarung besteht aus zwei ebenfalls mit einer Heftklammer verbundenen Seiten; Anlagen waren ihr nicht beigefügt.
Die Beklagte hat von der ihr vertraglich eingeräumten Befugnis zur Untervermietung Gebrauch gemacht und das Mietobjekt an die C. AG untervermietet, die darin eine Bankfiliale betreibt.
Unter dem 11. Februar 1992 richtete die Beklagte ein Schreiben an die den damaligen Vermieter vertretende Liegenschaftsverwaltung, in dem es unter dem Betreff „Objekt N., O. straße 127-129/A. d. M.” unter anderem heißt:
„Als Anlage erhalten Sie den Grundriß unseres Untermieters C. .
Unser Untermieter beabsichtigt neben einer neuen Eingangsanlage, innerhalb des Mietobjektes unter anderem die Sozialräume neu zu ordnen. Dem beiliegenden Plan können Sie außerdem entnehmen, daß ein Schulungs- und Stauraum abgetrennt werden soll. Die baulichen Veränderungen machen keinen Eingriff in die Statik notwendig …
Wir hoffen, daß wir hiermit den Vereinbarungen des § 8 unseres Mietvertrages vom 10.03./10.08.1978 Genüge getan haben und bitten Sie der guten Ordnung halber, die Zweitschrift zum Zeichen Ihres Einverständnisses unterschrieben zurück zu senden.”
Dieses von der Beklagten unterzeichnete Schreiben enthält unter dem Vermerk „Einverstanden” die erbetene Gegenzeichnung vom 10. März 1992.
Der Kläger macht geltend, seine mit Schreiben vom 28. Oktober 1994 zum 30. Juni 1995 ausgesprochene Kündigung habe das Mietverhältnis beendet, weil der Mietvertrag aus dem Jahre 1978 die Schriftform des § 566 BGB nicht wahre und mithin als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelte. Denn zum einen reiche die Verbindung der einzelnen Seiten der Vertragsurkunde durch eine Heftklammer nicht aus, und zum anderen seien die als wesentliche Bestandteile des Vertrages bezeichneten Anlagen nicht beigefügt gewesen, so daß er, der Kläger, nicht wisse, welche Räume die Beklagte gemietet habe. Auch seien dem Nachtragsvertrag keine Unterlagen über die in dessen Punkt 7 erwähnte Planung beigefügt gewesen.
Seine Räumungsklage hatte im zweiten Rechtszug Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der diese weiterhin Abweisung der Klage begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des die Räumungsklage abweisenden Urteils des Landgerichts.
1. Die vom Berufungsgericht letztlich offen gelassene Frage, ob die Schriftform schon mangels hinreichend fester körperlicher Verbindung der einzelnen Blätter der Mietvertragsurkunde aus dem Jahre 1978 (und des Nachtragsvertrages vom 14. März 1988) nicht gewahrt sei, ist zu verneinen.
Zum einen stellt das Zusammenheften einer aus mehreren Seiten bestehenden Urkunde mittels einer Heftklammer (nicht: Büroklammer) eine hinreichend feste, nur durch – wenn auch geringfügige – Gewaltanwendung zu lösende körperliche Verbindung der einzelnen Urkundenbestandteile zu einer einheitlichen Urkunde dar. Der Schutzzweck des § 566 BGB rechtfertigt es nicht, etwa im Hinblick auf die Fälschungssicherheit weitergehende Anforderungen an die Beschaffenheit der körperlichen Verbindung zu stellen (vgl. Senatsurteil BGHZ 136, 357, 371).
Zum anderen sind sowohl der vorliegende Mietvertrag aus dem Jahre 1978 als auch der Nachtrag vom 14. März 1988 jeweils fortlaufend paginiert und enthalten fortlaufend numerierte, inhaltlich zusammenhängende Bestimmungen mit einheitlichem Schriftbild. Die erforderliche Einheit dieser Urkunden wäre daher nach den Grundsätzen des vorgenannten Senatsurteils jeweils auch ohne Heftung der einzelnen Seiten gewahrt.
Auch brauchte der Nachtragsvertrag vom 14. März 1988 nicht seinerseits mit dem Mietvertrag aus dem Jahre 1978 körperlich verbunden zu werden, weil auch er sämtliche Essentialia eines Mietvertrages enthält, auf den früheren Vertrag aus dem Jahre 1978 Bezug nimmt und bestimmt, daß es im übrigen bei den darin getroffenen Vereinbarungen verbleiben solle (vgl. Palandt/Putzo, BGB 58. Aufl. § 566 Rdn. 17 mit Nachweisen zur sogenannten Auflockerungsrechtsprechung).
2. Soweit das Berufungsgericht die Schriftform jedenfalls für nicht gewahrt hält, weil der Vertragsurkunde aus dem Jahre 1978 die darin erwähnten, als wesentliche Bestandteile bezeichneten Unterlagen nicht beigefügt waren, hält dies der rechtlichen Prüfung nicht stand.
a) Nicht alles, was die Parteien als Anlage zum Mietvertrag bezeichnen oder betrachten, muß mit diesem auch zu einer einheitlichen Urkunde zusammengefaßt werden (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 1999 - XII ZR 55/97 - ZIP 1999, 1311, 1312 m.N., für BGHZ vorgesehen).
Ein für längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag über ein Grundstück genügt bereits dann der Schriftform des § 566 BGB, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses – aus der Vertragsurkunde ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 1969 - VIII ZR 88/67 - LM Nr. 7 zu § 126 BGB = WM 1969, 920, 921; Haase WuM 1995, 625, 630 m.N.).
Nur wenn die Parteien diese Essentialia oder weitere Bestimmungen, die ebenfalls Inhalt des Mietvertrages sein sollen, nicht in die Vertragsurkunde selbst aufnehmen, sondern teilweise in andere Schriftstücke „auslagern”, so daß sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser „verstreuten” Bestimmungen ergibt, müssen sie zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen (vgl. BGHZ 40, 255, 263; BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 93/97 - MDR 1999, 473).
Diesen Anforderungen unterliegen hingegen nicht auch solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrages, auf den die Parteien sich geeinigt haben, von nur nebensächlicher Bedeutung sind (vgl. Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 7. Aufl. Rdn. 110 m.N.). Dies gilt erst recht für Anlagen mit Bestimmungen, die nicht über das hinausgehen, was bereits im Vertragstext selbst seinen Niederschlag gefunden hat, oder die dessen Inhalt nicht modifizieren, sondern lediglich erläutern oder veranschaulichen sollen (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 1999 aaO m.w.N.).
Letzterem steht es gleich, wenn ein Vertrag zwar eine in einer früheren Vereinbarung der Parteien enthaltene Verweisung auf Anlagen wiederholt, zugleich aber ausdrücklich eine anderweitige, abschließende Regelung trifft, der zu entnehmen ist, daß sie einem etwa abweichenden Inhalt der Anlagen vorgehen soll. So liegt der Fall hier:
b) Es kann zunächst dahinstehen, ob der ursprüngliche Mietvertrag aus dem Jahre 1967 der Schriftform ermangelte, weil ihm die Unterlagen nicht beigefügt waren, die nach dem Willen der Parteien für die Ausgestaltung und Ausstattung des damals erst noch zu erstellenden Mietobjekts maßgeblich sein sollten (vgl. BGHZ 74, 346, 349 ff.).
Bei Abschluß des späteren Mietvertrages aus dem Jahre 1978 war das Mietobjekt jedenfalls fertiggestellt und von der Mieterin bereits zehn Jahre lang genutzt worden, ohne daß Anhaltspunkte für Meinungsverschiedenheiten der Mietvertragsparteien darüber ersichtlich sind, ob die tatsächliche Bauausführung der damals getroffenen Vereinbarung entsprach. Ob dieser Umstand bereits ausreichen kann, die ursprüngliche Vereinbarung als obsolet und die Urkundeneinheit zwischen der neuen Vertragsurkunde und den die frühere Vereinbarung enthaltenden Schriftstücken deshalb als entbehrlich erscheinen zu lassen, kann ebenfalls dahinstehen. Denn die Vertragsparteien haben in § 2 des neuen Mietvertrages ausdrücklich vereinbart, daß „die vermieteten Räume und Flächen … in der vorhandenen Ausstattung zur Verfügung gestellt” werden, und damit abbedungen, was sie 1967 bei der ursprünglichen Vermietung vom Reißbrett durch Bezugnahme auf Bauskizzen und Pläne als für die Bauausführung maßgeblich vereinbart hatten.
Anlagen, die nach dem Willen der Vertragsparteien für ihre Rechte und Pflichten aus dem neuen Vertragsverhältnis nicht mehr maßgeblich sein sollten, brauchten daher mit dem neuen Mietvertrag nicht zu einer einheitlichen Urkunde verbunden zu werden.
c) Der Umstand, daß die Vertragsparteien diese vorgenannten Unterlagen 1978 gleichwohl – erneut – als wesentliche Bestandteile des Vertrages bezeichnet hatten, ist für die Wahrung der Urkundeneinheit auch dann nicht entscheidend, wenn die Bezugnahme darauf mehr als nur eine gedankenlose Wiederholung des ursprünglichen Vertragstextes dargestellt haben sollte. Denn ob der – gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnde – Inhalt des Vertrages in einer den Anforderungen der gesetzlichen Schriftform genügenden Weise beurkundet wurde, ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, weil diese Anforderungen nicht zur Disposition der Parteien stehen (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 1999 aaO). In Bezug genommene Unterlagen, die für den Inhalt des geschlossenen Vertrages ohne Bedeutung sind, brauchen diesem folglich auch dann nicht beigefügt zu werden, wenn die Vertragsparteien ihnen zu Unrecht eine eigenständige rechtsgeschäftliche Bedeutung beigemessen haben sollten.
Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn die Parteien mit der Bezeichnung der Anlagen als „wesentliche Bestandteile” deren Beifügung als gewillkürte Form im Sinne des § 127 BGB hätten vereinbaren und die Wirksamkeit des Vertrages von deren Einhaltung abhängig machen wollen. Anhaltspunkte hierfür sind aber nicht ersichtlich. Schon die salvatorische Klausel des § 11 des Mietvertrages aus dem Jahre 1978 läßt erkennen, daß die vertragliche Bindung durch die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit einzelner Vertragsbestimmungen nicht beeinträchtigt werden sollte. Auch der Umstand, daß die Parteien des Mietvertrages im Jahre 1988 dessen Verlängerung vereinbarten und sich weiterhin bis zur Veräußerung des Grundstücks an diesen Mietvertrag gebunden fühlten, spricht gegen die Annahme, sie hätten das Zustandekommen des Mietvertrages aus dem Jahre 1978 von der Beifügung der darin erwähnten, nach dem Inhalt des Vertrages aber nicht mehr maßgeblichen Unterlagen abhängig machen wollen.
3. Keiner Entscheidung bedarf die weitere Frage, ob der Mietvertrag aus dem Jahre 1978 nicht deshalb mit den darin erneut in Bezug genommenen Unterlagen zu einer einheitlichen Urkunde hätte verbunden werden müssen, um die Räume, die Gegenstand des Mietvertrages sein sollten, zu konkretisieren.
Dabei spricht gegen ein entsprechendes Erfordernis die systematische Anordnung der einzelnen Bestimmungen des 1967 geschlossenen Ursprungsmietvertrages, aus der sich ergibt, daß das Mietobjekt durch die Bezeichnung des Gebäudes, der Geschosse und der ungefähren Größe in Nr. 1 des Vertrages abschließend konkretisiert werden sollte, während die Bauskizzen und der Lageplan erst in Nr. 2 des Vertrages erwähnt werden, die ausschließlich die Ausstattung des zu errichtenden Objekts zum Inhalt hat. Diese Systematik ist im 1978 geschlossenen Vertrag unverändert beibehalten worden; eine inhaltliche Änderung ergab sich allein daraus, daß die erwähnten Unterlagen nun nicht einmal mehr für die geschuldete Ausstattung der Mieträume maßgeblich sein sollten.
Ebenso kann dahinstehen, ob bereits der Wortlaut der Nr. 1 des Ursprungsvertrages von 1967 das Mietobjekt hinreichend genau bezeichnete. Vermietet wurden „die” im Erd- und Kellergeschoß des Hauses gelegenen Räume, was zunächst darauf hindeutet, daß das Erd- und Kellergeschoß insgesamt vermietet wurde. Unklarheiten ergeben sich allenfalls, wenn die Vertragsparteien – wie der Kläger im Verlauf des Rechtsstreits geltend gemacht hat – sich darüber einig waren, daß nur Teile dieser Geschoßflächen an die Beklagte vermietet werden sollten.
Auf all diese Fragen kommt es nicht an, weil das Mietobjekt jedenfalls in Nr. 1 des Nachtragsvertrages vom 14. März 1988, der seinerseits alle Essentialia eines Mietvertrages enthält, hinreichend bestimmbar bezeichnet ist. Denn etwa verbleibende Zweifel an der exakten Lage des Mietgegenstandes innerhalb des Gebäudes lassen sich im Wege der Auslegung beseitigen.
a) Auch formbedürftige Vertragsklauseln sind grundsätzlich der Auslegung zugänglich, wenn sie sich als unklar oder lückenhaft erweisen. Selbst wesentliche Tatbestandsmerkmale des Rechtsgeschäfts brauchen daher nicht bestimmt angegeben zu werden, sofern nur die Einigung über sie beurkundet ist und ihr Inhalt bestimmbar bleibt. Insoweit darf auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt Senatsurteil vom 30. Juni 1999 aaO).
b) Bei Abschluß des Nachtragsvertrages vom 14. März 1988 nutzte die Beklagte die von ihr innegehaltenen Räume bereits seit rund zwanzig Jahren, ohne daß hinsichtlich der Lage und Anordnung dieser Räume Unstimmigkeiten aufgetreten waren. Die Nachtragsvereinbarung, die ausdrücklich auf das bestehende Mietverhältnis verweist und dessen Verlängerung um weitere 10 Jahre bis zum 31. August 1998 vorsieht, ist daher ohne weiteres dahin auszulegen, daß die am 14. März 1988 tatsächlich ausgeübte Nutzung als vertragsgemäß angesehen und fortgesetzt werden sollte. Welche Räume im Erd- und Kellergeschoß die Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses des Nachtragsvertrages nutzte, ließ sich zumindest damals unschwer an Ort und Stelle feststellen. Für die Wahrung der Schriftform reicht aber die Bestimmbarkeit des Mietobjekts im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus; soweit diese nachträglich durch Zeitablauf erschwert werden mag, kann dies die einmal gewahrte Form nicht mehr in Frage stellen.
Nachteile, die sich daraus für einen späteren Erwerber des Grundstücks ergeben können, hat dieser im Verhältnis zum Mieter ebenso hinzunehmen wie etwa das Abhandenkommen eines formwahrend für längere Zeit als ein Jahr geschlossenen Mietvertrages. Letzteres ergibt sich bereits daraus, daß § 571 Abs. 1 BGB den Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis nicht etwa davon abhängig macht, daß ihm der Mietvertrag, für den § 566 BGB zu seinem Schutz die Schriftform verlangt, auch vorgelegt werden kann.
4. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Insbesondere wird die Wahrung der Schriftform nicht dadurch in Frage gestellt, daß Punkt 7 des Nachtragsvertrages vom 14. März 1988 dem Vermieter das Recht zur „Verlegung der Sozialräume im Untergeschoß nach der vorgelegten Planung” einräumte, ohne die angesprochene Planung – etwa durch Beifügung entsprechender Unterlagen – näher zu konkretisieren.
a) Diese Vereinbarung, mit der sich das Berufungsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – nicht befaßt hat, kann der Senat selbst auslegen. Sie ist dahin zu verstehen, daß dem Vermieter gemäß § 315 BGB das Recht eingeräumt wurde, den Umfang seiner Gebrauchsgewährungspflicht dadurch zu bestimmen, daß er Ausstattung und Funktion einzelner Räume innerhalb eines Teils des Mietobjekts durch entsprechende Umbaumaßnahmen veränderte. Ein Austausch von Mietflächen dergestalt, daß einzelne Flächen „eingezogen” und durch andere, bislang vom Mietvertrag nicht erfaßte Flächen ersetzt werden, wurde ihm hierdurch nicht freigestellt. Das ergibt sich bereits aus dem Umstand, daß die Verlegung „im Untergeschoß” erfolgen sollte, hiermit ersichtlich nichts anderes gemeint war als das im Mietvertrag genannte „Kellergeschoß”, und die Vertragsparteien darunter von Anfang an die Gesamtheit der von der Beklagten bislang innegehaltenen Räume unterhalb des Erdgeschosses verstanden hatten, und zwar auch dann, wenn sich auf dieser Geschoßebene des gesamten Anwesens nach der Behauptung des Klägers noch weitere Räume befanden. Dies folgt aus dem Umstand, daß die dort an die Beklagten vermieteten Räume in den erwähnten Verträgen stets als „die … im … b) Kellergeschoß gelegenen Räume” bezeichnet wurden und die Vertragsparteien in einem – für die Entscheidung im übrigen nicht relevanten – Anschlußmietvertrag vom 15. April 1967 ausgeführt hatten, die Mieterin habe durch Vertrag vom 10. April 1967 „einen Teil des Erdgeschosses einschl. der Kellerräume” (nicht: einschl. eines Teils der Kellerräume) gemietet.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus der im Nachtragsvertrag vom 14. März 1988 ursprünglich vorgesehenen, aber wieder gestrichenen Klausel, die Flächenangabe unter Punkt 1 a werde von 680 qm auf 580 qm reduziert, denn Punkt 1 a betraf das Erdgeschoß und nicht das Kellergeschoß, in dem sich die Sozialräume befinden.
Vielmehr ist davon auszugehen, daß sich die Erwähnung einer durch die Verlegung der Sozialräume bedingten Flächenreduzierung nur auf die (verhältnismäßig geringfügige) Verringerung der Nettonutzfläche durch das Einziehen von Trennwänden und dergleichen bezog, zumal dies auch keinen Einfluß auf den zu zahlenden Mietzins haben sollte.
b) Letzteres spricht dafür, daß das dem Vermieter hier eingeräumte Recht, einen Teil des Mietobjekts umzugestalten, eine nur unwesentliche Nebenabrede darstellte und schon deshalb den Anforderungen an die Urkundeneinheit nicht unterlag. Denn die Parteien hatten die mögliche Veränderung des Umfangs der dem Vermieter obliegenden Gebrauchsgewährungspflicht jedenfalls nicht als so bedeutsam angesehen, daß sie eine Anpassung der geschuldeten Gegenleistung des Mieters erfordert hätte.
c) Aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre, bedarf es keiner Entscheidung, ob das dem Vermieter eingeräumte Bestimmungsrecht der erforderlichen Bestimmbarkeit des Umfangs der mietvertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien entgegenstand, weil sein Umfang sich im einzelnen erst aus einer in unzureichender Weise in Bezug genommenen „vorgelegten Planung” ergab. Ein darin zu sehender Mangel der Schriftform wäre jedenfalls durch die formgerechte Nachtragsvereinbarung der Vertragsparteien vom 11. Februar/10. März 1992, die eine konkludente Aufhebung dieses Bestimmungsrechts enthält, geheilt worden (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1987 - VIII ZR 326/86 - BGHR BGB § 566 Nachtragsvereinbarung 1). Außerdem wäre es dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf einen – vorübergehend gegebenen – Mangel der Schriftform der ihn allein begünstigenden Nebenabrede zu berufen. Denn das Bestimmungsrecht war bereits erloschen, als er das Grundstück erwarb, so daß der ursprüngliche Umfang dieses Rechts für das Mietverhältnis, in das der Kläger nach § 571 BGB eintrat, bedeutungslos ist:
Mit der vom Kläger selbst als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Vereinbarung vom 11. Februar/10. März 1992 nebst zugehöriger Grundrißzeichnung haben die Vertragsparteien sich nämlich mit der von der Untermieterin C. beabsichtigten Neugestaltung der Sozialräume einverstanden erklärt. Diese Vereinbarung genügt den vorstehend unter 1. dargelegten Anforderungen an eine Nachtragsvereinbarung, weil sie von den Vertretern beider Vertragsparteien unterschrieben ist, die postalische Anschrift des Mietobjekts nennt, auf den Mietvertrag vom 10. März/10. August 1978 Bezug nimmt und erkennen läßt, daß der Mietvertrag im übrigen unverändert fortgelten solle.
Hatte der Vermieter das ihm 1988 eingeräumte Bestimmungsrecht im Zeitpunkt dieser Vereinbarung schon ausgeübt, war es bereits erloschen. Andernfalls ist es durch die 1992 getroffene Vereinbarung konkludent aufgehoben worden, weil von nun an nur noch die Untermieterin das Recht haben sollte, das Untergeschoß nach Maßgabe der dieser Vereinbarung beigefügten Grundrißzeichnung umzugestalten. Dies gilt auch dann, wenn die Grundrißzeichnung nicht mit dieser Vereinbarung zu einer einheitlichen Urkunde verbunden gewesen sein sollte. Denn auch dann war das ursprüngliche Bestimmungsrecht des Vermieters wirksam abbedungen, weil aus der Vereinbarung auch ohne die zugehörige Zeichnung jedenfalls hervorgeht, daß nunmehr die Untermieterin von der der Mieterin bereits in § 7 des Vertrages aus dem Jahre 1978 eingeräumten Befugnis Gebrauch machen durfte, nach Verständigung des Vermieters Umbauten in den Mieträumen vorzunehmen. Damit wäre es nicht zu vereinbaren gewesen, wenn der Vermieter gleichwohl hätte berechtigt bleiben sollen, diese Umbauten seinerseits durch Verwirklichung seiner eigenen Planung aus dem Jahre 1988 jederzeit wieder zunichte zu machen.
5. Da das Mietverhältnis der Parteien somit durch die vom Kläger ausgesprochene Kündigung nicht beendet worden ist, erweist sich die darauf gestützte Räumungsklage als unbegründet. Infolgedessen war das klagabweisende Urteil des Landgerichts unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wiederherzustellen.
Unterschriften
Blumenröhr, Bundesrichterin Dr. Krohn ist in Urlaub und verhindert zu unterschreiben. Blumenröhr, Hahne, Sprick, Weber-Monecke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.07.1999 durch Riegel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539577 |
NJW 1999, 3257 |
EBE/BGH 1999, 306 |
EWiR 2000, 219 |
NZM 1999, 962 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 2088 |
WuB 2000, 127 |
WuB 2000, 169 |
ZIP 1999, 1635 |
ZMR 1999, 810 |
MDR 1999, 1374 |
WuM 1999, 698 |
LL 2000, 1 |