Leitsatz (amtlich)
a) Bestellt der Verkäufer eines Grundstücks zugunsten eines Gläubigers des Käufers eine Grundschuld an dem Kaufgrundstück, ohne daß die Zahlung des Kaufpreises gewährleistet ist, erbringt er eine ungesicherte Vorleistung.
b) Weiß ein Urkundsbeteiligter, daß er eine ungesicherte Vorleistung erbringt, kann der Urkundsnotar im Einzelfall dennoch verpflichtet sein, die Beteiligten über naheliegende Möglichkeiten zur Vermeidung oder Verminderung des Risikos zu beraten.
Normenkette
BeurkG § 17 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 15 U 83/96) |
LG Kassel (Aktenzeichen 15 U 83/96) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an den 25. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger und Dr. B. K. waren je zur Hälfte Eigentümer des im Grundbuch von H. Bl. … eingetragenen bebauten Grundstücks. Das auf Bl. … eingetragene unbebaute Nachbargrundstück gehörte dem Kläger allein. Das Grundstück von Bl. … war unter anderem in Abteilung III unter den laufenden Nr. 1 bis 6 mit Grundschulden in Höhe von jeweils 150.000 DM zugunsten des Klägers belastet. Das Grundstück von Bl. … war unbelastet.
Mit Kaufvertrag vom 15. Juni 1989, den der verklagte Notar beurkundete, verkauften der Kläger und Dr. K. (nachfolgend: die Verkäufer) die Grundstücke lastenfrei an die S. A. P. GmbH & Co. A. und P. KG in Gründung (im folgenden: KG oder Käuferin). Die Käuferin beabsichtigte, das vorhandene Gebäude zu einem Alten- und Pflegeheim umzubauen. Der Kaufpreis für beide Grundstücke zusammen betrug 1.420.000 DM. Davon sollte der Kläger 733.500 DM erhalten. Die Käuferin verfügte über keine Eigenmittel. Der 75 Tage nach Abschluß des Vertrages fällige Kaufpreis sollte durch die Einlagen der anzuwerbenden Kommanditisten aufgebracht werden.
Als im Herbst 1989 bei der Käuferin Liquiditätsprobleme auftraten, bot ihr die W. H. AG (im folgenden: WHB) an, den Umbau unter Absicherung durch eine erstrangige Grundschuld über nominal 5,8 Mio. DM an dem Kaufobjekt zu finanzieren. Die Verkäufer teilten der Käuferin mit Schreiben vom 9. September 1989 mit, sie seien bereit, ihr – unter anderem durch Stundung einer Restkaufpreisforderung – entgegenzukommen. Der gestundete Betrag sollte nach einem bestimmten Aufteilungsschlüssel aus den eingehenden Kommanditeinlagen getilgt werden. Bis dahin sollten die für den Kläger eingetragenen Grundschulden – im Range nach der nunmehr für die WHB einzutragenden Grundschuld – als Sicherheit einstweilen bestehenbleiben.
Am 13. September 1989 schlossen die Kaufvertragsparteien zur Urkunde des Beklagten einen den Kaufvertrag ändernden Vertrag. Darin verpflichtete sich die Käuferin, 171.500 DM am 15. Oktober 1989 und 50.000 DM am 15. November 1989 an den Kläger zu zahlen. Den ihm hernach noch zustehenden Restbetrag stundete der Kläger bis zum 31. Dezember 1990 unter der Voraussetzung, daß die Käuferin auf dem Kaufgrundstück ein Alten- und Pflegeheim errichtete. Für den Fall, daß der Kaufpreis bis zum 31. Dezember 1990 nicht gezahlt wurde, sollten die Regelungen des ursprünglichen Kaufvertrages wieder gelten.
Am gleichen Tage beurkundete der Beklagte die Bestellung einer Gesamtgrundschuld auf beiden Grundstücken zugunsten der WHB in Höhe von 5,8 Mio. DM, wobei der Kläger und Dr. K. die Eintragung dieser Grundschuld im Range vor den zugunsten des Klägers eingetragenen Grundschulden beantragten. Die Grundschuld Nr. 1 wurde am 4. Oktober 1989 gelöscht. Die Grundschulden Nr. 2 bis 6, deren Löschung der Kläger bereits im Rahmen des Kaufvertrages bewilligt hatte, blieben zunächst eingetragen.
Im Herbst 1990 mußte die Käuferin bzw. deren Betreibergesellschaft, die S. A. P. B. mbH, neue Kredite aufnehmen. Am 31. Oktober 1990 bestellten die Verkäufer eine weitere Gesamtgrundschuld in Höhe von 1,9 Mio. DM zugunsten der WHB und am 7. Dezember 1990 eine Gesamtgrundschuld in Höhe von 800.000 DM zugunsten der L. K. (nachfolgend: LKK). Dabei traten die Verkäufer sämtliche ihnen jetzt oder in Zukunft gegen die Gläubiger vor- oder gleichrangiger Grundschulden zustehenden Ansprüche an die LKK ab. Am 2. Januar 1991 wurden die in Abteilung III Nr. 3 bis 6 für den Kläger eingetragenen Grundschulden gelöscht. Am selben Tage wurden die Grundschulden über 1,9 Mio. DM und 800.000 DM eingetragen.
Nachdem die Käuferin insgesamt 328.500 DM an den Kläger entrichtet hatte, wurde sie zahlungsunfähig. Die WHB betrieb aus ihrer Grundschuld über 5,8 Mio. DM die Zwangsversteigerung der beiden Grundstücke. Diese wurden am 18. Februar 1994 einem Dritten zugeschlagen. Nach Abzug der Kosten entfiel der Versteigerungserlös auf die WHB und die LKK. Die für den Kläger noch eingetragene Grundschuld Nr. 2 wurde nicht berücksichtigt. Die Käuferin, deren Komplementär-GmbH und die Betreibergesellschaft sind vermögenslos.
Der Kläger begehrt wegen seines noch offenen Anteils am Restkaufpreisanspruch von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 404.000 DM. Seine Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Revision verfolgt er sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine etwaige Amtspflichtverletzung des Beklagten im Zusammenhang mit der Bestellung der Grundschuld über 5,8 Mio. DM für die WHB habe sich nicht ausgewirkt, weil der Kläger sich des mit der Bestellung der Grundschuld verbundenen Risikos voll bewußt gewesen sei. Ihm sei bekannt gewesen, daß die Käuferin über keinerlei Eigenmittel verfügt habe und daß das Darlehen über 5,8 Mio. DM nicht zur Zahlung des Kaufpreises, sondern ausschließlich für Investitionen in das Grundstück habe verwendet werden sollen. Er habe gewußt, daß die Grundschuld die erste Rangstelle erhalten werde und daß im Falle einer Zwangsversteigerung zunächst die WHB befriedigt werden würde. Er habe zwar gehofft, daß das Grundstück dank der darauf mit Hilfe der Darlehensvaluta getätigten Investitionen an Wert gewinnen werde, so daß im Falle einer Verwertung auch noch der Restkaufpreis gedeckt sei. Dennoch sei er sich des Risikos bewußt gewesen, das Grundstück zu verlieren, ohne den Restkaufpreis zu erhalten, falls die erhoffte Wertsteigerung nicht eintrat. Ein Fehlverhalten des Beklagten bei der Bestellung dieser Grundschuld sei auch deswegen nicht schadensursächlich geworden, weil der Versteigerungserlös ausgereicht hätte, wenn nicht neben der Grundschuld über 5,8 Mio. DM noch die weitere über 800.000 DM hätte bedient werden müssen. Auf eine dingliche Absicherung des Kaufpreisanspruchs, deren rechtliche Möglichkeit zweifelhaft erscheine, habe der Beklagte nicht hinwirken müssen, weil der Kläger auf eine derartige Absicherung gerade verzichtet habe, um der WHB die erste Rangstelle zu verschaffen. Eine Vereinbarung des Inhalts, daß die Darlehensvaluta von der WHB erst nach Bezahlung des Kaufpreises an die Käuferin ausgezahlt werden dürfe, hätte dem Willen aller Beteiligten widersprochen. Falls es von dem Beklagten pflichtwidrig gewesen sei, nicht darauf hingewirkt zu haben, daß die von den angeworbenen Dritten geleisteten Kommanditeinlagen auf ein Notaranderkonto gezahlt wurden, sei auch diese Unterlassung nicht schadensursächlich geworden. Unter Zugrundelegung der Regelung, die in dem Schreiben vom 9. September 1989 enthalten gewesen sei, wären dem Kläger nur 20.000 DM zugeflossen. Tatsächlich habe er aus den Kommanditeinlagen aber weit mehr, nämlich mindestens 107.000 DM, erhalten.
Falls es bei der Bestellung der Grundschuld über 800.000 DM für die LKK zu Pflichtverletzungen des Beklagten gekommen sei, hätten auch diese nicht zu dem geltend gemachten Schaden geführt. Denn ohne diese Grundschuld hätte die LKK den entsprechenden Kredit nicht ausgezahlt und ohne diesen hätte das Altenheim nicht in Betrieb genommen werden können. Dann wäre das Projekt schon in einem früheren Stadium gescheitert. Die Behauptung des Beklagten, seinerzeit hätten in der Zwangsversteigerung allenfalls 5 Mio. DM erlöst werden können, habe der Kläger nicht widerlegt. Dann hätte er ebenfalls nichts erhalten, weil der Erlös allein der WHB – aufgrund ihrer Grundschuld über 5,8 Mio. DM – zugeteilt worden wäre.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Der Beklagte hat schuldhaft den Belehrungspflichten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO) nicht genügt, die den Urkundsnotar treffen, wenn die Beteiligten eine ungesicherte Vorleistung der einen Seite vereinbaren.
a) Falls ein Urkundsbeteiligter eine ungesicherte Vorleistung erbringen soll, die als solche nicht ohne weiteres erkennbar ist, trifft den Notar gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG eine doppelte Belehrungspflicht. Er hat nach der Rechtsprechung des Senats über die Folgen zu belehren, die im Falle der Leistungsunfähigkeit des durch die Vorleistung Begünstigten eintreten, und Wege aufzuzeigen, wie diese Risiken vermieden werden können (BGH, Urt. v. 21. März 1989 - IX ZR 155/88, NJW-RR 1989, 1492, 1494; v. 27. Oktober 1994 - IX ZR 12/94, NJW 1995, 330, 331; v. 2. Juli 1996 - IX ZR 299/95, WM 1996, 2071; v. 15. Januar 1998 - IX ZR 4/97, WM 1998, 783, 784).
Zwar hat der Senat in einem vergleichbaren Fall dem Notar zugebilligt, er habe keinen Anlaß zu der Vermutung gehabt, dem Grundstücksverkäufer, der zugunsten des Käufers eine Grundschuld für ein nicht der Kaufpreisfinanzierung dienendes Darlehen bestelle, drohe ein Schaden, mit dem er nicht rechne; eine Pflicht, Sicherungsmöglichkeiten aufzuzeigen, hat der Senat damals verneint, weil die Pflicht zur Unparteilichkeit vorgehe (BGH, Urt. v. 3. Juli 1986 - IX ZR 51/85, WM 1986, 1283, 1285 m. Anm. Reithmann WuB VIII A. § 14 BNotO 1.86). Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung hat der Senat die Pflicht zur Belehrung über die Gefahren ungesicherter Vorleistungen aber noch nicht der Rechtsbelehrungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, sondern der erweiterten Belehrungspflicht analog § 14 BNotO zugerechnet. Dieser Standpunkt ist seit dem Jahre 1987 aufgegeben (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1987 - IX ZR 181/86, WM 1988, 337, 340; v. 21. März 1989 - IX ZR 155/88, WM 1989, 822, 824 m. Anm. Reithmann EWiR 1989, 533; v. 6. Oktober 1988 - IX ZR 142/87, WM 1988, 1752, 1754 m. Anm. Ganter EWiR 1989, 13).
b) Der Kläger hat eine ungesicherte Vorleistung erbracht.
Ursprünglich war eine Vorleistung zwar nicht vorgesehen gewesen. Nach § 4 Buchst. c des Kaufvertrages vom 15. Juni 1989 war Voraussetzung für die Zahlung der Käuferin, daß die lastenfreie Eigentumsumschreibung gewährleistet war. Nach § 5 sollte die Übergabe der Kaufgrundstücke am Tage der Kaufpreiszahlung erfolgen. Die Eigentumsumschreibung sollte erst veranlaßt werden, nachdem die Kaufpreiszahlung nachgewiesen war.
Mit der Beurkundung der Stundungsvereinbarung vom 13. September 1989 und der Grundschuldbestellung vom selben Tage wurde diese Sicherung aber außer Kraft gesetzt. Von nun an riskierte der Kläger, sein Eigentum aufgrund von Verwertungsmaßnahmen des Grundschuldgläubigers zu verlieren, ohne sicher sein zu können, daß er den Kaufpreis erhielt. Bestellt der Veräußerer eines Grundstücks eine wertausschöpfende Grundschuld zugunsten eines Gläubigers des Erwerbers, kommt dies einer Übereignung an diesen nahe, weil sich der Erwerber den wirtschaftlichen Wert des Grundstücks bereits jetzt zunutze macht. Diese Vorleistung des Veräußerers ist ungesichert, wenn die Zahlung des Kaufpreises durch den Erwerber an den Veräußerer nicht gewährleistet ist. Hier war dies nicht der Fall, weil die einzige Sicherheit des Klägers, seine Eigentümergrundschulden, zum einen wegen ihres Rangs und zum anderen deswegen untauglich war, weil der Eigentümer aus einer ihm zustehenden Grundschuld nicht die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung betreiben kann (§ 1197 Abs. 1 BGB).
c) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wußte der Kläger zwar, daß er im Begriff war, eine ungesicherte Vorleistung zu erbringen. Solange aber nicht auszuschließen war, daß er das Risiko als unvermeidlich ansah, mußte ihn der Beklagte über Sicherungsmöglichkeiten belehren, die sich aus dem Inhalt des Geschäfts ergaben, für den Notar erkennbar sowie für den anderen Vertragsbeteiligten zumutbar waren.
d) Im vorliegenden Fall bestand die naheliegende Möglichkeit, den Kläger mit Hilfe der Einzahlungen zu sichern, die auf die Kommanditanteile der noch zu werbenden Gesellschafter geleistet werden sollten. Zu diesem Zweck hätten die Anteile auf ein Notaranderkonto eingezahlt werden können. Sich darauf einzulassen, war für die Käuferin jedenfalls dann zumutbar, wenn von Anfang an abgesprochen war, daß die Verkäufer aus den Kommanditanteilen befriedigt werden sollten. Davon geht das Berufungsgericht aus. Es meint jedoch, daß der Restkaufpreisanspruch des Klägers gleichwohl nicht erfüllt worden wäre, weil ihm nach dem Inhalt des Schreibens der Verkäufer an die Käuferin vom 9. September 1989 lediglich 20.000 DM zugeflossen wären. Dieses Schreiben war aus mindestens zwei Gründen kein Hindernis, die Kommanditeinlagen für eine Sicherung und Befriedigung des Klägers einzusetzen. Zum einen enthielt es auch nach dem Vortrag des Beklagten keine abschließende Vereinbarung über die Verwendung der Kommanditeinlagen. Denn nach seiner Darstellung wurde nach dem Zugang jenes Schreibens zwischen den Vertragsparteien weiterverhandelt. Diese Verhandlungen führten – so hat der Beklagte vorgetragen – zu der am 13. September 1989 beurkundeten Stundungsvereinbarung, die sich wesentlich von dem Inhalt des Schreibens vom 9. September 1989 unterscheidet. Zum zweiten wäre eine außerhalb der notariell beurkundeten Stundungsvereinbarung fortdauernde Übereinkunft mit dem Inhalt des Schreibens vom 9. September 1989 gemäß § 313 Satz 1 BGB formnichtig gewesen, weil sie den notariellen Kaufvertrag ändern sollte, ohne selbst notariell beurkundet zu sein.
Falls das Berufungsgericht das Schreiben vom 9. September 1989 lediglich als Indiz dafür wertet, daß der Kläger bereit gewesen ist, der Käuferin entgegenzukommen, und daß er deshalb eine Anregung des Beklagten, sich die Zahlungen der Kommanditisten zu sichern, nicht oder jedenfalls nicht weitergehend als in dem Schreiben konzipiert aufgegriffen hätte, könnte dem ebensowenig zugestimmt werden. Das Entgegenkommen der Verkäufer sollte in jedem Falle zeitlich beschränkt nur bis zum 31. Dezember 1990 gelten. So lange wollten der Kläger und der Miteigentümer Dr. K. ihre Forderungen stunden. Zumindest auf die in dem genannten Zeitpunkt vorhandenen und die später eingezahlten Kommanditeinlagen hätte der Kläger zugreifen können. Daß er davon abgesehen hätte, ist nach der Lebenserfahrung nur für den Fall anzunehmen, daß der Beklagte ihm eine für ihn noch günstigere Alternative vorgeschlagen hätte.
Der Sicherung und Befriedigung des Klägers aus den Kommanditeinlagen hätte auch der Kapitalaufbringungsgrundsatz nicht entgegengestanden. Nach allgemeiner Meinung ist die Forderung einer GmbH auf Einzahlung der Stammeinlage jedenfalls dann abtretbar (§ 398 BGB) und verpfändbar (§ 1274 BGB), wenn der Gesellschaft eine werthaltige Gegenleistung zufließt (BGHZ 69, 274, 282; BGH, Urt. v. 15. Juni 1992 - II ZR 229/91, NJW 1992, 2229; Hachenburg/Ulmer, GmbHG § 19 Rdnr. 118, 120; Rowedder, GmbHG 3. Aufl. § 19 Rdnr. 59; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 3. Aufl. S. 1115 ff). Nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister kann auch die Unterscheidung zwischen der nach § 7 Abs. 2 GmbHG vor der Anmeldung einzuzahlenden Mindesteinlage und der Resteinlage (dazu Scholz/Schneider, GmbHG 8. Aufl. § 19 Rdnr. 147; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14. Aufl. § 19 Rdnr. 26) keine Rolle mehr spielen (BGH, Urt. v. 15. Juni 1992 aaO). Für eine GmbH & Co. KG können die Anforderungen nicht strenger sein (vgl. Lutter/Hommelhoff, § 30 GmbHG Rdnr. 41). Im vorliegenden Fall hätte die Käuferin dafür, daß sie an den Kläger die Einlagenforderungen abtrat, eine vollwertige Gegenleistung insofern bekommen, als ihr durch die Auflassungsvormerkung begründetes Anwartschaftsrecht auf Erwerb des Eigentums an den Grundstücken im selben Umfang werthaltig wurde. Im selben Maße baute die Käuferin ihre Kaufpreisverbindlichkeit ab.
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, ob dem Beklagten die Absicht der Käuferin, den Kaufpreis mit Hilfe der Kommanditeinlagen zu finanzieren, bekannt oder zumindest erkennbar war. Im Rahmen des Revisionsverfahrens kann die Erkennbarkeit demgemäß nicht ausgeschlossen werden.
e) War die Sicherungsmöglichkeit erkennbar gegeben, hätte der Beklagte den Urkundsbeteiligten in dieser Richtung sachdienliche Vorschläge unterbreiten müssen. Daß er dies getan habe, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und der Beklagte nicht vorgetragen.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht verneint werden. Insgesamt wurden Kommanditeinlagen in Höhe von 1,7 Mio. DM an die Käuferin gezahlt. Daraus hätte der Restkaufpreis ohne weiteres aufgebracht werden können. Das Berufungsgericht wird festzustellen haben, ob der Käger einen Hinweis des Beklagten, daß jener durch die Einzahlungen der Kommanditisten gesichert werden könne, aufgegriffen hätte. Dabei mag dem Kläger der Anscheinsbeweis (sog. Vermutung beratungsgerechten Verhaltens) zugute kommen. Weiter ist festzustellen, ob sich die Käuferin einem entsprechenden Sicherungsbegehren des Klägers gebeugt hätte und ab welchem Zeitpunkt bzw. in welcher Höhe die Einzahlungen diesem Zweck unterstellt worden wären. Je nachdem muß weiter festgestellt werden, in welchem Umfang Einzahlungen, die dieser Zweckbestimmung unterlegen hätten, tatsächlich geleistet worden sind. Falls das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß die Käuferin – trotz der Absprache, die Verkäufer aus den Kommanditeinlagen zu befriedigen – diese nicht als Sicherheit zur Verfügung gestellt hätte, ist festzustellen, ob der Kläger auch dann an dem Geschäft festgehalten oder von diesem Abstand genommen hätte. Falls das Berufungsgericht die sonstigen Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten bejahen sollte, wird es noch der Fage nachgehen müssen, ob dem Kläger eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zusteht (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO).
III.
Da sich das angefochtene Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 563 ZPO), ist es aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die bisher unterbliebenen Feststellungen getroffen werden. Bei der Zurückverweisung macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Unterschriften
Paulusch, Kirchhof, Fischer, Zugehör, Ganter
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.04.1999 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539387 |
BB 1999, 1523 |
DB 1999, 2631 |
NJW 1999, 2188 |
BauR 2000, 304 |
EBE/BGH 1999, 172 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1336 |
WuB 1999, 1067 |
ZAP 1999, 553 |
ZfIR 1999, 430 |
DNotZ 2001, 473 |
VersR 1999, 983 |
VuR 1999, 323 |
NotBZ 1999, 173 |
ZNotP 1999, 330 |