Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderungsklage des Unterhaltsverpflichteten wegen Vermögensverbesserung bei dem Unterhaltsberechtigten
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, auf welchem prozessualen Weg der auf Grund eines Urteils zum Unterhalt Verpflichtete geltend machen kann, daß sich die Bedürftigkeit des Gläubigers durch den Bezug einer auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rente vermindert (Abgrenzung zu BGHZ 83, 278).
Normenkette
ZPO §§ 323, 767, 323 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
AG Karlsruhe |
OLG Karlsruhe |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. September 1987 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage abgewiesen worden ist.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Ehe der Parteien, aus der eine am 25. August 1970 geborene Tochter stammt, ist seit 1981 geschieden. Der Beklagte, der aufgrund eines Unfalls Frührentner ist, wurde durch ein Urteil des Amtsgerichts Dorsten vom 19. April 1982 zur Zahlung monatlicher Unterhaltsrenten ab 1. April 1982 von 645 DM an die Klägerin und von 250 DM an die Tochter verurteilt. Dem lag ein monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von 2.700 DM (896 DM Unfallrente, 1.584 DM Knappschaftsrente, 220 DM aus Aushilfstätigkeit) zugrunde, von dem nach Abzug einer Kreditrate von 200 DM monatlich 2.500 DM zu Unterhaltszwecken verfügbar waren. Im vorliegenden, seit dem 13. Juli 1983 rechtshängigen Abänderungsverfahren haben die beiden Unterhaltsgläubiger vom Beklagten aufgrund seines gestiegenen Renteneinkommens eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsrenten auf 1.242 DM für die Klägerin und 485 DM für die Tochter gefordert. Durch Teilanerkenntnisurteil vom 16. September 1983 hat das Amtsgericht die vom Beklagten zu zahlenden monatlichen Unterhaltsrenten ab 1. Juli 1983 auf 748 DM für die Klägerin und 395 DM für die Tochter erhöht. Später hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen, soweit höhere Beträge verlangt worden waren. Die hiergegen (nur) von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Ihr Erhöhungsbegehren ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Die Parteien streiten darüber, wie sich auswirkt, daß die Klägerin aufgrund eines Bescheides der Landesversicherungsanstalt vom 17. Juli 1984 rückwirkend ab 1. Oktober 1982 eine eigene Erwerbsunfähigkeitsrente erhält, die ausschließlich auf Rentenanwartschaften beruht, die ihr beim Versorgungsausgleich übertragen worden sind. Diese Rente belief sich anfänglich auf 634,10 DM monatlich und ist nach mehreren Erhöhungen ab 1. Juli 1987 auf 716,86 DM angestiegen. Parallel dazu ist die Knappschaftsrente des Beklagten, die zuerst wegen Berufsunfähigkeit und seit 1985 wegen Erwerbsunfähigkeit gezahlt wird, durch Bescheid der Bundesknappschaft vom 26. Januar 1984 rückwirkend ab 1. Oktober 1982 auf 1.110,30 DM und ab 1. März 1984 auf 1.152,10 DM monatlich gekürzt worden; die zwischenzeitliche Überzahlung wird ihm seit 1. Mai 1985 in monatlichen Raten zwischen 186,80 DM und 265,20 DM abgezogen. Infolge der jährlichen Rentenanpassungen sind die Rentenbezüge des Beklagten wieder angestiegen; seit dem 1. Juli 1987 beträgt die Unfallrente monatlich 1.084,10 DM und die Knappschaftsrente monatlich 1.448,84 DM.
Mit der am 13. April 1984 zugestellten Widerklage begehrt der Beklagte die Abänderung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin dahin, daß die ihr zuletzt durch das Teilanerkenntnisurteil vom 16. September 1983 zuerkannte Rente entfällt. Das Amtsgericht hat der Widerklage stattgegeben und das Teilanerkenntnisurteil dahin abgeändert, daß der Beklagte ab 13. April 1984 an die Klägerin keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat. Hiergegen hat die Klägerin Berufung mit dem Ziel der Abweisung der Widerklage eingelegt. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht erklärt, die Widerklage solle als Abänderungsklage, hilfsweise als Vollstreckungsabwehrklage behandelt werden. Das Oberlandesgericht hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise stattgegeben; es hat unter Abweisung der weitergehenden Widerklage das Teilanerkenntnisurteil vom 16. September 1983 und das Urteil des Amtsgerichts Dorsten vom 19. April 1982 dahin abgeändert, daß es die vom Beklagten an die Klägerin zu zahlende monatliche Unterhaltsrente für die Zeit vom 13. April 1984 bis 30. Juni 1984 auf 338,40 DM, vom 1. Juli 1984 bis 30. Juni 1985 auf 448,62 DM, vom 1. Juli 1985 bis 30. Juni 1986 auf 459,46 DM, vom 1. Juli 1986 bis 30. Juni 1987 auf 475,66 DM und vom 1. Juli 1987 an auf 500,54 DM herabgesetzt hat. Mit der zugelassenen Revision bekämpft der Beklagte den Teilerfolg der Berufung und begehrt deren vollständige Zurückweisung. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Revision und möchte mit einer – unselbständigen – Anschlußrevision darüber hinaus erreichen, daß die Widerklage insgesamt abgewiesen wird.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klägerin hat sich der Revision des Beklagten nicht in der gesetzlichen Frist von einem Monat nach der Zustellung der Revisionsbegründung angeschlossen (§ 556 ZPO). Ihr ist jedoch auf ihren fristgerecht gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie bis zur Gewährung von Prozeßkostenhilfe ohne ihr Verschulden verhindert war, diese Frist einzuhalten.
II.
Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache, soweit zu seinem Nachteil entschieden worden ist. Die Anschlußrevision der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat in seinem (in FamRZ 1988, 195 veröffentlichten) Urteil den Standpunkt vertreten, der Unterhaltsschuldner müsse den nachträglichen Bezug einer auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rente durch den Gläubiger im Wege der Abänderungsklage nach § 323 ZPO geltend machen. Denn sie sei das Mittel zur Korrektur einer fehlerhaften richterlichen Prognose im Ersturteil. Der auf dem Versorgungsausgleich beruhende Rentenbezug des Unterhaltsberechtigten sei einer solchen Prognose im gleichen Maße zugänglich wie Rentenbezüge aufgrund anderweitig erworbener Anwartschaften. Die juristische Konstruktion des auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rentenbezugs als eines der Erfüllung gleichkommenden Vorgangs (Senatsurteil BGHZ 83, 278, 281) erkläre zwar die materiell-rechtliche Folge des Erlöschens der Unterhaltsschuld in Höhe des Rentenbezugs, besage jedoch nichts darüber, wie dieser Einwand prozessual einzuordnen sei.
Beschreite der Beklagte zu Recht entsprechend seinem Hauptantrag den Weg der Abänderungsklage, könne die Klägerin sich dagegen durch den Vortrag gegenläufiger Änderungen der Verhältnisse verteidigen, ohne an die Einschränkungen gebunden zu sein, die sich einerseits aus dem Erfordernis der Wesentlichkeit einer Änderung nach § 323 Abs. 1 ZPO und andererseits daraus ergeben könnten, daß sie im Ausgangsverfahren weniger Unterhalt eingeklagt habe, als sie materiell-rechtlich habe beanspruchen können (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Januar 1984 – IVb ZR 10/82 – FamRZ 1984, 374, 376). Demgemäß hat das Berufungsgericht ermittelt, welchen Unterhalt die Klägerin seit dem 13. April 1984 (Erhebung der Widerklage) aufgrund der Einkommensentwicklung und im Hinblick auf die im Erstverfahren als berücksichtigungsfähig anerkannten Abzüge beanspruchen kann. Bei der Feststellung der Renteneinkünfte des Beklagten – als weiterhin maßgeblicher Bemessungsgrundlage – hat es dabei die der Klägerin inzwischen gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente seiner (gekürzten) Knappschaftsrente hinzugerechnet, weil es sich insoweit lediglich um einen durch den Versorgungsausgleich abgespaltenen Teil handele. Eine weitere Kürzung seiner Knappschaftsrente wegen des ratenweisen Einbehalts der eine Zeitlang überzahlten Rente hat das Berufungsgericht mit der Begründung nicht berücksichtigt, der Beklagte könne sie der Klägerin nach Treu und Glauben ebensowenig entgegenhalten wie etwa eine ratenweise Abtragung von Unterhaltsrückständen. Dagegen hat es die gegenüber dem zugrundeliegenden Urteil von 200 DM auf 420 DM erhöhte Monatsrate, die der Beklagte zur Verzinsung und Tilgung einer aus der Ehezeit stammenden Kreditschuld aufbringen muß, vom verfügbaren Einkommen abgesetzt. Schließlich hat es dieses noch um monatlich 395 DM gekürzt, die der Beklagte als Unterhalt an die Tochter der Parteien zu zahlen verpflichtet ist. Vom danach verbleibenden Gesamtrenteneinkommen hat das Berufungsgericht jeder Partei die Hälfte zugemessen. Auf den so ermittelten monatlichen Unterhaltsbedarf der Klägerin hat es deren in der gleichen Zeit jeweils bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente angerechnet. Auf diese Weise ist es zu den im Tatbestand genannten monatlichen Unterhaltsansprüchen gelangt, die die Klägerin für die Zeit seit Erhebung der Widerklage noch geltend machen könne und auf die daher die frühere Verurteilung des Beklagten abzuändern sei.
2. Beide Rechtsmittelführer beanstanden, daß das Berufungsgericht dem Beklagten als Widerkläger gestattet habe, den nachträglichen Bezug einer auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rente der Klägerin im Wege der Abänderungsklage geltend zu machen. Die Revision meint, aus der im Senatsurteil BGHZ 83, 278 vertretenen Auffassung, wonach es sich beim Bezug einer auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rente um einen der Erfüllung gleichkommenden Vorgang handele, ergebe sich die prozessuale Folge, daß der Rentenbezug als Einwendung gegenüber dem festgestellten Anspruch durch Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) geltend zu machen sei; dieser gegenüber könne sich die Klägerin dann auch nicht durch Vortrag gegenläufiger Änderungen der Verhältnisse verteidigen.
Obwohl das Berufungsgericht selbst angenommen hat, daß es in dieser Frage von der Rechtsprechung des Senats abweiche, und deshalb die Revision zugelassen hat, ist die rechtliche Behandlung des auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Renteneinkommens im vorliegenden Fall nicht rechtsfehlerhaft. Sie steht schon deshalb nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats, weil dieser sich mit den Auswirkungen eines solchen Rentenbezuges auf nach Klageerhebung fällig werdende Unterhaltsansprüche des Rentenempfängers bisher nicht befaßt hat.
a) Dem in BGHZ 83, 278 veröffentlichten Urteil des Senats vom 17. Februar 1982 (IVb ZR 657/80) lag ein Änderungsbegehren einer an einem Unterhaltsrechtsverhältnis beteiligten Partei nicht zugrunde. Der Senat hatte vielmehr darüber zu entscheiden, ob ein rechtskräftig verurteilter Unterhaltsschuldner eine unter dem Druck einer angedrohten Zwangsvollstreckung geleistete Unterhaltszahlung gemäß § 812 BGB mit der Begründung zurückfordern kann, der Gläubiger habe für den gleichen (zurückliegenden) Zeitraum eine seine Bedürftigkeit behebende Rente aufgrund des Versorgungsausgleichs erhalten, andererseits seien die Versorgungsbezüge des Schuldners für die gleiche Zeit nachträglich entsprechend gekürzt worden. Der Senat hat bei dieser Sachlage einen Bereicherungsanspruch mit der Begründung gewährt, daß es sich bei der Anrechnung einer betragsmäßig feststehenden Rente aus dem Versorgungsausgleich auf einen bestehenden Unterhaltsanspruch um einen der Erfüllung gleichkommenden Vorgang handele, der wie die Erfüllung selbst der Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltstitel mit der Klage aus § 767 ZPO hätte entgegengehalten werden können. Er hat sich dabei nicht grundsätzlich mit der Abgrenzung der Voraussetzungen dieser Klageart zu denen der Abänderungsklage befaßt, sondern unter Hinweis auf BGHZ 70, 151 nur darauf verwiesen, daß sie nicht immer eindeutig zu vollziehen sei. In diesem Zusammenhang hat er ausgeführt, daß der Bereicherungsschuldner sich nicht auf die Zeitschranke des § 323 Abs. 3 ZPO berufen könne, weil dem Gläubiger im entschiedenen Fall die Vollstreckungsabwehrklage – und nicht statt dessen die Abänderungsklage – eingeräumt sei. Für die Frage, auf welchem prozessualen Weg der aufgrund eines Titels zum Unterhalt Verpflichtete den – fortdauernden – Rentenbezug des Unterhaltsberechtigten geltend machen kann, läßt sich dieser Entscheidung demnach keine Aussage entnehmen. Dem Berufungsgericht ist allerdings einzuräumen, daß die in BGHZ 83, 282 verwendete Formulierung, es gehe beim Bezug einer auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rente „nicht um die Berücksichtigung des Einflusses der stets wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Unterhaltspflicht, die nur im Wege der Abänderungsklage geltend gemacht werden kann, sondern um die Verrechnung mit einem Erfüllungssurrogat”, nicht hinreichend verdeutlicht, daß es in jenem Fall nur um die Beurteilung eines Zeitraumes ging, der vor Erhebung der Klage lag.
b) In seinem Urteil vom 13. Juli 1988 (IVb ZR 85/87 – FamRZ 1988, 1156) hat der Senat die im Berufungsurteil vertretene Ansicht (vgl. dazu auch Hoppenz FamRZ 1987, 1097) abgelehnt, der zwischenzeitliche Bezug einer auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rente des Unterhaltsgläubigers könne nur mit der Abänderungsklage und nicht mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden. Der zu beurteilende Unterhaltszeitraum lag auch hier vor Rechtshängigkeit; eine Abänderung nach § 323 ZPO schied somit von vornherein aus, weil ihr die Zeitschranke des § 323 Abs. 3 ZPO entgegenstand. Der Senat hat ausdrücklich offengelassen, ob Umstände, die wie der Rentenbezug aufgrund Versorgungsausgleichs gegenüber fälligen Unterhaltsansprüchen eine Einwendung im Sinne des § 767 ZPO begründen, für Zeiträume ab Rechtshängigkeit eine Abänderung gemäß § 323 ZPO begründen können.
c) Die zuletzt genannte Frage stellt sich im vorliegenden Verfahren. Mit der am 13. April 1984 erhobenen Widerklage hat der Beklagte ausschließlich den von diesem Zeitpunkt an geschuldeten künftigen Unterhalt abzuändern begehrt. In einem solchen Fall kann dem Schuldner die Geltendmachung der durch den Rentenbezug des Gläubigers eingetretenen Veränderungen mittels Abänderungsklage nach § 323 ZPO nicht verwehrt sein, wenn die bei dieser Klageart bestehenden gesetzlichen Einschränkungen nicht entgegenstehen. Im vorliegenden Fall hindern weder die Zeitschranke des § 323 Abs. 3 noch die Wesentlichkeitsgrenze des § 323 Abs. 1 ZPO die begehrte Änderung. Daher bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob andernfalls dem Beklagten als Widerkläger statt der Abänderungsklage die Vollstreckungsabwehrklage zur Verfügung stände (eine Wahlmöglichkeit befürworten etwa Baumbach/Hartmann ZPO 46. Aufl. S. 323 Anm. 1 A, B und § 767 Anm. 1 B d; Schönke/Schröder/Niese, Zivilprozeßrecht 8. Aufl. § 75 II 2 S. 344; Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht 3. Aufl. § 15 IV 5; Baumann/Brehm, Zwangsvollstreckung 2. Aufl. § 13 III 2 c; vgl. zur Möglichkeit eines Hilfsantrages schon BGH Urteil vom 14. März 1979 – IV ZR 80/78 – FamRZ 1979, 573, 575 unter IV a mit insoweit zustimmender Anmerkung von Baumgärtel S. 791) und ob er in solchem Fall genötigt wäre, der Klägerin den Rentenbezug wie einen Erfüllungseinwand Monat für Monat erneut entgegenzuhalten.
Dogmatische Bedenken stehen der gewählten Klageart nicht entgegen. Der erst nach der Unterhaltstitulierung einsetzende Rentenbezug des Unterhaltsberechtigten, der auf der Übertragung von Versorgungsanwartschaften beim Versorgungsausgleich beruht, läßt sich nicht nur entweder dem Anwendungsbereich des § 323 oder dem des § 767 ZPO zuordnen. Er hat vielmehr eine doppelte Bedeutung. Einerseits bezieht der Berechtigte die Rente aufgrund eigenen Rechts, das vom Versorgungsschicksal seines geschiedenen Ehegatten losgelöst ist. Wie jedes andere Einkommen, das der Berechtigte erzielt, mindert der Rentenbezug unterhaltsrechtlich seine Bedürftigkeit. Damit liegt eine Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen vor, die dem Anwendungsbereich des § 323 ZPO zuzuordnen ist. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß in den Fällen, in denen der Unterhaltsverpflichtete selbst schon Rente bezieht, die nunmehr infolge des Versorgungsausgleichs gekürzt wird, durch die etwa gleichhohen Rentenzahlungen an den Unterhaltsberechtigten ein der Erfüllung wirtschaftlich gleichkommender Vorgang einsetzt (vgl. BGHZ 83, 278). Die sich hieraus ergebende Einwendung muß der Schuldner dem Gläubiger stets entgegensetzen können; soweit eine Abänderung gemäß § 323 ZPO wegen der Zeitschranke des Abs. 3 ZPO der Vorschrift nicht mehr möglich ist, gemäß § 767 ZPO. Soweit Hoppenz (a.a.O. S. 1100) hierzu eine andere Ansicht vertritt, vermag der Senat ihm nicht zu folgen. Soweit sich im übrigen aus der Ambivalenz des Rentenbezuges Überschneidungen zwischen Abänderungsklage und Vollstreckungsabwehrklage ergeben, sind sie hinzunehmen.
3. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abänderungsklage wegen des zuletzt durch das Teilanerkenntnisurteil vom 16. September 1983 zugesprochenen Unterhalts hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Wie die zeitliche Sperre des § 323 Abs. 3 ZPO steht auch die sogenannte Wesentlichkeitsschwelle des § 323 Abs. 1 ZPO dem Widerklagbegehren nicht entgegen. Das bedarf mit Blick auf die Höhe der der Klägerin gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente keiner näheren Begründung. Demgemäß kann auch offenbleiben, ob an das Merkmal der Wesentlichkeit geringere Anforderungen zu stellen sind, als sie in der tatrichterlichen Praxis zur Bemessung von Unterhaltsleistungen sonst gestellt werden, wenn wie hier dem einsetzenden Rentenbezug des Unterhaltsberechtigten eine wirtschaftlich adäquate Kürzung der Versorgungsbezüge des Unterhaltspflichtigen gegenübersteht, weil sich in der beiderseitigen Rentenhöhe der Versorgungsausgleich in gegenläufigen Richtungen auswirkt.
4. Auch die Unterhaltsbemessung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien sind zwar durch die Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin nicht geprägt worden, die wie dargelegt auf dem Versorgungsausgleich beruht und somit erst eine Folge der Scheidung ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1987 – IVb ZR 20/86 – BGHR BGB § 1578 Abs. 1 Satz 1, Unterhaltsbemessung 3 = FamRZ 1987, 459, 460). Im Zeitpunkt der Scheidung standen für den Lebensunterhalt der Parteien allein die Einkünfte des Beklagten – insbesondere dessen Renten – zur Verfügung. Das nacheheliche Absinken seiner Knappschaftsrente infolge der Auswirkungen des Versorgungsausgleichs beeinflußt die Bedarfsbemessung jedoch nicht, weil dem hier ein ausgleichender Rentenzufluß auf seiten der Klägerin gegenübersteht (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1988 – IVb ZR 42/87 – FamRZ 1988, 817, 819). Allerdings ist dabei zu beachten, daß die bei Scheidung bestehenden Verhältnisse die Obergrenze für die Bemessung des Unterhalts bilden. Grundsätzlich ist daher zu prüfen, ob ein nach der Scheidung einsetzender und die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägender Rentenbezug in vollem Umfang auf dem Versorgungsausgleich beruht. Soweit das nicht der Fall ist, kann er nicht herangezogen werden. Zum gleichen Ergebnis würde führen, wenn (nur) die Renteneinkünfte zugrunde gelegt würden, die der ausgleichspflichtige Ehegatte ohne Kürzung infolge Versorgungsausgleichs beziehen würde. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn in Fällen der vorliegenden Art, in denen der nachehelich einsetzende Rentenbezug auch der Höhe nach ausschließlich auf den beim Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften beruht und ihm eine entsprechende Kürzung der Rente des Ausgleichspflichtigen gegenübersteht, zur rechnerischen Vereinfachung die nunmehr von beiden Ehegatten bezogenen Renten addiert werden, wie es das Oberlandesgericht gemacht hat.
5. Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zur fortwirkenden Bindung an unveränderte Grundlagen des abzuändernden Urteils (vgl. Urteil vom 15. Oktober 1986 – IVb ZR 78/85 – FamRZ 1987, 259, 263 m.w.N., siehe auch bereits Senatsurteil vom 21. Mai 1980 – IVb ZR 522/80 – FamRZ 1980, 771 im Anschluß an BGH FamRZ 1979, 694) steht die Berücksichtigung der bereits im Erstprozeß anerkannten Belastungen des Beklagten durch die Abtragung eines während der Ehezeit aufgenommenen Kredits und des Unterhalts für die Tochter der Parteien. Zutreffend hat das Berufungsgericht von den nach Abzug dieser Belastungen (zusammen 815 DM monatlich) für Unterhaltszwecke verfügbar bleibenden Mitteln jeder Partei für die jeweiligen Berechnungsabschnitte je 50% zugemessen und auf den so ermittelten Betrag der Klägerin angerechnet, was sie mit ihrer Rente schon erhält.
6. Die Revision des Beklagten beanstandet jedoch mit Erfolg, daß das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob der Beklagte für die danach verbleibenden und ihm auferlegten Unterhaltszahlungen in voller Höhe leistungsfähig ist. Gemäß § 1581 BGB kommt eine Kürzung der Ansprüche nach Billigkeitsgesichtspunkten in Betracht, wenn der Beklagte nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den nach den ehelichen Lebensverhältnissen geschuldeten (vollen) Unterhalt zu gewähren. Auf dieser Berechnungsstufe ist nicht mehr von dem Einkommen des Beklagten auszugehen, das er hätte, wenn seine Knappschaftsrente nicht als Folge des Versorgungsausgleichs gekürzt worden wäre, sondern es sind seine tatsächlichen Einkünfte zugrunde zu legen. Schon nach den Feststellungen, die das Berufungsgericht dazu sowie zu den zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten getroffen hat, würden dem Beklagten nach Leistung des ihm auferlegten Unterhalts an die Klägerin rechnerisch nur noch folgende Monatsbeträge verbleiben:
vom 13. April 1984 bis 30. Juni 1984: |
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(1.002,60 DM + 1.152,10 DM =) 2.154,70 DM - 815 DM - 338,40 DM = |
1.001,30 DM |
vom 1. Juli 1984 bis 30. Juni 1985: |
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(1.015,70 DM + 1.368,17 DM =) 2.338,87 DM - 815 DM - 448,62 DM = |
1.120,25 DM |
vom 1. Juli 1985 bis 30. Juni 1986; |
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(1.030,10 DM + 1.384,92 DM =) 2.415,02 DM - 815 DM - 459,46 DM |
1.140,86 DM |
vom 1. Juli 1986 bis 30. Juni 1987: |
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(1.052,20 DM + 1.409,87 DM =) 2.462,07 DM - 815 DM - 475,66 DM = |
1.171,40 DM |
ab 1. Juli 1987: |
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(1.084,10 DM + 1.448,84 DM =) 2.532,94 DM - 815 DM - 500,54 DM = |
1.217,40 DM. |
Schon diese Beträge veranlassen eine Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Beklagten.
Dieser hat jedoch weiter geltend gemacht, daß ihm die Renten in der zugrunde gelegten Höhe tatsächlich nicht ausbezahlt wurden und werden, weil die Bundesknappschaft seit dem 1. Mai 1985 jährlich wechselnde monatliche Raten zwischen 186,80 DM und 265,20 DM einbehält, um die Rentenüberzahlung abzudecken, die durch die rückwirkende Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente an die Klägerin ab 1. Oktober 1982 und die dadurch bedingte auf den gleichen Zeitpunkt rückwirkende Kürzung seiner Knappschaftsrente entstanden war. Die Berücksichtigung dieser zusätzlichen Abzüge, durch die der dem Beklagten verbleibende Teil seines Einkommens nicht nur unter den eheangemessenen Bedarf, sondern sogar unter den in der unterhaltsrechtlichen Praxis anerkannten sogenannten Selbstbehalt absinken würde, ist nach den bisher getroffenen Feststellungen aus Rechtsgründen nicht ausgeschlossen. Denn Leistungsunfähigkeit ist grundsätzlich auch dann zu beachten, wenn der Unterhaltsschuldner selbst sie – sogar schuldhaft – herbeigeführt hat. Zwar kann einem Unterhaltsschuldner ausnahmsweise die Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit nach Treu und Glauben verwehrt sein. Das setzt jedoch ein verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten von erheblichem Gewicht voraus, was eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles erfordert (vgl. dazu näher die Senatsurteile vom 26. September 1984 – IVb ZR 17/83 – FamRZ 1985, 158, 159 ff. m.w.N., vom 21. Januar 1987 – IVb ZR 94/85 – BGHR BGB § 1603 Abs. 1, Erwerbstätigkeit 1 = FamRZ 1987, 372 und vom 16. März 1988 – IVb ZR 41/87 – BGHR BGB § 1581 Satz 1, Leistungsunfähigkeit 1 = FamRZ 1988, 597, 599). Das Berufungsurteil, das sich mit diesen Gesichtspunkten nicht befaßt, kann danach keinen Bestand haben und muß auf die Revision des Beklagten aufgehoben werden. Da es insoweit weiterer tatrichterlicher Feststellungen und einer ebenfalls dem Tatrichter obliegenden Würdigung bedarf, muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, soweit die Widerklage des Beklagten abgewiesen worden ist.
Fundstellen