Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Entlastung des Verkäufers nach Art. 79 CISG, wenn er bei der Lieferung nicht vertragsgerechter Ware nur als Zwischenhändler tätig geworden ist und die Ursachen für die Mangelhaftigkeit im Bereich seiner Vor- oder Zulieferer liegen.
2. Zur Zulässigkeit eines Grundurteils über einen Schadensersatzanspruch ohne Berücksichtigung der Schadensminderung gemäß Art. 77 CISG.
Normenkette
CISG Art. 79, 77; ZPO § 304 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Zweibrücken (Aktenzeichen 8 U 46/97) |
LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 8 O 1995/95) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Grundurteil des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 31. März 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin betreibt in Österreich eine Rebschule, die sich unter anderem mit der Aufzucht und Veredelung von Schnittreben sowie dem Handel mit diesen befaßt. Bei der Veredelung verwendet sie ein spezielles Wachs, um das Austrocknen der Reben zu verhindern und die Infektionsgefahr zu verringern. Das Wachs, das die Klägerin zum Teil auch weiterverkaufte, bezog sie seit mehreren Jahren von der Beklagten, deren Inhaber auch eine Rebschule betreibt. Die Beklagte ihrerseits bezog das Wachs von der Firma F. W.. Herstellerin des Wachses war die Firma S. Werke GmbH.
Mit Schreiben vom 18. Januar 1994 bat die Klägerin die Beklagte wie in den Vorjahren um Unterbreitung eines Angebotes für „ca. 5000 kg Rebwachs schwarz”. Bezugnehmend auf dieses Schreiben bot die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 21. Januar 1994 5000 kg „Rebwachs schwarz” zu einem Preis von 5,43 DM je Kilogramm an. Die Klägerin gab am 31. Januar 1994 eine entsprechende Bestellung auf.
Bei dem daraufhin an die Klägerin gelieferten Wachs handelte es sich um eine Neuentwicklung der Firma S. -Werke, die von der Beklagten in Auftrag gegeben war. Die Beklagte hatte die Ware vor der Belieferung der Klägerin weder tatsächlich übernommen noch geprüft. Die Lieferung erfolgte in der Originalverpackung direkt von der Herstellerin, der Firma S. -Werke, die hiermit von der Beklagten über die Firma F. W. beauftragt worden war.
Die Klägerin verwendete das Wachs teilweise zur Behandlung ihrer eigenen Reben. Daneben veräußerte sie sowohl Wachs als auch Reben, die in ihrem Betrieb mit dem Wachs behandelt worden waren, an andere Rebschulen weiter, die wiederum ihrerseits eigene Reben mit dem Wachs behandelten und auch Kunden mit Reben belieferten, die mit Hilfe des Wachses zuvor veredelt worden waren.
Mit Schreiben vom 16. Juni 1994 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Mangelhaftigkeit des Wachses und machte massive Ausfälle der mit dem Wachs behandelten Reben geltend. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt sie von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Gegenwertes von 14.146.348,40 öS. Die Beklagte lehnt einen Ersatz ab. Sie führt die behaupteten Schäden auf Erfrierung zurück und ist der Auffassung, sie sei nach Art. 79 CISG von einer Haftung als Zwischenhändlerin befreit, da die Schadensursache außerhalb ihres Einflußbereiches liege. Darüber hinaus seien aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche ausgeschlossen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, mit der sie eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte dem Grunde nach gemäß Art. 45 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 74 bis 77 CISG zu, von dem die Beklagte sich auch nicht nach Art. 79 CISG entlasten könne.
Das von der Beklagten 1994 gelieferte schwarze Rebwachs sei den Anforderungen in der Praxis nicht gerecht geworden und deshalb nicht vertragsgemäß nach Art. 35 Abs. 1 CISG. Die Mangelhaftigkeit des Wachses stehe jedenfalls aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme zweifelsfrei fest. Soweit die Beklagte die Ursächlichkeit des gelieferten Rebwachses für die Schäden bestreite, sei dies unsubstantiiert.
Die Haftung der Beklagten sei nicht durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen. Diese seien nicht Vertragsinhalt geworden. Im übrigen seien sie unwirksam, weil sie gegen § 9 AGBG verstießen, indem sie Schadensersatzansprüche vollständig ausschlössen.
Eine Haftung der Beklagten scheitere auch nicht an Art. 79 CISG. Da die Beklagte das der Klägerin gelieferte Wachs selbst als Neuentwicklung in Auftrag gegeben habe, wäre eine Entlastung nur dann denkbar, wenn die Beklagte sich darauf hätte verlassen können, daß das neu entwickelte Wachs abschließend erprobt worden wäre. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Damit habe der Hinderungsgrund im Sinne von Art. 79 Abs. 1 CISG nicht außerhalb des Einflußbereiches der Beklagten gestanden. Die Beklagte hätte den Mangel vermeiden können. Sie hätte das neue Produkt auf seine Pflanzenverträglichkeit überprüfen lassen müssen.
Damit habe die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf Ersatz des ihr im Jahre 1994 durch die Lieferung des mangelhaften Rebwachses entstandenen materiellen Schadens. Was den Umfang des mangelbedingten Schadens angehe, so sei die Sache noch nicht entscheidungsreif. Dazu bedürfe es noch weiterer Feststellungen, insbesondere einer Beweisaufnahme über den Umfang des der Klägerin in ihrer eigenen Rebschule entstandenen Ausfalls an den zum Verkauf bestimmten Reben sowie der Inanspruchnahme der Klägerin für erlittene Schäden bei ihren Abnehmern an Setzreben bzw. der bei diesen nach Einsatz des schadhaften Wachses erlittenen Vermögenseinbußen.
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision freilich gegen die Feststellung der Mangelhaftigkeit des von der Beklagten der Klägerin 1994 gelieferten schwarzen Rebwachses.
Zu Recht begründet das Berufungsgericht seine Entscheidung damit, der Sachverständige habe ohne jede Einschränkung festgestellt, daß aufgrund der dargestellten Versuche und Analysen kein Zweifel an dem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem verwendeten Rebwachs und den aufgetretenen Schäden im Jungfeld der Rebschule bestehe.
Vergeblich greift die Revision die Sachkunde des Sachverständigen mit der Rüge an, dieser sei nur Sachverständiger auf biologischem Gebiet, habe aber gleichwohl im Rahmen seiner Begutachtung chemisch-physikalische Analysen durchführen lassen und deren Wertung dann auch selbst vorgenommen. Die entscheidende Feststellung, daß die Anwendung des verkauften Wachses die Schädigungen der Pflanzen der Klägerin verursachte, hat der Sachverständige aufgrund eines Feldversuchs mit einer Paraffinierung von insgesamt 500 Reben getroffen, die dazu führte, daß die mit dem streitgegenständlichen Wachs behandelten Pflanzen stark geschädigt waren. Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es keines weiteren Gutachtens eines chemisch-physikalischen Sachverständigen, um festzustellen, welcher konkrete Schadstoff im Wachs für die Schädigungen verantwortlich ist. Zu Recht stellt nämlich das Berufungsgericht darauf ab, daß die Beklagte gemäß Art. 35 Abs. 2 Buchst. a CISG Wachs zu liefern hatte, das sich für die Behandlung von Reben eignet, daß das von der Beklagten 1994 gelieferte schwarze Rebwachs aber den – beiden Parteien bekannten und von ihnen auch vorausgesetzten – Anforderungen in der Praxis nicht gerecht wurde und deshalb nicht vertragsgemäß im Sinne des Art. 35 CISG war.
2. Die Revision macht weiter geltend, die Beklagte habe für den durch die Verwendung des Rebwachses hervorgerufenen Schaden jedenfalls deswegen nicht einzustehen, weil sie bloße Zwischenhändlerin gewesen sei und die nicht vertragsgerechte Beschaffenheit des Rebwachses daher außerhalb ihres Einflußbereichs gelegen habe (Art. 79 CISG). Auch dieser Angriff bleibt ohne Erfolg.
a) Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob Art. 79 CISG alle denkbaren Fälle und Formen einer haftungsbegründenden Nichterfüllung von Vertragspflichten umfaßt und nicht auf bestimmte Formen der Vertragsverletzung beschränkt ist und deshalb die Lieferung einer wegen eines Mangels vertragswidrigen Sache einschließt (vgl. Schlechtriem/Stoll, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl. 1995, Art. 79 Rdnr. 45-47; Staudinger/Magnus, Wiener UN-Kaufrecht, 1994, Art. 79 Rdnr. 25-26; Piltz, Internationales Kaufrecht, München 1993, § 4 Rdnr. 217 f.; Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, München 1991, Art. 79 Rdnr. 8; Schlechtriem, Internationales UN-Kaufrecht, Tübingen 1996, S. 164 f.) oder ob ein Verkäufer, der fehlerhafte Ware geliefert hat, sich überhaupt nicht auf Art. 79 CISG berufen kann (vgl. Nicholas, Impracticability and Impossibility in the UN Convention on Contracts for the International Sale of Goods, in: Galston N.M./Smit H., International Sales, New York, Mathew Bender, 1984, Chapter 5 § 5.10 bis 5.14; Tallon in Bianca/Bonell, Commentary on the International Sales Law, Milan 1987 Art. 79 Anm. 2.6.2.; Honnold, J.O., Uniform Law for International Sales under the United Nations Convention, December 1982, Art. 79 N. 427; vgl. auch Lautenbach, Die Haftungsbefreiung im internationalen Warenkauf nach dem UN-Kaufrecht und dem schweizerischen Kaufrecht, Dissertation der Universität Zürich, 1990 S. 33 f.; Keil, Die Haftungsbefreiung des Schuldners im UN-Kaufrecht, Dissertation der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, Frankfurt am Main 1993, S. 18 f.). Eine Befreiung gemäß Art. 79 CISG kommt, wovon das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht ausgegangen ist, nicht in Betracht, weil jedenfalls die Mangelhaftigkeit des Rebwachses nicht außerhalb des Einflußbereiches der Beklagten liegt. Sie hat deshalb für die Folgen der nicht vertragsgemäßen Lieferung einzustehen.
Die Entlastungsmöglichkeit des Art. 79 CISG führt nicht zu einer Veränderung der vertraglichen Risikoverteilung. Nach dem Einheitskaufrecht liegt der Grund für die Haftung des Verkäufers darin, daß er sich verpflichtet hat, dem Käufer vertragsgemäße Ware zu verschaffen. Wenn das vertragswidrige Verhalten des oder der Vorlieferanten überhaupt ein Hinderungsgrund im Sinne des Art. 79 CISG ist, so doch grundsätzlich ein solcher, den der Verkäufer nach dem Inhalt des Kaufvertrags vermeiden oder überwinden muß. Dies entspricht dem typischen Sinn eines solchen Vertrages (Magnus in: Honsell [Hrsg.], Kommentar zum UN-Kaufrecht, 1997, Art. 79 Rdnr. 10; a.A. wohl Schlechtriem/Stoll aaO Art. 79 Rdnr. 47 ff. jew. m.w.Nachw.). Aus der Sicht des Käufers macht es keinen Unterschied, ob der Verkäufer die Ware selbst herstellt – mit der Folge, daß die Nichterfüllung grundsätzlich in seinem tatsächlichen Einflußbereich liegt, so daß eine Befreiung gemäß Art. 79 Abs. 1 CISG im Regelfall ausscheidet – oder ob er sich diese von Vorlieferanten verschafft. So wie der Verkäufer bei Gattungsschulden dafür haftet, daß sein Vorlieferant ihn pünktlich beliefert (vgl. z.B. Staudinger/Magnus aaO Art. 79 Rdnr. 22; Schlechtriem/Stoll aaO Art. 79 Rdnr. 30 f.), haftet er auch dafür, daß ihn sein Vorlieferant fehlerfrei beliefert. Das Einheitskaufrecht unterscheidet insoweit nicht zwischen einer nicht rechtzeitigen Lieferung und der Lieferung einer nicht vertragsgemäßen Ware. Für beide Vertragsverletzungen gilt derselbe Haftungsmaßstab. Daß die Parteien bei Vertragsschluß eine andere Risikoverteilung vereinbart haben, zeigt die Revision nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Nach Art. 79 CISG kommt eine Entlastung des Verkäufers von den Folgen nicht vertragsgerechter Beschaffenheit der Ware – soweit überhaupt (s.o.) – nur in Betracht, wenn diese seinem Einflußbereich nicht mehr zugeordnet werden kann. Da der Verkäufer, wie gezeigt, das Beschaffungsrisiko trägt, kann er sich auch dann, wenn die Ursachen für die Mangelhaftigkeit der Ware – wie hier – im Vor- oder Zuliefererbereich liegen, nach Art. 79 Abs. 1 oder 2 CISG nur entlasten, wenn die Mangelhaftigkeit auf Umständen beruht, die außerhalb seines eigenen und des Einflußbereichs jedes seiner Vorlieferanten liegen. Daß dies der Fall ist, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Soweit sie darauf verweist, daß die Herstellerfirma im Jahr 1994 bei der Produktion des gelieferten Rebwachses eine möglicherweise aus Ungarn bezogene ungeeignete Grundsubstanz verwendet habe, ist dies mit Blick auf Art. 79 CISG nicht erheblich, denn für einen derartigen in ihrem Einflußbereich liegenden Produktionsfehler hätte die Herstellerfirma – und damit im Verhältnis zur Klägerin auch die Beklagte – einzustehen.
b) Aus diesem Grund wird die grundsätzliche Verantwortlichkeit der Beklagten für den Schaden der Klägerin auch nicht durch die Erwägung der Revision in Frage gestellt, der Schaden wäre in gleicher Weise auch dann eingetreten, wenn die Beklagte im Jahr 1994 anstelle des neu entwickelten wiederum das schon seit Jahren zuvor an die Klägerin verkaufte und von dieser ohne Schadensfolgen verwendete Rebwachs geliefert hätte, weil sämtliche von der Herstellerfirma in jenem Jahr produzierten Rebwachssorten infolge der nur in diesem Jahr verwendeten fehlerhaften Grundsubstanz denselben Mangel aufgewiesen hätten. Denn die Beklagte würde auch bei dieser hypothetischen Fallgestaltung für den Schaden der Klägerin einzustehen haben. Die Haftung nach dem einheitlichen Kaufrecht beruht, entgegen der Ansicht der Vorinstanz, nicht darauf, daß der Zwischenhändler verpflichtet ist, die Ware vor der Lieferung an seinen Käufer zu untersuchen, was – wie die Revision meint –, in diesem Fall nicht erforderlich gewesen wäre, da das bisher bezogene Rebwachs immer mangelfrei gewesen sei. Denn auf ein Verschulden des Verkäufers kommt es wegen der gesetzlichen und mangels anderer Vereinbarung zwischen den Parteien in den Vertrag einbezogenen Risikoverteilung mit der Folge einer Garantiehaftung des Verkäufers nicht an.
3. Nicht zu beanstanden ist auch die von der Revision nicht angegriffene Auffassung des Berufungsgerichts, die Haftung der Beklagten sei nicht im Hinblick auf deren Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen, da diese schon nicht Vertragsinhalt geworden seien und im übrigen gegen § 9 AGBG verstießen, indem sie Schadensersatzansprüche vollständig ausschlössen.
4. Zu Recht rügt die Revision aber, daß das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob und inwieweit die Klägerin gemäß Art. 77 CISG eine Mitverantwortung für die Schäden trägt.
a) Die Frage, ob über die Verletzung der Obliegenheit gemäß Art. 77 CISG, den Schaden zu mindern, im Verfahren über den Grund des Anspruchs entschieden werden muß oder dies dem Betragsverfahren vorbehalten werden kann, ist anhand der zu § 254 BGB entwickelten Grundsätze zu entscheiden; das Gebot der autonomen Auslegung des UN-Kaufrechts (Art. 7 CISG) steht dem nicht entgegen, weil es sich hierbei um eine verfahrensrechtliche Frage handelt.
Art. 77 CISG begründet eine anspruchsausschließende Einwendung, die von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Schlechtriem/Stoll aaO Art. 77 CISG Rdnr. 12 m.w.N.). Eine Versäumung der Schadensminderungspflicht kann zum gänzlichen Ausschluß des Ersatzes führen, soweit der Schaden insgesamt hätte vermieden werden können (vgl. Schlechtriem/Stoll aaO). Die Prüfung der Versäumung der Schadensminderungspflicht gemäß Art. 77 CISG muß daher in der Regel im Grundurteil vorgenommen werden. Nur wenn feststeht, daß die Versäumung der Schadensminderungspflicht nicht zum Haftungsausschluß führt, somit jedenfalls ein Anspruch des Geschädigten bleibt, darf die Entscheidung darüber dem Betragsverfahren vorbehalten werden. Werden in einem Grundurteil aber einzelne zum Grund des Anspruchs gehörende Fragen ausgeklammert und soll ihre Klärung dem Betragsverfahren überlassen werden, so muß im Urteilstenor, zumindest aber in den Urteilsgründen kenntlich gemacht werden, über welche Punkte, die den Grund der Haftung betreffen, im Urteil nicht entschieden worden ist. Dies ist bei der Prüfung eines mitwirkenden Verschuldens gemäß § 254 BGB in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1974 - II ZR 31/73 = VersR 1974, 1172 unter 6; Senat, Urteil vom 31. Januar 1990 - VIII ZR 314/88 = NJW 1990, 1106 unter II 2 b aa; Senat, Urteil vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 243/94 = NJW-RR 1996, 700 unter II 1 d aa) und gilt für Art. 77 CISG entsprechend.
b) Das Berufungsgericht ist, was die Revision zu Recht rügt, auf die Frage einer Mitverantwortung der Klägerin für die Schäden weder im Urteilstenor noch in den Urteilsgründen eingegangen. Es hat dabei das Vorbringen der Beklagten übergangen, daß die Klägerin das streitgegenständliche Wachs auch dann noch weiter verwandt habe, nachdem sie – zu einem Zeitpunkt, als erst etwas mehr als die Hälfte der Reben für die Rebschule behandelt gewesen seien – Kenntnis von dessen Schadhaftigkeit erlangt hätte. Ohne einen entsprechenden Vorbehalt wäre das Berufungsgericht nach § 318 ZPO gehindert, die geltend gemachte Mitverantwortung der Klägerin für die Schäden im weiteren Verlauf des Rechtsstreits zu berücksichtigen (vgl. Senat, Urteil vom 31. Januar 1990 aaO).
5. Zu Recht rügt die Revision schließlich, daß sich das Berufungsgericht nicht mit dem Vortrag der Beklagten auseinandergesetzt hat, die Klägerin habe das Wachs auch für einen hierfür nicht vorgesehenen Zweck, nämlich die Behandlung von in sog. „Jungfeldern” einzupflanzenden Jungreben eingesetzt, obwohl es ihr nur für die Rebveredelung angeboten und von der Klägerin auch hierfür bestellt worden sei.
Hat die Klägerin das ihr gelieferte Rebwachs einer Verwendung zugeführt, für die es nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht bestimmt war, kommt eine Haftung der Beklagten für die hierdurch ausgelösten Schäden nicht in Betracht. Dann würde der Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung der in Art. 35 CISG statuierten Pflichten und den in den Jungfeldern aufgetretenen Schäden fehlen.
Entsprechend den Ausführungen unter 4. hätte das Oberlandesgericht entweder eine ausdrückliche Entscheidung über die Haftung der Beklagten auch für die Schäden aus dem Einsatz des gelieferten Wachses auf „Jungfeldern” treffen, oder – wenn nicht – wenigstens einen entsprechenden Vorbehalt im Urteil machen müssen. An beidem fehlt es.
III. Da es noch weiterer tatrichterliche Feststellungen bedarf, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dr. Zülch, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers, Dr. Wolst
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.03.1999 durch Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539161 |
BGHZ |
BGHZ, 129 |
DB 1999, 1442 |
NJW 1999, 2440 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1466 |
WuB 1999, 1025 |
JZ 1999, 791 |
MDR 1999, 1009 |
RIW 1999, 617 |