Leitsatz (amtlich)
COTTON LINE
Die Bezeichnung „COTTON LINE” als Kennzeichen für ein Unternehmen der Textilbranche ist nicht unterscheidungskräftig.
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Juli 1993 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, der Bekleidungsstücke aus Textilien und Leder herstellt und vertreibt, handelt seit 1986 unter der Firma „Cotton Line P. K.”. Er ist ferner Inhaber von Wort-/Bildzeichen mit der Bezeichnung „Cotton Line Kejzar's”. Im Schriftverkehr und auf seinen Waren benutzt er auch „COTTON LINE” ohne weiteren Zusatz.
Die Beklagte bot ab 1992 T-Shirts an, die sowohl auf einem Einnähetikett als auch auf einem angehängten Pappetikett die Bezeichnung „COTTON LINE” trugen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte verletze damit sein Namens- und Firmenkennzeichnungsrecht. „COTTON LINE” sei auch ohne – die beanspruchte – Verkehrsgeltung von Haus aus kennzeichnungskräftig. Wegen der Vieldeutigkeit des Bestandteils „Line” empfinde der deutsche Verkehr die Zusammensetzung „COTTON LINE” als eine der deutschen Umgangssprache fremde, eigentümliche Zusammenstellung englischer Wörter, die dem gewählten Begriff originäre Unterscheidungskraft verleihe.
Er hat beantragt,
- der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts, die mit der Kennzeichnung „COTTON LINE” versehen sind, feilzuhalten oder in Verkehr zu bringen;
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die in Ziffer I bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird;
die Beklagte weiter zu verurteilen, dem Kläger vollständige Auskunft darüber zu geben,
- welche Bekleidungsstücke, die mit der Kennzeichnung „COTTON LINE” versehen waren, sie seit wann und in welchen Stückzahlen feilgehalten oder in Verkehr gebracht hat,
- von welchen mit Namen und Anschriften zu bezeichnenden Herstellern oder Lieferanten sie diese mit der Kennzeichnung gemäß Ziffer I versehenen Bekleidungsstücke in welchen Stückzahlen bestellt oder bezogen hat,
- in welcher Art und in welchem Umfang sie für Bekleidungsstücke, die mit der Kennzeichnung nach Ziffer I versehen waren, Werbung betrieben hat, unter Darlegung der Werbeträger, der Auflagenhöhe, des Verbreitungsgebiets und der Erscheinungsdaten.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat ausgeführt, „COTTON LINE” sei eine rein beschreibende Angabe und als verkürzter Bestandteil der Firma des Klägers nicht schutzfähig.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Die Revision verfolgt den Antrag der Beklagten weiter, die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Firmenbestandteil „COTTON LINE”, den der Kläger unstreitig als Abkürzung und Schlagwort benutze, genieße wettbewerbsrechtlichen Schutz gemäß § 16 Abs. 1 UWG. Es handele sich hierbei um eine originäre Phantasiebezeichnung, die nicht warenbeschreibenden Charakter habe und deshalb auch ohne Verkehrsgeltung gesetzlichen Schutz genieße. Es könne davon ausgegangen werden, daß das englische Wort „cotton” für Baumwolle im Bereich von Mode und Textilien Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden habe. Für das englische Wort „line” könne das aber nicht angenommen werden. Es gebe hierfür verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten, eine davon sei „Linie”. Diese sei aber im Mode- und Textilbereich nicht so gängig und geläufig, daß sie überwiegend als „modische Linie” verstanden werde. Die identische Verwendung der Bezeichnung „COTTON LINE” durch die Beklagte begründe die kennzeichnungsrechtliche Verwechslungsgefahr.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
II. 1. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, „COTTON LINE” sei als Firmenbestandteil ohne Verkehrsgeltung unterscheidungskräftig.
Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Bezeichnung „COTTON LINE” als Firmenbestandteil ohne Verkehrsgeltung Schutz nur zukommen kann, wenn dieser eine originäre Kennzeichnungskraft aufweist. Der Schutz des aus der vollen Firmenbezeichnung abgeleiteten Bestandteils der Firma (vgl. BGH, Urt. v. 28.2.1991 – I ZR 110/89, GRUR 1991, 475, 477 = WRP 1991, 477 – Caren Pfleger) gemäß dem für die revisionsrechtliche Beurteilung maßgeblichen § 5 Abs. 2 MarkenG, der insoweit ohne sachliche Znderung an die Stelle von § 16 Abs. 1 UWG (vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 67) getreten ist, setzt sonach voraus, daß die Bezeichnung „COTTON LINE” unterscheidungskräftig und nach der Verkehrsauffassung ihrer Natur nach geeignet ist, wie ein Name des Unternehmens zu wirken. Gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, „COTTON LINE” sei ein solches von Haus aus unterscheidungskräftiges Unternehmenskennzeichen, wendet sich die Revision mit Erfolg.
a) Soweit die Revision allerdings meint, der Bezeichnung „COTTON LINE” sei die Schutzfähigkeit als unterscheidungskräftiger Firmenbestandteil schon deshalb abzusprechen, weil dieser im Vergleich zu den übrigen Bestandteilen der Firma nicht als der eigentlich kennzeichnende Teil angesehen werden könne, kann ihr nicht beigetreten werden. Bei dieser Betrachtungsweise vernachlässigt sie, daß der Kläger die Bezeichnung „COTTON LINE” nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig als Firmenschlagwort benutzt. Es bedarf deshalb im Streitfall – anders als in den Fällen, in welchen der Firmenbestandteil in Alleinstellung oder in besonderer Herausstellung als Firmenschlagwort noch nicht benutzt worden ist und deshalb insbesondere bei Prioritätsfragen auf die Gesamtfirma abzustellen ist – nicht der gesonderten Beurteilung, ob der streitige Firmenteil „COTTON LINE” im Vergleich zur ungekürzten Firma des Klägers „Cotton Line P. K.” als der eigentlich kennzeichnende Teil anzusehen ist.
b) Einem als Firmenschlagwort verwendeten Firmenbestandteil kann kennzeichnungsrechtliche Unterscheidungskraft von Haus aus aber nur zugesprochen werden, wenn er geeignet ist, bei der Verwendung im Verkehr ohne weiteres als Name des Unternehmens zu wirken (BGH, Urt. v. 12.6.1986 – I ZR 70/84, GRUR 1988, 319, 320 = WRP 1986, 671 – VIDEO-RENT; Urt. v. 7.3.1991 – I ZR 148/89, GRUR 1991, 556, 557 = WRP 1991, 482 – Leasing Partner; Urt. v. 12.3.1992 – I ZR 110/90, GRUR 1992, 550, 551 = WRP 1992, 478 – ac-pharma). Maßgebend dafür ist die Verkehrsauffassung, die sich im wesentlichen auch daran orientiert, ob sich üblicherweise Handelsunternehmen in derartiger Weise namensmäßig zu bezeichnen pflegen (BGH, Urt. v. 17.1.1985 – I ZR 172/82, GRUR 1985, 461, 462 = WRP 1985, 338 – Gefa/Gewa; BGH – ac-pharma aaO). Sieht der Verkehr in der Verwendung der das Firmenschlagwort bildenden Begriffe der Art nach keinen namensmäßigen Hinweis auf ein Unternehmen, so fehlt die unternehmenskennzeichnende Unterscheidungskraft, auch wenn Teilen der Verbraucherschaft – worauf das Berufungsgericht allein abgestellt hat – der beschreibende Charakter des gewählten Begriffs nicht ohne weiteres erkennbar ist.
aa) Die Wörter „COTTON” und „LINE” sind für sich betrachtet nicht unterscheidungskräftig. Das Wort „COTTON” ist – wovon auch das Berufungsgericht ausgeht – eine beschreibende Angabe für Baumwolle und gehört inzwischen der deutschen Umgangssprache an. Gleichermaßen wird auch das Wort „LINE” als beschreibende Angabe verstanden. Dies hat seine Ursache schon darin, daß das englische Wort „line” mit dem deutschen Wort „Linie” sprachlich verwandt ist und breiten Eingang in den Modebereich gefunden hat (vgl. BPatGE 30, 227, 228 m.w.N.).
bb) Die Verbindung der Wörter „COTTON” und „LINE” besitzt ebenfalls keine hinreichende Unterscheidungskraft als Unternehmenskennzeichen für einen Betrieb, der sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Textilien befaßt. Eine ausreichende Unterscheidungskraft wäre nur anzunehmen, wenn es sich um eine eigenartige, phantasievolle Zusammensetzung dieser beiden Begriffe handelte, die der Verkehr als individuellen Herkunftshinweis auffassen würde (BGH – VIDEO-RENT aaO; Urt. v. 27.9.1990 – I ZR 87/89, WRP 1991, 151, 154 – Pizza & Pasta; Urt. v. 8.12.1994 – I ZR 192/92, WRP 1995, 307, 309 – Garant-Möbel). Davon kann jedoch im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden; vielmehr ergibt auch die Wortzusammenfügung nur ein sprachübliches Wort beschreibenden Inhalts. Die beiden Wörter werden nämlich nur entsprechend ihrem ursprünglichen, rein beschreibenden Wortsinn verwendet und weisen darauf hin, daß es sich bei den vertriebenen Textilien um eine vom Material geprägte Mode handelt. Für die betreffenden Verkehrskreise liegt es erfahrungsgemäß fern, daß ein Unternehmen diesen Begriff als Namen seines Unternehmens wählt. Ist für die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „COTTON LINE” eine freie Sachbezeichnung, so folgt auch bei der gebotenen Berücksichtigung des Freihaltebedürfnisses des Verkehrs an dieser Bezeichnung, daß kennzeichenrechtlicher Schutz aus originärer Kennzeichnungskraft nicht zugebilligt werden kann. Auch für fremdsprachliche Bezeichnungen, die im Inland als beschreibend verstanden werden, besteht ein schutzwürdiges Freihaltebedürfnis (BGH – VIDEO-RENT aaO; vgl. auch Beschl. v. 21.6.1990 – I ZB 11/89, GRUR 1991, 136, 137 – NEW MAN; Beschl. v. 28.11.1991 – I ZB 4/90, GRUR 1992, 515, 516 – Vamos).
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann auch nicht unter markenrechtlichen Gesichtspunkten aufrechterhalten werden. Die Bezeichnung „COTTON LINE” ist lediglich Bestandteil des Wortteils „COTTON LINE Kejzar's” aus den Wort-/Bildzeichen des Klägers. Markenrechtlicher Schutz für Elemente einer Marke ist aber dem Kennzeichenrecht fremd (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 29.6.1995 – I ZB 22/93, Umdr. S. 8 – Springende Raubkatze, zur Veröffentlichung bestimmt). Eine den Gesamteindruck der jeweiligen Marke prägende Kraft kann bei dem Bestandteil „COTTON LINE” schon in Anbetracht des Namens „Kejzar's”, mit welchem es in Verbindung steht, nicht angenommen werden.
III. Da dem Kläger kennzeichenrechtlicher Schutz aus der Bezeichnung „COTTON LINE” ohne Nachweis einer Verkehrsgeltung nicht zugesprochen werden kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um dem von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung angezogenen Vortrag des Klägers zur Verkehrsgeltung der Bezeichnung „COTTON LINE” nachzugehen.
Sollte das Berufungsgericht einen kennzeichenrechtlichen Schutz von „COTTON LINE” als Unternehmenskennzeichen oder als Ausstattung gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG feststellen, so wird es der Frage der zeichenmäßigen Benutzung dieser Bezeichnung durch die Beklagte besondere Aufmerksamkeit zu widmen haben. Es ist zwar im Grundsatz davon auszugehen, daß im Interesse eines umfassenden Kennzeichenschutzes der Begriff der kennzeichenmäßigen Benutzung weit zu fassen ist (vgl. GroßkommUWG/Teplitzky, § 16 Rdn. 290 m.w.N.). Doch erfährt dieser Grundsatz dann Einschränkungen, wenn der verwendete Begriff beschreibender Art ist und derart mit der Ware in Verbindung gebracht wird, daß der Verkehr hierin eine Benennung der Ware ihrer Gattung nach sieht (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1989 – I ZR 234/87, GRUR 1990, 274, 275 – Klettverschluß).
Fundstellen
Haufe-Index 646136 |
BB 1996, 1032 |
GRUR 1996, 68 |