Leitsatz (amtlich)
Der gemäß § 41 a BEG beihilfeberechtigten Witwe eines Verfolgten steht in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 3 Buchst. c, § 48 BVG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Februar 1964 (BGBl. I S. 102) Anspruch auf Krankenversorgung nach Maßgabe der §§ 141 a bis 141 c BEG zu.
Normenkette
BEG §§ 41 a, 141 a, 141 c
Verfahrensgang
Saarländisches OLG (Urteil vom 06.02.1996) |
LG Saarbrücken |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 6. Februar 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die außergerichtlichen Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist die Witwe des am 15. Oktober 1909 geborenen und am 2. Januar 1994 verstorbenen E. F. H. Dieser war jüdischer Abstammung und Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung im Sinne von § 1 Abs. 1 BEG. Er hatte Anspruch auf Rente für Schaden an Körper oder Gesundheit, ab 1. Januar 1985 unter Zugrundelegung einer verfolgungsbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80 vom Hundert. Der Antrag der Klägerin, ihr gemäß § 41 i.V.m. §§ 15 ff BEG Entschädigung wegen Schadens an Leben in Form einer Hinterbliebenenrente zu gewähren, wurde mit bestandskräftig gewordenem Bescheid des beklagten Landes vom 21. November 1994 zurückgewiesen, weil die anerkannten Verfolgungsleiden zum Tode ihres Ehemannes nicht erheblich beigetragen hätten und der Tod nicht mit großer Wahrscheinlichkeit früher eingetreten sei, als dies ohne die Verfolgung der Fall gewesen wäre. Mit Bescheid vom 22. November 1994 wurde der Antrag der Klägerin zurückgewiesen, ihr Krankenversorgung nach §§ 141 a ff BEG zu gewähren. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.
Das Landgericht hat das beklagte Land verurteilt, der Klägerin Krankenversorgung nach Maßgabe des § 141 a Abs. 1 und 2 BEG zu gewähren. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision begehrt die Klägerin Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
Zur Entscheidung über die Klage sind die ordentlichen Gerichte berufen. Dies gilt auch dann, wenn es sich – was offenbleiben kann – im vorliegenden Fall um eine Streitigkeit über die Durchführung der Krankenversorgung handelt, so daß abweichend von § 208 BEG an sich nicht die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, sondern gemäß § 227 a Abs. 2 BEG der Sozialgerichtsweg gegeben wäre. Nach § 17 a Abs. 5 GVG prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Hier haben sowohl das Land- als auch das Oberlandesgericht in der Sache entschieden und damit den Rechtsweg für zulässig gehalten. § 17 a Abs. 5 GVG ist im Streitfall nicht durch die Verfahrensgrundsätze des § 17 a Abs. 1 bis 4 GVG ausgeschlossen Denn der Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten während des Gerichtsverfahrens nicht in Zweifel gezogen (vgl. BGH, Urt. v. 19. November 1993 – V ZR 269/92, WM 1994, 441, 442; v. 5. Februar 1996 – II ZR 293/93, WM 1996, 1198, 1199 f). In der dem angegriffenen Bescheid vom 22. November 1994 beigefügten Rechtsmittelbelehrung wurde die Klägerin ausdrücklich auf eine Klage beim Landgericht Saarbrücken verwiesen.
II.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Krankenversorgung des Ehegatten – sei von der Versorgungsberechtigung des Verfolgten abhängig, so daß der Ehegatte, der nicht selbst als Verfolgter gelte, mit dem Ende des Versorgungsanspruchs aus der Krankenversorgung ausscheide. Ein nach § 141 a ff BEG nicht gegebener Anspruch auf Krankenversorgung lasse sich nicht mit analoger Anwendung von Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes begründen. Die Regelung in § 141 a BEG sei vom Gesetzgeber abschließend gedacht, so daß eine Analogie entfalle. Diese sei auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Für die Klägerin kommt Krankenversorgung in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 3 Buchst. c, § 48 BVG i.d.F. vom 21. Februar 1964 (BGBl. I S. 102) i.V.m. § 41 a BEG in Betracht.
Die Krankenversorgung der Witwe eines Verfolgten ist im Bundesentschädigungsgesetz nicht ausdrücklich geregelt. Aus § 141 a Abs. 1 BEG, der durch Art. I Nr. 81 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG-Schlußgesetz) vom 14. September 1965 (BGBl. I S. 1315) eingeführt wurde, i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 1, §§ 41, 17 Abs. 1 Nr. 1 BEG ergibt sich jedoch, daß die Witwe eines Verfolgten, der getötet oder in den Tod getrieben worden oder an den Folgen der Schädigung seines Körpers oder seiner Gesundheit verstorben ist, selbst als Verfolgte gilt und Anspruch auf Rente für Schaden an Leben und damit auf Krankenversorgung auch für nicht verfolgungsbedingte Leiden nach Maßgabe der weiteren Voraussetzungen der §§ 141 a ff BEG hat (vgl. Blessin/Giessler, BEG-SchlußG § 141 a BEG Anm. III 2; Brunn/Hebenstreit, BEG § 141 a Rdn. 1; Zorn, Bundesentschädigungsgesetz § 141 a, in: Das Deutsche Bundesrecht 557. Lieferung – Mai 1986 – VF 50 S. 152).
Eine Regelung für Witwen solcher Verfolgten, die nicht an den Folgen der Verfolgung gestorben sind, gibt es nicht. Ihnen steht – wegen der Koppelung der Krankenversorgung an die Anspruchsberechtigung des verfolgten Ehemannes (§ 141 a Abs. 2 BEG) – ein Anspruch auf Krankenversorgung grundsätzlich nicht (mehr) zu (vgl. Brunn/Hebenstreit, BEG Schlußnachtrag 1966 bis 1969 § 141 a BEG Rdn. 5; Hebenstreit, in: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz, Bd. V Das Bundesentschädigungsgesetz Zweiter Teil [§§ 51 bis 171 BEG] S. 347).
Nach dem Gesetzeswortlaut gilt dies auch für solche Witwen, denen nach § 41 a BEG, der durch Art. I Nr. 30 BEG-SchlußG eingeführt wurde, ein Anspruch auf Beihilfe zusteht. Jedoch gehen Blessin/Giessler (a.a.O. § 1 BEG Anm. II C 1 = S. 228 und § 141 a BEG Anm. III 2) ohne weiteres davon aus, daß auch solche Hinterbliebene, die nach § 41 a eine Beihilfe beziehen, einen eigenen Anspruch auf Krankenversorgung haben. Demgegenüber nimmt Zorn a.a.O. – ebenfalls ohne Begründung – an, daß ein Anspruch auf Beihilfe nach § 41 a BEG als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankenversorgung nicht genügt.
Im Ergebnis ist der Meinung von Blessin/Giessler a.a.O. beizupflichten Vorbild für die Einführung der Krankenversorgung durch §§ 141 a bis 141 c BEG waren nach der Regierungsbegründung (BR-Drucks. 284/63 S. 32 und BT-Drucks. IV/1550 S. 32) entsprechende Regelungen in § 10 des Bundesversorgungsgesetzes, das bei Beginn des Gesetzgebungsverfahrens des BEG-Schlußgesetzes im Juni 1963 noch in der Fassung von Art. I des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (Erstes Neuordnungsgesetz) vom 27. Juni 1960 (BGBl. I S. 453) galt und das im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durch Art. I des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (Zweites Neuordnungsgesetz – 2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl. I S. 85) geändert sowie in der ihm durch dieses Gesetz gegebenen Fassung neu bekannt gemacht wurde (BGBl. 1964 I S. 102). Nach § 10 Abs. 2 BVG in den erwähnten Fassungen wird Heilbehandlung Beschädigten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vom Hundert oder mehr (Schwerbeschädigte) auch für Gesundheitsstörungen gewährt, die nicht Folge einer Schädigung sind. In § 10 Abs. 3 BVG ist bestimmt, daß Krankenbehandlung nicht nur dem Schwerbeschädigten u.a. für den Ehegatten (Buchst. a) gewährt wird, sondern auch den versorgungsberechtigten Hinterbliebenen im Sinne von §§ 38 ff BVG (Buchst. c). Zu diesen Hinterbliebenen gehört regelmäßig die Witwe, deren Ehegatte an den Folgen einer Schädigung (§§ 1 ff BVG) gestorben ist. Versorgungsberechtigter Hinterbliebener ist aber auch die Witwe eines nicht an den Folgen einer Schädigung gestorbenen Beschädigten, die nach § 48 BVG Witwenbeihilfe erhält. Dies traf nach der Fassung dieser Norm vom 21. Februar 1964 zu, wenn der Beschädigte bis zum Tode die Rente eines Erwerbsunfähigen oder Pflegezulage bezogen hatte. Die Beihilfe konnte ferner gewährt werden, wenn der Beschädigte bis zum Tode Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 70 vom Hundert (zuvor 80 vom Hundert) erhalten hatte. Auch in diesem Fall wurde der Witwe Krankenbehandlung zuteil (vgl. Schickel/Gurgel, Bundesversorgungsgesetz 5. Aufl. 1960/1989 Bd. 1 § 10 Anm. 7 = S. 172 [3]). Dies alles trifft grundsätzlich auch nach dem Bundesversorgurgsgesetz in der heute geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21) zu (vgl. § 10 Abs. 4 Buchst. c, § 48 dieser Fassung).
In dem Regierungsentwurf des BEG-Schlußgesetzes war eine Witwenbeihilfe nicht vorgesehen. Sie wurde erst im Laufe der Behandlung des Gesetzentwurfs im Ausschuß für Wiedergutmachung und dessen Unterausschuß BEG nach dem Vorbild von § 48 BVG in der Fassung vom 21. Februar 1964 aufgenommen (vgl. insbesondere Kurzprotokoll der 48. Sitzung des Ausschusses für Wiedergutmachung vom 11. März 1965 S. 10; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiedergutmachung BT-Drucks. IV/3423 zu Nr. 20 a [§ 41 a] S. 7, 8). In den Unterlagen des Gesetzgebungsverfahrens, die denn Senat vorliegen, findet sich kein Hinweis darauf, daß die Frage der Krankenversorgung von nach § 41 a BEG beihilfeberechtigten Hinterbliebenen bedacht worden wäre. Zwischen § 41 a und § 141 a BEG besteht ein sachlicher Zusammenhang. Da beide Normen Regelungen des Bundesversorgungsgesetzes nachgebildet wurden und nach diesem Gesetz die Krankenbehandlung auch lediglich beihilfeberechtigten Hinterbliebenen gewährt wurde (und wird), war zu erwarten, daß der Gesetzgeber des BEG-Schlußgesetzes sich der Frage einer Krankenversorgung der nach § 41 a BEG beihilfeberechtigten Hinterbliebenen annahm. Anhaltspunkte dafür, daß dies bewußt unterblieben wäre, sind nicht erkennbar. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Initiatoren des § 41 a BEG und die übrigen am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten allein die Versorgung der engsten Hinterbliebenen von nicht an den Folgen der Schädigung des Körpers oder der Gesundheit verstorbenen Verfolgten durch laufende Zuwendungen im Auge hatten und ihnen der Zusammenhang zwischen dieser Regelung und den Vorschriften über die Krankenversorgung nicht in den Blick gekommen ist. Dies läßt sich damit erklären, daß der systematisch an ganz anderer Stelle behandelte § 141 a BEG bereits zu einem Zeitpunkt – nämlich in der 39. Sitzung des Ausschusses für Wiedergutmachung am 10. Dezember 1964 – angenommen worden war (vgl. Kurzprotokoll dieser Sitzung S. 11), als ein Beschluß über die Einfügung von § 41 a BEG noch fehlte. Dieser Beschluß wurde erst in der 46. Sitzung des Ausschusses für Wiedergutmachung am 24. Februar 1965 gefaßt (vgl. Kurzprotokoll dieser Sitzung S. 6). Haben die maßgebenden parlamentarischen Gremien aber den Zusammenhang zwischen § 41 a BEG und § 141 a BEG übersehen, ist das Fehlen einer Regelung über die Krankenversorgung der nach § 41 a BEG beihilfeberechtigten Hinterbliebenen als eine ungewollte – „planwidrige” – Gesetzeslücke zu werten. Sie ist durch eine entsprechende Anwendung von § 10 Abs. 3 Buchst. c BVG i.d.F. vom 21. Februar 1964 zu schließen.
Der Grand für die Vorschrift des § 48 BVG i.d.F. vom 21. Februar 1964, den dort aufgeführten Hinterbliebenen Beihilfe auch zu gewähren, wenn der Beschädigte nicht an den Folgen einer Beschädigung gestorben ist, liegt darin, daß Beschädigte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 70 vom Hundert infolge ihres Gesundheitszustandes eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben und demzufolge vielfach zu Lebzeiten nicht eine ausreichende Alters- oder Hinterbliebenenversorgung sicherstellen können (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Kriegsopferversorgung [Kriegsopferversorgungs-Neuregelungsgesetz – KOVNG], BT-Drucks. III/1239 zu § 47 Absatz 1 = S. 30; G. Wilke, Bundesversorgungsgesetz 1960 § 48 Anm. IV). Die Regelung in § 10 BVG, den nach § 48 BVG Beihilfeberechtigten auch Krankenbehandlung zuteil werden zu lassen, läßt sich auf denselben Grund zurückführen. Wer eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann, ist regelmäßig auch nicht in der Lage, genügende Vorsorge für den Krankheitsfall zu treffen.
Dies alles gilt in gleicher Weise für Verfolgte, die bis zu ihrem Tode eine Rente wegen einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 70 vom Hundert bezogen haben. Wenn der Gesetzgeber des BEG-Schlußgesetzes sich entschlossen hat, der Witwe eines solchen Verfolgten Beihilfe zu gewähren, ist davon auszugehen, daß er – hätte er die Frage der Krankenversorgung der nach § 41 a BEG Beihilfeberechtigten aufgeworfen – bei der gebotenen Interessenabwägung zu dem gleichen Ergebnis wie im Bundesversorgungsgesetz gekommen wäre (vgl. in diesem Zusammenhang BGHZ 105, 140, 143; 120, 239, 252). Die dem Bundesversorgungsgesetz einerseits und dem Bundesentschädigungsgesetz andererseits zugrundeliegenden unterschiedlichen Zielsetzungen stehen dieser Annahme nicht entgegen. Denn hier geht es nicht um die Übertragung spezifischer Regelungsgehalte des Bundesversorgungsgesetzes auf das andere Zwecke verfolgende Bundesentschädigungsgesetz. In Rede steht allein die Frage, ob eine bestimmte Vorschrift des Bundesversorgungsgesetzes, welche sachlich eng mit einer anderen Norm dieses Gesetzes zusammenhängt, die der Gesetzgeber gezielt in das Bundesentschädigungsgesetz übernommen hat, entsprechend auf das Bundesentschädigungsgesetz angewendet werden kann.
Stichhaltige Gründe, die eine Verneinung, dieser Frage nahelegen könnten, gibt es nicht. Das Berufungsgericht stützt seine abweichende Meinung darauf, daß nach § 141 a Abs. 1 BEG der Verfolgte selbst für nicht verfolgungsbedingte Leiden sowie nach Abs. 2 für seinen Ehegatten und unter bestimmten Voraussetzungen für Kinder Anspruch auf Krankenversorgung bereits bei einer verfolgungsbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 vom Hundert hat (§ 31 Abs. 1 BEG), während dem Beschädigten selbst nach § 10 Abs. 2 BVG Heilbehandlung für nicht schädigungsbedingte Gesundheitsstörungen und nach Abs. 3 Buchst. a a.F. unter anderem für den Ehegatten und für Kinder Krankenbehandlung erst bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 vom Hundert zusteht. Dies vermag jedoch die Ablehnung einer analogen Anwendung von § 10 Abs. 3 Buchst. c BVG a.F. auf die nach § 41 a BEG Beihilfeberechtigten nicht zu rechtfertigen. Daß an die eigene Heilbehandlung des Beschädigten und an die Krankenbehandlung u.a. seiner Ehefrau zu seinen Lebzeiten insoweit höhere Anforderungen gestellt werden als an die Krankenversorgung des Verfolgten und dessen Ehegatten, ist kein sachlicher Grund, im Todesfall die Krankenversorgung der Witwe eines Verfolgten, dessen Erwerbsfähigkeit erheblich gemindert war, im Gegensatz zu der Krankenbehandlung der Witwe eines Beschädigten, dessen Erwerbsfähigkeit in gleicher Weise herabgesetzt war, ganz auszuschließen. Der entscheidende Grund dafür, daß den gemäß § 48 BVG Beihilfeberechtigten eine Krankenbehandlung gewährt wird, liegt in der hochgradigen Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschädigten und in der dadurch bedingten Erschwernis oder Unmöglichkeit einer Vorsorge für den Fall der Krankheit seiner Witwe. Dieser Grund trifft für die Krankenversorgung der nach § 41 a BEG beihilfeberechtigten Witwe in gleicher Weise zu. Das macht unabhängig von dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Voraussetzung für den Erhalt einer Rente sowie einer Heil- oder Krankenbehandlung einerseits und einer Krankenversorgung andererseits zu Lebzeiten des Beschädigten oder Verfolgten eine grundsätzliche Gleichbehandlung der Witwen nicht nur in den Fällen erforderlich, in denen der Beschädigte/Verfolgte an der Beschädigung oder Verfolgung stirbt, sondern auch dann, wenn der Tod nicht auf die Beschädigung oder Verfolgung zurückzuführen ist. Die Witwe eines Verfolgten ist auch in einem solchen Fall nicht weniger schutzbedürftig als die Witwe eines Beschädigten.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erscheint es nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin die Voraussetzungen des § 41 a BEG erfüllt. Dann stünde ihr mithin ein Anspruch auf Krankenversorgung nach den §§ 141 a bis 141 c BEG zu. Fehlt es hingegen an einer Anspruchsberechtigung gemäß § 41 a BEG, scheidet mangels einer Rechtsgrundlage auch ein Anspruch auf Krankenversorgung aufgrund der genannten Vorschriften aus.
3. Das angefochtene Urteil ist mithin aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 209 Abs. 1 BEG, § 564 Abs. 1, § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Tatrichter wird zu prüfen haben, ob der Klägerin ein Anspruch auf Witwenbeihilfe nach § 41 a BEG zusteht. Ferner wird der Klageantrag mit den Parteien zu erörtern sein. Es ist zu klären, ob die Klägerin wegen eines bestimmten Krankheitsfalles eine Leistung begehrt – in diesem Fall wäre der Antrag zu präzisieren – oder ob sie – gegebenenfalls zusätzlich – allgemein festgestellt wissen will, daß sie nach Maßgabe der §§ 141 a bis 141 c BEG krankenversorgungsberechtigt ist.
Unterschriften
Brandes, Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof, Fischer
Fundstellen
Haufe-Index 1398929 |
Nachschlagewerk BGH |