Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlassung aus dem Richterverhältnis auf Probe
Tenor
Die Revision des Antragstellers gegen den Beschluß des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Rostock vom 27. November 1997 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der 1951 geborene Antragsteller legte 1977 in der ehemaligen DDR das juristische Staatsexamen ab und erwarb den akademischen Grad eines Diplomjuristen. In der Zeit von 1978 bis zur Auflösung der Vertragsgerichte im Jahre 1990 war er als Vertragsrichter tätig. Danach wurde er als zur Rechtsprechung ermächtigter Richter beim Kreisgericht N. eingesetzt. Am 14. November 1991 wurde er als Richter auf Probe in den Justizdienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern übernommen. In der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1994 war er bei der Kammer für Sozialrecht des Kreisgerichts N., später beim Sozialgericht N. und zwischenzeitlich – vom 4. Januar 1993 bis 31. März 1993 – beim S. Landessozialgericht tätig. Mit Wirkung vom 1. Juli 1994 wurde er an das Landgericht N. abgeordnet und dort überwiegend als beisitzender Richter in einer Zivilkammer eingesetzt.
Der Antragsteller wurde während der Probezeit mehrfach beurteilt. In der ersten Beurteilung vom 30. Juni 1992 bewertete die Präsidentin des Bezirksgerichts N. die Leistungen und Fähigkeiten des Antragstellers als „durchschnittlich”, das Verhalten zu anderen und seine Belastbarkeit als „gut durchschnittlich”. In der Gesamtbeurteilung heißt es:
„Herr R. ist ein interessierter Richter, der selbständig und kritisch denkt und eine gute Allgemeinbildung besitzt. In die neue Rechtsmaterie arbeitet er sich mit Fleiß ein. Er bereitet die anstehenden Verfahren gründlich vor und verhandelt ruhig und mit sozialem Verständnis für die Belange der Parteien. Er urteilt entschlußfreudig unter Berücksichtigung der herrschenden Rechtsprechung. Sein Dezernat hält er in Ordnung.”
Der Vorsitzende des 2. Senats des S. Landessozialgerichts kam in seiner Beurteilung vom 31. März 1993 zu dem zusammenfassenden Ergebnis:
„Nach dem gezeigten Lern- und Arbeitsverhalten sowie den Arbeitsergebnissen halte ich Herrn R. für fähig, den Anforderungen eines erstinstanzlichen Richters in der Sozialgerichtsbarkeit voll zu genügen.”
Der Präsident des Landessozialgerichts N. führte in seiner Beurteilung vom 30. August 1993 u.a. aus, da dem Antragsteller erst seit Juni 1993 ehrenamtliche Richter zur Seite stünden und er daher auch erst seit diesem Zeitpunkt Urteile sprechen könne, lägen noch nicht genügend schriftliche Beurteilungsgrundlagen vor, um seine Eignung als Kammervorsitzender abschließend beurteilen zu können. In seiner darauf folgenden Beurteilung vom 5. Juli 1994 kam er zu dem Ergebnis, dem Antragsteller habe es nicht gelingen können, sich in den zwei Jahren seiner Tätigkeit am Sozialgericht N. ausreichende juristische Fähigkeiten in dem sich auf Kenntnisse im bürgerlichen und Verwaltungsrecht aufbauenden Sozialrecht zu erarbeiten. Für eine Tätigkeit in dem rechtlich schwierigen, von seinen Rechtsgrundlagen teilweise rasch wechselnden Sonderrechtsgebiet des Sozialversicherungs- und sozialen Entschädigungsrechts mit seinen zahlreichen Auffächerungen sei der Antragsteller nicht geeignet.
Der Präsident des Landgerichts N. konnte in seiner Beurteilung vom 4. Januar 1995 eine Eignung des Antragstellers als Richter noch nicht feststellen. Am 21. August 1995 kam der Vizepräsident des Landgerichts N. zu dem Ergebnis, daß der Antragsteller als Richter auf Lebenszeit weiterhin nicht geeignet sei. Diese Beurteilung stützt sich auf einen Beurteilungsbeitrag des Kammervorsitzenden. Darin heißt es u.a.:
„Richter R. hat sich dem Arbeitsanfall eines voll belasteten Dezernats nicht immer gewachsen gezeigt. Seine Urteilsentwürfe wurden häufig nicht rechtzeitig vorgelegt. Die Frist des § 315 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist in einer Vielzahl von Fällen überschritten worden. Teilweise waren die Urteilsgründe nach Ablauf der absoluten Berufungsfrist noch nicht abgesetzt. Auch jetzt sind nicht alle fälligen Entscheidungen zur Geschäftsstelle gelangt, obwohl im Monat Mai 1995 nur zwei Kammersitzungen anberaumt und die Rückstände nach Angaben des Richters zuvor abgearbeitet waren. Zu verkündende Urteile werden in der Regel erst unmittelbar vor dem Termin handschriftlich vorgelegt, und zwar trotz mehrfachen, zuletzt schriftlichen Hinweises. In Einzelrichtersachen, die Herrn R. überwiegend noch vor meinem Dienstantritt übertragen worden sind, wurden zu verkündende Entscheidungen bisweilen erst Wochen nach dem Verkündungstermin gefertigt.
Die rechtlichen Ausführungen der Voten des Richters bestehen in aller Regel aus wenigen Sätzen, welche die tatsächlichen und rechtlichen Probleme nicht erschöpfen. Die Entscheidungsgründe der Urteilsentwürfe genügen nach Aufbau, Stil und Inhalt nicht durchschnittlichen Anforderungen. Sie bestehen weitgehend aus Leerformeln und lassen eine überzeugende, folgerichtig aufgebaute Begründung vermissen. Sie geben das Ergebnis der Beratung nicht immer zutreffend wieder. Aufbau und Formulierung der Tatbestände weisen ebenso Mängel auf. Mit rechtlich oder tatsächlich schwierigen Entscheidungen ist der Richter überfordert.
Auch in seinem Dezernat hat der Richter Rückstände von jetzt wieder mindestens drei Wochen, obwohl ihm mehrfach der gesamte Bestand an nicht erledigten Verfahren abgenommen und ihm aufgegeben worden war, jede Sache spätestens nach einer Woche zur Beratung zu stellen. Der tatsächliche Bestand an Rückständen wurde auf Befragen nicht immer offengelegt. Eilverfahren, die dem Richter zur Beratung oder zum Entwurf der Entscheidung übertragen worden sind, werden erst nach Tagen wieder vorgelegt, und zwar regelmäßig im Wege des Aktenzutrags. Trotz mehrfacher Aufforderung zur Benutzung des Diktiergerätes erstellt der Richter Entscheidungsentwürfe nahezu ausnahmslos handschriftlich.
Der persönliche Umgang mit dem Richter war stets angenehm. Vor allem seine Unzuverlässigkeit beeinträchtigt jedoch die Arbeit der Kammer erheblich. Nur durch ständige Überwachung und Intervention kann ein einigermaßen geregelter Geschäftsbetrieb erreicht werden. Da der Richter angebotene Hilfestellungen nur sehr zögerlich nutzt und auch seine Fortbildung nicht in sehr sinnvoller Weise betreibt, kann mit einer durchgreifenden Verbesserung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden.”
Am 26. September 1995 verfügte das Justizministerium gestützt auf § 22 Abs. 2 Nr. 1 DRiG die Entlassung des Antragstellers aus dem Richterverhältnis auf Probe mit Ablauf des 13. November 1995. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, der Antragsteller sei ausweislich der Beurteilungen vom 5. Juli 1994, 4. Januar 1995 sowie vom 21. August 1995 zur Wahrnehmung richterlicher Aufgaben nicht geeignet.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Antragstellers wies der Antragsgegner mit Bescheid vom 24. Juni 1996 zurück. In dem Bescheid wurde ausgeführt, daß bereits die letzte Beurteilung vom 21. August 1995 für sich genommen ausreichend sei, die fachliche Nichteignung des Antragstellers zu begründen. Der Beurteilungszeitraum sei ausreichend lang gewesen.
Dagegen hat der Antragsteller Klage vor dem Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Schwerin erhoben und beantragt, die Entlassungsverfügung vom 26. September 1995 und den Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1996 aufzuheben. Er hat insbesondere die Auffassung vertreten, die Gesamtheit der Beurteilungen lasse nicht die Schlußfolgerung zu, daß er für das Richteramt nicht geeignet sei. Völlig außer acht gelassen seien die durchweg positiven ersten Beurteilungen. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, daß er sich in der Zeit von September 1995 bis Juni 1996 positiv entwickelt habe.
Das Dienstgericht für Richter hat den Antrag des Antragstellers als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Die Entlassungsverfügung und der Widerspruchsbescheid verletzten den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide sei § 22 Abs. 2 Nr. 1 DRiG. Der Antragsteller sei – soweit das Dienstgericht dieses überhaupt prüfen könne – für das Richteramt nicht geeignet. Zu Recht habe der Antragsgegner darauf hingewiesen, daß bereits die letzte Beurteilung vom 21. August 1995 ausreichend sei, die Eignung des Antragstellers als nicht gegeben zu prognostizieren.
Der Antragsteller hat dagegen fristgerecht Berufung beim Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Rostock eingelegt. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt:
Das Dienstgericht habe den Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Beurteilung unzulässig weit gefaßt und verkannt, daß erhebliche Widersprüche in den Beurteilungen erkennbar seien. Die Sachaufklärung sei ungenügend. Fehlerhaft sei auch die Einschätzung des Dienstgerichts, die nach der Entlassungsverfügung erbrachten Leistungen seien nicht mehr entscheidungserheblich. Die Entlassungsverfügung sei im übrigen am 26. September 1996 nicht mehr zulässig gewesen, da zu dieser Zeit bereits fünf Jahre der Probezeit abgelaufen gewesen seien. Nach dem Richtergesetz der DDR (DDR-RiG) vom 5. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I S. 637) habe er nämlich einen gesetzlichen Anspruch auf Berufung zum Richter auf Zeit oder auf Probe gehabt. Die Berufung zum Richter auf Probe habe spätestens am 15. Januar 1991 erfolgen müssen. Zumindest sei aber zu berücksichtigen gewesen, daß seine richterliche Tätigkeit in der Zeit vom Inkrafttreten des DDR-RiG am 15. Juli 1990 bis zum 3. Oktober 1990 als anrechenbare Zeit auf die Probezeit dazu führe, daß die Entlassungsverfügung wegen Zeitablaufs nicht mehr zulässig gewesen sei.
Der Dienstgerichtshof für Richter hat die Berufung des Antragstellers ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluß vom 27. November 1997 zurückgewiesen. Er hat zur Begründung u.a. ausgeführt:
Maßgeblich für den Zeitpunkt der Entlassung sei gemäß § 22 Abs. 1, Abs. 2 DRiG allgemein, wann der Richter ernannt worden sei. Das sei hier der 14. November 1991 gewesen, so daß die Entlassung nach Ablauf von vier Jahren zum 13. November 1995 fristgemäß gewesen sei. – Eine ungenügende Sachaufklärung liege nicht vor. Das Dienstgericht habe zu Recht ausgeführt, daß bereits die letzte Beurteilung vom 21. August 1995 über die Zeit seit dem 1. Januar 1995 eine ausreichende Grundlage für die Verneinung der Eignung des Antragstellers darstelle. Frühere günstigere Beurteilungen, insbesondere aus der Anfangsphase in einer anderen Gerichtsbarkeit, stünden dem nicht entgegen, weil es auf die Entwicklungen der Leistungen des Antragstellers und den Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung ankomme. Auch die spätere Tätigkeit des Antragstellers sei demgemäß unerheblich, so daß eine vom Antragsteller insoweit beantragte ergänzende Beurteilung nicht in Betracht komme.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die – zugelassene – Revision des Antragstellers. Er macht die Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung aus formellen und materiellen Gründen geltend und rügt Verfahrensfehler des Gerichts.
Der Antragsteller beantragt,
- den angefochtenen Beschluß aufzuheben,
die Entlassungsverfügung vom 26. September 1995 aufzuheben,
hilfsweise, die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Vor einer Entscheidung über die Revision beantragt er, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Greifswald über die angegriffene dienstliche Beurteilung abzuwarten, da diese Entscheidung vorgreiflichen Charakter habe.
Der Antragsgegner hält das Verfahren des Dienstgerichtshofs für Richter für fehlerfrei, die Entlassungsverfügung für formell und materiell rechtmäßig und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Wegen der näheren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Revisionsbegründung vom 2. April 1998 und die Revisionserwiderung vom 26. Juni 1998 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Die auf § 22 Abs. 2 Nr. 1 DRiG gestützte Entlassung des Antragstellers aus dem Richterverhältnis auf Probe ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Die formellen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt.
a) Der Antragsteller wurde am 14. November 1991 zum Richter auf Probe ernannt. Seine Entlassung wurde wegen fachlicher Ungeeignetheit zum 13. November 1995 ausgesprochen, also mit Ablauf des vierten Jahres nach seiner Ernennung. Die Entlassungsverfügung wurde dem Antragsteller unter Beachtung der Frist von sechs Wochen vor dem Entlassungstag (§ 22 Abs. 5 DRiG) ausgehändigt.
b) Entgegen der Ansicht des Antragstellers hatte dieser keinen gesetzlichen Anspruch darauf, bis spätestens 15. Januar 1991 oder sonst zu einem früheren Zeitpunkt zum Richter auf Probe ernannt zu werden. Nach § 45 Abs. 2 i.V.m. § 50 DDR-RiG sollten die Berufungsverfahren der Richter bis zum 15. Januar 1991 abgeschlossen sein. Der Einigungsvertrag (Anlage I Kap. III Sachgeb. A Abschnitt III Nr. 8 lit. o) hat diese Übergangsfrist nicht nur bis zum 14. April 1991 verlängert, sondern auch die ursprünglich zwingende Norm des § 45 Abs. 2 Nr. 1 DDR-RiG in eine Sollvorschrift umgewandelt. Damit entfiel ein fester Zeitpunkt für den Fristablauf (vgl. BVerfG DtZ 1993, 20, 21; Fastenrath DtZ 1991, 429).
Im Einigungsvertrag ist auch nicht bestimmt, daß Zeiten der Tätigkeit als zur Rechtsprechung ermächtigter Richter auf die spätere Probezeit anzurechnen sind. Dies ist auch sachgerecht. Der Status der zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigten Richter, die noch nicht in ein Richteramt berufen worden waren, unterschied sich wesentlich von dem des Proberichters (vgl. BVerfG NJ 1993, 123, 125; Bischoff NJ 1992, 300), dessen Fähigkeiten in besonderer Weise erprobt und beurteilt werden.
2. a) Die Rüge, der Dienstgerichtshof habe im vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß entschieden, ohne den Antragsteller zuvor zu dieser Absicht zu hören, greift nicht durch.
Der Vorsitzende des Dienstgerichtshofs hat dem Antragsteller mit Verfügung vom 31. Juli 1997 u.a. mitgeteilt:
„Außerdem weise ich vorsorglich darauf hin, daß der Dienstgerichtshof über die Berufung gemäß §§ 45 Abs. 1 S. 1 RiG MV, 130 a VwGO durch Beschluß entscheiden kann, wenn er sie einstimmig für begründet oder unbegründet hält. Das Einverständnis der Beteiligten zu dieser Vorgehensweise ist nicht erforderlich. Sie erhalten aber Gelegenheit, sich binnen 2 Monaten nach Zustellung dieser Verfügung abschließend zu äußern.”
Die Anhörungsmitteilung ist dem Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers entgegen seiner Darstellung auch zugegangen. Die entsprechende Verfügung des Vorsitzenden des Dienstgerichtshofs (Bl. 60 d.A.) ist ausgeführt worden. Die Vertreterin des Antragsgegners hat den Zugang einer Ausfertigung der Anhörungsmitteilung in der mündlichen Verhandlung vor dem Dienstgericht des Bundes nachgewiesen. Der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers hat – ebenso wie in dem insoweit gleichgelagerten Verfahren RiZ (R) 4/98 – den Empfang durch Empfangsbekenntnis vom 4. August 1997 bestätigt (Bl. 61 d.A.).
Die Anhörungsmitteilung genügt den Anforderungen der §§ 130 a, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Das Gericht muß danach den Beteiligten mitteilen, daß es eine Entscheidung durch Beschluß ohne mündliche Verhandlung erwägt und daß sich die Parteien dazu äußern können. Die Mitteilung kann ergehen, bevor sich das Gericht mit der Sache befaßt hat (vgl. zu § 125 VwGO BVerwGE 57, 272, 275; Mayer-Ladewig in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 130 a Rdn. 9 m.w.Nachw.). Das ist geschehen. Eines Hinweises, daß das Berufungsgericht bereits konkret die Absicht ins Auge gefaßt hatte, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, bedurfte es nicht. Es genügte, daß der Antragsteller über die Möglichkeit der prozessualen Erledigung seiner Berufung informiert wurde. Ihm war damit Gelegenheit gegeben, durch erneute Stellungnahme das Berufungsgericht davon zu überzeugen, daß die Sache einer Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung bedürfe.
b) Entgegen der von der Revision in diesem Zusammenhang geäußerten Ansicht mußte der Dienstgerichtshof auch nicht über einen Beweisantrag vorab entscheiden, den der Antragsteller außerhalb einer mündlichen Verhandlung in der Berufungsschrift gestellt hatte. Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 2 VwGO liegt insoweit nicht vor (vgl. BVerwG NVwZ 1992, 890; Redecker/von Oertzen, VwGO 12. Aufl. § 86 Rdn. 13).
3. Nicht zu beanstanden ist schließlich, daß die Entscheidung des Dienstgerichtshofs – was für die Prüfung in der Revisionsinstanz unterstellt werden kann – aufgrund schriftlicher Beratung und Abstimmung, also im sogenannten Umlaufverfahren ergangen ist. Diese Verfahrensweise ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn sämtliche an der Entscheidung beteiligten Richter damit einverstanden sind (vgl. BVerwG, Buchholz § 130 a VwGO Nr. 2). Der Antragsteller hat nicht dargelegt, daß diese Voraussetzung bei der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vorgelegen hat.
4. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Entlassungsverfügung auch als materiell-rechtmäßig angesehen. Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß bei einer nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 DRiG erfolgten Entlassung eines Richters auf Probe zum Ablauf des (3. oder) 4. Jahres nach seiner Ernennung die Entlassungsbehörde einen Beurteilungsspielraum hat, so daß die Gerichte nur nachprüfen können, ob sie den Begriff der Eignung und den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (BGH, Urteile vom 1. März 1976 - RiZ (R) 2/75, DRiZ 1976, 317, 318, vom 25. August 1992 - RiZ (R) 2/92, Urteilsumdruck S. 8 und vom 22. September 1998 - RiZ (R) 2/97, Urteilsumdruck S. 12). Derartige Fehler in der Beurteilung der Eignung des Antragstellers hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; sie werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
Die Entlassungsbehörde hat sich zur Begründung ihrer Entlassungsverfügung maßgebend auf die zuletzt erstellte dienstliche Beurteilung vom 21. August 1995 gestützt, in der die Eignung des Antragstellers für das Richteramt aufgrund seiner als Beisitzer in einer Zivilkammer gezeigten Leistungen verneint wurde. Daß diese Bewertung auf sachfremden Erwägungen beruhe, insbesondere von einem tatsächlich unrichtigen Sachverhalt ausgehe, behauptet die Revision selbst nicht. Sie vertritt lediglich – verbunden mit einer Aufklärungsrüge – die Auffassung, insgesamt ergebe sich aus den Beurteilungen aller Personal- und Befähigungsnachweise nicht die zwingende Erkenntnis der Ungeeignetheit. Wenn die Revision damit auf frühere Bewertungen aus der Anfangsphase der Probezeit in einer anderen Gerichtsbarkeit abstellt, übersieht sie, daß der Leistungsgegenstand entscheidend sein muß, den der Richter auf Probe vor der Entscheidung der Frage, ob er zum Richter auf Lebenszeit ernannt werden soll, erreicht hat. Wenn aber der dies beurteilende Dienstvorgesetzte die Eignung des Richters auf Probe aufgrund der von diesem gezeigten Leistungen verneint und kein vernünftiger Anlaß besteht, die Zuverlässigkeit dieser Beurteilung zu bezweifeln, insbesondere keine Bedenken hinsichtlich der Sachkunde, Sorgfalt oder Unvoreingenommenheit des Beurteilenden oder an der an der Richtigkeit der von ihm verwendeten Maßstäbe bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1975 - RiZ 1/75, DRiZ 1976, 23, 24), kann von einem rechtswidrigen Gebrauch des der Entlassungsbehörde zustehenden Beurteilungsspielraums keine Rede sein.
Eine funktionsfähige Rechtspflege, die der Staat zu gewährleisten hat, erfordert Richter, die bereit und in der Lage sind, die ihnen übertragenen Aufgaben eigenverantwortlich und unter Berücksichtigung der Arbeitsbelastung zügig zu erledigen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1976 - RiZ 2/75, DRiZ 1976, 317, 318). An das Pflicht- und Verantwortungsbewußtsein sowie an die Einsatzbereitschaft eines Richters sind angesichts der richterlichen Unabhängigkeit, die die Einflußmöglichkeiten des Dienstherrn erheblich einschränkt, hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1998 - RiZ (R) 2/97, Urteilsumdruck S. 11).
Ein Richter auf Probe, der – wie der Antragsteller – nach mehrjähriger richterlicher Tätigkeit durch Unzuverlässigkeit die Arbeit einer Zivilkammer erheblich beeinträchtigt, weil er u.a. häufig Urteilsentwürfe nicht rechtzeitig und Urteilsgründe nicht fristgerecht absetzt, so daß nur durch ständige Überwachung und Intervention ein einigermaßen geregelter Geschäftsbetrieb erreicht werden kann, wird diesen Anforderungen nicht gerecht und ist für die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit nicht geeignet. Der Antragsgegner überschritt jedenfalls nicht den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum, wenn er deswegen den Antragsteller aus dem Richterverhältnis auf Probe entließ.
5. a) Die Rüge, der Dienstgerichtshof habe seine Aufklärungspflicht verletzt (§ 66 Abs. 1 DRiG i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO), greift nicht durch. Der Antragsgegner hätte hierzu konkret darlegen müssen, daß ausgehend von der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Dienstgerichtshofs eine weitere Sachverhaltsaufklärung sich habe aufdrängen müssen. Hierzu wären sowohl die noch aufzuklärenden Umstände als auch die dafür in Frage kommenden Beweismittel anzugeben gewesen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 11. Aufl. § 133 Rdn. 14; BVerwG DVBl. 1993, 955; BGH, Urteil vom 30. März 1987 - RiZ (R) 5/86, Urteilsumdruck S. 10). Daran fehlt es hier. Der Antragsgegner trägt mit der Revision keine Anhaltspunkte in diesem Sinne vor, die einen Widerspruch zu den Tatsachenfeststellungen des Dienstgerichtshofs schlüssig offenlegen würden. Seine Ausführungen beschränken sich auf die allgemein gehaltene Beanstandung, es seien „Beurteilungslücken zu schließen” gewesen und die Akten, auf welche sich die letzte Beurteilung stützt, hätten beigezogen werden müssen. Der Antragsteller führt insbesondere nicht aus, aufgrund welcher Umstände der Dienstgerichtshof zwingend zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 46).
b) Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, daß er nach der Entlassungsverfügung einwandfreie Arbeit geleistet habe, ist dieses Vorbringen unerheblich. Nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit der Entlassung aus einem Richterverhältnis auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an. Umstände, die erst danach eingetreten sind, sind grundsätzlich unbeachtlich (BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - RiZ (R) 3/95, DRiZ 1996, 454 m.w.Nachw.). Es kam deshalb auch nicht darauf an, ob der Präsident des Landessozialgerichts M. – wie unter Beweis gestellt – in einer Rundfunksendung geäußert habe, der Antragsteller werde der zweite ehemalige DDR-Richter sein, der in der Sozialgerichtsbarkeit des Landes tätig sei und der im Sommer 1994 zum Richter auf Lebenszeit ernannt werde.
6. Dem Antrag des Antragstellers, das Verfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Greifswald über die angegriffene dienstliche Beurteilung auszusetzen, war nicht zu entsprechen.
Der Antragsteller hat im einzelnen den Inhalt des vor dem Verwaltungsgericht anhängigen Verfahrens nicht mitgeteilt und in der Revisionsbegründung keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen sich die Vorgreiflichkeit der ausstehenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 66 Abs. 1 DRiG i.V.m. §§ 80 Abs. 1 Satz 1, 94 VwGO) ergeben könnte.
II.
Die Revision des Antragstellers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Revisionsverfahren entsprechend §§ 13 Abs. 4 Satz 1 lit. b, 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GKG auf 41.277,54 DM festgesetzt.
Unterschriften
Erdmann, Siol, Nobbe, Boetticher, Solin-Stojanovic
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 13.01.1999 durch Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen