Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Januar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Sparkasse nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Geschäftskredits in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Ehefrau des Beklagten, die eine Spedition betrieb, unterhielt bei der Klägerin ein Geschäfts- und ein Privatkonto. Am 1. September 1995 unterschrieben die Eheleute in den Geschäftsräumen der Klägerin zwei Vertragsformulare, nach deren Wortlaut der Beklagte Mitinhaber beider Konten wurde. Zu diesem Zeitpunkt wies das Geschäftskonto bereits einen Sollsaldo in Höhe von rund 38.000 DM auf. Da die Verbindlichkeiten in der Folgezeit auf 87.562,36 DM angewachsen waren, kündigte die Klägerin im Januar 1996 die Geschäftsverbindung und forderte die Ehepartner zur Rückzahlung des ausgereichten Kredits auf.
Der Beklagte hält dem vor allem entgegen: Er habe zwar Mitinhaber des Privatkontos seiner Ehefrau werden, aber für das Geschäftskonto nur eine Vollmacht erhalten sollen. Die Mitarbeiterin der Klägerin habe sich, weil in Eile befindlich, von ihm und seiner Ehefrau Blankounterschriften geben lassen und ein Blankett abredewidrig so ausgefüllt, als ob auch für das Geschäftskonto ein Gemeinschaftskonto errichtet worden sei.
Das Landgericht hat gegen die Eheleute ein Versäumnisurteil erlassen, welches nur von dem Beklagten angegriffen und in Höhe von 88.799,19 DM nebst Zinsen aufrecht erhalten wurde. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt er seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat eine Mithaftung des Beklagten für den seiner Ehefrau eingeräumten Geschäftskredit angenommen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Der Beklagte sei Mitinhaber des Geschäftskontos seiner Ehefrau geworden und daher zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet. Die von dem Beklagten in diesem Zusammenhang unterschriebene Urkunde habe nach § 416 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich. Dies gelte auch dann, wenn er und seine Ehefrau – was indes unbewiesen geblieben sei – wirklich Blankounterschriften geleistet hätten. Jedenfalls könne eine abredewidrige Blankettausfüllung durch die Mitarbeiterin der Klägerin nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
Das Berufungsgericht hätte – wie die Revision mit Recht rügt – eine nicht den Weisungen des Beklagten und seiner Ehefrau entsprechende Blankettausfüllung nicht ohne erneute Beweisaufnahme für unbewiesen halten dürfen.
Das Landgericht hatte den Vortrag des Beklagten, er und seine Ehefrau hätten die beiden Kontovertragsformulare nur unterschrieben und der Mitarbeiterin der Klägerin den Auftrag zur Eintragung einer Mitinhaberschaft für das Privatkonto und einer Vollmacht für das Geschäftskonto erteilt, unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen für erwiesen erachtet. Das Berufungsgericht ist dagegen ohne erneute Beweisaufnahme zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen. Damit hat es gegen § 398 Abs. 1 ZPO verstoßen.
Nach dieser Vorschrift steht es zwar im Ermessen des Gerichts, die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anzuordnen. Diesem Ermessen sind aber Grenzen gesetzt. Unter gewissen Umständen kann eine erneute Vernehmung rechtlich geboten sein. Dies ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur dann der Fall, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit des Zeugen anders beurteilen will als die Vorinstanz oder wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält, sondern auch dann, wenn es die protokollierte Aussage eines Zeugen anders verstehen will als der Richter der Vorinstanz (Senatsurteile vom 28. November 1995 - XI ZR 37/95, WM 1996, 196, 198 und vom 8. Dezember 1998 - XI ZR 50/98, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Diese Grundsätze sind hier verletzt. Das Berufungsgericht durfte zu seiner von der Auffassung des Landgerichts abweichenden Beurteilung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht gelangen, ohne die bei der Klägerin beschäftigte Zeugin M. und die Ehefrau des Beklagten nochmals zu vernehmen. Diese hat bei ihrer Vernehmung den Sachvortrag ihres Ehemannes in den wesentlichen Punkten bestätigt. Dagegen hat sich zwar die Zeugin M. an den Geschäftsvorgang nicht mehr erinnern können, es aber eher für unwahrscheinlich gehalten, daß der Beklagte nicht auch Mitinhaber des Geschäftskontos seiner Ehefrau werden sollte. Das Landgericht hat die Schilderungen der Ehefrau des Beklagten vor allem im Hinblick auf die schon zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Geschäftsschulden in Höhe von rund 38.000 DM und der offenbar schlechten Ertragslage der Spedition ausdrücklich als glaubhaft bezeichnet und die Angaben der Zeugin M. im Ergebnis für unergiebig gehalten. Demgegenüber ist die protokollierte Aussage der Zeugin M. nach Auffassung des Berufungsgerichts dahin zu verstehen, daß eine fehlerfreie Blankettausfüllung zwar nicht absolut sicher, so aber doch hinreichend wahrscheinlich sei. Bei seiner abschließenden Würdigung hat es den Angaben der Ehefrau des Beklagten kein größeres Gewicht als denen der Mitarbeiterin der Klägerin beigemessen, nachdem es zuvor schon – ohne jede Begründung – nicht einmal eine Blankettausfüllung für erwiesen erachtet hatte. Damit hat das Berufungsgericht der Sache nach die Glaubwürdigkeit der Zeugen beurteilt, ohne sie selbst vernommen zu haben. Eine solche Beurteilung, die nicht auf dem persönlichen Eindruck des Gerichts beruht, verletzt jedenfalls dann das Gebot der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§§ 286, 398 ZPO), wenn sie nicht in gleichartigen Erwägungen des erstinstanzlichen Richters eine hinreichende Stütze findet.
III.
Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bei der Zurückverweisung macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Unterschriften
Schimansky, Schramm, Nobbe, Dr. van Gelder, Dr. Müller
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.01.1999 durch Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen