Leitsatz (amtlich)
1. Die Anfechtung eines Erwerbs von Grundschulden an einem in Deutschland belegenen Grundstück, die ein deutscher Schuldner einer von ihm beherrschten ausländischen Gesellschaft (hier: Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaates Hawaii) übertragen hat, richtet sich nach deutschem Recht.
2. Der Anfechtungsgläubiger, der eine objektive Gläubigerbenachteiligung darzulegen und zu beweisen hat, genügt dieser Last, indem er vorträgt und notfalls beweist, daß der Anfechtungsgegner einen Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners ohne angemessene Gegenleistung erlangt hat. Es ist dann Sache des Anfechtungsgegners, im einzelnen Tatsachen vorzubringen, aus denen er anfechtungsrechtlich beachtliche Einwände herleitet.
Normenkette
EGBGB Art. 3 ff.; AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
OLG Zweibrücken |
LG Frankenthal (Pfalz) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 11. Juni 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die beklagte Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaates Hawaii, die ihren Sitz in Honolulu hat, wird von der deutschen Klägerin nach dem Anfechtungsgesetz in Anspruch genommen aufgrund eines Schuldtitels gegen den deutschen Präsidenten der Beklagten (fortan: Schuldner).
1. Ende 1991 bot der Schuldner als Geschäftsführer einer GmbH der Klägerin an, ihr über eine Gesellschaft in Honolulu/Hawaii, deren Präsident er war, einen Unternehmenskredit japanischer Investoren zu vermitteln. Der Kredit sollte ausgezahlt werden an eine Gesellschaft nach dem Recht von Hawaii, die von der Klägerin zu diesem Zweck Anfang 1992 mit Unterstützung des Schuldners gegründet wurde. Dafür zahlte die Klägerin – gemäß einer Rechnung der Beklagten – an den Schuldner im Februar 1992 39.064 US-Dollar. Daraufhin wurde der Klägerin durch eine weitere in Honolulu ansässige Gesellschaft ein Kredit von 4 Mio. US-Dollar zugesagt, aber nicht ausgezahlt. Im Juni 1992 kündigte diese Gesellschaft den Kredit wegen „Nichteinhaltung vertraglich vereinbarter Verpflichtungen”.
Wegen eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB; § 826 BGB) auf Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 97.770,20 DM erwirkte die Klägerin gegen den Schuldner am 2. März 1993 einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart über eine entsprechende Forderung nebst Zinsen und Kosten. Durch Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 10. März 1994 wurde ein Einspruch des Schuldners gegen den Vollstreckungsbescheid als unzulässig verworfen.
2. Der Schuldner ist seit 1977 Eigentümer eines Hausgrundstücks in Deutschland. Dieses war in Abt. III Nr. 1-8 des Grundbuchs mit Grundschulden belastet. Am 28. Februar 1990 ließ der Schuldner Eigentümergrundschulden in Höhe von insgesamt 1,2 Mio. DM eintragen (Abt. III Nr. 9-14 des Grundbuchs) und trat diese an die – 1990 gegründete – Beklagte ab; die Abtretungen wurden am 13. Januar 1992 im Grundbuch eingetragen.
Im Oktober 1993 wurden zugunsten der Klägerin aufgrund ihrer Titelforderung Zwangshypotheken über 100.000 DM und 5.199,53 DM an dem Grundstück des Schuldners eingetragen (Abt. III Nr. 15, 16 des Grundbuchs).
3. Der Schuldner war ständig in der Bundesrepublik Deutschland gemeldet; zeitweise war er auf Hawaii. Dort wurde er Ende 1993 verhaftet und an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. Er befindet sich in Untersuchungshaft, weil gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren – u.a. wegen des vorliegenden Sachverhalts – anhängig ist.
4. Die Klägerin begehrt von der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück des Schuldners ohne Berücksichtigung der ihr abgetretenen Grundschulden zu dulden und darin einzuwilligen, daß ein auf diese Rechte entfallender Zwangsversteigerungserlös in Höhe von 143.381,62 DM nebst Zinsen an sie – die Klägerin – auszuzahlen ist. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Da die Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, mußte auf Antrag der Revisionsklägerin durch Versäumnisurteil entschieden werden. Dieses Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern berücksichtigt den gesamten derzeitigen Sach- und Streitstand (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f).
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache (§§ 564, 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO); von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO wird Gebrauch gemacht.
I.
1. Die Vorinstanzen sind ohne Erörterung – im Ergebnis zu Recht – davon ausgegangen, daß die deutschen Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig sind.
Die internationale Zuständigkeit ist in jedem Verfahrensabschnitt, auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urt. v. 23. September 1993 – XI ZR 206/92, NJW 1993, 3135). § 549 Abs. 2 ZPO, der die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges der revisionsrechtlichen Prüfung entzieht, gilt nicht – auch nicht entsprechend – für die internationale Zuständigkeit (BGHZ 115, 90, 91; vgl. BGHZ 134, 127, 129 f).
a) Ein internationales Abkommen oder ein bilateraler Vertrag, der die internationale Zuständigkeit vorrangig regelt (vgl. BGHZ 134, 127, 133), besteht für den vorliegenden Streitfall nicht.
b) Die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts wird regelmäßig durch dessen örtliche Zuständigkeit indiziert (BGHZ 115, 90, 91 f; 134, 116, 117; BGH, Urt. v. 17. Februar 1997 – II ZR 343/95, NJW 1997, 2245, jeweils m.w.N.).
aa) Das Landgericht hat – mit Billigung des Berufungsgerichts – seine örtliche Zuständigkeit nach § 23 Satz 1 Fall 1 ZPO bejaht, weil das Grundstück, an dem ein Vermögen der Beklagten in Gestalt der streitgegenständlichen Grundschulden bestehe, sich in seinem Bezirk befinde. Dies ist zutreffend.
bb) Die Indizwirkung der örtlichen Zuständigkeit für die internationale Zuständigkeit gilt auch für den Gerichtsstand des Vermögens, falls – gemäß dem Sinn und Zweck des § 23 ZPO – neben der Vermögensbelegenheit ein hinreichender Inlandsbezug des Rechtsstreits gegeben ist (BGHZ 115, 90, 92 ff). Dies ist hier der Fall, weil der deutsche Schuldner die Grundpfandrechte der Beklagten unstreitig nach deutschem Recht übertragen hat.
2. Die Vorinstanzen sind ferner ohne weiteres – im Ergebnis ebenfalls zu Recht – davon ausgegangen, daß auf den eingeklagten Anfechtungsanspruch deutsches Recht anzuwenden ist.
Nach dem maßgeblichen deutschen Internationalen Privatrecht ist deutsches Anfechtungsrecht dann anzuwenden, wenn darauf alle wesentlichen Verhältnisse persönlicher und sachlicher Art zwingend hinweisen. Dies kann der Fall sein, wenn die dem Anfechtungsanspruch zugrundeliegende Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner aus unerlaubter Handlung stammt und sich nach deutschem Recht richtet, Gläubiger und Schuldner ein gemeinsames Personalstatut haben und der Schuldner seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat (BGHZ 78, 318, 321 f).
Im vorliegenden Falle weisen alle wesentlichen Anknüpfungspunkte auf das deutsche Anfechtungsrecht hin. Die dem Klageanspruch zugrundeliegende Forderung der Klägerin gegen den Schuldner stammt aus unerlaubter Handlung, die nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch im Inland begangen worden ist; darüber ist ein deutscher Schuldtitel erwirkt worden. Gläubiger und Schuldner sind deutsche Staatsangehörige und haben ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Unstreitig hat die Beklagte die streitgegenständlichen Grundschulden an dem in Deutschland belegenen Grundstück vom Schuldner nach deutschem Recht erworben.
II.
1. Die Vorinstanzen haben die Klageanträge rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, daß die Klägerin gemäß §§ 1 ff, 7 AnfG erreichen will, aufgrund ihrer Grundpfandrechte die Zwangsvollstreckung in das Grundstück des Schuldners zu betreiben, ohne dabei durch die vorrangigen Grundschulden der Beklagten (§ 879 BGB) beeinträchtigt zu werden.
Diesem Ziel, die Zugriffslage wiederherzustellen, die ohne die nach dem Klagevortrag anfechtbare Handlung bestünde (vgl. BGHZ 123, 183, 185), dient in erster Linie der Klageantrag, die Beklagte zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück des Schuldners „ohne Berücksichtigung” der ihr übertragenen „Eigentümergrundschulden” des Schuldners zu verurteilen. Diese Grundpfandrechte stehen nunmehr der Beklagten als Fremdgrundschulden zu (§§ 1191, 1192 BGB). Geht einem Sicherungsrecht des Anfechtungsgläubigers ein anfechtbar erworbenes dingliches Recht eines anderen an einem Grundstück vor, so begründet der Anfechtungsanspruch nach § 7 AnfG grundsätzlich (nur) die schuldrechtliche Verpflichtung des Anfechtungsgegners, von seinem anfechtbar erlangten Recht keinen Gebrauch zu machen (BGHZ 130, 314, 324 ff; BGH, Urt. v. 9. Mai 1996 – IX ZR 50/95, WM 1996, 1245, 1246). Eine entsprechende Verurteilung der Beklagten erstrebt die Klägerin; im weiteren Berufungsverfahren hat sie Gelegenheit, dies in ihren Anträgen klarzustellen.
Der weitere Klageantrag, die Beklagte zu verurteilen, in die Auszahlung eines auf ihre Grundschulden entfallenden Versteigerungserlöses in Höhe der Forderung der Klägerin gegen den Schuldner an diese einzuwilligen, soll den geltend gemachten Anfechtungsanspruch – im Rahmen des § 7 AnfG – ergänzen. Damit will die Klägerin erreichen, daß sie bei der Verteilung eines Versteigerungserlöses gemäß §§ 117 ff ZVG vor der Beklagten zu berücksichtigen ist und nicht auf einen Widerspruch gegen den Teilungsplan gemäß §§ 115 Abs. 1 ZVG, 876 ff ZPO verwiesen wird (vgl. BGHZ 130, 314, 325). Auch dies kann die Klägerin noch klarstellen.
2. Das Berufungsgericht hat eine Anfechtungsbefugnis der Klägerin gemäß § 2 AnfG unterstellt; davon ist im Revisionsverfahren auszugehen.
Den geltend gemachten Anfechtungsgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG hat das Berufungsgericht verneint und dazu ausgeführt: Die Klägerin habe nicht schlüssig dargetan, daß sie durch die angefochtene Übertragung der Grundschulden objektiv benachteiligt worden sei. Der Wert des Grundstücks des Schuldners von angeblich mindestens 1,8 Mio. DM sei durch die Grundpfandrechte über mehr als 2 Mio. DM, die denjenigen der Klägerin vorgingen, erschöpft gewesen. Es komme aber nicht auf den nominellen Wert der Grundpfandrechte an, sondern auf die gesicherten Forderungen. Die Klägerin habe „indessen” vorgetragen, daß die Forderungen, die durch die in Abt. III Nr. 1-3 des Grundbuchs eingetragenen Grundschulden gesichert seien, zum Großteil getilgt worden seien; dies werde bezüglich der in Abt. III Nr. 3 eingetragenen Grundschuld über nominell 295.200 DM durch überreichte Unterlagen bestätigt. Zu den Grundschulden, die an die Beklagte abgetreten worden seien, habe die Klägerin „sogar” behauptet, daß insoweit keine gesicherten Forderungen der Beklagten gegen den Schuldner bestünden. Den Vortrag der Beklagten, die Abtretungen seien erfolgt, weil der Schuldner für Gesellschaftsverbindlichkeiten aufkommen müsse, habe sich die Klägerin auch nicht hilfsweise zu eigen gemacht. Danach ergebe ihr Vorbringen nicht, daß die von ihr angefochtenen Rechtshandlungen die Zugriffslage zu ihrem Nachteil verändert haben.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3. Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht die Anforderungen an die Last der Klägerin, eine objektive Gläubigerbenachteiligung darzulegen, verkannt hat.
Jeder Anfechtungsanspruch setzt voraus, daß durch die angefochtene Rechtshandlung des Schuldners die Möglichkeit des Gläubigers, sich aus dem Schuldnervermögen zu befriedigen, beeinträchtigt worden ist. Genügt für einen Anfechtungstatbestand – wie für denjenigen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG – eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, so reicht es aus, wenn die angefochtene Rechtshandlung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsprozesses die Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers erschwert oder vereitelt hat (BGHZ 128, 184, 190 und BGH, Urt. v. 3. März 1988 – IX ZR 11/87, WM 1988, 799, 801 m.w.N. zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG). Eine solche Benachteiligung des Gläubigers fehlt, wenn der Schuldner einen wertausschöpfend belasteten Gegenstand überträgt, aus dem der Gläubiger sich auch ohne dessen Übertragung nicht hätte befriedigen können (BGHZ 90, 207, 212; 104, 355, 357). Ob ein Grundstück wertausschöpfend dinglich belastet ist, richtet sich nicht nach dem Nominalbetrag der Grundpfandrechte, sondern nach der tatsächlichen Höhe der Forderungen, die durch diese Grundstücksrechte gesichert werden (BGH, Urt. v. 24. September 1996 – IX ZR 190/95, NJW 1996, 3341, 3342). Die Darlegungs- und Beweislast für eine objektive Gläubigerbenachteiligung trägt der anfechtende Gläubiger (BGH, Urt. v. 3. März 1988, aaO).
a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin schlüssig dargelegt, daß ihre Möglichkeit, sich aufgrund ihrer Zwangshypotheken aus dem Grundstück des Schuldners zu befriedigen, durch die Übertragung der vorrangigen, in Abt. III Nr. 9-14 des Grundbuchs eingetragenen Grundschulden der Beklagten beeinträchtigt worden ist.
Die Klägerin hat unter Beweisantritt vorgebracht, die – gegenüber den Grundschulden der Beklagten vorrangigen – Grundpfandrechte in Abt. III Nr. 1-8 des Grundbuchs valutierten noch in Höhe von insgesamt 615.618,92 DM ohne Zinsen; der Verkehrswert des Grundstücks betrage dagegen mindestens 1,8 Mio. DM und werde selbst bei voller Valutierung dieser Rechte nicht ausgeschöpft.
Bei Richtigkeit dieses Vortrags ist die Klägerin durch die angefochtene Übertragung der Eigentümergrundschulden über insgesamt 1,2 Mio. DM an die Beklagte insoweit benachteiligt worden, als diese Grundpfandrechte den restlichen Grundstückswert aufzehren. Dafür brauchte die Klägerin nicht, wie das Berufungsgericht möglicherweise gemeint hat, weiterhin darzulegen, daß der Schuldner von der Beklagten keine angemessene Gegenleistung erhalten habe. Die Beklagte hat selbst eine Gegenleistung nicht substantiiert behauptet.
b) Sollte das Berufungsgericht – nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen und wegen seiner Formulierungen („indessen, sogar”) – der Ansicht sein, eine Benachteiligung der Klägerin liege nur insoweit vor, als die vorrangigen Grundschulden Forderungen sichern, so würde dies auf einem Mißverständnis anfechtungsrechtlicher Grundsätze beruhen. Es ist gerade der Zweck des Anfechtungsrechts, sachlich ungerechtfertigte Rechtshandlungen des Schuldners, durch die sein Vermögen verkürzt wird, rückgängig zu machen. Sollten die von der Beklagten erworbenen Grundschulden keine Forderung gegen den Schuldner sichern, so würden sie dennoch die Befriedigung der Klägerin aus dem Grundstück des Schuldners erschweren und deswegen diese benachteiligen. Eine Grundschuld, die keine Forderung voraussetzt (§ 1192 BGB), bleibt bei einer Zwangsversteigerung bestehen, wenn sie nach §§ 44 Abs. 1, 59 ZVG in das geringste Gebot fällt und nicht durch Zahlung zu decken ist (§ 52 Abs. 1 ZVG); in diesem Falle verringert sich zu Lasten nachrangiger Grundpfandgläubiger der Versteigerungserlös, weil der Ersteher diese Grundstücksbelastung übernehmen muß. Erlischt die Grundschuld dagegen durch den Zuschlag im Versteigerungsverfahren (§ 91 Abs. 1 ZVG), so begründet sie im Wege der dinglichen Surrogation ein gleichrangiges, in den Teilungsplan aufzunehmendes Recht auf Befriedigung aus dem Erlös (§§ 92 Abs. 1, 105 ff, 114 ZVG; vgl. BGHZ 133, 51, 56). Ein nachrangiger Grundpfandgläubiger, der gegenüber einer vorrangigen Grundschuld ein besseres Recht – etwa aufgrund eines Anfechtungsanspruchs – hat, kann dieses dann nur durch Widerspruch gegen den Teilungsplan (§§ 115 Abs. 1 ZVG, 876 ZPO), in der Regel durch Klage gemäß §§ 115 Abs. 1 ZVG, 878 ZPO durchsetzen. Die sich daraus ergebende Gläubigerbenachteiligung durch eine anfechtbare Übertragung der Grundschulden an die Beklagte ist Gegenstand der Klage. Davon zu trennen ist die Frage, ob eine Gläubigerbenachteiligung von vornherein ausscheidet, weil der übertragene Gegenstand wegen einer wertausschöpfenden Belastung für einen Vollstreckungszugriff ungeeignet war.
c) Sollte das Berufungsgericht, wie die Revision meint, der Ansicht sein, die Klägerin habe für eine Gläubigerbenachteiligung nicht die genaue Valutierung der vorrangigen Grundschulden der Beklagten vorgetragen, so hat es die Darlegungslast der Klägerin überspannt.
Schon nach den allgemeinen Vorschriften des § 138 Abs. 1-3 ZPO kann der Gegner der darlegungs- und beweispflichtigen Prozeßpartei gehalten sein, auf Behauptungen dieser Partei mit näheren Angaben zu erwidern, wenn er – anders als diese Partei – alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm eine Substantiierung zuzumuten ist (BGHZ 100, 190, 195 f; 116, 47, 56; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1986 – IVb ZR 78/85, NJW 1987, 1201; v. 11. Juni 1990 – II ZR 159/89, NJW 1990, 3151 f). Diesem Grundsatz entspricht es, daß derjenige, der für einen Anfechtungsanspruch eine objektive Gläubigerbenachteiligung darzulegen und zu beweisen hat, dieser Last genügt, indem er vorträgt und notfalls beweist, daß der Anfechtungsgegner einen Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners ohne angemessene Gegenleistung erlangt hat; es ist dann Sache des Anfechtungsgegners, im einzelnen Tatsachen vorzutragen, aus denen er anfechtungsrechtlich beachtliche Einwände herleitet (BGH, Urt. v. 11. Juli 1991 – IX ZR 230/90, ZIP 1991, 1014, 1018; v. 11. Juni 1992 – IX ZR 147/91, ZIP 1992, 1008, 1010; v. 15. Dezember 1994 – IX ZR 18/94, WM 1995, 503, 506, jeweils zur Konkursanfechtung).
Die Klägerin hat eine objektive Gläubigerbenachteiligung dargelegt, weil die Beklagte nach dem bisher vorgetragenen Sachverhalt dem Schuldner keine Gegenleistung für die Übertragung der Grundschulden erbracht hat. Soweit die Beklagte rechtserhebliche Einwände aus ihrem Vorbringen herleiten will, sie habe Forderungen gegen den Schuldner gehabt und dieser habe sie – die Beklagte – sanieren wollen, hat diese die erforderlichen und zumutbaren substantiierten Angaben zu machen. Dazu kann die Klägerin aus eigener Kenntnis nichts beitragen.
III.
Für die weitere Behandlung der Sache wird auf folgendes hingewiesen:
1. Die Klägerin hat eine Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens im Sinne des § 2 AnfG dargelegt und sich auf Vollstreckungsakten bezogen. Da die Beklagte diesem Vorbringen entgegengetreten ist, hat der Tatrichter zu entscheiden, ob er den – der Klägerin obliegenden – Beweis aufgrund von Beweisanzeichen oder eines Anscheinsbeweises als geführt ansieht (§ 286 ZPO; vgl. BGH, Urt. v. 27. September 1990 – IX ZR 67/90, ZIP 1990, 1420, 1421; v. 25. Juni 1992 – IX ZR 4/91, NJW 1992, 2421, 2422); maßgeblich ist dafür der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz dieses Rechtsstreits (RGZ 155, 42, 45; Kilger/Huber, AnfG 8. Aufl. § 2 Anm. II 1 c, V 5).
2. Für den Anfechtungsgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG hat die Klägerin weiterhin darzulegen und zu beweisen, daß der Schuldner – zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung der Abtretung der Grundschulden an die Beklagte im Grundbuch (§§ 1154, 1192 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 30. Januar 1997 – IX ZR 89/96, WM 1997, 545, 548; v. 4. Dezember 1997 – IX ZR 47/97, WM 1998, 248) – die Absicht hatte, seine Gläubiger zu benachteiligen, und daß die Beklagte diese Absicht gekannt hat (vgl. BGH, Urt. v. 3. März 1988, aaO 802).
Die Gläubigerbenachteiligung muß nicht das Ziel des Schuldners sein; es genügt für eine entsprechende Absicht, wenn der Schuldner, falls sein Handeln auf einen anderen Zweck gerichtet ist, eine Gläubigerbenachteiligung als mögliche Folge seines Vorgehens erkennt und billigend in Kauf nimmt (BGHZ 130, 314, 319; BGH, Urt. v. 4. Dezember 1997, aaO 251). Hat der Schuldner ein inkongruentes Deckungsgeschäft vorgenommen, auf das der Begünstigte – hier die Beklagte – keinen Rechtsanspruch hatte, so kann darin ein Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht liegen (BGH, Urt. v. 12. November 1992 – IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 279, auch zur Bedeutung eines Sanierungsversuchs; v. 30. Januar 1997, aaO 547). Bei einem kongruenten Deckungsgeschäft bestehen erhöhte Anforderungen an die Darlegung und den Beweis einer Absicht der Gläubigerbenachteiligung (BGH, Urt. v. 18. April 1991 – IX ZR 149/90, NJW 1991, 2144, 2145; v. 18. Februar 1993 – IX ZR 129/92, ZIP 1993, 521, 522; v. 16. Juni 1994 – IX ZR 94/93, WM 1994, 1775, 1778).
a) Die Klägerin hat eine Absicht des Schuldners, mit der Übertragung der Grundschulden an die Beklagte seine Gläubiger zu benachteiligen, unter Beweisantritt schlüssig dargelegt.
Sie hat behauptet: Damals sei der Schuldner allein Geschäftsführer der Beklagten gewesen. Einziger Zweck der Beklagten sei gewesen, die betrügerischen Geschäfte des Schuldners mit zahlreichen Kreditinteressenten und Kapitalanlegern abzuwickeln. Dieser habe sein Grundstück vor dem Zugriff der Geschädigten sichern wollen, indem er es mit Eigentümergrundschulden belastet und diese sodann an die – von ihm beherrschte – Beklagte abgetreten habe.
Ein Beweisanzeichen für die Richtigkeit dieses Vorbringens ergibt sich daraus, daß die Übertragung der Grundschulden nach dem bisher vorliegenden Sach- und Streitstand eine inkongruente Deckung war.
b) Eine Absicht des Schuldners, mit diesem Geschäft seine Gläubiger zu benachteiligen, hat die Beklagte gekannt, weil ihr Organ der Schuldner war (vgl. BGHZ 41, 282, 287; 78, 318, 331; 109, 327, 331).
Unterschriften
Paulusch, Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof, Zugehör
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.12.1998 durch Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 609769 |
BB 1999, 556 |
DB 1999, 528 |
EWiR 1999, 673 |
KTS 1999, 221 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 226 |
WuB 1999, 523 |
ZAP 1999, 105 |
ZIP 1999, 196 |
ZfIR 1999, 275 |
IPRax 2000, 531 |
MDR 1999, 440 |
NZI 1999, 114 |
RIW 1999, 386 |
VersR 2000, 239 |
ZInsO 1999, 181 |