Leitsatz (amtlich)
1. Sieht der Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft vor, daß der (Gesellschafter-)Geschäftsführer nur mit Zustimmung aller Gesellschafter abberufen werden kann, so ist dieses Erfordernis auf Grund einer Inhaltskontrolle nach BGB § 242 nichtig; es genügt die einfache Mehrheit.
2. Zum Recht der Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft, die Gesellschafterversammlung einzuberufen, wenn der dazu Verpflichtete eine entsprechende Aufforderung der Gesellschafter übergeht.
Orientierungssatz
Da im vorliegenden Fall die Gesellschaftsverträge nicht regeln, was gelten soll, wenn der Treuhänder eine Aufforderung zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung übergeht und diese entweder überhaupt nicht oder nicht unter Angabe der gewünschten Tagesordnungspunkte einberuft, hat das Berufungsgericht in rechtlich unbedenklicher Weise diese Lücke unter Heranziehung des Rechtsgedankens des GmbHG § 50 Abs 3 gefüllt.
Tatbestand
Der klagende Steuerberater und der Finanzkaufmann M. gründeten am 19. Dezember 1980 zwei Gesellschaften und am 15. März 1982 eine weitere Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu dem jeweiligen Zweck, eine stille Beteiligung an einer kanadischen Investmentgesellschaft zu erwerben. Die Gesellschaften waren auf den Beitritt weiterer Gesellschafter angelegt. Teil der Gesellschaftsverträge waren Treuhandverträge, in denen die Gesellschafter den Kläger beauftragten, die stillen Beteiligungen treuhänderisch für ihre Rechnung zu erwerben und zu verwalten. Im § 24 des Gesellschaftsvertrages ist die Dauer des Treuhandverhältnisses jeweils wie folgt geregelt:
Das Treuhandverhältnis endet mit der Auflösung der Gesellschaft. Eine Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt ist nur aus wichtigem Grund zulässig. Wird die Kündigung durch die Gesellschafter ausgesprochen, so bedarf sie der Zustimmung aller im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschafter.
Nach § 12 können die Gesellschafter die Kündigung des Treuhandverhältnisses nur mit 2/3 der abgegebenen Stimmen beschließen. Abgestimmt wird dabei gemäß § 13 Abs. 2 nach der Höhe der gezeichneten Einlagen.
M. ist an keiner, der Kläger an zwei dieser drei Gesellschaften finanziell beteiligt. Die beiden Beklagten sind allen drei Gesellschaften mit Beiträgen beigetreten. Eine Gesellschaft hat zwei weitere, die beiden anderen haben jeweils einen weiteren Gesellschafter.
Die kanadische Investmentgesellschaft, an der die drei Gesellschaften sich still beteiligen sollten, sollte ihrerseits Aktien von Grundstücksgesellschaften mit Sitz in New York erwerben, deren Appartementhäuser in Eigentumswohnungen umgewandelt und mit Gewinn verkauft werden sollten. Da jedoch die Satzungen der Grundstücksgesellschaften den Aktienerwerb durch kanadische Gesellschaften ausschlossen, wurde dem Kläger als Treuhänder ein Teil der Aktien übertragen, die nunmehr im wesentlichen das Vermögen der drei Gesellschaften darstellen. Da die Beklagten die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes und damit den Verlust der Aktien befürchteten, ist es zu Meinungsverschiedenheiten der Parteien darüber gekommen, ob und unter welchen Bedingungen der Kläger in den Gesellschafterversammlungen der Grundstücksgesellschaften für den Verkauf des Grundbesitzes stimmen sollte, um auf diese Weise größere Verluste zu vermeiden.
Nachdem der Kläger gegen den Verkauf gestimmt hatte und zu befürchten war, daß er dieses Abstimmungsverhalten wiederholen würde, forderten ihn die Beklagten mit Schreiben vom 3. Mai 1985 auf, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung mit dem Tagesordnungspunkt einer Kündigung des Treuhandverhältnisses einzuberufen, die noch vor dem 31. Mai 1985 beschlossen werden sollte. Mit Schreiben vom 14. Mai 1985 lud der Kläger die Gesellschafter zu Versammlungen am 3., 5. und 7. Juni 1985 ein, ohne die Kündigung des Treuhandverhältnisses auf die Tagesordnung zu setzen. Mit Schreiben vom 15. Mai 1985 lud der Beklagte zu 1 die Gesellschafter für den 29. Mai 1985 zu Gesellschafterversammlungen, in denen in Abwesenheit des Klägers und des nur an einer Gesellschaft beteiligten Gesellschafters Diedrich beschlossen wurde, die drei Treuhandverhältnisse aus wichtigem Grunde zu kündigen. Der Gesellschafter M., der mangels Kapitalbeteiligung von den Abstimmungen ausgeschlossen war, versagte seine Zustimmung und gab zu Protokoll, daß er die Kündigungen für unwirksam halte. Am 2. Juni 1985 wurde die Kündigung dem Kläger erklärt. Anläßlich der Gesellschafterversammlungen vom 3.,5. und 7. Juni 1985 beschlossen die Beklagten in Anwesenheit des Klägers nochmals, die Treuhandverhältnisse zu kündigen.
Der Kläger klagt auf Feststellung, daß die Treuhandverhältnisse durch die Kündigungen nicht aufgelöst worden sind, sondern fortbestehen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag weiter, die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Zurückverweisung.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts bestehen die Treuhandverhältnisse zwischen fort, weil die Kündigungen, obwohl von formwirksam geladenen Gesellschaftern beschlossen und dem Kläger gegenüber formgerecht erklärt, gleichwohl unwirksam seien; denn ihnen hätten, was nach § 24 der Gesellschaftsverträge erforderlich gewesen wäre, nicht alle im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschafter zugestimmt. Gegen das Erfordernis dieser Zustimmung wendet sich die Revision mit Recht.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß der Beklagte zu 1 die Gesellschafter ordnungsgemäß zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 29. Mai 1985 eingeladen hat und die in dieser Versammlung gefaßten Beschlüsse deshalb nicht wegen eines Einberufungsmangels nichtig sind. Nach § 11 der Gesellschaftsverträge lädt zur Gesellschafterversammlung nur der Treuhänder ein, der dazu allerdings verpflichtet ist, wenn Gesellschafter, die mindestens 25% der geleisteten Einlagen vertreten, es schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe beantragen. Die Gesellschaftsverträge regeln nicht, was gelten soll, wenn der Treuhänder eine solche Aufforderung übergeht und die Gesellschafterversammlung entweder überhaupt nicht oder nicht unter Angabe der gewünschten Tagesordnungspunkte einberuft. Diese Lücke hat das Berufungsgericht – rechtlich unbedenklich – dadurch gefüllt, daß es den Rechtsgedanken des § 50 Abs. 3 GmbHG herangezogen und das Einberufungsrecht den Gesellschaftern zuerkannt hat, die mit der vertraglich nötigen Kapitalbeteiligung den Treuhänder vergeblich dazu aufgefordert haben.
Diese Voraussetzungen liegen nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor. Der Beklagte zu 1 verfügt in allen Gesellschaften über die Kapitalmehrheit; der Kläger hat dem Verlangen, die Gesellschafter einzuberufen, nicht entsprochen; zwar hat er mit Schreiben vom 14. Mai 1985 Gesellschafterversammlungen einberufen; das geschah aber ohne den von den Beklagten geforderten Beschlußgegenstand, nämlich die Abberufung des Klägers als Treuhänder. Der Treuhänder entspricht dem Verlangen des Gesellschafters, die Versammlung einzuberufen, nur dann, wenn das zu dem vom Gesellschafter geforderten Zweck geschieht (vgl. Sen.Urt. v. 28.1.1985 – II ZR 79/84, WM 1985, 567, 568).
Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß in den Gesellschafterversammlungen vom 3.,5. und 7. Juni 1985 die Kündigung ebenfalls wirksam beschlossen worden ist. Zwar hatte der Kläger bei der Einladung zu diesen Gesellschafterversammlungen einen Beschluß über die Kündigung des Treuhandverhältnisses nicht angekündigt, so daß ein solcher grundsätzlich rechtswirksam nur gefaßt werden konnte, sofern alle Gesellschafter erschienen waren und gleichwohl abstimmten, ohne den Mangel zu rügen. Die Voraussetzungen dieser Ausnahme lagen nicht vor. Gleichwohl waren die Beschlüsse wirksam; denn insoweit tragen die nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Entscheidung, wonach die nicht erschienenen und vertretenen Gesellschafter, die schon am 29. Mai 1985 für die Abberufung des Klägers gestimmt hatten, gewußt hätten, daß in den Versammlungen vom Juni 1985 erneut über die Abberufung des Klägers abgestimmt werden würde. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht ferner ausgeführt, daß die beschlossenen Kündigungen dem Kläger gegenüber wirksam erklärt worden sind.
2. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß die Gesellschafter, obwohl formgerecht zu den Versammlungen geladen, die Kündigungen gleichwohl nicht wirksam beschlossen hätten, weil hierzu nach § 24 der Verträge die Zustimmung des – mangels Kapitalbeteiligung zwar von der Abstimmung ausgeschlossenen, aber – im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschafters M. erforderlich gewesen wäre, die dieser in allen drei Gesellschaften verweigert hatte. Dieses Zustimmungserfordernis sei – so das Berufungsgericht – nicht unwirksam; die Rechtsstellung des Klägers als Gesellschafter und Treuhänder werde entscheidend geschwächt, wenn ihn die Gesellschaftermehrheit – ohne diese Zustimmung – allein schon wegen tiefgreifender Differenzen abberufen könnte; zudem läge darin ein einschneidender Eingriff in die Rechte der Minderheit, die ihn im Amt halten wollte. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision mit Recht.
a) Der Geschäftsführer einer Gesellschaft oder der Treuhänder, der – wie in diesem Falle – im wesentlichen die Geschäfte führt, hat kein Recht, in diesem Amt zu verbleiben, wenn er für die Gesellschaft untragbar geworden ist und deshalb in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt, der seine Abberufung rechtfertigt. Wird über diese – einstimmig oder mehrheitlich – abgestimmt, so kann er daran nicht mitwirken, ist vielmehr mit seinem Stimmrecht ausgeschlossen. Liegt ein wichtiger Grund vor, so hat aber auch kein (Mehrheits-)Gesellschafter das Recht, den untragbaren Geschäftsführer im Amt zu halten; kommt es auf die Stimme des Gesellschafters an, weil die Abberufung aus wichtigem Grund nur einstimmig oder mit einer bestimmten Mehrheit des Gesellschaftskapitals beschlossen werden kann, so gebietet jenem in der Regel seine gesellschaftliche Treuepflicht, der Ablösung zuzustimmen (vgl. BGHZ 64, 253, 257ff.; 68, 81, 82; Sen.Urt. v. 15.4.1983 – II ZR 170/82, WM 1983, 750); werden die Beschlüsse laut Gesetz oder Satzung mit der (einfachen oder qualifizierten) Mehrheit, nicht des vorhandenen Kapitals, sondern der abgegebenen Stimmen gefaßt, so wäre die Stimme, die trotz Vorliegens wichtiger Gründe gegen die Abberufung abgegeben wird, regelmäßig wegen Mißbrauchs nichtig und jene mit den Stimmen der übrigen Gesellschafter wirksam beschlossen. Die Erfordernisse der Einstimmigkeit oder einer bestimmten Kapitalmehrheit schließen mithin die Abberufung nicht schlechthin aus, falls sich (über die Sperrminorität verfügende) Gesellschafter ihr widersetzen, sondern bewirken lediglich, daß der Streit, ob wichtige, die Abberufung rechtfertigende Gründe vorliegen, nicht erst nach der Beschlußfassung, wenn es um deren Rechtmäßigkeit geht, sondern schon vorher im Rechtsstreit um die Zustimmung ausgetragen wird; solange diese nicht vorliegt oder (falls erforderlich), durch ein Zustimmungsurteil ersetzt ist, bleibt der Geschäftsführer im Amt. Eine in diesem Sinne übereinstimmende Mitwirkung aller Gesellschafter (mit Ausnahme des Betroffenen) ist, falls nach dem Gesellschaftsvertrage nicht ausnahmsweise die Mehrheit der Stimmen entscheidet, wegen der engen persönlichen Bindung in der auf Selbstorganschaft angelegten Personengesellschaft regelmäßig erforderlich, um einen Gesellschafter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen (§§ 117, 127 HGB, § 712 Abs. 1, 715 BGB).
Die Gesellschaften, die der Kläger und M. gegründet haben, sind jedoch insofern atypisch ausgestaltet worden, als ihnen – wenn auch bis zur Höhe eines bestimmten Gesamtkapitals – weitere, erst noch zu werbende Gesellschafter mit Einlagen in Höhe von mindestens 20.000 can. Dollars beitreten sollten, während für die Gründungsgesellschafter keine finanzielle Beteiligung vorgesehen war. Bei derartigen Gesellschaften stellt sich die Frage, ob die an der Ausgestaltung des Vertragswerks nicht beteiligten, weil später beigetretenen Gesellschafter den Treuhänder/Geschäftsführer, den sie ebenfalls nicht ausgewählt, sondern schon vorgefunden haben, mehrheitlich aus wichtigem Grunde mit sofortiger Wirkung abberufen können oder ob sie, bevor ein solcher Beschluß gefaßt werden kann, den widersprechenden (möglicherweise nicht finanziell beteiligten und deshalb mit seiner Weigerung kein Risiko eingehenden Gründungs-)Gesellschafter erst auf Zustimmung verklagen müssen mit der Folge, daß der untragbar gewordene Geschäftsführer (sofern nicht durch einstweilige Verfügung Abhilfe geschaffen werden kann) bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens die Geschäfte weiterführt. Mit der Revision ist diese Frage zu verneinen.
b) Das Vertragswerk der drei Gesellschaften ist das einer körperschaftlich strukturierten Publikumsgesellschaft und unterliegt deshalb der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB (vgl. BGHZ 64, 238; 84, 11; Sen.Urt. v. 22.3.1982 – II ZR 74/81, WM 1982, 583, 584; v. 10.10.1983 – II ZR 213/82, WM 1983, 1407). Die Eigenschaft als Publikumsgesellschaft fehlt den Gesellschaften nicht deshalb, weil ihnen später nur drei bzw. vier Gesellschafter beigetreten sind. Auf die später tatsächlich erreichte Gesellschafterzahl kommt es nicht an; vielmehr ist entscheidend, daß die Gesellschaften vom gesetzlichen Leitbild insofern abweichen als sie nach dem Gesellschaftsvertrage auf die Mitgliedschaft einer Vielzahl erst noch zu werbender Gesellschafter angelegt sind, die sich nur kapitalistisch beteiligen und mehr oder weniger zufällig zusammengeführt werden. Nach § 4 der Gesellschaftsverträge haben die Gesellschafter den Treuhänder bevollmächtigt, nach seiner Wahl weitere Gesellschafter aufzunehmen. Die Mitgesellschafter haben demgemäß keinen Einfluß auf die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft. Die für das Projekt erst später gewonnenen Kapitalanleger können, wenn sie beitreten, nur einen Gesellschaftsvertrag unterzeichnen, der fertig vorformuliert ist, so daß sie auf dessen Inhalt keinen irgendwie gearteten, ihre Interessen wahrenden Einfluß ausüben können. Zhnlich wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen ist deshalb der Gesellschaftsvertrag der gerichtlichen Inhaltskontrolle unterworfen.
Gemessen an den danach anzuwendenden Maßstäben von Treu und Glauben, ist das Einstimmigkeitserfordernis bei der Abberufung des Treuhänders unwirksam. Es verfolgt ohne ausreichenden sachlichen Grund die Belange des zum Treuhänder bestellten Gründergesellschafters und beeinträchtigt unangemessen und unbillig die berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter. Der Senat hat bereits im Urteil vom 22. März 1982 (II ZR 74/81, WM 1982, 583, 584) ausgeführt, daß die Abberufung eines Fremdgeschäftsführers aus wichtigem Grunde in der Publikumsgesellschaft nicht durch qualifizierte Mehrheiten erschwert werden kann, weil der wichtige Grund voraussetzt, daß die Beibehaltung des Geschäftsführers der Gesellschaft nicht länger zugemutet werden kann; jede im Gründungsvertrage vorweggenommene Regelung, die eine Minderheit in die Lage versetzen soll, den Geschäftsführer der Mehrheit weiter aufzwingen, und die Anlagegesellschafter daran hindert, die Verwaltung ihres eingebrachten Kapitals einer Person zu übergeben, die das Vertrauen ihrer Mehrheit genießt, ist daher, wenn nicht ein besonderer rechtfertigender Grund vorliegt, nicht vertretbar und deshalb unwirksam. Diese die Abberufung eines Fremdgeschäftsführers betreffenden Ausführungen gelten gleichermaßen für den Gründungsgesellschafter, der zum Geschäftsführer bestellt worden ist. Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auf die im Vergleich zu einem Fremdgeschäftsführer und selbst zum üblichen Gesellschafter- Geschäftsführer ungleich stärkere Rechtsstellung des Klägers verweist und meint, diese könne ihm nicht genommen werden, ohne daß die Gesellschafter zuvor gerichtlich geklärt hätten, ob ein wichtiger Grund vorliegt, so verkennt es, daß gerade wegen dieser starken Rechtsstellung den Kapitalanlegern ein längeres Zuwarten nicht zugemutet werden kann, wenn der das Gesellschaftsvermögen im eigenen Namen treuhänderisch verwaltende Gesellschafter-Treuhänder für die Gesellschaft untragbar geworden ist. Der Treuhänder ist durch die sofortige Abberufung nicht rechtlos gestellt; er kann gerichtlich feststellen lassen, daß der wichtige Grund fehlt und er infolgedessen im Amt geblieben ist; ferner kann er seine Mitgesellschafter, die ihn schuldhaft rechtswidrig haben abberufen wollen wegen Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht auf Ersatz seines Schadens in Anspruch nehmen. Bei der Abwägung der Interessen ist einem zu Unrecht abberufenen Treuhänder und der ihn stützenden Minderheit eher zuzumuten, diesen Umstand nachträglich gerichtlich feststellen zu lassen, als der Gesellschaftermehrheit die andere Alternative, einem wegen Verfehlungen untragbar gewordenen Treuhänder auch noch solange ihr Vermögen anzuvertrauen und die damit verbundenen Geschäfte führen zu lassen, bis sie im Rechtsstreit mit der Minderheit gerichtlich geklärt hat, daß auch diese für die Abberufung stimmen muß. Aus demselben Grunde hat der Senat es im Recht der GmbH für unzulässig gehalten, daß die Bestellung eines Geschäftsführers, auch wenn er zugleich Gesellschafter ist, nur mit einer höheren als der in § 47 Abs. 1 GmbHG bestimmten einfachen Mehrheit aus wichtigem Grunde widerrufen werden kann (vgl. BGHZ 86, 177, 179). Nach alledem reichte es aus, daß die Abberufung des Klägers – wie im § 12 des Gesellschaftsvertrages vorgeschrieben – von den am Gesellschaftskapital beteiligten Gesellschaftern mit mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen beschlossen worden ist; die Zustimmung der übrigen Gesellschafter – insbesondere des finanziell nicht beteiligten und deshalb von der Abstimmung ausgeschlossenen Gründungsgesellschafters M. – war nicht erforderlich.
3. Da das Urteil mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht bestehen bleiben kann, wird dieses in der erneuten Verhandlung der bisher offengebliebenen Frage nachzugehen haben, ob ein wichtiger Grund vorlag, der es rechtfertigte, den Kläger als Treuhänder abzuberufen.
Fundstellen
Haufe-Index 647872 |
BGHZ 102, 172 |
BGHZ, 172 |
NJW 1988, 969 |
ZIP 1988, 22 |
DNotZ 1988, 509 |