Leitsatz (amtlich)
a) Die umfassende numerische Bereichsangabe, etwa ein Molekulargewichtsbereich, enthält grundsätzlich auch eine gleichermaßen umfassende Offenbarung aller denkbaren Unterbereiche.
b) Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen nur unter besonders vom Anmelder eines Patents darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden Umständen in Betracht.
c) Diese Grundsätze gelten in Abweichung zur Rechtsprechung des Europäischen Patentamts (ZB. T 666/69, ABl. EPA 1993, 495, 502 f. – Waschmittel) auch für ein europäisches Patent.
Normenkette
EPÜ Art. 52
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats III) des Bundespatentgerichts vom 1. Dezember 1994 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Das europäische Patent 0 025 551 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß sein Patentanspruch folgende Fassung erhält:
Verwendung von Copolymerisaten, die durch Copolymerisation von Maleinsäureanhydrid mit (Meth)Acrylsäure und anschließende Verseifung erhältlich sind, in unverseiftem Zustand einen K-Wert von 10 bis 40, bestimmt nach Fikentscher in Methylethylketon bei 25°C, aufweisen und im verseiften Zustand – bezogen auf das Gewicht der Polymerisation – 45 bis 85 % (Meth)Acrylsäure und 55 bis 15 % Maleinsäure als Monomereinheiten enthalten, oder deren Alkali- oder Ammoniumsalze als Phosphatersatzstoffe mit inkrustierungsinhibierender Wirkung in phosphatfreien Waschmitteln in einer Menge – bezogen auf Trockensubstanz – von 0,5 bis 10 Gew.-%.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 3. September 1980 unter Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung in der Bundesrepublik Deutschland vom 13. September 1979 angemeldeten europäischen Patents 0 025 551 (Streitpatents), das mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt ist und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 30 60 877 geführt wird. Das Streitpatent betrifft die „Verwendung von (Meth)Acrylsäure-Maleinsäure-Copolymerisaten als Inkrustierungsinhibitoren in Waschmitteln”. Sein einziger Patentanspruch lautet in der Fassung, die er aufgrund der Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 6. Mai 1992 (T 252/90) erhalten hat, in der Verfahrenssprache Deutsch:
„Verwendung von Copolymerisaten, die durch Copolymerisation von Maleinsäureanhydrid mit (Meth)Acrylsäure und anschließende Verseifung erhältlich sind, in unverseiftem Zustand einen K-Wert von 10 bis 40, bestimmt nach Fikentscher in Methylethylketon bei 25°C, aufweisen und im verseiften Zustand – bezogen auf das Gewicht der Polymerisate – 40 bis 90 % (Meth)Acrylsäure und 60 bis 10 % Maleinsäure als Monomereinheiten enthalten, oder deren Alkali- oder Ammoniumsalze als Phosphatersatzstoffe mit inkrustierungsinhibierender Wirkung in Waschmitteln in einer Menge – bezogen auf Trockensubstanz – von 0,5 bis 10 Gew.-%.”
Die Klägerin hat geltend gemacht, das Streitpatent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, daß ein Fachmann sie ausführen könne, weil die für die K-Wert-Bestimmung erforderlichen Angaben fehlten; sein Gegenstand sei im europäischen Einspruchsverfahren durch die Aufnahme der nicht der ursprünglichen Offenbarung entsprechenden Formulierung „erhältlich sind” unzulässig erweitert worden und darüber hinaus nicht patentfähig. Die Klägerin hat deshalb beantragt, das Streitpatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt (Urt. v. 1.12.1994, Mitt. 1995, 320).
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter, hilfsweise (Hilfsantrag I) mit der Maßgabe, daß in dem Patentanspruch die Formulierung „im verseiften Zustand – bezogen auf das Gewicht der Polymerisate – 40 bis 90 % (Meth)Acrylsäure und 60 bis 10 % Maleinsäure als Monomereinheiten enthalten” durch die Formulierung „im verseiften Zustand – bezogen auf das Gewicht der Polymerisate – 45 bis 85 % (Meth)Acrylsäure und 55 bis 15 % Maleinsäure als Monomereinheiten enthalten” und weiter hilfsweise (Hilfsantrag II) die Formulierung „mit inkrustierungsinhibierender Wirkung in Waschmitteln” durch die Formulierung „mit inkrustierungsinhibierender Wirkung in phosphatfreien Waschmitteln” ersetzt wird. Weiter hilfsweise zu dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen I und II beantragt sie ferner, das Patent mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß im Patentanspruch die Wörter „erhältlich sind” ersetzt werden durch die Wörter „erhalten werden”. Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Klägerin hat ein Gutachten von Prof. Dr. W. H., Fachbereich physikalische Chemie, vorgelegt. Die Beklagte hat ein Gutachten von Prof. Dr. M. A., MPI für Kolloid- & Grenzflächenforschung, T., eingereicht.
Als vom Senat bestellter gerichtliche Sachverständiger hat Prof. Dr. C. D. E., Institut für Technische Chemie II, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.
I. 1. Das Streitpatent betrifft die Verwendung bestimmter Copolymerisate oder deren Salze als Phosphatersatzstoffe mit inkrustierungsinhibierender Wirkung in Waschmitteln. Solche Ersatzstoffe werden modernen Waschmittelformulierungen beigegeben, um der mit dem Einsatz von Phosphaten in Waschmitteln verbundenen Gefahr der Eutrophierung von Gewässern zu begegnen. Als im Stand der Technik bekannte Phosphatersatzstoffe werden in der Beschreibung des Streitpatents beispielsweise Nitrilotriessigsäure Maleinsäure/Vinyläther-Copolymerisate und Polymaleinsäuren genannt. Außerdem seien anorganische wasserunlösliche Aufbaustoffe (Alumosilikate vom Typ Zeolith A) eingesetzt.
Phosphate sind herkömmlichen Waschmitteln beigegeben worden, weil sie „Builder” mit Komplexierungsvermögen sind, also die Reinigungswirkung der Detergenzien im Waschmittel verstärken und außerdem als Sekundärwaschmittel wirken, indem sie „Inkrustationen” genannte Ablagerungen von anorganischen, in Wasser unlöslichen Salzen auf dem Waschgut und in der Waschmaschine verhindern. Keiner der bisher verwendeten Ersatzstoffe hat jedoch – nach den weiteren Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents – die Phosphate hinsichtlich ihrer Gesamtwirkung als „Builder” und Inhibierungsinhibitor gleichwertig ersetzen können. Infolgedessen hätten Zusatzstoffe eingesetzt werden müssen, um dieses Problem zu lösen. Aus den deutschen Patentschriften 697 945 und 540 101 seien zwar Polyacrylsäuren und Copolymerisate der Maleinsäure mit anderen copolymerisierbaren Monomeren (verseifte Maleinsäureanhydrid-Copolymerisate) bekannt, deren Verwendung in Waschmitteln zwar die Inkrustation vermindere, jedoch noch nicht in befriedigendem Umfang verhindere. Auch der Einsatz reiner Homopolymerisate der Maleinsäure mit niedrigem Molgewicht habe keine ausreichenden Fortschritte gebracht.
2. Durch die patentgemäße Erfindung sollen nach den weiteren Angaben des Streitpatents Stoffe zur Verfügung gestellt werden, deren Verwendung in phosphatfreien oder phosphatarmen Waschmitteln auch in geringen Mengen eine Inkrustation weitestgehend verhindert.
3. Hierzu lehrt das Streitpatent in seinem einzigen Patentanspruch die
Verwendung von Copolymerisaten in Waschmitteln
(1) als Phosphatersatzstoffe
(1.1) mit inkrustierungsinhibierender Wirkung
(2) die erhältlich sind
(2.1) durch Copolymerisation von
(2.1.1) Maleinsäureanhydrid mit
(2.1.2) (Meth)Acrylsäure und
(2.2) anschließende Verseifung,
(3) die in unverseiftem Zustand einen K-Wert von 10 bis 40 (bestimmt nach Fikentscher in Methylethylketon bei 25°C) aufweisen unddie in verseiftem Zustand folgende Säuren oder deren Alkali- oder Ammoniumsalze als Monomereinheiten enthalten – bezogen auf das Gewicht der Polymerisate –
(4.1) 40 bis 90 % (Meth)Acrylsäure und
(4.2) 60 bis 10 % Maleinsäure
(5) in einer Menge – bezogen auf Trockensubstanz – von 0,5 bis 10 Gew.-%.
II. 1. Der Gegenstand des Streitpatents geht nicht über den Inhalt der europäischen Patentanmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. c EPÜ).
Die Beklagte hat das Streitpatent mit folgendem einzigen Anspruch angemeldet:
„Verwendung von Copolymerisaten, die – bezogen auf das Gewicht der Polymerisate – 40 bis 90 % (Meth)Acrylsäure und 60 bis 10 % Maleinsäure als Monomereinheiten einpolymerisiert enthalten, beziehungsweise deren Alkali- oder Ammoniumsalze als Inkrustierungsinhibitoren in Waschmitteln.”
In der Beschreibung der Anmeldung wird ausgeführt (S. 3, Z. 15–18), daß man die Copolymerisate in an sich bekannter Weise durch Copolymerisation von Maleinsäureanhydrid mit (Meth)Acrylsäure in den angegebenen Mengenverhältnissen (berechnet als Maleinsäure) und anschließenden Verseifung erhält. In der durch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts aufrechterhaltenen Fassung des Patentanspruchs ist – neben anderen Änderungen und Ergänzungen – gegenüber der ursprünglich angemeldeten Fassung, bezogen auf die Polymerisate das Merkmal „die durch Copolymerisation von Maleinsäureanhydrid erhältlich sind” aufgenommen worden. Die Klägerin sieht hierin eine unzulässige Erweiterung des Gegenstands des Streitpatents über den Inhalt der Anmeldung hinaus, weil damit auch solche Polymerisate unter Schutz gestellt würden, die in einem anderen Verfahren als durch Copolymerisation von Maleinsäure erhältlich seien. Darin kann ihr nicht gefolgt werden.
Eine unzulässige Erweiterung eines europäischen Patents im Sinne von Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3, IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. c EPÜ beurteilt sich – nicht anders als im Falle eines deutschen Patents gem. § 22 Abs. 1 PatG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG – danach, ob Änderungen gegenüber dem gegeben sind, was der Fachmann mit durchschnittlichem Wissen und Können der Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als offenbart entnimmt. Maßgebend ist dabei nicht, was sich für den Fachmann allein aus dem Inhalt der ursprünglichen Patentansprüche ergibt, sondern der gesamte Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung (für ein deutsches Patent: vgl. Sen., Urt. v. 3.12.1991 – X ZR 101/89, GRUR 1992, 157, 158 – Frachtcontainer, m.w.N.).
Als Durchschnittsfachmann auf dem Gebiet des Streitpatents ist nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ein promovierter Chemiker anzusehen, der aufgrund seiner Ausbildung die Grundlagen der anorganischen, organischen und physikalischen Chemie beherrscht. Darüber hinaus besitzt er Kenntnisse auf dem Gebiet der makromolekularen Chemie oder allgemein der Polymerwissenschaft, und zwar was die Synthese von Polymeren und Copolymeren sowie deren gängige Charakterisierungsmethoden anbelangt. Er ist praktisch mit der Rezeptur von Waschmittelgemischen, insbesondere der Entwicklung von Phosphatsubstituten und phosphatfreien Waschmitteln in einem Forschungs- und Entwicklungslabor der waschmittelerzeugenden Industrie befaßt.
Die genannte Änderung des Gegenstands des Streitpatents liegt im Rahmen des ursprünglich Offenbarten. Der genannte Fachmann konnte den Anmeldungsunterlagen entnehmen, daß der Patentanspruch nicht festlegt, durch welches Verfahren die zu verwendenden Copolymerisate erhalten werden sollten. Angegeben ist allein das Verhältnis der genannten einpolymerisierten Monomereinheiten, die in den zu verwendenden Copolymerisaten enthalten sein sollen. Für den Durchschnittsfachmann ergibt sich daraus, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht hat, daß es für die Erfindung nicht darauf ankommt, durch welches Verfahren die zu verwendenden Copolymerisate gewonnen werden. Da der Beschreibung zudem an keiner Stelle zu entnehmen ist, daß Copolymerisate, die durch andere Verfahren als das angegebene hergestellt worden sind, von der erfindungsgemäßen Verwendung ausgeschlossen sein sollen, wird der Fachmann den in der Beschreibung enthaltenen Hinweis, wonach man die zu verwendenden Copolymerisate in an sich bekannter Weise durch Copolymerisation von Maleinsäureanhydrid mit (Meth)Acrylsäure in den angegebenen Mengenverhältnissen (berechnet als Maleinsäure) und anschließende Verseifung erhält, dahin verstehen, daß es nur auf ein bestimmtes Ergebnis ankommt, und daß das beschriebene Verfahren nur als ein mögliches Herstellungsverfahren genannt wird, das dieses erstrebte Ergebnis sicherstellen kann. Der Gegenstand des Streitpatents geht deshalb auch nach Aufnahme des in Rede stehenden Merkmals nicht über den Inhalt der Anmeldung hinaus.
2. Durch die Aufnahme des genannten Merkmals nach Patenterteilung ist auch der Schutzbereich nicht unzulässig erweitert worden (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 e) EPÜ).
Der Patentanspruch des Streitpatents ist in der Fassung erteilt worden, mit der er angemeldet worden ist. Die durch das erteilte Streitpatent unter Schutz gestellte Erfindung ist durch die spätere Aufnahme des Merkmals, daß die zu verwendenden Copolymerisate durch Copolymerisation von Maleinsäure mit (Meth)Acrylsäure und anschließender Verseifung erhältlich sein sollen, nicht unzulässig erweitert worden. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch zulässig, wenn dieses für den Fachmann als zu der im Patent unter Schutz gestellten Lehre gehörig zu erkennen gewesen ist (BGHZ 110, 123, 125 f. – Spleißkammer; Sen.Beschl. v. 30.10.1990 – X ZB 18/88, GRUR 1991, 307, 308). Die Aufnahme erweitert den Schutzbereich auch dann nicht, wenn dieser gegenüber der erteilten Fassung nicht beschränkt wird, sondern unverändert bleibt (vgl. EPA, T 271/84, ABl. 1987, 405 = GRUR Int. 1988, 248). Allerdings darf durch die Aufnahme des Merkmals an die Stelle der Erfindung, für die das Patent ursprünglich erteilt worden ist, kein davon wesensverschiedenes aliud treten (BGH, aaO; vgl. Sen.Urt. v. 7.2.1995 – X ZR 58/93, Umdr. S. 46 f.).
Das hier in den Anspruch aufgenommene Merkmal erfüllt diese Anforderungen. In der ursprünglich erteilten Fassung des Patentanspruchs wird die stoffliche Zusammensetzung der zu verwendenden Copolymerisate beschrieben. Das aus der Beschreibung stammende, in den Patentanspruch eingefügte Merkmal zeigt dem Fachmann ein mögliches Verfahren zur Herstellung der zu verwendenden Copolymerisate auf, ohne ihn auf in diesem Verfahren hergestellte Copolymerisate zu beschränken. Damit wird der Schutzbereich gegenüber der erteilten Fassung verdeutlicht und präzisiert, nicht aber erweitert. Die Erfindung, für die das Streitpatent ursprünglich erteilt worden ist, wird auch nicht durch eine andere ersetzt.
III. Die Erfindung ist auch so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ).
An der Ausführbarkeit eines Patents fehlt es, wenn darin nicht die Angaben enthalten sind, deren der Fachmann bedarf, um die technische Lehre auszuführen, für die Schutz beansprucht wird. Dabei ist es zwar nicht erforderlich, daß dem Fachmann das, was ihm bereits im Anmeldezeitpunkt an Fachkenntnissen und Fertigkeiten zur Verfügung steht, wiederholt wird (Sen., Urt. v. 8.12.1983 – X ZR 15/82, GRUR 1984, 272, 273 – Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung). Ein Unterscheidungsparameter für einen Stoff muß jedoch so eindeutig angegeben werden, daß er für den Fachmann feststellbar ist (Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 34 PatG Rdn. 284).
Im Patentanspruch des Streitpatents in der aufrechterhaltenen Fassung werden die Copolymerisate, die als Phosphatersatzstoffe mit inkrustierungsinhibierender Wirkung in Waschmitteln in bestimmten Mengen bezogen auf die Trockensubstanz verwendet werden sollen, durch zwei Parameter näher bestimmt. In Merkmal 4 wird der Bereich der Comonomer-Zusammensetzung festgelegt, indem dort angegeben ist, wieviel Gewichts-% (Meth)Acrylsäure und Maleinsäure die Copolymerisate im verseiften Zustand enthalten sollen. Nach den Erläuterungen des Sachverständigen, denen die Klägerin nicht entgegengetreten ist, sind dem Durchschnittsfachmann verschiedene Methoden bekannt, die gewichtsmäßige Zusammensetzung eines Copolymers mit hinreichender Genauigkeit zu ermitteln. Damit ist dieser Teil der technischen Lehre des Streitpatents so hinreichend deutlich und vollständig offenbart, daß er vom Fachmann ausgeführt werden konnte.
Der Fachmann ist aufgrund des im Streitpatent Offenbarten auch – jedenfalls anhand von Versuchen – in der Lage, den K-Wert (Eigenviskosität) der Copolymere in unverseiftem Zustand zu bestimmen, der nach Merkmal 3 im Bereich von 10 bis 40 (bestimmt nach Fikentscher in Methylethylketon bei 25°C) liegen soll. Bereits am Prioritätstag war der Fachwelt bekannt, daß die Eigenviskosität besonders zur Kennzeichnung technischer Polymeren benutzt wird. Der Fachmann war auch an sich in der Lage, den K-Wert von Copolymeren mit Hilfe der von Fikentscher vorgeschlagenen Viskositätsgleichung zu ermitteln. Dazu benötigte er – folgte er der jüngeren Literatur (etwa Hoben-Weyl, Die Methoden der organischen Chemie, 1961, S. 83) – neben dem Lösungsmittel und der Temperatur auch die Konzentration, wenn er den K-Wert genau definieren wollte. Hielt er sich hingegen an die ältere Literatur (etwa Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, 3. Aufl., 1963, S. 111), so war die Bestimmung des K-Wertes auch ohne die Angabe der Konzentration möglich, weil hiernach der K-Wert eine von der Konzentration unabhängige, für ein bestimmtes Hochpolymer eigentümliche Konstante und das Maß für mittlere Kettenlänge ist. Wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung in Ergänzung seiner schriftlichen Ausführungen überzeugend ausgeführt hat, konnte der Fachmann beim Nacharbeiten am Prioritätstag auch ohne Angabe der Konzentration jedenfalls zu sinnvollen Ergebnissen kommen. Der Fachmann wußte nämlich, daß die Aussagekraft des K-Wertes zur Charakterisierung der mittleren Länge, d.h. des Molekulargewichts eines (Co)Polymeren unter anderem von der vollständigen Löslichkeit des zu analysierenden (Co)Polymeren in dem gewählten Lösungsmittel und bei der angegebenen Temperatur abhängt. Ihm war auch bekannt, daß er bei einer angenommenen Konzentration von 1 % jedenfalls dann zu einer für die K-Wert-Messung geeigneten Lösung kommen konnte, wenn er die Polymerisationsbedingungen entsprechend seinem Fachwissen so steuerte, daß der unlösliche langkettige Anteil gering blieb und die Messung nicht mehr wesentlich beeinflußte. Dem Fachmann war es damit aufgrund seines Fachwissens und seines Fachkönnens möglich, wenn auch nicht in den Randbereichen, wohl aber im mittleren Bereich des K-Wertes von 15 bis 35 Copolymerisate zu finden, die der Lehre des Streitpatents entsprachen.
Dagegen sprechen auch nicht die Versuche, die die beiden Parteigutachter Prof. Dr. H. im Auftrag der Klägerin und Prof. Dr. A. im Auftrag der Beklagten, in Anlehnung an Beispiel 3 der deutschen Offenlegungsschrift 23 49 643 mit unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der Löslichkeit der Copolymerisate durchgeführt haben. Wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat, bedeuten die von den Gutachtern gefundenen Ergebnisse lediglich, daß je nach Wahl der Versuchsbedingungen Copolymerisate mit einem erfindungsgemäßen K-Wert gefunden werden konnten oder auch nicht.
IV. Der Gegenstand des Patentanspruchs des Streitpatents in der Fassung der Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 6. Mai 1992 ist neu (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 52 Abs. 1, 54, 138 Abs. 1 lit. a EPÜ). In keiner der in das Verfahren eingeführten Druckschriften ist er vollständig vorbeschrieben.
1. Die deutsche Offenlegungsschrift 28 16 770, die unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik bildet, lehrt den Fachmann, daß beim Waschen von Textilien die Reinigungswirkung gesteigert und die Belagbildung in der Waschmaschine und auf dem Gewebe vermindert werden kann, wenn Waschmittel eingesetzt werden, die phosphorhaltige Gerüststoffe und zusätzlich ein mehrkomponentiges Hilfsgerüstsystem enthalten.
a) Als Hilfsgerüststoffe werden in Anspruch 1 geringe Mengen aus einem Gemisch aus einer Polyphosphorsäure oder einem Salz davon und einer homo- oder copolymeren Polycarbonsäure oder eines Salzes davon genannt. Der Fachmann erfährt aus der Offenlegungsschrift (S. 27 f.), daß er die Polycarbonsäuren durch Copolymerisation von Maleinsäureanhydrid mit einem ungesättigten Comonomeren und anschließender Verseifung (Hydrolyse der polymerisierten Maleinsäureanhydrideinheiten zur Säureform) erhalten und daß er als geeignetes ungesättigtes Comonomer Acryl- oder (Meth)Acrylsäure verwenden kann. In Patentanspruch 18 und auf S. 27 der Offenlegungsschrift wird beschrieben, daß Verbindungen der Formel (b)
R2
I
H2C C COOR3
geeignete polymerisierbare, ungesättigte Monomere sind. Dem Fachmann wird dazu erläutert, daß R(2) für Wasserstoff oder Methyl und R(3) für Wasserstoff oder einen Alkylrest mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen stehen, wobei R(2) und R(3) gegebenenfalls Hydroxyl-substituiert sein können. Aufgrund seines Fachwissens erkannte er, daß damit für den Fall, daß R(3) Wasserstoff ist, allein zwei Säuren definiert sind, nämlich Acrylsäure, wenn R(2) Wasserstoff ist, und Methacrylsäure, wenn R(2) Methyl ist. Acrylsäure und Methacrylsäure fallen demnach nicht nur als eine von vielen Verbindungen unter die in der Entgegenhaltung vorveröffentlichte Formel (b). Vielmehr sind diese Säuren für den Fachmann so hinreichend individualisiert, daß er darin ein für die Polymerisation mit Maleinsäureanhydrid geeignetes ungesättigtes Comonomer erkennen kann. Zudem wird ihm auf S. 29 in den letzten beiden Zeilen der Entgegenhaltung mitgeteilt, daß die Acryl-Maleinsäurecopolymeren aus Monomeren der genannten Gruppe vorzugsweise mit Methylacrylat oder Methylmethacrylat gebildet werden. Dadurch wird der Fachmann – wie der Sachverständige bei seiner Anhörung überzeugend erläutert hat – in seiner aus Anspruch 18 und der entsprechenden Stelle in der Beschreibung gewonnenen Erkenntnis bestärkt, als geeignetes ungesättigtes Comonomer für die Copolymerisation mit Maleinsäureanhydrid Acrylsäure oder (Meth)Acrylsäure zu verwenden.
Im Patentanspruch 18 und in der erläuterten Beschreibung auf S. 28 ist offenbart, daß das Molekulargewicht der Copolymerisate, zu denen auch die erwähnten (Meth)Acrylsäure-Maleinsäure-Copolymere gehören, in der unneutralisierten Säureform im allgemeinen Bereich von etwa 500 bis 2.000.000 liegt. In diesen Molekulargewichtsbereich fällt der im Patentanspruch des Streitpatents für die unverseiften (Meth)Acrylsäure-Maleinsäureanhydrid-Copolymerisate vorgesehene K-Wert-Bereich von 10 bis 40. Denn nach dem – unstreitigen – Vorbringen der Beklagten entspricht dieser einem Molekulargewichtsbereich von 15.000 bis 290.000.
b) Gleichwohl meint die Beklagte Merkmal 3 sei durch die Offenlegungsschrift nicht vorweggenommen. Beim Streitpatent handele es sich um ganz bestimmte Copolymerisate, deren Eigenschaften sich mit Änderung des Molekulargewichts auch erheblich änderten. Für die im Streitpatent beanspruchten Zwecke sei jedenfalls nur ein spezieller, kleiner Molekularbereich geeignet. Dieser Bereich sei der Offenlegungsschrift nicht zu entnehmen, schon gar nicht in Verbindung mit den übrigen Anspruchsmerkmalen.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Sie steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zum Offenbarungsgehalt numerisch definierter Bereichsangaben. Danach stellt die Nennung eines Mengenbereichs – nichts anderes kann für eine Gewichtsbereichsangabe gelten (vgl. Rogge, GRUR 1996, 931, 939), wie sie auch hier in Rede steht – eine vereinfachte Schreibweise der zahlreichen möglichen, zwischen dem unteren und dem oberen Grenzwert liegenden Zwischenwerte dar (Sen.Beschl., BGHZ 111, 21, 27 – Crackkatalysator; BGHZ 118, 210, 217 – Chrom-Nickel-Legierung). Das hat im Regelfall zur Folge, daß sämtliche Zwischenwerte als offenbart anzusehen sind. Ob bestimmte Teilbereiche als vorteilhaft, zweckmäßig oder bevorzugt gekennzeichnet sind, ist demgegenüber ohne Bedeutung.
Der Senat vermag sich auch nicht der Rechtsprechung des Europäischen Patentamts anzuschließen, wonach es bei Neuheitsprüfung und Prüfung des Offenbarungsgehalts einer Veröffentlichung für den Fall, daß sich der numerisch definierte beanspruchte Bereich mit einem bereits bekannten weiteren Bereich deckt oder überschneidet, darauf ankommen soll, ob der Fachmann unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Gegebenheiten ernsthaft erwägen würde, die technische Lehre des bekannten Dokuments im Deckungs- oder Überschneidungsbereich anzuwenden (ETA, T 26/85, ABl. EPA 1990, 22 = GRUR Int. 1990, 464 – Dicke magnetische Schichten; T 279/89, S. 10; T 666/89, ABl. EPA 1993, 495, 502 f. = GRUR Int. 1994, 59, 61 – Waschmittel; T 255/91, ABl. EPA 1993, 318, 324 – Priorität; T 631/92, S. 18). Denn die umfassende numerische Bereichsangabe des bekannten Dokuments enthält grundsätzlich auch eine gleichermaßen umfassende Offenbarung aller denkbaren Unterbereiche. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen nur unter besonderen vom Anmelder näher darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden Umständen in Betracht (Rogge, aaO). Einer Prüfung, ob der Fachmann den weiteren Angaben in der Offenlegungsschrift gerade in den in Merkmal 3 beanspruchten Molekulargewichtsbereich der (Meth)Acrylsäure-Maleinsäureanhydrid-Copolymere als für die Zwecke des Streitpatents geeignet entnehmen konnte, bedarf es infolgedessen nicht. Es genügt, daß dieser Bereich von dem in Anspruch 18 und auf S. 28 der Beschreibung genannten Molekulargewichtsbereich mit umfaßt wird.
c) Der Offenlegungsschrift ist ferner zu entnehmen (S. 26), daß die Polycarboxylmonomere in dem Copolymeren mindestens etwa 33 und besonders bevorzugt mindestens etwa 45 Mol-% der Monomere im Polymer ausmachen sollen. Ein Copolymerisat, das aus 33 Mol-% des Polycarboxylmonomeren Maleinsäure und im übrigen (67 Mol-%) Acrylsäure besteht, enthält nach den Feststellungen des Sachverständigen 44,2 Gew.-% Maleinsäure und 55,8 Gew.-% Acrylsäure; bei einem Copolymer aus 45 Mol-% Maleinsäure und 55 Mol-% Acrylsäure ergibt sich ein Anteil von 56,9 Gew.-% Maleinsäure und von 43,1 Gew.-% Acrylsäure. Diese Werte fallen in dem im Streitpatent in den Merkmalen 4 bis 4.2 beanspruchten Bereich.
d) In Patentanspruch 1, auf den Patentanspruch 18 rückbezogen ist, sowie auf S. 21 der Beschreibung ist vorgesehen, daß die copolymere Carbonsäure, mithin auch das (Meth)Acrylsäure-Maleinsäure-Copolymerisat, in dem Waschmittel mit einem Anteil von bis zu 4 Gew.-%, bezogen auf die Trockensubstanz, enthalten ist. Dieser Anteil ist überwiegend identisch mit der Gewichtsangabe in Merkmal 5 des Streitpatents.
e) Entsprechend dem Gegenstand des Streitpatents befaßt sich die deutsche Offenlegungsschrift auch mit der Verwendung von Copolymerisaten in Waschmitteln mit inkrustierungsinhibierender Wirkung (Merkmal 1.1). Zwar ist diese Wirkung nicht ausdrücklich in der Entgegenhaltung beschrieben. Der Fachmann entnimmt diese aber aufgrund seines Fachwissens dem Zusammenhang der Beschreibung. In dieser wird ausgeführt, daß die erfindungsgemäßen Waschmittel im allgemeinen Phosphor in geringer Menge enthielten als ein Waschmittel mit 45 % Natriumpolyphosphat. In Waschmitteln mit niedrigem Phosphatgehalt liege jedoch vorzugsweise ein Phosphorgehalt von weniger als dem Äquivalent von 30 und insbesondere von 20 % Natriumtripolyphosphat vor. Da der Fachmann weiß, daß die Gefahr der störenden Anhaftung von Feststoffen am Waschgut und in der Waschmaschine steigt, je niedriger der Phosphatgehalt im Waschmittel ist, zieht er, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend erklärt hat, hieraus den Schluß, daß bei einem – im Vergleich zu herkömmlichen Waschmitteln – phosphatarmen Waschmittel durch die zusätzliche Verwendung einer copolymeren Polycarbonsäure oder deren Salze als Hilfsgerüststoff der Anhaftung entgegengewirkt werden könne, also eine inkrustierungsinhibierende Wirkung eintrete.
f) Gleichwohl werden nicht alle Merkmale des Streitpatents durch die deutsche Offenlegungsschrift 28 16 770 neuheitsschädlich vorweggenommen. Anders als beim Streitpatent, das nach Möglichkeit auf die Verwendung von Phosphaten verzichten möchte, gibt die Offenlegungsschrift keinen Hinweis dahin, daß durch die Verwendung von bestimmten Copolymerisaten Phosphate ersetzt werden können. Vielmehr schlägt die Druckschrift vor, Orthophosphat-, Pyrophosphat- oder Tripolyphosphatsalze einzusetzen, wobei diese im fertigen Produkt in einer Menge von etwa 1 bis etwa 70 Gew.-% als Gerüststoff, vorzugsweise von etwa 5 bis etwa 50 Gew.-% vorhanden sein sollen (Anspruch 1 und S. 18). Zwar ist der Offenlegungsschrift nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen bereits der Gedanke zu entnehmen, die als störend empfundenen Phosphate zu verringern. Auf den S. 8 und 9 der Beschreibung wird ausgeführt, Ortho- und Pyrophosphate hätten in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, weil bei höheren Gehalten an Natriumtriphosphat der Verdacht aufgetreten sei, daß lösliche Phosphationen die Eutrophierung von Gewässern beschleunige. Ortho- und Pyrophosphate wirkten als Waschmittelgerüststoffe, jedoch durch Ausfällung der Härteionen in Form unlöslicher Phosphate, während Natriumpolyphosphat die Ionen komplex in Lösung halte. Indem man die Waschkraft durch diesen Ausfällungsmechanismus unterstütze, würden unerwünschte Effekte erzielt. Da die Ablagerungen von unlöslichen Phosphaten auf den zu waschenden Geweben oder auf den Oberflächen der Waschmaschine unerwünscht seien, weil der Niederschlag zu Vergrauungen des Waschgutes und zu hartem Griff führe, seien zahlreiche Waschmittelhersteller dazu übergegangen, diese Stoffe zu vermeiden und statt dessen Tripolyphosphate zu verwenden.
Hier werden demnach unlösliche Phosphate durch lösliche Phosphate ersetzt. Hingegen geht es nicht wie beim Streitpatent darum, störende Phosphate ohne Einbuße der Qualität des Waschmittels durch andere Stoffe zu ersetzen. Die deutsche Offenlegungsschrift gibt dem Fachmann vielmehr die Anweisung, Copolymerisate beizufügen, wenn die im Waschmittel vorhandenen Phosphate nicht ausreichen, um die störende Inkrustierung zu verhindern.
2. Auch die deutsche Offenlegungsschrift 14 67 656 nimmt die Lehre des Streitpatents nicht neuheitsschädlich vorweg. Gegenstand dieser Druckschrift sind Reinigungs- und Waschmittel mit Polyelektrolyt-Aufbaustoffen (Builders), die zur Steigerung des Reinigungsvermögens von Detergentien dienen. Es soll insbesondere eine neue verbesserte Klasse von höchstwirksamen Polyelektrolyt-Aufbaustoffen aus wasserlöslichen Salzen von (Co)Polymeren aliphatischer Polycarbonsäuren bereitgestellt werden (S. 3, Abs. 2).
a) Für den Fachmann ergibt sich aus der Beschreibung der Entgegenhaltung, daß er den offenbarten Polyelektrolyt-Aufbaustoff auch als Phosphatersatzstoff verwenden kann (Merkmal 1). Ihm wird darin erläutert, daß ein sehr bedeutender Beitrag der Erfindung darin bestehe, daß ein verbessertes flüssiges Reinigungsmittel möglich gemacht werde, welches ein Reinigungsvermögen besitze, das einem flüssigen Produkt mit Natriumtripolyphosphat-Aufbaustoff entspreche oder ihm sogar überlegen sei, ohne daß das durch Natriumpolyphosphat bedingte lästige Stabilitätsproblem in Erscheinung trete (S. 20 Abs. 2). Daß der Ersatzstoff wie Phosphat Inkrustierungen vermeiden muß, ist in der Druckschrift nicht ausdrücklich angesprochen. Der Fachmann, dem das Problem der Einlagerungen unlöslicher Salze bekannt ist, wird aber den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zufolge aus der in der Offenlegungsschrift genannten Zielsetzung, ein phosphatfreies Waschmittel zur Verfügung stellen, mangels gegenteiliger Anhaltspunkte den Schluß ziehen, daß mit dem Einsatz von Polyelektrolytbaustoffen als Phosphatersatzmittel die bekannten positiven Eigenschaften der Phosphate, insbesondere deren inkrustierungsinhibierende Wirkung im Waschmittel gleichwohl erreicht werden (Merkmal 1.1). Ob sich der Fachmann entsprechende Erwartungen bewußt machte, wäre letztlich aber auch nicht entscheidend, da sich mit einem Einsatz von Copolymerisaten nach der Lehre des Streitpatents in Waschmitteln entsprechend der Lehre des Streitpatents die patentgemäße inkrustierungsinhibierende Wirkung von selbst ergibt.
b) In der Offenlegungsschrift wird dem Fachmann empfohlen, die Polymerisate dadurch herzustellen, daß Derivate oder Vorläufer der Carbonsäuregruppen enthaltenden Monomere, etwa in Form von Anhydriden, zu den gewünschten Polymerisaten polymerisiert werden. Diese Vorläufer sollen durch entsprechende chemische Umsetzung in die Carbonsäuresalze umgewandelt werden (S. 8). Für den Fachmann, der aufgrund seines Fachwissens erkennt, daß Verseifen eine Art der chemischen Umsetzung ist, ergibt sich daraus die in den Merkmalen 2 bis 2.2 des Streitpatents beschriebene Herstellungsweise.
Der Fachmann entnimmt der Druckschrift weiter, daß als Polyelektrolyt-Aufbaustoff auch Copolymerisate aus (Meth)Acrylsäure und Maleinsäureanhydrid in Betracht kommen. Zwar geht aus der Schrift nicht hervor, daß diese Copolymerisate Mittel der Wahl sind, zumal sie in den Beispielen nicht genannt sind. Der Fachmann wird beide Säuren aber in seine Überlegungen einbeziehen, weil sie parate Mittel sind, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat.
c) Der Molekulargewichtsbereich für die in der Entgegenhaltung offenbarten Polymerisate soll zwischen 350 und 3.500.000, bevorzugt zwischen 500 bis etwa 175.000 liegen (S. 12 Abs. 3). In diesen Molekulargewichtsbereich fällt auch der nach der technischen Lehre des Streitpatents für die unverseiften (Meth)Acrylsäure-Maleinsäureanhydrid-Copolymerisate vorgesehene K-Wert-Bereich von 10 bis 40, weil dieser einem Molekulargewichtsbereich von 15.000 bis 290.000 entspricht (Merkmal 3).
d) Offenbart sind ferner der im Streitpatent (Merkmale 4–4.2) beanspruchte Bereich. Nach Anspruch 1 (c) der Offenlegungsschrift sollen mindestens 45 Mol-% das Polymerisat ausmachenden Monomeren des Aufbaustoffes aliphatische Polycarbonsäuren mit mindestens zwei Carboxylresten, welche voneinander durch nicht mehr als 2 Kohlenstoffatome getrennt sind, aufweisen. Im Falle von (Meth)Acrylsäure-Maleinsäure-Polymerisaten sind dies mindestens 45 Mol-% (Meth)Acrylsäure, was mindestens 34 Gew.-% Acrylsäure und 66 Gew.-% Maleinsäure bzw. mindestens 38 Gew.-% Methacrylsäure und 62 Gew.-% Maleinsäure entspricht.
e) Hingegen fehlen in der Entgegenhaltung Angaben zur Menge des Ersatzstoffes (Merkmal 5). Wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung in Ergänzung seiner Ausführungen im schriftlichen Gutachten (S. 58) klargestellt hat, läßt die deutsche Offenlegungsschrift 14 67 656 die erforderliche Menge des Polyelektrolyt-Aufbaustoffes in dem Waschmittel offen.
3. Nicht neuheitsschädlich vorweggenommen wird der Gegenstand des Streitpatents durch die deutsche Offenlegungsschrift 23 49 643, die ein Verfahren zur Herstellung rieselfähiger Alkalisalze polymerer Carbonsäure betrifft.
Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zeigt diese Entgegenhaltung zwar in Beispiel 3 auf den S. 5 f. ein Verfahren zur Herstellung eines Natriumcopoly-Acrylat-Maleinats wie es auch nach der technischen Lehre des Streitpatents durchgeführt werden kann. Es kann auch angenommen werden, daß es sich hierbei um einen Phosphatersatzstoff handelt. Nach den dabei eingesetzten Comonomermengen enthält das Copolymer jedoch – wie auch die Klägerin einräumt – in verseiftem Zustand 37,8 Gew.-% Acrylsäure und 62,2 Gew.-% Maleinsäure. Das liegt außerhalb der in den Merkmalen 4.1 und 4.2 festgelegten Gewichtsverhältnisse. Zudem ergeben sich aus der Entgegenhaltung keine Angaben zur inkrustierungsinhibierenden Wirkung (Merkmal 1.1), so daß nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, daß sie tatsächlich vorhanden ist, und ferner keine Angaben zum K-Wert der Copolymerisate wie sie in Merkmal 3 vorgesehen sind oder zum Mol-Gewicht. Auch die Menge, in der die Copolymerisate – bezogen auf die Trockensubstanz des Waschmittels – verwendet werden sollen, ist in der Offenlegungsschrift nicht festgelegt.
Dagegen spricht nicht, daß der Gutachter der Klägerin, Prof. Dr. H., beim Nacharbeiten des Beispiels 3 zu Ergebnissen gelangt ist, die im Bereich des Streitpatents liegen. Der gerichtliche Sachverständige hat überzeugend erläutert, daß der Gutachter das Beispiel 3 nicht genau nachgearbeitet, sondern die Menge geändert und das Lösungsmittel Benzol durch Toluol ersetzt hat. Dadurch sei er, so der Sachverständige, zwangsläufig zu höheren Mol-Gewichten gelangt. Allerdings könnte es sein, was ohne Nacharbeitung nicht sicher festzustellen sei, daß auch bei Verwendung von Benzol als Lösungsmittel die Ergebnisse im Bereich des Streitpatents lägen. Jedenfalls vermittelten die Anweisungen des Beispiels 3 dem Fachmann ohne Kenntnis des Streitpatents keine Vorstellung dahin, in welche Richtung er arbeiten müsse, um zu den Ergebnissen des Streitpatents zu gelangen. Deshalb überzeugt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten den Senat nicht.
4. Der Neuheit des Gegenstands des Streitpatents steht auch nicht die europäische Patentschrift 0 009 954 entgegen, die mit einer Priorität vom 30. Oktober 1978 angemeldet, aber erst nach Anmeldung des Streitpatents veröffentlicht worden ist und deshalb nur bei Beurteilung der Neuheit berücksichtigt werden kann.
a) Die Erfindung betrifft pulverförmige Detergentienzusammensetzungen, die zum Waschen von Textilien geeignet sind und die bestimmte synthetische detergensaktive Verbindungen zusammen mit gemischten Phosphatdetergensbildnern enthalten. Unter Beibehaltung der Vorteile von klassischen phosphathaltigen Waschmitteln bzw. im Phosphatgehalt bereits reduzierten neueren Waschmittelzusammensetzungen soll durch ihre Zusammensetzung eine verminderte Abscheidung von anorganischen Salzen auf dem Waschgut und auf den Oberflächen von Waschmaschinen bewirkt werden. Das Problem, die anorganischen Abscheidungen, nach den Ausführungen in der Patentschrift im wesentlichen Calciumpyro- und Orthophosphat (S. 4 Z. 5–10 der Übers.), bei Verwendung von bereits relativ triphosphatarmen Detergentienzusammensetzungen (S. 2, Z. 21–25) zu vermeiden bzw. zu verringern, wird durch Verwendung von Alkalipolyphosphat und insbesondere durch polymere aliphatische Carboylate als die wirksamsten Antiabscheidungsmittel gelöst (S. 9 Z. 21–23). Die speziell bevorzugten Antiabscheidungsmittel sind Alkali- oder Ammonium-, bevorzugt Natriumsalze von Homo- und Copolymeren der Acrylsäure oder substituierten Acrylsäure und Salze der Copolymere als Maleinsäureanhydrid mit unter anderem Acrylsäure, allerdings anders als beim Streitpatent streng alternierend, insbesondere im Verhältnis 1: 1. Die Copolymere sollen ein relativ niedriges Molekulargewicht, etwa im Bereich von etwa 1.000 bis 5.000 haben (S. 10 Z. 9, 10); das Molekulargewicht liegt demnach außerhalb des Bereichs des Streitpatents. Angaben zum K-Wert fehlen. Der Mengenanteil Polyelektrolyt-Antiabscheidungsmittel an der Waschmittelmischung liegt zwischen 0,01 bis 10 Gew.-% (S. 9, Z. 23–27), und überschneidet damit im wesentlichen den Mengenbereich des Streitpatents. Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung auf Befragen der Beklagten überzeugend ausgeführt, abgesehen von den Unterschieden im molaren Verhältnis der Comonomereinheiten im Copolymer unterscheide sich die Lehre der europäischen Patentschrift vor allem dadurch vom Gegenstand des Streitpatents, daß sie den Ersatz eines Phosphates durch ein anderes lehre.
b) Dieses Ergebnis entspricht der Beurteilung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts, die in ihrer Entscheidung vom 6. Mai 1992 (T 252/90) ebenfalls die Neuheitsschädlichkeit der europäischen Patentanmeldung EP-A 0 009 954 verneint hat. Die Beschwerdekammer hat dies damit begründet, die Entgegenhaltung lehre ganz generell die Verwendung von Acrylsäure-Maleinsäure-Copolymeren als Inkrustierungsinhibitoren, so daß die Lehre des Streitpatents als eine Auswahl aus jener allgemeinen Lehre anzusehen sei. Diese Auswahl begründe hier auch die Neuheit der Lehre des Streitpatents, da sie mit dem Merkmal „molarer Acrylsäureüberschuß” dem Bekannten, das heißt der Lehre aus der europäischen Entgegenhaltung, ein neues Element hinzufüge und so den Stand der Technik bereichere.
Es kann dahinstehen, ob die europäische Patentanmeldung eine allgemeine Lehre zur Verwendung der streitgegenständlichen Copolymere als Antiablagerungsstoffe lehrt. Der gerichtliche Sachverständige hat darauf hingewiesen, daß eine besondere Eignung der Copolymeren aus (Meth)Acrylsäure und Maleinsäureanhydrid in der europäischen Patentanmeldung nicht speziell hervorgehoben wird, sondern diese Copolymere nur im Kontext als effiziente und speziell bevorzugte Antiablagerungsstoffe in relativ phosphatarmen Waschmitteln genannt sind (S. 10 Z. 1–7 der Übers.). Unabhängig hiervon ist der Gegenstand des Streitpatents gegenüber der europäischen Druckschrift schon deshalb neu, weil der beanspruchte Bereich des molaren Verhältnisses der Comonomere im Copolymer über den Bereich des streng alternierenden molaren Verhältnisses 1: 1, wie es in der europäischen Patentanmeldung offenbart ist, hinausgeht. Insoweit enthält die Lehre des Streitpatents einen Überschuß, der die Neuheit begründet.
5. Die japanische Offenlegungsschrift 53–144499 führt nicht über den bereits erörterten Stand der Technik hinaus. Die weiter in dem Verfahren eingeführten Druckschriften, die US-amerikanischen Patentschriften 3,846,325 und 3,635,915, liegen weiter ab und bedürfen deshalb in diesem Zusammenhang keiner Erörterung.
V. Nach dem Inhalt der mündlichen Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme beruht das Streitpatent in der vornehmlich verteidigten Fassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).
Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, ist mit dem gewachsenen Umweltbewußtsein und den damit einhergehenden Ursachenanalysen von Umweltbelastungen die Gefahr der Eutrophierung von Gewässern durch den Phosphatgehalt der Waschmittel erkannt worden. Die waschmittelerzeugende Industrie hat deshalb große Anstrengungen unternommen, geeignete Zusatz- oder Ersatzstoffe zu entwickeln, die bei gleicher hoher Waschwirkung wie die herkömmlichen, hoch phosphathaltigen Waschmittel geeignet sind, Umweltprobleme zu vermeiden. Bei der Suche nach Phosphatsubstituten und der Entwicklung möglichst phosphatfreier Waschmittel mußte berücksichtigt werden, daß die in herkömmlichen Waschmitteln enthaltenen relativ billigen Phosphate, insbesondere Triphosphat, sowohl als „Builder” (Aufbaustoffe) über Komplexierungsvermögen zum Binden der Härtestoffe des Wassers verfügen und die Reinigungswirkung von Detergentien verstärken, als auch als Sekundärwaschmittel Ablagerungen (Inkrustierungen) von anorganischen, im Wasser unlösbaren Salzen auf dem Waschgut und in der Waschmaschine verhindern.
Vor diesem Hintergrund schlagen die oben erörterten Druckschriften dem Fachmann vor, ausgehend von der herkömmlichen Waschmittelformulierung und unter Beibehaltung der bisherigen Qualität den Phosphatgehalt so weit wie möglich zu minimieren, indem entweder Phosphate durch Ersatzstoffe ersetzt oder Zusatzstoffe beigefügt werden, die sowohl die Reinigungswirkung von Detergentien verstärken, als auch als Sekundärwaschmittel Ablagerungen verhindern. Dies legte es nahe, den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs entsprechende Copolymerisate, wie sie bereits der DE-OS 28 16 770 als Zusatzmittel zu entnehmen waren, wie im Streitpatent vorgeschlagen als Phosphatersatzmittel zu verwenden und damit den Schritt zu vollziehen, den in Anbetracht des im Rahmen der Neuheitsprüfung Festgestellten ein von dem nächstkommenden Stand der Technik ausgehender Fachmann nur noch ausführen mußte. Nach den Angaben des Sachverständigen war nämlich nicht nur das Problem der Inkrustierungsinhibierung bei phosphatarmen Waschmitteln evident. Auch der im Streitpatent als außerordentlich überraschend dargestellte Befund, daß Copolymerisate derart sprunghafte Änderungen in den Eigenschaften zeigten, nachdem die Homopolymerisate ihrer Bausteine wesentlich schlechtere Wirkung hätten, sei für den Durchschnittsfachmann mit Basiskenntnissen auf dem Polymergebiet nichts Neues gewesen. Die Verwendung von Copolymeren sei eine probate Variante gewesen, bestimmte Eigenschaftsverbesserungen bei Waschmitteln zu erzielen, wobei als probate Zusatz- oder Ersatzstoffe im Stand der Technik gerade auch Copolymerisate aus (Meth)Acrylsäure und Maleinsäureanhydrid bekannt gewesen seien. Das Ergebnis, zu dem der Sachverständige aufgrund seines schriftlichen Gutachtens gekommen und von dem er auch bei der Befragung im Termin nicht abgerückt ist, nämlich, daß von dem entgegengehaltenen vor dem Prioritätsdatum veröffentlichten Stand der Technik her zur Auffindung der Lehre des Anspruchs des Streitpatents in der vorrangig verteidigten Fassung keine besonderen Schwierigkeiten zu überwinden gewesen seien, überzeugt aber auch dann, wenn man auf die Leistung abstellt, die von einem Fachmann gefordert war, der eine Verbesserung ausgehend von der DE-OS 14 67 656 suchte, die bestimmte Polyelektrolyt-Aufbaustoffe mit den genannten Wirkungen als Phosphatersatzstoffe in Waschmitteln vorschlägt und sämtliche Merkmale des Streitpatents mit Ausnahme des dort beanspruchten Mengenbereichs verwirklichte. Er mußte lediglich noch ermitteln, in welchen Mengen er Ersatzstoffe bei gleichzeitiger Reduzierung des Phosphatanteils zufügen mußte. Das konnte unter Berücksichtigung einschlägiger Veröffentlichungen und unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens durch einfache Versuche festgestellt werden. Anregungen fanden sich in der DE-OS 28 16 770, die einen Anteil bis 4 Gew.-% vorschlägt. Dem steht nicht entgegen, daß sich diese Schrift nicht mit Ersatzstoffen, sondern mit Zusatzstoffen befaßt. Wie ausgeführt würde der Fachmann auf der Suche nach geeigneten Vorbildern auch alternativen Stand der Technik in seine Überlegungen einbezogen haben, soweit die Entgegenhaltung ebenfalls erkennbar von der Problemstellung einer Minimierung des als schädlich angesehenen Phosphatgehalts ausgeht. Da es den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zufolge auch keine eingefahrenen technischen Fehlvorstellungen gab, welche die Fachwelt gehindert haben könnten, in der erörterten Weise vorzugehen, beruht mithin der hauptsächlich verteidigte Patentanspruch nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
VI. Mit Hilfsantrag zu 1 verteidigt die Beklagte das Streitpatent in der erteilten Fassung mit dem Unterschied, daß die Copolymerisate Monomereinheiten in verseiftem Zustand, bezogen auf das Gewicht der Polymerisate, 45 bis 85 % (Meth)Acrylsäure und 55 bis 15 % Maleinsäure als Monomereinheiten enthalten (Merkmal 4).
Dieser bevorzugte Bereich ist zwar in der Beschreibung der Streitpatentschrift (S. 2, Z. 44 u. 45) offenbart. Diese Beschränkung ist aber vorbekannt und kann erfinderische Qualität nicht begründen.
Aus der deutschen Offenlegungsschrift 14 67 656 ist ein Verhältnis der Monomereinheiten von mindestens 34 Gew.-% Acrylsäure und entsprechend höchstens 66 Gew.-% Maleinsäure bzw. von 38 Gew.-% Methacrylsäure und höchstens 62 Gew.-% Maleinsäure bekannt. In diesen Bereich fällt auch die von der Beklagten beanspruchte Gewichtsverteilung.
VII. 1. Hingegen hat das Streitpatent im Umfang des Hilfsantrags zu 2 Bestand. Die Beklagte verteidigt mit diesem das Streitpatent in folgender Fassung:
Verwendung von Copolymerisaten, die durch Copolymerisation von Maleinsäureanhydrid mit (Meth)Acrylsäure und anschließende Verseifung erhältlich sind, in unverseiftem Zustand einen K-Wert von 10 bis 40, bestimmt nach Fikentscher in Methylethylketon bei 25°C, aufweisen und im verseiften Zustand – bezogen auf das Gewicht der Polymerisation – 45 bis 85 % (Meth)Acrylsäure und 55 bis 15 % Maleinsäure als Monomereinheiten enthalten, oder deren Alkali- oder Ammoniumsalze als Phosphatersatzstoffe mit inkrustierungsinhibierender Wirkung in phosphatfreien Waschmitteln in einer Menge – bezogen auf Trockensubstanz – von 0,5 bis 10 Gew.-%.
Dieser Hilfsantrag unterscheidet sich von Hilfsantrag zu 1 und dem Patentanspruch in der erteilten Fassung dadurch, daß er auf die Verwendung der Copolymerisate in phosphatfreien Waschmitteln gerichtet ist. Die Verwendung in phosphatfreien Waschmitteln ist in der Beschreibung des Streitpatents (S. 1, Z. 27 bzw. 28) offenbart.
2. Das Streitpatent in der Fassung des Hilfsantrags zu 2 ist neu. Sämtliche oben erörterten Entgegenhaltungen betreffen phosphathaltige Waschmittel. Soweit in diesen auf phosphatfreie Stoffe hingewiesen wird, wie etwa in der deutschen Offenlegungsschrift 23 49 643, geht es um Ersatz- oder Zusatzstoffe, die zwar den Phosphatgehalt des Waschmittels mindern, nicht aber zur Phosphatfreiheit führen.
Der Neuheit des Streitpatents in der verteidigten Fassung des Hilfsantrags zu 2 steht auch nicht die US-amerikanische Patentschrift 3,846,325 entgegen, die eine völlig phosphatfreie, nicht umweltverunreinigende Waschmittelzusammensetzung betrifft und die neben anderen umweltfreundlichen Bestandteilen als eine Komponente eine biologisch abbaubare Anti-Wiederablagerungsverbindung enthält. Im Gegensatz zum Streitpatent handelt es sich dabei um eine völlig biologisch abbaubare Waschmittelmischung, bei der es weder um das Problem der Inkrustation noch um die Bereitstellung eines diese vermeidenden Mittels geht. Die in Spalte 5 Zeilen 58 bis 68 sowie in Anspruch 1 (Sp. 16, Z. 46–49) angeführten Anti-Wiederablagerungsmittel gehören von der chemischen Struktur her gesehen zu einer völlig anderen Substanzklasse als die im Streitpatent beschriebenen polymeren Polycarbonsäuren.
3. Dem Gegenstand des Streitpatents im Umfang des Hilfsantrags 2 kann auch nicht abgesprochen werden, daß er auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Der Senat hat sich aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem schriftlichen und mündlichen Gutachten nicht davon überzeugen können, daß die Lehre des Patentanspruchs in der nunmehr verteidigten Fassung dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens und Könnens durch den Stand der Technik nahegelegt war.
Die Fachwelt ging, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht hat, bei ihren Bemühungen, den als schädlich angesehenen Phosphatgehalt in Waschmitteln auf das notwendige Maß zu reduzieren, davon aus, daß Phosphate zur optimalen Reinigung erforderlich waren und man die mit der Reduzierung verbundenen Nachteile der Inkrustierung von unlöslichen Salzen auf Geweben und in der Maschine nur durch entsprechende Zusatz- oder Ersatzstoffe begegnen könne und müsse. Der Stand der Technik, insbesondere die deutsche Offenlegungsschrift 28 16 770, stellen keine phosphatfreien Waschmittel zur Verfügung, sondern halten Phosphat für unersetzlich und nehmen deshalb einen Phosphataustausch vor. Daß auch ohne Phosphate ein optimaler Reinigungserfolg und eine Inkrustierungsinhibierung durch Einsatz der patentgemäßen Copolymerisate möglich sein könnte, daß also die erfindungsgemäß verwendeten Copolymerisate in der Lage sein könnten, Phosphat völlig zu ersetzen, ergab sich für den Fachmann weder aus den erörterten Druckschriften des Standes der Technik noch aus der US-amerikanischen Patentschrift 3,846,325. Obwohl diese ein phosphatfreies Waschmittel vorschlägt, finden sich in der Schrift keine Formulierungen, aus denen der Fachmann einen Hinweis auf die im Streitpatent beschriebenen Inkrustierungsinhibitoren auf der Basis copolymerer Polycarbonsäuren erhalten könnte. Wenn auch, wie die Klägerin behauptet, zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bereits Bestrebungen bekannt waren, die in Rede stehenden Gerüststoffe nicht nur in phosphatarmen, sondern auch in phosphatfreien Waschmitteln zu verwenden (siehe G. Zeit in Chemikerzeitung, 1972, S. 685 u. DE-OS 23 49 643), so läßt sich hieraus nicht zur Überzeugung des Senats feststellen, daß es am Prioritätstag des Streitpatents für den Fachmann selbstverständlich war, die bekannten, für phosphatarme Waschmittelformulierungen beschriebenen Mengen der Copolymerisate auch in phosphatfreien Waschmitteln einzusetzen.
VIII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 110 Abs. 3 PatG, §§ 91, 92, 97 ZPO.
Unterschriften
Rogge, Jestaedt, RiBGH Frhr. v. Maltzahn ist erkrankt und verhindert zu unterschreiben Rogge, Scharen, Mühlens
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.12.1999 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556449 |
BGHR |
NJW-RR 2000, 991 |
GRUR 2000, 591 |
Nachschlagewerk BGH |
GRUR-Int. 2000, 770 |