Leitsatz (amtlich)
a) Die Amtsträger einer Gemeinde haben die Amtspflicht, bei der Aufstellung von Bebauungsplänen Gefahren für die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung (hier: aus Tagesbrüchen wegen Bergschäden) zu vermeiden (im Anschluß an die sog. „Altlasten”-Rechtsprechung des Senats, BGHZ 106, 323; 123, 363).
b) In den Schutzbereich dieser Amtspflicht fallen bei vom Bauherrn nicht beherrschbaren Berggefahren auch solche Schäden, die auf mangelnder Standsicherheit des Gebäudes infolge von Baugrundrisiken beruhen (Abgrenzung zu BGHZ 39, 358; 123, 363, 367). Entsprechendes gilt für eine wegen Berggefahren rechtswidrig erteilte Baugenehmigung.
c) Ein schutzwürdiges Vertrauen in die Festsetzungen des Bebauungsplans oder eines von der Gemeinde nach §§ 246a Abs. 1 Nr. 6 BauGB a.F., 55 BauZVO gebilligten Vorhaben- und Erschließungsplans kann grundsätzlich erst mit der Bekanntmachung der genehmigten Satzung entstehen.
Die Erteilung einer wegen drohender Bergschäden rechtswidrigen Baugenehmigung begründet nur dann eine Haftung nach § 1 StHG, wenn der Genehmigungsbehörde bei Anlegung eines objektiven Sorgfaltsmaßstabes Gefahren für die Standsicherheit des Bauwerks erkennbar waren.
Normenkette
BGB § 839; BauGB §§ 1, 246a Abs. 1 Nr. 6 F.: 23. September 1990; DDR: BauZVO § 55; DDR: StHG § 1
Verfahrensgang
LG Potsdam |
Brandenburgisches OLG |
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 2. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 14. Oktober 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger nehmen das erstbeklagte Land, die zweitbeklagte Gemeinde und den drittbeklagten Landkreis gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz wegen der Ausweisung eines bergschadengefährdeten Gebiets als Baugelände, wegen fehlerhafter Auskünfte und wegen der Erteilung von Baugenehmigungen für jenen Bereich in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Ab Mitte 1990 traten die Kläger und weitere Investoren auf der Suche nach dem geeigneten Standort für einen Gewerbepark mit der Beklagten zu 2 in Verbindung. In deren Gebiet war Ende des 19. Jahrhunderts unter Tage Braunkohle abgebaut worden. Infolge unzureichender Verwahrung der Grubenbaue kam es in der Folgezeit zu Senken und Einsturztrichtern an der Erdoberfläche. Die zuständige Bergbehörde hatte deshalb das vermutete, im Umfang jedoch nicht sicher feststellbare Territorium über den alten Grubenbauen zum bergschadengefährdeten Gebiet erklärt und darin Nutzungsbeschränkungen verfügt. Mit Rücksicht hierauf erbat die Beklagte zu 2 für ihre Planung unter dem 14. Dezember 1990 von dem „Bergamt P.” Auskunft über die genaue Lage und Ausdehnung des bergschadengefährdeten Gebiets. Anstelle des nicht existierenden „Bergamts P.” wurde die Anfrage am 8. Januar 1991 von dem Provisorischen Geologischen Amt des beklagten Landes unter Hinweis auf die früheren bergbehördlichen Feststellungen und die jetzige Zuständigkeit des Bergamts S. „für alle im Bergschadensgebiet durchzuführenden Maßnahmen” beantwortet.
Am 27. März 1991 beschloß die Gemeinde nach entsprechenden Vorberatungen mit den Investoren die „Aufstellung” eines Vorhaben- und Erschließungsplans für einen Industrie- und Gewerbepark, dessen Fläche westlich des im Schreiben des Provisorischen Geologischen Landesamts vom 8. Januar 1991 bezeichneten bergschadengefährdeten Gebiets lag. Mit der Erstellung des Plans hatte die Gemeinde die Gesellschaft für Stadterneuerung beauftragt. Im wesentlichen zwischen April und Juli 1991 erwarben die Kläger und andere Investoren dort Grundstücke und schlossen am 19. September 1991 mit der Beklagten zu 2 einen Erschließungsvertrag. Auf den – umgedeuteten – Antrag der Beklagten zu 2 genehmigte das Ministerium für Stadtentwicklung und Verkehr des beklagten Landes unter dem 20. Februar 1992 den von der Gemeinde gebilligten Vorhaben- und Erschließungsplan als Bebauungsplan. Daraufhin beschloß die Beklagte zu 2 am 11. März 1992 diesen Bebauungsplan als Satzung. Der Rechtsvorgänger des Beklagten zu 3, der Landkreis K. W., erteilte im Dezember 1991 und März 1992 verschiedenen Investoren Teilbaugenehmigungen.
Im Verlauf der Bauarbeiten kam es ab Januar 1992 zu Tagesbrüchen, die einen größeren Umfang des bergbaulich beanspruchten Geländes vermuten ließen, und am 6. Mai 1992 schließlich zur Verfügung eines Baustopps führten. Im August 1992 fanden sich in Archiven des früheren Bergwerksbetriebs Teile des Grubenplanes, anhand dessen die ungefähre Lage des ehemaligen Bergwerks ermittelt werden konnte. Die feststellbaren Hohlräume wurden verfüllt, wodurch eine Teilfläche von ca. 60 % des Gewerbegebiets für eine Bebauung nutzbar wurde. Jedoch mußten dabei besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden.
Die Kläger werfen den Bediensteten aller Beklagten Amtspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Überplanung und der Bebauung des bergschadengefährdeten Geländes vor. Sie haben unter anderem behauptet, der seinerzeit zuständigen Bergbehörde St. habe eine Karte von 1975 vorgelegen, auf der das gesamte spätere Gewerbegebiet mit „uns.” (= unsicher) gekennzeichnet gewesen sei. Eine derartige Karte habe das später zuständige, indes von der Beklagten zu 2 im Planungsverfahren nicht gehörte Bergamt S. an die von der Gemeinde mit der Planung von Wasserleitungen im Gemeindegebiet beauftragte Firma I. am 17. Juni 1991 mit dem Hinweis übersandt, daß „Trassenabschnitte Ihres Vorhabens innerhalb des Bergbaubereichs liegen”. Die Firma I. habe die Beklagte zu 2 entsprechend unterrichtet. Ohnedies sei es im Gebiet der Zweitbeklagten allgemein bekannt gewesen, daß es im vorgesehenen Gewerbebereich bereits früher zu Einbrüchen gekommen sei; hierauf sei der Bürgermeister während der Planung zudem hingewiesen worden. Gleichwohl habe dieser Vertretern der Kläger mehrfach erklärt, das geplante Gewerbegebiet liege außerhalb des ehemaligen Bergbaugeländes. Bei rechtzeitiger Information hätten die Investoren ihr Vorhaben aufgegeben und das Gewerbegebiet an anderer Stelle errichtet. Deren Schaden infolge der nunmehr zusätzlich erforderlichen Sicherungsmaßnahmen bei den Bauten sowie wegen Verzögerungen in der Fertigstellung haben die Kläger auf 7.932.169,39 DM beziffert und, soweit es sich um Schäden am Rechtsstreit nicht beteiligter Investoren handele, Abtretung dieser Ersatzansprüche an sich selbst behauptet.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 7.932.169,39 DM nebst Zinsen sowie auf Feststellung weiterer Schadensersatzverpflichtungen der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung haben die Kläger nur noch erststellige Teilbeträge in Höhe von 10 % aller Forderungen im Gesamtbetrag von 793.216,75 DM nebst Zinsen geltend gemacht. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie ihre Ansprüche in dem zweitinstanzlichen Umfang weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat insoweit Erfolg, als eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 in Frage steht. In bezug auf das beklagte Land erweist sie sich dagegen als unbegründet.
A.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen den Klägern weder aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG) noch aufgrund des Staatshaftungsgesetzes der DDR Ersatzansprüche gegen die Beklagten zu. Schadensersatzansprüche wegen Planungsverschuldens oder der Erteilung von Baugenehmigungen in dem bergschadengefährdeten Gebiet schieden aus, weil nach der sogenannten „Altlasten-Rechtsprechung” des erkennenden Senats der Schutzzweck derartiger Amtspflichten lediglich die Abwehr von Gesundheitsgefahren, nicht aber die Sorge für die Standsicherheit von Gebäuden umfasse. Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall mit einer vergleichbaren Gefahrenlage übertragbar. Auch die Auskunft des Provisorischen Geologischen Landesamts gegenüber der Gemeinde im Schreiben vom 8. Januar 1991 entfalte keinen Drittschutz gegenüber den Klägern, sei auch nach dem Klagevorbringen – zumindest bei wertender Betrachtung – nicht schadensursächlich geworden. Demgegenüber komme eine Haftung der Zweitbeklagten wegen falscher Auskünfte ihres Bürgermeisters oder wegen mangelnder Weiterleitung von Hinweisen auf einen größeren Umfang der Berggefahr in Betracht. Indessen erübrige sich eine Aufklärung dieser umstrittenen Punkte, weil die Kläger ihre dadurch verursachten Schäden nicht hinreichend dargelegt hätten. Insbesondere zu den planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Verwirklichung des Industrie- und Gewerbeparks an anderer Stelle, aber auch zu den jeweiligen Kosten, fehle es an jedem Vortrag. Deshalb könne auch die Behauptung der Kläger, es wäre zu keiner zeitlichen Verzögerung gekommen, nicht nachvollzogen werden.
B.
Diese Ausführungen halten, soweit Ersatzansprüche gegen die Gemeinde und den Landkreis verfolgt werden, rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
I. Haftung der Beklagten zu 2
1. Eine Haftung der beklagten Gemeinde aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG wegen der Überplanung des bergschadengefährdeten Gebiets läßt sich weder mit Rücksicht auf den Schutzzweck der bei der Aufstellung von Bebauungsplänen bestehenden Amtspflichten noch aus sonstigen Gründen verneinen.
a) Nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu berücksichtigen. Der Senat hat in seiner vom Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend herangezogenen „Altlasten-Rechtsprechung”, die Bodenverseuchungen mit gesundheitsgefährdenden Schadstoffen betrifft (BGHZ 106, 323; 108, 224; 109, 380; 110, 1; 113, 367; 117, 363; 121, 65; 123, 363; Urteil vom 25. Februar 1993 - III ZR 47/92, LM BGB § 839 [Ca] Nr. 86), das Gebot, die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu beachten, stets als drittbezogen gewertet. Es soll nicht nur dem Schutz der Allgemeinheit dienen, sondern bezweckt zugleich den Schutz gerade der Personen, die in dem konkreten von der jeweiligen Bauleitplanung betroffenen Plangebiet wohnen oder arbeiten werden. Sie müssen sich darauf verlassen können, daß ihnen zumindest aus der Beschaffenheit des Grund und Bodens keine Gefahren für Leben und Gesundheit drohen. Dieser Personenkreis ist daher „Dritter” im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB und Adressat der genannten Amtspflichten (BGHZ 106, 323, 325 ff.; 109, 380, 388 ff.). Die Verpflichtung, Gefährdungen dieser Art aufzuklären und Gesundheitsrisiken für die zukünftigen Bewohner des Plangebiets auszuschließen, trifft neben den Bediensteten der Gemeinde auch die Mitglieder des Gemeinderats, die bei dem Beschluß über den Bebauungsplan als Beamte im haftungsrechtlichen Sinn tätig werden (BGHZ 106, 323, 329 f.).
Diese auf der überragenden Bedeutung der Rechtsgüter von Leben und Gesundheit beruhenden Erwägungen gelten nicht minder, wenn – wie hier – der Baugrund wegen verborgener Hohlräume die Gefahr in sich birgt, daß sich plötzlich Trichter größeren Ausmaßes bilden und dadurch Personen oder Fahrzeuge abrutschen oder Gebäude einstürzen. Dadurch sind unmittelbar Leib und Leben der Bewohner, Beschäftigten und Besucher bedroht. Für die Bauleitplanung stehen dann zwar eher die Anforderungen an die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1, zweite Alternative BauGB; s. dazu Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 121) im Vordergrund als die an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (erste Alternative), auf die sich die bisherige Altlasten-Rechtsprechung des Senats bezieht. Es liegt aber auf der Hand, daß der Schutzzweck der Amtspflichten für beide Gefahrenkreise, die sich ohnehin überschneiden, nicht unterschiedlich beurteilt werden kann (vgl. bereits Senatsbeschluß vom 9. Juli 1992 - III ZR 87/91, NJW 1993, 384, 385).
Nach dem revisionsrechtlich als zutreffend zu unterstellenden Klagevorbringen haben die Amtsträger der beklagten Gemeinde solche Amtspflichten im Verfahren über die Aufstellung zunächst des Vorhaben- und Erschließungsplans (§§ 55 BauZVO, 246 a Abs. 1 Nr. 6 BauGB a.F.), dann des Bebauungsplans, schuldhaft verletzt. Ihnen war bekannt, daß die Bergbehörde in dem als Bergschadensgebiet festgesetzten Bereich Nutzungsbeschränkungen verfügt, insbesondere Einmann- und Nachtarbeiten untersagt sowie für Maschinen und Geräte Halteverbote angeordnet hatte. Sollte es richtig sein, daß die Gemeinde von der Firma I. oder von Bürgern zusätzlich Hinweise auf eine größere Ausdehnung des Bergschadensgebiets unter Einschluß zumindest erheblicher für den angrenzenden Gewerbepark bestimmter Flächen erhalten hatte, wie die Kläger behauptet haben, so verbot sich vor diesem Hintergrund eine Ausweisung jenes Geländes als Baugebiet ohne weitere Sachaufklärung von selbst. Objektiv amtspflichtwidrig war es zudem, daß die beklagte Gemeinde vor der Verabschiedung des Bebauungsplans nicht das zuständige Bergamt S. gehört hatte (§§ 4, 55 Abs. 3 BauZVO, 246a Abs. 1 Nr. 6 BauGB a.F. i.V.m. der Anlage 9 zum gemeinsamen Einführungserlaß zum Baugesetzbuch in den neuen Bundesländern; § 4 BauGB), sondern lediglich – erneut – das dafür unzuständige Provisorische Geologische Landesamt. Ein solcher Pflichtenverstoß könnte für die geltend gemachten Schäden ebenfalls ursächlich geworden sein, wenn das Bergamt in diesem Fall auf einen weit ausgedehnteren Gefahrenbereich hingewiesen hätte, wie er in der von den Klägern überreichten Karte mit „uns.” gekennzeichnet ist.
Zu den geschützten Dritten im Sinne des § 839 BGB gehören auch Gewerbetreibende, die, wie im Streitfall, in dem Baugebiet eine gewerbliche Bebauung vornehmen wollen (Senatsbeschluß vom 9. Juli 1992 aaO).
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts fallen die mit der Klage geltend gemachten Schäden aus Mehraufwendungen für die Standsicherheit der Gebäude sowie wegen Verzögerung der Bauarbeiten in vollem Umfang in den Schutzbereich der – unterstellt – verletzten Amtspflichten. Die Pflicht der Zweitbeklagten, mit der Ausweisung des bergschadengefährdeten Gebiets als Baugelände nicht Leben und Gesundheit seiner Bewohner oder Beschäftigten zu gefährden, soll gerade und in ihrem Hauptzweck verhindern, daß darauf Gebäude errichtet werden, die schon während ihrer Bauzeit oder später vom Einsturz bedroht sind. Folgerichtig muß diese Amtspflicht dann auch gegen Vermögensverluste aus der Verwirklichung solcher Baumaßnahmen schützen, um die es sich hier handelt.
Allerdings hat der Senat bereits 1963 in einem Fall, in dem es um eine trotz fehlerhafter Statik erteilte Baugenehmigung ging, entschieden, das Baugenehmigungsverfahren sei nicht dazu bestimmt, dem Bauherrn die Verantwortung für eine einwandfreie Durchführung und Durchführbarkeit seines Bauvorhabens abzunehmen. Der Nachweis der Standfestigkeit sei Sache des Bauherrn. Wenn die Baugenehmigungsbehörde mit den übrigen Bauunterlagen die statischen Berechnungen prüfe, so geschehe dies im Blick auf das öffentliche Interesse der Gefahrenabwehr, aber nicht zu dem Zweck, den Bauherrn zu sichern oder ihm die Verantwortung zu erleichtern und ihn vor nutzlosen finanziellen Aufwendungen zu bewahren (BGHZ 39, 358, 364 f.; ähnlich BGHZ 60, 112, 118 f.). Mit einer solchen Fallgestaltung ist die vorliegende in mehrfacher Hinsicht nicht vergleichbar. Sie ist es insbesondere deswegen nicht, weil der Bauherr weder bauordnungsrechtlich verpflichtet ist noch es ihm im eigenen Interesse abverlangt werden kann, ohne zureichende Anhaltspunkte die Tragfähigkeit des Baugrunds bis zu der hier erforderlichen Tiefe von 50 bis 90 m, in der sich die alten Bergwerksgänge befinden, zu prüfen.
In seiner Altlasten-Rechtsprechung hat der Senat diese Grundsätze indes fortgeführt und weiterentwickelt: Die Ersatzpflicht der planenden Gemeinde sei zwar nicht auf Gesundheitsschäden beschränkt, sondern umfasse grundsätzlich alle Vermögensverluste aus der Errichtung oder dem Kauf nicht bewohnbarer Gebäude (BGHZ 106, 323, 334; 121, 65, 67). Ausgenommen hat der Senat jedoch weiterhin solche Aufwendungen, die in der mangelnden Standfestigkeit eines Gebäudes begründet sind, weil der durch Altlasten beeinträchtigte Baugrund sich als nicht hinreichend tragfähig erweist (Beschluß vom 9. Juli 1992 - III ZR 87/91, NJW 1993, 384, 385; bestätigt in BGHZ 121, 65, 68; 123, 363, 367; s. auch bereits BGHZ 113, 367, 372; Senatsbeschluß vom 25. Januar 1990 - III ZR 102/88, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Gemeinderat 3). Es sei grundsätzlich nicht Zweck der allgemeinen Bauleitplanung, den Eigentümern der Grundstücke Baugrundrisiken abzunehmen. Das Abgrenzungskriterium zu der sonst bejahten Verantwortlichkeit für die Überplanung von Altlasten hat der Senat darin gesehen, daß es – anders als bei der Standsicherheit – dort um Gesundheitsgefahren gehe, die vom Bauherrn nicht beherrschbar seien und deren Abwendung daher auch nicht in seinen Verantwortungsbereich falle (Beschluß vom 9. Juli 1992 aaO unter Hinweis auf BGHZ 106, 323, 335; BGHZ 123, 363, 367; s. auch BGHZ 116, 215, 219 ff.; BGH, Urteil vom 18. September 1987 - V ZR 219/85, NJW-RR 1988, 136, 137 = WM 1988, 200, 202 f. zu Baugrundrisiken aus der geologischen Beschaffenheit des Baugrundes).
Diese Wertung, die das Baugrundrisiko grundsätzlich dem Bauherrn zuweist, ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen (Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Vorbem. Rn. 84 a.E. vor §§ 39-44; W. Kühn, Die Amtshaftung der Gemeinden wegen der Überplanung von Altlasten, 1997, S. 71 ff.; Ossenbühl, JZ 1989, 1125, 1126; ders., DÖV 1992, 761, 766 f.; W. Schrödter in Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 2 Rn. 73; s. auch Jochum, Amtshaftung bei Abwägungs- und Prognosefehlern in der Bauleitplanung, 1994, S. 109). Dazu muß hier nicht Stellung genommen werden. Denn bereits aus der für die Sonderbehandlung der Standsicherheit in den Altlastenfällen gegebenen Begründung folgt, daß ein solcher Ausnahmetatbestand für aus Bergschäden entstehende Baugrundrisiken nicht angenommen werden kann. Sie sind, wie bereits ausgeführt, für den Bauherrn typischerweise gerade nicht beherrschbar und lassen sich aus diesem Grunde auch nicht seinem alleinigen Aufgaben- und Pflichtenkreis zuordnen. Sie gehören vielmehr auch in ihrem sachlichen Gehalt zu den Gefahren, vor deren Verwirklichung die verletzte Amtspflicht den Bauherrn bewahren will, sofern es nicht lediglich um die Vermeidung nutzloser finanzieller Aufwendungen des Bauherrn, sondern um Leben und Gesundheit von Menschen oder um die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung geht.
c) Zweifelhaft mag hier allerdings sein, inwieweit die planerischen Maßnahmen der Beklagten zu 2 eine Vertrauensgrundlage für Investitionen der Kläger und ihrer Zedenten im Gebiet des geplanten Gewerbeparks bilden konnten. Die Investoren haben die Grundstücke in diesem Bereich bereits in der Zeit von April bis Juli 1991, mithin zu einem Zeitpunkt erworben, als der Vorhaben- und Erschließungsplan zwar aufgestellt und bekannt gemacht, die Planung aber noch nicht abgeschlossen war. In aller Regel rechtfertigt indessen erst die Bekanntmachung der Satzung (im Streitfall aufgrund des Beschlusses vom 11. März 1992) ein schutzwürdiges Vertrauen der Planungsbetroffenen in die Festsetzungen des Bebauungsplans (vgl. Senatsbeschluß vom 25. September 1997 - III ZR 273/96, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Schutzzweck 14). Noch mehr gilt dies bei einem Vorhaben- und Erschließungsplan für das Schutzbedürfnis der Investoren, die die städtebauliche Planung in diesem Fall selbst erarbeiten und – in Zusammenarbeit mit der Gemeinde – deren Inhalt bestimmen. Freilich wird die gemeindliche Verantwortung für die Planungsgrundlagen dadurch nicht beseitigt; sie kann jedoch grundsätzlich erst dann haftungsrechtlich relevant werden, wenn die Gemeinde ihrerseits durch genehmigte Satzung den Vorhaben- und Erschließungsplan in Kraft setzt (§§ 55 Abs. 1 Satz 2 BauZVO, 246a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BauGB a.F.; heute § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB n.F.). Als der Zweitbeklagten wegen fehlerhafter Bauleitplanung zurechenbare Schäden der Investoren kommen darum nur solche Vermögensdispositionen in Betracht, die nach Bekanntmachung der Satzung vom 11. März 1992 getroffen worden sind. Nach dem hier festgestellten Zeitablauf dürften dies der überwiegende Teil der Bautätigkeit und die dabei erforderlich gewordenen zusätzlichen Aufwendungen für Planungsänderungen und zur statischen Absicherung der errichteten Bauwerke sein sowie die nach dem Klägervorbringen eingetretenen Verzögerungen der Bauarbeiten für die Zeit nach Abschluß der Planungen. Das bedarf allerdings noch weiterer tatrichterlicher Prüfung.
d) Auch die in anderem Zusammenhang angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts, die an dieser Stelle als Hilfsbegründung gelten können, es fehle zumindest an einer schlüssigen Darlegung eines derartigen Schadens, tragen die Klageabweisung nicht. Mit Recht rügt die Revision dabei die Beweiserleichterung des § 287 ZPO als übergangen.
Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden ist oder wie hoch er sich beläuft, so entscheidet hierüber nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO das Gericht unter Würdigung aller Umstände in freier Überzeugung. Diese Vorschrift erleichtert dem Geschädigten nicht nur die Beweisführung, sondern bereits die Darlegung seines Schadens (BGH, Urteil vom 14. Januar 1998 - VIII ZR 23/97, LM § 36 DDR-VertragsG Nr. 1). Eine Substantiierung der klagebegründenden Tatsachen kann von ihm hier nicht in gleicher Weise gefordert werden wie hinsichtlich anderer Anspruchsvoraussetzungen; an das Klagevorbringen zu Entstehung und Umfang des Schadens dürfen mit anderen Worten keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Lücken kann und muß der Tatrichter durch Schätzung des Schadens, notfalls auch nur eines Mindestschadens, ausfüllen. Die Möglichkeit zur Schätzung eines Mindestschadens entfällt nur dann, wenn es dafür an jeder Grundlage fehlt und die Schätzung deshalb völlig in der Luft hinge (st. Rspr., BGHZ 91, 243, 257; BGH, Urteil vom 12. Oktober 1993 - X ZR 65/92, NJW 1994, 663, 664 f.; Urteil vom 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954, 955).
Nach diesen Maßstäben kann den Klägern angesichts der Komplexität der Planung eines Gewerbegebiets in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie mit Rücksicht auf die damit einhergehenden Schwierigkeiten bei der Darlegung einer hypothetischen Planungsalternative nicht entgegengehalten werden, sie hätten zu den planerischen Voraussetzungen und zu den Kosten beim Ausweichen auf Alternativstandorte nichts vorgetragen. Das gilt jedenfalls insoweit, als es sich nicht um den ebenfalls beanspruchten Verzögerungsschaden, sondern um die von den Klägern geltend gemachten Mehraufwendungen für die Standsicherheit der in dem bergschadengefährdeten Gebiet errichteten Bauten, um Untersuchungs- und Änderungskosten u.a.m., handelt, bei denen eine Verlagerung des Standorts auch lediglich unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung von Bedeutung sein könnte. Bei dem offenkundigen Interesse zahlreicher Gemeinden in den neuen Bundesländern an Industrie- und Gewerbeansiedlungen, zumal in den Jahren 1990 und 1991, erscheint es nachgerade als sicher, zumindest als sehr wahrscheinlich, daß die Kläger und die anderen an der Planung eines Gewerbeparks beteiligten Investoren im Umkreis von B. seinerzeit alsbald geeignete Ausweichflächen gefunden hätten, falls das von ihnen ursprünglich bevorzugte Gelände im Gebiet der Beklagten zu 2 sich als ungeeignet erwies. Desgleichen wird der Tatrichter im Rahmen einer Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte für das Gegenteil, für die hier nichts festgestellt ist, davon ausgehen können, daß Baukosten und Kosten des Grunderwerbs in einem Ersatzgelände rund um B. nicht wesentlich höher – abgesehen von den tatsächlich aufgewendeten Mehrkosten für die Standsicherheiten der Bauten – gewesen wären als in dem von der Zweitbeklagten ausgewiesenen Gewerbegebiet. Verbleibende Zweifel ließen sich durch Einholung von Sachverständigengutachten, auch von Amts wegen, ausräumen (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Zureichende Anknüpfungstatsachen hierfür waren gegeben, wie die Revision mit Recht rügt, weil die Kläger die von ihnen geschlossenen Kaufverträge vorgelegt hatten und einen Kaufpreis von 15,30 DM/qm oder 17 DM/qm für vergleichbare Flächen an anderer Stelle unter Beweisantritt behauptet hatten. Auch hatten die Kläger schon im ersten Rechtszug dargelegt, welche durch Baumaßnahmen bedingten zusätzlichen Kosten infolge aufgetretener Tagesbrüche entstanden waren. Daß nach alledem auch für eine Schadensschätzung kein Raum wäre, ist auf dieser Grundlage nicht nachvollziehbar.
e) Zu den übrigen, unter den Parteien gleichfalls umstrittenen Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs wegen fehlerhafter Bauleitplanung, insbesondere zur Verschuldensfrage oder zur Verweisung auf anderweitige Ersatzmöglichkeiten (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB), hat das Berufungsgericht ebensowenig Feststellungen getroffen wie zu der von der Beklagten hilfsweise erhobenen Einrede der Verjährung. Revisionsrechtlich ist darum jeweils das den Klägern günstigere Ergebnis zu unterstellen. Das schließt es aus, das angefochtene Urteil insoweit aus anderen Gründen aufrechtzuerhalten (§ 563 ZPO).
2. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage des – bestrittenen – Klagevorbringens als weitere Amtspflichtverletzungen auf seiten der beklagten Gemeinde für möglich gehalten: eine Falschauskunft ihres Bürgermeisters im Frühjahr 1991, wonach das geplante Gewerbegebiet außerhalb des ehemaligen Bergbaugeländes liege und eine Bebauung dort sicher sei, mangelnde Unterrichtung der Kläger über den im Schreiben des Provisorischen Geologischen Landesamts vom 8. Januar 1991 enthaltenen Hinweis auf die Zuständigkeit des Bergamts S. und schließlich fehlende Weiterleitung der vom Bergamt S. gegenüber der Firma I. unter dem 17. Juni 1991 erteilten Informationen über den Umfang der als unsicher beurteilten Fläche an die Kläger.
Bei alledem kann es sich um eigenständige Amtspflichtverletzungen der Gemeindebediensteten handeln, die eine Haftung der Zweitbeklagten auch wegen der vor dem 11. März 1992 von den Klägern oder ihren Zedenten getroffenen Investitionsentscheidungen begründen könnte, soweit sich diese infolge der später erkannten Bergschäden als fehlerhaft erwiesen. Da das Berufungsgericht die Richtigkeit der Vorwürfe nicht geklärt hat, sind solche Ansprüche für die Revisionsinstanz gleichfalls zu unterstellen.
3. Nicht entscheiden muß der Senat, ob aus diesen Gesichtspunkten Ersatzansprüche gegen die beklagte Gemeinde nach dem in Br. als Landesrecht fortgeltenden Staatshaftungsgesetz der DDR bestehen (zum Konkurrenzverhältnis vgl. Boujong in Festschrift für Gelzer, 1991, S. 273, 276; Lühmann in Herbst/Lühmann, Die Staatshaftungsgesetze der neuen Länder, 1997, Erster Teil § 4 Anm. 24 ff. m.w.N.). Abgesehen von dem nicht erforderlichen Verschuldensnachweis gingen solche Ansprüche nicht weiter als konkurrierende Schadensersatzforderungen aus Amtspflichtverletzungen, insbesondere stellt sich dabei in gleicher Weise die Frage nach dem Schutzbereich der Norm (vgl. BGHZ 127, 57, 73; Wurm, JA 1992, 1, 10; Lühmann, aaO, Dritter Teil § 1 Abs. 1 Anm. 65 ff., 75 ff. m.w.N.). Es kommt darum bislang auch nicht darauf an, ob Kollektiventscheidungen wie der hier in Rede stehende Gemeinderatsbeschluß überhaupt dem Tatbestand des § 1 Abs. 1 StHG unterfallen (offengelassen in BGHZ 127, 57, 66; dafür etwa Boujong, aaO, S. 278 f.; Krohn, Enteignung, Entschädigung, Staatshaftung, 1993, S. 75 f. Rn. 59 f.; Lühmann, aaO, Erster Teil § 3 Anm. 21 f., Dritter Teil § 1 Abs. 1 Anm. 10, 90, 126 f. m.w.N.; dagegen Soergel/Klein, BGB, 12. Aufl., § 839 Anh. Rn. 287; wohl auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 480).
II. Ersatzpflicht des Beklagten zu 3
1. Gegen den Beklagten zu 3 als Rechtsnachfolger des früheren Landkreises K. W. kommen Schadensersatzansprüche nur insoweit in Betracht, als der frühere Landkreis rechtswidrig einzelne Teilbaugenehmigungen erteilt hat und den Bauherren im Vertrauen darauf Schäden entstanden sind. Einzelheiten hierzu hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; dem Senat ist eine Abgrenzung derartiger Schäden aus dem eingeklagten Gesamtschaden nicht möglich. Zugunsten der Kläger ist deswegen nicht nur die Erteilung objektiv rechtswidriger (vgl. BGHZ 123, 191, 197) Teilbaugenehmigungen als richtig zu unterstellen, sondern auch, daß der eingeklagte Schaden insgesamt hierauf beruht.
Auf dieser Grundlage erweist sich auch die Klageabweisung gegenüber dem Beklagten zu 3 in vollem Umfang als fehlerhaft. Mit der gegebenen Begründung durfte das Berufungsgericht weder Amtshaftungsansprüche noch Schadensersatzansprüche nach dem Staatshaftungsgesetz gegen den beklagten Landkreis verneinen.
2. Die Amtspflicht, eine rechtswidrige Baugenehmigung nicht zu erteilen, obliegt der Bauaufsichtsbehörde gegenüber dem antragstellenden Bauherrn als „Dritten” (st. Rspr.; vgl. BGHZ 60, 112, 115 ff.; 134, 268, 276 f.; Senatsurteil vom 5. Mai 1994 - III ZR 28/93, NJW 1994, 2087, 2088). In den Schutzbereich dieser Amtspflicht fallen ihrer Art nach auch die hier geltend gemachten Schäden. Insofern kann für die Baugenehmigung nichts anderes gelten als für den Schutzzweck der oben (unter I 1 b) behandelten Amtspflichten bei der Bauleitplanung. Der Bauherr darf mithin darauf vertrauen, daß sich aus dem Baugrund keine aus für ihn nicht erkennbaren Bergbaumaßnahmen herrührenden Gefahren für die Standsicherheit des zu errichtenden Gebäudes ergeben, die der Baugenehmigungsbehörde bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen. Verfehlt die Baugenehmigung diesen Zweck, so haftet – bei Vorliegen auch der übrigen Anspruchsvoraussetzungen – die Anstellungskörperschaft für den hieraus entstandenen Schaden nach Amtshaftungsgrundsätzen. Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, daß diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind.
3. Neben Amtshaftungsansprüchen kommen gegen den Drittbeklagten außerdem Schadensersatzansprüche nach dem brandenburgischen Staatshaftungsgesetz in Frage, ohne daß es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand entscheidend hierauf ankäme. Die Erteilung einer Baugenehmigung stellt sich auch als Ausübung staatlicher Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 StHG dar und kann daher im Falle ihrer Rechtswidrigkeit Schadensersatzpflichten des jeweiligen „Organs” – hier des Landkreises – auslösen. Im Gegensatz zu § 839 BGB verzichtet der Tatbestand des § 1 Abs. 1 StHG allerdings auf einen Verschuldensnachweis. Unter den hier vorliegenden besonderen Umständen wird die Haftung des Beklagten zu 3 wegen der Erteilung von Baugenehmigungen im Ergebnis dadurch gleichwohl nicht gegenüber § 839 BGB erweitert. Der Senat hat sich mit einer tatsächlich und rechtlich vergleichbaren Problematik, bei der es um eine infolge späterer Aufdeckung von Altlasten rechtswidrige Baugenehmigung und eine hierauf gestützte, ebenfalls verschuldensunabhängige Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ging, bereits befaßt (BGHZ 123, 191, 196 ff.). Er hat dort entschieden, daß nach dem Schutzzweck von Baugenehmigungen eine Sonderbetrachtung hinsichtlich derjenigen Gefahren geboten sei, die sich aus dem Baugrund des Genehmigungsempfängers ergeben. Insoweit stehe bei der Genehmigungsentscheidung nicht die Kenntnis öffentlich-rechtlicher Vorschriften und deren richtige Anwendung im Vordergrund, sondern die Kenntnis oder das Kennenmüssen des konkreten Gefahrenpotentials. Wenn bei sorgfältiger, gewissenhafter Prüfung des Bauvorhabens in dieser Richtung keine Hinderungsgründe für die Erteilung der Genehmigung zutage getreten seien, verschaffe eine in Unkenntnis des in Wahrheit doch vorhandenen Gefahrenpotentials erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn keine „Verläßlichkeitsgrundlage” dahin, das Grundstück unbeschadet erst später entdeckter Gefahrenherde für bauliche Zwecke uneingeschränkt nutzen zu können. Andernfalls würde die unter solchen Umständen erteilte Baugenehmigung die Bedeutung einer öffentlich-rechtlichen „Garantie” für die unbedenkliche Nutzbarkeit des Baugrunds annehmen. Eine Überwälzung dieses – im Grundsatz den Eigentümer treffenden – Risikos auf die öffentliche Hand könne nur und erst dann stattfinden, wenn sie durch einen von dieser geschaffenen Zurechnungstatbestand gerechtfertigt werde; in Fällen erteilter Baugenehmigungen damit, daß die aus der Bodenverseuchung resultierende Gesundheitsgefahr im Genehmigungszeitpunkt unter Anlegung eines objektiven Sorgfaltsmaßstabs erkennbar gewesen sei.
Nichts anderes kann für Baugrundrisiken aus Bergbautätigkeiten und für das Staatshaftungsgesetz der ehemaligen DDR gelten. Haftungsbegründend ist hier deswegen nicht allein die aus einer etwaigen Gefährdung der Standsicherheit folgende Rechtswidrigkeit der Baugenehmigungen (vgl. §§ 3 Abs. 1, 15, 60 Abs. 2 BauO vom 20. Juli 1990, GBl. I S. 929); hinzukommen muß vielmehr eine Vernachlässigung des objektiven Sorgfaltsstandards durch die Baugenehmigungsbehörde. Diese Umstände wird das Berufungsgericht sowohl im Hinblick auf Amtshaftungsansprüche als auch für das Staatshaftungsgesetz zu prüfen haben. Daß im Streitfall der Zweck des im Staatshaftungsgesetz geforderten Vorverfahrens (§§ 5 Abs. 3, 6 a StHG) mindestens infolge der Ablehnung jeglicher Einstandspflicht durch den Beklagten zu 3 beachtet ist, steht nach mehrjähriger Prozeßdauer außer Frage, zumal eine Beschwerdeentscheidung nach § 6 StHG, auf die die Revisionserwiderung verweist, mit der Aufhebung dieser Bestimmung in Br. unter entsprechender Änderung des § 6 a StHG (Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Neuordnung der ordentlichen Gerichtsbarkeit und zur Ausführung des GVG vom 14. Juni 1993, GVBl. I S. 198) nicht mehr notwendig ist.
III.
Soweit eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 in Rede steht, ist nach alledem das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
C.
Ersatzansprüche gegen das beklagte Land
Im Ergebnis zu Recht hat hingegen das Berufungsgericht die gegen das beklagte Land gerichtete Klage abgewiesen.
1. Die Revision bittet unter Hinweis auf das Vorbringen der Kläger, das beklagte Land sei nach dem 1. Januar 1949 selbst Betreiber des Bergwerks gewesen, vorab um Prüfung, ob es infolgedessen schon nach den insoweit fortgeltenden (Anl. I Kap. V Sachgeb. D Abschn. III Nr. 1 Buchst. k Sätze 2 und 3 des Einigungsvertrags) §§ 18 und 20 des DDR-Berggesetzes zum Schadensersatz verpflichtet sei. Das ist schon aus prozessualen Gründen zu verneinen. Streitgegenstand war in den Tatsacheninstanzen – im Verhältnis zu dem Beklagten zu 1 – ausschließlich eine Haftung des Landes Br. aus Erklärungen oder Unterlassungen seiner Behörden im Zusammenhang mit der Ausweisung der bergschadengefährdeten Flächen als Baugebiet. Demgegenüber bezieht sich der jetzige Hinweis der Kläger auf eine Bergschadenshaftung des heutigen Landes Br. als angeblichen ehemaligen Bergwerksbetreiber auf einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt und bedeutet damit auch einen anderen Streitgegenstand. Aus diesem Grunde hatte das Berufungsgericht keinen Anlaß, sich mit einem solchen – ohnehin wenig naheliegenden – Ersatzanspruch zu befassen. In der Revisionsinstanz ist eine Klageänderung grundsätzlich unzulässig. Daher kann – von Ausnahmefällen abgesehen – die Klage auch nicht um einen neuen prozessualen Anspruch erweitert werden (BGH, Urteil vom 29. November 1990 - I ZR 45/89, NJW 1990, 1683, 1684; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 561 Rn. 10).
2. a) Soweit die Kläger das beklagte Land aus dem Gesichtspunkt falscher oder unzureichender Auskünfte in Anspruch nehmen, kommen nach Auffassung des Berufungsgerichts sowohl Amtshaftungs- als auch Staatshaftungsansprüche in Betracht: Die Schreiben des Provisorischen Geologischen Landesamts vom 8. Januar 1991 und vom 21. Juni 1991, mit denen sich die Revison allein befaßt, entfalteten den Klägern gegenüber jedoch keinerlei Drittschutz. Die Erklärung vom 21. Juni 1991 sei ausschließlich im Rahmen der Anhörung von Trägern öffentlicher Belange in bezug auf die Trinkwassergewinnung ergangen. Bei der unter dem 8. Januar 1991 vom Landesamt beantworteten Anfrage der Gemeinde vom 14. Dezember 1990 seien die Kläger nicht als interessierte Dritte erkennbar gewesen; für das Landesamt habe es sich vielmehr um eine Auskunft im Vorfeld des Planungsverfahrens gehandelt. Außerdem gehe es hierbei ebenfalls um rein verwaltungsinterne Vorgänge in Vorbereitung eines Bebauungsplans. Überdies sei bei wertender Betrachtung eine solche Auskunft für den Schaden der Kläger nicht kausal geworden, mindestens aber habe das Handeln oder Unterlassen der Gemeinde einen etwaigen Ursachenzusammenhang unterbrochen.
b) Es kann dahinstehen, inwieweit diesen Erwägungen gefolgt werden könnte. Die Klageabweisung erweist sich insofern bereits deshalb im Ergebnis als zutreffend, weil die beiden maßgebenden Schreiben des Provisorischen Geologischen Landesamts vom 8. Januar und 21. Juni 1991 inhaltlich nicht unrichtig, daher weder amtspflichtwidrig noch im Sinne des Staatshaftungsgesetzes rechtswidrig waren. Das kann der Senat selbst beurteilen, weil es sich um behördliche Bescheide handelt (vgl. BGHZ 13, 17, 19), im übrigen auch das Berufungsgericht eine eigene Auslegung unterlassen hat und weitere tatsächliche Feststellungen dafür nicht in Betracht kommen (vgl. hierzu etwa BGHZ 121, 284, 289; BGH, Urteil vom 16. November 1995 - IX ZR 148/94, NJW 1996, 661, 663).
Die Stellungnahme vom 8. Januar 1991 beantwortet die Anfrage der Gemeinde vom 14. Dezember 1990 nach der genauen Ausdehnung des „Bergschadensgebiets” zunächst zutreffend mit einer Bezugnahme auf die entsprechende bergbehördliche Festsetzung im Jahre 1976, wie sie aus der dem Schreiben beigefügten Karte hervorging. Abschließend verweist sie auf die eigene Unzuständigkeit des Landesamts und die Zuständigkeit des Bergamts S. für eine verbindliche Auskunft hinsichtlich aller im Bergschadensgebiet durchzuführenden Maßnahmen. Insbesondere dieser letzte Hinweis war bei verständiger Würdigung nur dahin zu verstehen, daß die vom Landesamt erteilte Auskunft insgesamt ohne eigene Prüfung erfolgt war und folglich nicht als gesichert angesehen werden durfte. Entsprechendes gilt für das Schreiben vom 21. Juni 1991, in dem das Provisorische Geologische Landesamt – wenn auch weniger deutlich – ebenfalls auf die Zuständigkeit des Bergamts S. verwiesen hat.
Bei dieser Sachlage wäre an eine Amtspflichtverletzung auf seiten des Provisorischen Geologischen Landesamts allenfalls dann zu denken, wenn sich dessen Bediensteten aufdrängen mußte, daß die 1976 von der Bergbehörde festgesetzten Grenzen des Bergschadensgebiets auf letztlich ungesicherten Annahmen beruhten und daß deswegen bei einer von der Gemeinde beabsichtigten Ausweisung des unmittelbar angrenzenden Geländes als Gewerbegebiet Gefahren für die Sicherheit von Menschen und Bauten drohten. In der Rechtsprechung des Senats ist als allgemeiner Grundsatz anerkannt, daß ein Beamter nicht sehenden Auges zulassen darf, daß der Bürger einen Schaden erleidet, den der Beamte mit einem kurzen Hinweis, einer Belehrung mit wenigen Worten oder einer entsprechenden Aufklärung über die Sach- und Rechtslage zu vermeiden in der Lage ist (Senatsurteil vom 17. Mai 1984 - III ZR 86/83, NJW 1985, 1335, 1337; vom 7. Dezember 1995 - III ZR 141/94, NVwZ 1996, 512, 514). Eine solche besondere Beratungspflicht setzt aber voraus, daß der Beamte die Tatsachen, deren Mitteilung von ihm erwartet wird, selbst kennt, mindestens, daß er dabei von ganz naheliegenden, einfachen Erkenntnismöglichkeiten keinen Gebrauch macht. Dafür, daß es sich auch im Streitfall so verhalten hätte, haben die Kläger jedoch nichts vorgetragen. Allein der Umstand, daß dem Provisorischen Geologischen Landesamt auch die bergkundliche Einschätzung der Bergbehörde St. vom 1. November 1976 zur Verfügung stand, aus der sich die Unsicherheiten in der damaligen Eingrenzung des Schadensgebiets ersehen ließen, reicht nicht aus.
Im Verhältnis zum beklagten Land kann die Revision somit keinen Erfolg haben.
Unterschriften
Rinne, Streck, Schlick, Kapsa, Dörr
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.07.1999 durch Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541257 |
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