Leitsatz (amtlich)
Die Mitteilung über die Leistungseinstellung nach § 7 (4) BB-BUZ ist nicht deshalb unwirksam, weil der Anspruchsberechtigte darin nicht auf „seine Rechte aus § 6” hingewiesen worden ist.
Normenkette
BB-BUZ § 7
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. Juni 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger unterhält bei der Beklagten zwei Lebensversicherungen mit Einschluß einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Am 21. Juni 1988 verletzte er sich bei einem Sportunfall das rechte Handgelenk. Die Beklagte erkannte ihre Leistungspflicht wegen Berufsunfähigkeit des Klägers als Trainer und Leiter eines Sportstudios an. Aus dem Vertrag vom August 1986 zahlte sie bis einschließlich Februar 1996 eine monatliche Rente von zuletzt 2.809 DM und gewährte Beitragsfreiheit in Höhe von 341,10 DM monatlich. Die aus dem Vertrag vom Oktober 1987 geschuldete Beitragsbefreiung von 240 DM im Monat widerrief die Beklagte zum 1. Mai 1996.
Die Parteien streiten darüber, ob die Berufsunfähigkeit des Klägers wegen einer Besserung des Gesundheitszustands weggefallen ist und ob die Mitteilungen der Beklagten über die Leistungseinstellung wirksam sind. Der Kläger hält diese Mitteilungen schon deshalb für unwirksam, weil er darin entgegen § 7 Nr. 4 Satz 2 1. Halbsatz der Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BB-BUZ) nicht auf seine Rechte aus § 6 BB-BUZ hingewiesen worden ist.
§ 6 der Bedingungen, die dem Vertrag vom Oktober 1987 zugrunde liegen (BB-BUZ 1987), lautet:
Bis wann können bei Meinungsverschiedenheiten Rechte geltend gemacht werden und wer entscheidet in diesen Fällen?
(1) Wenn derjenige, der den Anspruch auf die Versicherungsleistung geltend macht, mit unserer Leistungsentscheidung (§ 5) nicht einverstanden ist, kann er innerhalb von sechs Monaten nach Zugang unserer Entscheidung Klage erheben.
(2) Läßt der Ansprucherhebende die Sechsmonatsfrist verstreichen, ohne daß er vor dem Gericht Klage erhebt, so sind weitergehende Ansprüche, als wir sie anerkannt haben, ausgeschlossen. Auf diese Rechtsfolge werden wir in unserer Erklärung nach § 5 besonders hinweisen.
Eine solche Regelung über die Klagefrist enthält auch § 6 der Bedingungen zum Vertrag vom August 1986 (BB-BUZ 1985), sieht alternativ dazu in Nr. 2 bei Meinungsverschiedenheiten über den Grad und den Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit außerdem die Entscheidung eines Ärzteausschusses vor, wenn sich beide Parteien darauf einigen. Nach Nr. 3 sind weitergehende Ansprüche ausgeschlossen, wenn der Ansprucherhebende innerhalb der Sechsmonatsfrist nicht Klage erhoben oder das Verfahren vor dem Ärzteausschuß verlangt hat.
Die Beklagte hat bei der Leistungseinstellung ausdrücklich keine Klagefrist gesetzt und die Ansicht vertreten, deshalb sei eine Belehrung über die sich eindeutig aus den BB-BUZ ergebenden Rechte für die Wirksamkeit des Ablehnungsschreibens nicht erforderlich (Schreiben vom 21. Februar 1996).
Das Landgericht hat der auf Fortsetzung der Leistungen gerichteten Klage im wesentlichen stattgegeben. Soweit die Verurteilung den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1997 betrifft, hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten durch Teilurteil zurückgewiesen (VersR 1999, 703). Hiergegen hat die Beklagte Revision eingelegt mit dem Ziel der Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht meint, die Beklagte sei jedenfalls bis zum 31. Dezember 1997 an ihr Leistungsanerkenntnis gebunden. Die vorprozessualen Schreiben der Beklagten vom 30. Januar, 21. Februar und 13. März 1996 seien keine wirksame Mitteilung über die Leistungseinstellung, weil der Kläger darin entgegen § 7 Nr. 4 BB-BUZ nicht über seine Rechte aus § 6 BB-BUZ belehrt worden sei. Diese Belehrung sei Voraussetzung für die Wirksamkeit der Ablehnung weiterer Versicherungsleistungen. Die §§ 6 und 7 BB-BUZ beinhalteten mehr als eine bedingungsgemäße Ausschlußfrist für eine Klage, wie sie § 12 Abs. 3 VVG vorsehe. In § 7 BB-BUZ sei ausdrücklich von Rechten des Versicherungsnehmers die Rede, und § 6 BB-BUZ räume ihm das Recht ein, innerhalb von sechs Monaten nach Zugang der Entscheidung des Versicherers Klage zu erheben. In § 6 BB-BUZ in der Fassung von 1985 sei zwar die Klausel über die Anrufung des Ärzteausschusses innerhalb der Sechsmonatsfrist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 7. November 1990 - IV ZR 201/89 - VersR 1991, 90 unter 2) unwirksam. Über die Rechte des Klägers in den nicht für unwirksam erklärten Teilen der Klausel hätte er aber durchaus belehrt werden können und müssen. Eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung habe die Beklagte erst während des Rechtsstreits mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1997 erteilt.
2. Dieser Beurteilung kann der Senat in den entscheidenden Punkten nicht folgen.
a) Richtig ist, daß ein Hinweis auf die Rechte aus § 6 BB-BUZ 1985 nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Mitteilung über die Leistungseinstellung (Änderungsmitteilung) sein kann, weil er falsch wäre. Diese Regelung, die den Ausschluß weitergehender Ansprüche alternativ an das fehlende Verlangen des Verfahrens vor dem Ärzteausschuß knüpft, entspricht inhaltlich der im Senatsurteil vom 7. November 1990 aaO für unwirksam erklärten Klausel. Soweit § 6 BB-BUZ 1985 im übrigen teilweise für wirksam gehalten werden könnte, hätte er nur noch eine Regelung über die Klagefrist wie in § 6 BB-BUZ 1987 zum Inhalt.
b) Das Unterlassen eines Hinweises auf die Regelung der Klagefrist, wie sie in § 6 BB-BUZ 1987 enthalten ist, führt nicht dazu, daß die Änderungsmitteilung des Versicherers unwirksam ist und er allein deshalb an sein Leistungsanerkenntnis gebunden bleibt.
Dem Berufungsgericht kann schon im Ausgangspunkt nicht zugestimmt werden. In § 7 Nr. 4 Satz 2 1. Halbsatz BB-BUZ (1987 und 1985) ist zwar von Rechten die Rede, aber nur durch Verweisung auf „die Rechte aus § 6”. Die Bestimmungen in § 6 BB-BUZ 1987 über die Klagefrist begründen aber keine Rechte des Versicherungsnehmers oder des sonst Anspruchsberechtigten, vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Auch ohne diese Bestimmungen hätte er selbstverständlich das Recht, seinen Anspruch klageweise geltend zu machen. Er müßte in zeitlicher Hinsicht nur auf die Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG achten (5 Jahre, vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 1988 - IVa ZR 317/86 - VersR 1988, 1233 unter 3). Dieses an sich jedem Gläubiger zustehende Klagerecht wird im Versicherungsvertragsrecht durch das im übrigen Zivilrecht unbekannte Privileg des § 12 Abs. 3 VVG eingeschränkt, weil der Versicherer sich durch das Setzen einer Klagefrist Leistungsfreiheit verschaffen kann. § 12 Abs. 3 VVG begründet also ein Recht nur für den Versicherer, für den Versicherungsnehmer dagegen einen Nachteil (zum Rechtscharakter des § 12 Abs. 3 VVG vgl. BGH, Urteile vom 18. Dezember 1974 - IV ZR 123/73 - VersR 1975, 229, 230 li. Sp. Abs. 3 und vom 7. November 1990 - IV ZR 201/89 - aaO unter 2 a; Römer in Römer/Langheid, VVG § 12 Rdn. 32). Allerdings tritt der Nachteil des Anspruchsverlustes nur ein, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer darüber belehrt hat, daß er den Anspruch rechtzeitig gerichtlich geltend zu machen habe. Damit wird aber kein Recht des Versicherungsnehmers geschaffen, den Anspruch gerichtlich geltend machen zu können, sondern vielmehr ein Zwang, die Gerichte innerhalb der Sechsmonatsfrist anzurufen. Fehlt die Belehrung oder ist sie falsch, ist die einzige Konsequenz die, daß die Klagefrist nicht zu laufen beginnt. Andere Rechtsfolgen der Leistungsablehnung treten dagegen, anders als das Berufungsgericht meint, trotz fehlender Belehrung ein (z.B. Fälligkeit, Wegfall der Aufklärungsobliegenheiten des Versicherungsnehmers, vgl. Römer, aaO VVG § 12 Rdn. 14, § 6 Rdn. 21).
Um nichts anderes handelt es sich bei der Bestimmung über die Klagefrist, wie sie in § 6 BB-BUZ 1987 enthalten ist. Sie wiederholt inhaltlich, allerdings beschränkt auf die Klageerhebung, nur das, was in § 12 Abs. 3 VVG steht, und trifft keine dem Versicherungsnehmer günstigere Regelung im Sinne von sonst nicht bestehenden Rechten. Bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Belehrung über diese angeblichen Rechte tritt als Rechtsfolge nur das ein, was auch bei § 12 Abs. 3 VVG der Fall ist, die Klagefrist beginnt nicht zu laufen. Deshalb kann hier offenbleiben, ob § 6 BB-BUZ 1987 zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 12 Abs. 3 VVG abweicht und deshalb nach § 15a VVG unwirksam ist, weil § 6 BB-BUZ 1987 von den Möglichkeiten, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen, nur die Klageerhebung nennt (so OLG Hamm VersR 1990, 1344 unter 1 a).
Die vom Berufungsgericht gezogene Parallele zu Rechtsmittelbelehrungen bei öffentlich-rechtlichen Bescheiden spricht nicht für, sondern gegen seine Auffassung. Die fehlende oder falsche Rechtsmittelbelehrung führt nicht zur Unwirksamkeit des Bescheids, sondern nur dazu, daß die reguläre Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelfrist nicht zu laufen beginnt (vgl. § 58 VwGO). Das Recht, den Bescheid anfechten zu können, ergibt sich nicht aus der Rechtsmittelbelehrung.
c) Die Ansicht des Berufungsgerichts führt letztlich auch zu einem Nachteil für die Anspruchsberechtigten. Der Gedanke des Berufungsgerichts, ein Versicherer, der in seinen Bedingungen eine Belehrung verspreche, müsse sich zur Vermeidung von Konsequenzen auch daran halten, ist zwar im Ansatz richtig. Die Konsequenzen dürfen dann aber nur zu einer Begünstigung und nicht zu einer Benachteiligung des Versicherungsnehmers führen. Der vom Berufungsgericht dem Versicherungsnehmer vordergründig gewährte Vorteil der Unwirksamkeit der Änderungsmitteilung erweist sich letztlich aber für ihn als Nachteil. Nach Ansicht des Berufungsgerichts muß der Versicherer, der eine wirksame Änderungsmitteilung absenden will, stets unter Hinweis auf § 6 BB-BUZ 1987 eine Klagefrist setzen. Dies ist für den Versicherungsnehmer in zweifacher Hinsicht von Nachteil. Einmal besteht die Gefahr, daß die Klagefrist fahrlässig versäumt wird und der Anspruch allein deshalb verloren geht. Zum anderen wird die Frist von sechs Monaten häufig nicht ausreichen, die auf eine Besserung des Gesundheitszustandes gestützte Änderungsmitteilung des Versicherers sachgerecht zu prüfen. Gerade der sorgfältige Versicherungsnehmer wird nicht sofort Klage erheben, sondern durch Befragen von Ärzten oder Einholen von Gutachten die oft komplizierten, verschiedene medizinische Fachgebiete betreffenden Fragen zu klären versuchen. Das kann, wie die Erfahrung zeigt, länger als sechs Monate dauern. Das Setzen der Ausschlußfrist führt dann dazu, daß der Versicherungsnehmer Klage erheben muß, obwohl er die Erfolgsaussichten noch nicht abschließend prüfen konnte. Der Sinn der vom Senat an den sachlichen Inhalt der Änderungsmitteilung gestellten Anforderungen ist aber gerade der, dem Versicherungsnehmer eine sachgerechte Abschätzung des Prozeßrisikos zu ermöglichen (vgl. BGHZ 121, 284, 294 f.). Wenn ein Versicherer dem dadurch Rechnung trägt, daß er ausdrücklich keine Klagefrist setzt, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht auf den Gedanken kommen, wegen dieses Entgegenkommens sei die Änderungsmitteilung unwirksam und allein deshalb sei der Versicherer weiterhin zur Leistung verpflichtet.
3. Da der Rechtsstreit somit auch für die bis zum 31. Dezember 1997 verlangten Versicherungsleistungen nicht zur Entscheidung reif ist, muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Unterschriften
Dr. Schmitz, Römer, Dr. Schlichting, Seiffert, Ambrosius
Fundstellen
Haufe-Index 538836 |
EBE/BGH 1999, 359 |
NJW-RR 2000, 318 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 1999, 1136 |
MDR 1999, 1442 |
NVersZ 2000, 126 |
VersR 1999, 1530 |
ZfS 2000, 23 |