Leitsatz (amtlich)
Im Anfechtungsprozeß kann der Anfechtungsgegner gegen den Anspruch des Gläubigers aus einem Prozeßvergleich alle Einwendungen geltend machen, die der Schuldner selbst noch vorbringen kann.
Normenkette
AnfG § 2
Verfahrensgang
OLG München |
LG München II |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Januar 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 26. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger sind die ehelichen Kinder von L. M. (im folgenden: Schuldner). Seine Ehe wurde am 23. Januar 1992 geschieden. Aufgrund eines vollstreckbaren Titels schuldet er den Klägern für den Zeitraum von Januar 1992 bis Oktober 1995 Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 72.000,– DM. Seit März 1992 ist der Schuldner arbeitslos. Zahlungen leistete er nicht; Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Kläger blieben erfolglos.
Der Schuldner ist zu gleichen Teilen mit seiner Schwester Nacherbe der Eheleute C. Die Nacherbschaft fiel am 24. Mai 1995 an. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem bebauten Grundstück. Mit notariellem Vertrag vom 31. August 1995 veräußerte der Schuldner seinen Erbteil an die Beklagte, mit der er seit 1988 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebt. Als „Gegenleistung” vereinbarten sie:
„(1) Für den übertragenen Erbteil setzen die Vertragsteile einen Wert von DM 130.000,– (in Worten: einhundertdreißigtausend Deutsche Mark) an, der sofort zur Zahlung fällig ist.
(2) Nach Angabe besteht zwischen den Vertragsteilen ein Darlehen ohne Zinsen mit dem Stande vom heutigen Tage in Höhe von DM 130.000,–, welches der Veräußerer dem Erwerber schuldet und welches zur Rückzahlung sofort fällig ist.
Durch die heutige Erbteilsübertragung wird die Darlehensschuld des Veräußerers aufgerechnet mit der Forderung in Höhe von DM 130.000,–, so daß durch die Aufrechnung die Darlehensschuld des Veräußerers in Wegfall gerät.”
Die Kläger haben die notarielle Vereinbarung vom 31. August 1995 nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AnfG angefochten und verlangen von der Beklagten in erster Linie die Duldung der Zwangsvollstreckung in den Erbteil bis zur Höhe von 72.000,– DM. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hält die Erbteilsveräußerung in entsprechender Anwendung von § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG für anfechtbar. Es hat ausgeführt, diese Norm sei auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft analog anzuwenden. Der Schuldner habe bei der Veräußerung in Benachteiligungsabsicht gehandelt. Das sei der Beklagten bekannt gewesen, jedenfalls habe sie den Nachweis des Gegenteils nicht geführt.
Darauf, daß die Geschäftsgrundlage der Unterhaltsvereinbarung infolge anhaltender Arbeitslosigkeit des Schuldners rückwirkend weggefallen sei, könne sich die Beklagte nicht berufen, da jener „keine Abänderung des Unterhaltstitels gemäß §§ 641 l ff ZPO beantragt” habe „und ihm selbst daher auch keine Einwendungen gegen den Titel zustünden”.
II.
Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht der Beklagten Einwendungen gegen den zwischen den Klägern und dem Schuldner geschlossenen Unterhaltsvergleich versagt hat, sind in mehrfacher Hinsicht rechtlich verfehlt.
1. Die Berechtigung zur Anfechtung nach den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes setzt nach § 2 AnfG neben der Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens voraus, daß der Gläubiger einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und seine Forderung gegen den Schuldner fällig ist. Vollstreckbarer Schuldtitel im Sinne dieser Bestimmung ist auch ein Prozeßvergleich (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
a) Die Kläger haben mit dem Schuldner über die Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt einen Prozeßvergleich geschlossen. Die Gegenrüge der Revisionserwiderung, für das Revisionsverfahren sei gemäß der tatrichterlichen Feststellung des Berufungsgerichts davon auszugehen, daß der Kindesunterhalt nicht durch eine Unterhaltsvereinbarung geregelt, sondern – mit der Folge der Anwendbarkeit des § 323 Abs. 3 ZPO – durch Urteil festgesetzt worden sei, bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Tatbestand seines Urteils festgestellt, die Kläger hätten „mit Urteil des Amtsgerichts München vom 23.1.1992 gegen ihren Vater einen vollstreckbaren Unterhaltstitel erwirkt”. Sowohl bei der Wiedergabe des Vorbringens der Beklagten als auch in den Entscheidungsgründen ist indes ausschließlich von einer Unterhaltsvereinbarung die Rede. Damit ist der Tatbestand, zu dem auch die in den Urteilsgründen getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu zählen sind (vgl. BGH, Urt. v. 10. Oktober 1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107, 1108; v. 29. April 1993 – IX ZR 215/92, NJW 1993, 1851, 1982, insoweit nicht in BGHZ 122, 297 abgedruckt), widersprüchlich. Im Umfang seiner Widersprüchlichkeit kommt dem Tatbestand keine Beweiskraft (§ 314 ZPO) und damit auch keine Bindung für das Revisionsgericht zu (BGH, Urt. v. 9. Juli 1993 – V ZR 262/91, NJW 1993, 2530, 2531; v. 19. Dezember 1996 – III ZR 9/95, BGHR ZPO § 314 – Widersprüchlichkeit 5). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Schriftsätzen der Parteien, auf die der Senat demzufolge zurückgreifen kann, steht zweifelsfrei fest, daß der Unterhalt der Kläger am 23. Januar 1992 nicht durch Urteil, sondern durch eine Parteivereinbarung geregelt wurde. Das von den Klägern mit dem erstinstanzlich gestellten Prozeßkostenhilfeantrag vorgelegte Urteil des Amtsgerichts München vom 23. Januar 1992 enthält keine Regelung des Kindesunterhalts. Die Kläger haben von Anfang an vorgetragen, die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt ergebe sich aus einer Unterhaltsvereinbarung (Prozeßkostenhilfeantrag vom 16. Oktober 1995. Klageschrift vom 24. November 1995). Daß es sich hierbei um einen am 23. Januar 1992 geschlossenen Unterhaltsvergleich handelt, folgt schließlich aus den Ausführungen des Amtsgerichts München in seiner zu den Akten gereichten Entscheidung vom 10. November 1995 über das Prozeßkostenhilfegesuch des Schuldners für eine Abänderungsklage (Anl. B 20 zur Klageerwiderung).
b) Der Beklagten ist es nicht verwehrt, sich darauf zu berufen, der Unterhaltsvergleich vom 23. Januar 1992 sei wegen der Arbeitslosigkeit des Schuldners nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dahin abzuändern, daß eine Unterhaltspflicht rückwirkend entfällt.
aa) Das Titelerfordernis in § 2 AnfG soll verhindern, daß der Streit über den Bestand der Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner im Anfechtungsprozeß ausgetragen wird (BGHZ 66, 91, 96). Mit Angriffen, die sich gegen den Bestand des dem Vollstreckungstitel zugrunde liegenden materiellen Anspruchs richten, kann der Anfechtungsgegner daher nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung in aller Regel nicht gehört werden. Ist der Vollstreckungstitel ein rechtskräftiges oder vorläufig vollstreckbares Urteil, sind dem Anfechtungsgegner im Anfechtungsprozeß – vom Vorwurf der Kollusion zwischen Gläubiger und Schuldner abgesehen – in entsprechender Anwendung von § 767 Abs. 2 ZPO nur solche Einwendungen erlaubt, die nach der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Vorprozeß des Gläubigers gegen den Schuldner entstanden sind und die der Schuldner selbst noch vorbringen könnte (BGHZ 55, 20, 28; 90, 207, 210; BGH, Urt. v. 5. Februar 1953 – IV ZR 173/52, LM § 2 AnfG Nr. 1; v. 26. April 1961 – VIII ZR 165/60, NJW 1961, 1463; Nichtannahmebeschl. v. 10. Oktober 1996 – IX ZR 273/95, BGHR AnfG § 2 – Schuldtitel 4).
Gegenüber vollstreckbaren Vergleichen ist der Schuldner nicht gehindert, Einwendungen ohne die Einschränkung des § 767 Abs. 2 ZPO zu erheben. Das kann nicht ohne Auswirkungen auf die Rechtsverteidigung des Anfechtungsgegners im Anfechtungsprozeß bleiben. Die Anfechtung dient der Wiederherstellung der Zugriffslage, wie sie ohne die angefochtene Rechtshandlung bestanden hätte. Der Anfechtungsgegner darf dem Zugriff des Gläubigers nicht stärker ausgesetzt sein als der Schuldner selbst. Steht diesem noch das Recht zu, die Zwangsvollstreckung durch die Erhebung von Einwendungen zu verhindern, muß auch dem Anfechtungsgegner diese Verteidigungsmöglichkeit erhalten bleiben (BGH, Urt. v. 5. Februar 1953 aaO; Kilger/Huber, AnfG 8. Aufl. § 2 Anm. VI 2; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 11. Aufl. § 35 VI 3 a bb, S. 564).
bb) Der Einwand, wegen seiner Arbeitslosigkeit sei seine Unterhaltspflicht rückwirkend entfallen, steht dem Schuldner selbst noch zu. Entgegen der unrichtigen Auffassung des Berufungsgerichts konnte er die aus der Arbeitslosigkeit resultierende Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zwar nicht im – bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666) am 1. Juli 1998 geltenden – vereinfachten Verfahren zur Abänderung von Unterhaltstiteln nach §§ 641 l ff ZPO geltend machen, weil dieses nur dazu diente, Unterhaltstitel der allgemeinen Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen (§ 641 l Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 1612 a Abs. 1 Satz 1 a.F. BGB). Der Schuldner ist aber berechtigt, eine Abänderungsklage nach § 323 Abs. 4 ZPO mit dem Ziel zu erheben, die aus dem Unterhaltsvergleich folgende Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt ab Januar 1992 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage rückwirkend zu beseitigen oder wenigstens zu mindern. Die zeitliche Schranke des § 323 Abs. 3 ZPO, wonach ein Urteil nur für die Zeit nach Erhebung der Klage abgeändert werden darf, findet auf Unterhaltsvergleiche keine Anwendung (ständige Rechtsprechung seit BGHZ 85, 64). Daß der Schuldner von seinem Recht, die Abänderung der Unterhaltsvereinbarung zu verlangen, bislang keinen Gebrauch macht, schränkt – entgegen der auch insoweit unzutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts – die Rechtsverteidigung der Beklagten nicht ein. Der Anfechtungsgegner kann sich im Anfechtungsprozeß so lange auf die Abänderbarkeit eines Vergleichs berufen, wie diese Befugnis dem Schuldner noch zusteht. Das ist hier der Fall, denn nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Vortrag der Parteien hat der Schuldner bislang eine Abänderungsklage nicht einmal erhoben, sondern lediglich einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe für eine solche Klage gestellt, gegen dessen Ablehnung Beschwerde eingelegt worden ist.
III.
Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die erforderlichen Feststellungen zum Fortbestand des Unterhaltsvergleichs getroffen werden können. Hierbei macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Für die neue Verhandlung wird auf folgendes hingewiesen:
1. Ob und in welchem Umfang ein Unterhaltsvergleich wegen einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners abgeändert werden kann, richtet sich nicht nach § 323 Abs. 1 ZPO, sondern, soweit die Parteien keine besonderen Vereinbarungen getroffen haben, ausschließlich nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, für die es insbesondere darauf ankommt, welche Verhältnisse zur Grundlage der Einigung gemacht worden sind und wie die Parteien diese bewertet haben (vgl. BGHZ 85, 64, 73; 128, 320, 323; BGH, Urt. v. 15. März 1995 – XII ZR 257/93, NJW 1995, 1891, 1892; v. 19. März 1997 – XII ZR 277/95, NJW 1997, 2176, 2177; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht 3. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 110 ff; Graba, Die Abänderung von Unterhaltstiteln Rdn. 62 ff). Sollten die Parteien des Unterhaltsvergleichs vom Fortbestand der Beschäftigung des Schuldners ausgegangen sein, wird das Berufungsgericht klären müssen, ob dem Schuldner die grundsätzlich zulässige Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit ausnahmsweise nach Treu und Glauben verwehrt ist. Das hängt davon ab, ob dem Schuldner sein Alkoholmißbrauch im Jahr 1992 unterhaltsrechtlich vorgeworfen werden kann (vgl. zu den – engen – Voraussetzungen OLG Frankfurt FamRZ 1985, 1043; OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 310; OLG Hamm NJW-RR 1996, 963; auch BGH, Urt. v. 13. Januar 1988 – IVb ZR 15/87, NJW 1988, 1147, 1149) und ob er – jedenfalls ab Mai 1993 – seiner Obliegenheit, sich um eine andere zumutbare Beschäftigung zu bemühen, in hinreichendem Maße nachgekommen ist (zu den Voraussetzungen, insbesondere auch zur Darlegungslast, die im Streitfall – wie sonst den Schuldner – die Beklagte trifft, vgl. etwa BGH, Urt. v. 15. Dezember 1993 – XII ZR 172/92, NJW 1994, 1002 f; v. 15. November 1995 – XII ZR 231/94, NJW 1996, 517, 518). Hätte der Schuldner während seiner Arbeitslosigkeit die Haushaltsführung in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft übernommen, könnte dies unterhaltsrechtlich Bedeutung erlangen (vgl. zur unterhaltsrechtlichen Relevanz einer solchen Tätigkeit BGH, Urt. v. 20. Mai 1987 – IV b ZR 50/86, FamRZ 1987, 1011, 1013; v. 9. Dezember 1987 – IV b ZR 97/86, FamRZ 1988, 259, 263). Zu prüfen wird schließlich sein, ob und inwieweit der Anfall der Nacherbschaft im Mai 1995 und deren Veräußerung an die Beklagte unterhaltsrechtlich von Belang sind. Der erstmals in der Revisionserwiderung unter Hinweis auf Entscheidungen des OLG Karlsruhe (FamRZ 1983, 1156, 1157) und des OLG Köln (NJW 1990, 2630) aufgeworfene Gedanke, die rückwirkende Änderung des Unterhaltsvergleichs könne gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sie nicht zeitnah geltend gemacht werde, dürfte hingegen nicht entscheidungserheblich sein (vgl. BGH, Urt. v. 11. April 1990 – XII ZR 42/89, NJW 1990, 3274; Graba aaO Rdn. 427).
2. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, daß die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung nicht oder nicht in vollem Umfang wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage entfallen ist, dürfte die Anfechtung der Erbteilsveräußerung an die Beklagte nach dem bisherigen Sach- und Streitstand begründet sein.
Ob die Kläger die Veräußerung in entsprechender Anwendung von § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG anfechten könnten, bedarf im derzeitigen Verfahrensstadium keiner Erörterung, weil die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG gegeben sind. Die bei der Prüfung eines Anfechtungsrechtes aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG getroffene tatrichterliche Feststellung, der Schuldner habe in Benachteiligungsabsicht gehandelt und der Beklagten sei dies bekannt gewesen (LGU 11), greift die Revision nicht an; Rechtsfehler sind insoweit auch nicht erkennbar. Zwar werden bei der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG die Absicht des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, und die Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon vermutet, während der Gläubiger diese Umstände für eine Anfechtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG grundsätzlich zu beweisen hat. Hier kommt den Klägern indes eine Beweiserleichterung zugute. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Gewährung einer inkongruenten Deckung in aller Regel ein starkes Beweisanzeichen sowohl für eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners als auch dafür, daß der Anfechtungsgegner diese Absicht kannte (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 11. Dezember 1997 – IX ZR 341/95, WM 1998, 275, 280, z.V.b. in BGHZ 137, 267; v. 19. März 1998 – IX ZR 22/97, WM 1998, 968, 974 f; v. 2. April 1998 – IX ZR 232/96, WM 1998, 1037, 1042; v. 8. Oktober 1998 – IX ZR 337/97, WM 1998, 2345, 2348 – jeweils zur Insolvenzanfechtung m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Revision hat die Beklagte mit dem Erwerb des Erbteils unter gleichzeitiger Verrechnung des Kaufpreises mit der – behaupteten – Darlehensschuld eine inkongruente Befriedigung erhalten. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise stellt sich die Überlassung des Erbteils zur Erfüllung der Darlehensverbindlichkeit als Leistung an Erfüllungs Statt dar. Das ist eine Befriedigung, die die Beklagte in dieser Art (vgl. § 30 Nr. 2 KO) nicht beanspruchen konnte; sie ist inkongruent (vgl. Kilger/Huber aaO § 3 Anm. I 5). Gesichtspunkte, die geeignet wären, das danach gegebene Beweisanzeichen für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht und die Kenntnis der Beklagten hiervon zu entkräften, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Unterschriften
Paulusch, Kreft, Stodolkowitz, Zugehör, Ganter
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.11.1998 durch Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 609743 |
BB 1999, 232 |
NJW 1999, 641 |
FamRZ 1999, 502 |
EWiR 1999, 979 |
KTS 1999, 109 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 33 |
WuB 1999, 515 |
ZIP 1999, 33 |
InVo 1999, 180 |
MDR 1999, 378 |
NZI 1999, 73 |