Leitsatz (amtlich)
Die Gesellschafter einer handelsrechtlichen Personengesellschaft können die Gesellschaft selbst ermächtigen, Aufnahmeverträge mit weiteren Kommanditisten im eigenen Namen mit Wirkung für alle Gesellschafter abzuschließen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die auf die Aufnahme einer größeren Anzahl von Kommanditisten gerichtet ist, die auch in der Öffentlichkeit geworben werden. Das im Gesellschaftsvertrag mit 22,8 Mio DM festgelegte Kommanditkapital soll im wesentlichen von neu eintretenden Kommanditisten erbracht werden (die Gründungsgesellschafter haben nur 100.000 DM übernommen). Der Beklagte erklärte am 30. Juli 1973 gegenüber der Klägerin seinen Beitritt. Die formularmäßige Beitrittserklärung hat der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH im Namen der Klägerin am 31. Juli 1973 angenommen. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 15. Dezember 1973.
Mit Schreiben vom 3. September 1973 – im Anschluß an eine Gesellschafterversammlung, in der sein Sohn als Gesellschafter anwesend war – und 8. Februar 1974 teilte der Beklagte mit, er ziehe seine Beitrittserklärung zurück, weil bereits bei Abgabe dieser Erklärung wesentliche Punkte des Zeichnungsprospekts nicht realisierbar gewesen seien. Er werde die Rechtslage auch unter dem Gesichtspunkt des Betruges prüfen lassen.
Der Klage auf Zahlung der am 10. Dezember 1973 fälligen Einlage von 100.000 DM nebst Zinsen hat das Landgericht stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Aufnahmevereinbarung nicht zustande gekommen. Anders als in den Verträgen vergleichbarer Kommanditgesellschaften enthalte der Gesellschaftsvertrag der Klägerin keine Bevollmächtigung der persönlich haftenden Gesellschafterin zur Aufnahme weiterer Kommanditisten. Nach § 5 Abs 3 des Gesellschaftsvertrags sollten zwar die Kommanditisten zur Erleichterung des Verkehrs mit dem Registergericht die persönlich haftende Gesellschafterin in besonderen Urkunden bevollmächtigen, sie bei allen Anmeldungen zum Handelsregister zu vertreten (insbesondere bei der Aufnahme und dem Ausscheiden von Gesellschaftern). Es könne auch angenommen werden, daß damit eine Ermächtigung zum Abschluß von Beitrittsverträgen habe erteilt werden sollen. Die Klägerin habe jedoch nicht dargetan, daß die Kommanditisten eine solche Vollmacht tatsächlich erteilt hätten. Dagegen spreche insbesondere, daß das dem Zeichnungsprospekt beigefügte Formular einer Vollmacht die Klägerin nur ermächtige, die Kommanditisten gegenüber dem Registergericht zu vertreten.
Die Revision wendet hiergegen insbesondere ein, schon aus der Struktur und Organisation einer Massengesellschaft, die hier gegeben sei, ergebe sich, daß die Gesellschaft und ihre persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt sein sollen, im Rahmen des gesellschaftsvertraglich festgelegten Kommanditkapitals weitere Kommanditisten aufzunehmen. Ein solcher Parteiwille werde in dem vom Berufungsgericht angeführten § 5 Abs 3 des Gesellschaftsvertrags vorausgesetzt.
2. Es bedarf keiner Entscheidung der Frage, unter welchen Voraussetzungen in einer Massengesellschaft der hier vorliegenden Art auch ohne ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Vereinbarung angenommen werden kann, daß die Komplementär-GmbH oder die Gesellschaft selbst zur Aufnahme weiterer Kommanditisten ermächtigt sind. Im vorliegenden Falle ist nach dem bisherigen Sachvortrag eine Aufnahmevereinbarung schon aus folgenden Gründen zustande gekommen:
a) Der Eintritt in eine Personengesellschaft bedarf zwar grundsätzlich eines Vertragsschlusses mit allen bisherigen Gesellschaftern. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch die Aufnahme neuer Gesellschafter erleichtern, insbesondere, wie es bei den vom Berufungsgericht angeführten vergleichbaren Gesellschaften regelmäßig geschieht, die persönlich haftende Gesellschafterin ermächtigen, nach ihrer Wahl mit weiteren Kommanditisten deren Beitritt zur Gesellschaft zu vereinbaren. Das erforderliche Einverständnis der übrigen Gesellschafter mit dem Eintritt neuer Gesellschafter ist in einem solchen Falle – in zulässiger Weise – im voraus erteilt worden. Der Abschluß des Aufnahmevertrags mit den übrigen Gesellschaftern kommt dann im Regelfalle dadurch zustande, daß sich die persönlich haftende Gesellschafterin im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen mit dem neu eintretenden Gesellschafter auch im Namen der übrigen Gesellschafter über die Aufnahme einigt (SenUrt v 17.11.75 – II ZR 120/74, WM 1976, 15).
b) Im vorliegenden Falle ergibt sich eine Ermächtigung der übrigen Gesellschafter – wenn auch nur zugunsten der Gesellschaft selbst –, weitere Gesellschafter durch den Abschluß von Beitrittsverträgen aufzunehmen, allerdings nicht aus § 5 Abs 3 des Gesellschaftsvertrags, sondern daraus, daß das Formular einer Beitrittserklärung mit der Bestimmung, die „Beitrittserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Annahme durch die Gesellschaft”, wie nach dem bisherigen Prozeßstand anzunehmen ist, den Aufnahmeverträgen zugrunde gelegt und dementsprechend von allen Kommanditisten unterzeichnet worden ist, die der Gesellschaft nach ihrer Gründung beigetreten sind. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob diese Bestimmung der Beitrittserklärung Teil des Gesellschaftsvertrags geworden ist, obwohl die Formvorschriften des § 15 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags nicht eingehalten wurden. Sie wirkt jedenfalls als Einzelermächtigung für und gegen die Kommanditisten. Denn in der Zustimmung zur Klausel, daß die Annahme der Beitrittserklärung zu ihrer Wirksamkeit (nur) der Annahme durch die Gesellschaft bedarf, liegt in einem Falle wie dem vorliegenden die Erklärung des Einverständnisses damit, daß die Gesellschaft im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Grenzen weitere Gesellschafter in gleicher Weise aufnimmt, dh Beitrittsverträge im eigenen Namen – mit Wirkung für den so Ermächtigenden – abschließt.
Soweit die Gesellschafter nicht unmittelbar durch Abschluß dieses formularmäßigen Beitrittsvertrags Mitglied der Klägerin geworden sind, wie – worauf das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang hinweist – die beiden Gründergesellschafter, ergibt sich die Billigung und die Bestätigung dieser Klauseln daraus, daß diese das Formular in Verkehr gebracht und im Regelfalle auch die Beitrittserklärungen – wie die des Beklagten selbst – angenommen haben. Mit dieser Regelung wird überdies für den Fall des Neueintritts von Gesellschaftern im wesentlichen nur das wiederholt, was der Gesellschaftsvertrag unmittelbar für den Fall vorsieht, daß die Neuaufnahme eines Gesellschafters im Zusammenhang mit dem Ausscheiden eines anderen Gesellschafters vorgenommen wird: Nach § 11 Abs 1a des Gesellschaftsvertrags wird in einem solchen Falle die Neuaufnahme eines Gesellschafters dadurch bewirkt, daß die entsprechenden Erklärungen gegenüber der „Geschäftsleitung” abgegeben werden.
c) Unter diesen Umständen erhebt sich die Frage, ob die Neuaufnahme von Gesellschaftern über das Senatsurteil vom 17. November 1975 (aaO) hinaus dadurch erleichtert werden kann, daß die Gesellschaft das Aufnahmerecht erhält. Das ist zu bejahen: Es sprechen keine durchschlagenden Gründe dagegen, die Gesellschaft selbst und ihre Geschäftsführung zum Abschluß neuer Aufnahmeverträge zu ermächtigen. Mit der im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses abgegebenen Einverständniserklärung hat der Gesellschafter zum Ausdruck gebracht, daß er seiner Gesellschaft und ihrer Geschäftsführung das notwendige Vertrauen entgegenbringt und ihnen das Recht einräumt, weitere Gesellschafter durch Abschluß entsprechender Verträge aufzunehmen. Insoweit besteht kein grundsätzlicher Unterschied zu der vom Senat für zulässig erachteten Ermächtigung eines Mitgesellschafters.
Schließlich können auch keine Bedenken dagegen erhoben werden, daß die Gesellschafter die Gesellschaft ermächtigen, die Aufnahmeverträge nicht im Namen aller Gesellschafter, sondern im eigenen Namen mit Wirkung für alle Gesellschafter zu schließen. Der Eintritt der neuen Gesellschafter vollzieht sich dann unmittelbar durch den Abschluß des Aufnahmevertrags mit der Gesellschaft. Da die Gesellschafter auch insoweit das erforderliche Einverständnis im voraus erteilt haben, sind sie – aufgrund der erteilten Ermächtigung – gebunden, wenn sich die Aufnahme im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen hält.
d) Der Beklagte ist hiernach rechtswirksam Kommanditist der Klägerin geworden. Seine Beitrittserklärung ist von dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH im Namen der Klägerin angenommen worden. Dieser hat sich hierbei unstreitig an die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags gehalten, insbesondere die aus § 4 folgenden Beschränkungen hinsichtlich der Höhe des neu aufzunehmenden Kommanditkapitals beachtet.
3. Das angefochtene Urteil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht bestehen bleiben. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt vielmehr von der Frage ab, ob der Beklagte noch Gesellschafter ist und die volle Einlage schuldet oder – wie er behauptet – arglistig getäuscht worden ist, damit einen wichtigen Grund zum Ausscheiden hatte, aus diesem Grunde sein Beteiligungsverhältnis wirksam gekündigt hat und welchen Ausgleichsbetrag er schuldet (vgl hierzu insbes BGHZ 63, 338, 344ff; SenUrt v 14.12.72 – II ZR 82/70 u v 27.2.75 – II ZR 77/73, LM HGB § 132 Nr 3 u Nr 4). Da die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen bisher nicht getroffen worden sind, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 650048 |
DB 1978, 291 |
NJW 1978, 1000 |
DNotZ 1978, 246 |