Leitsatz (amtlich)

1. Schadensersatzansprüche aus BGB § 826 kann ein Konkursverwalter kraft seines Amtes aus eigenem Recht nur verfolgen, wenn die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, auf der sie beruhen, den Gemeinschuldner oder doch wenigstens die Gesamtheit der Konkursgläubiger durch Verkürzung der zu ihrer gemeinschaftlichen Befriedigung dienenden Konkursmasse getroffen hat.

2. Die Konkursmasse wird nicht dadurch verkürzt, daß der Gemeinschuldner einen Scheck, den er von einem Kunden erfüllungshalber für eine Forderung aus dem Verkauf von Waren erhalten hat, die unter einem verlängerten Eigentumsvorbehalt eines Lieferanten standen, an einen Gläubiger zum Ausgleich einer noch nicht fälligen Forderung weitergibt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der H. & Co. KG.

Die Beklagte, die bis zum Jahre 1977 Komplementärin der Gemeinschuldnerin war, führte danach deren Geschäfte als Generalbevollmächtigte der schweizerischen A. AG weiter. Diese war zusammen mit dem Kaufmann D. Komplementärin der D. KG, die wiederum Komplementärin der Gemeinschuldnerin ist.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von zwei Kundenschecks über insgesamt 143.583,98 DM.

Am 21. Juni 1979 gingen bei der H. & Co. KG, als diese sich bereits in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, je ein Kundenscheck über 133.998,67 DM und über 9.585,31 DM ein. Die Beklagte reichte diese Schecks unmittelbar nach Eingang bei der E.-Bank W. (im folgenden E.-Bank genannt) ein, um einen Kredit der Gemeinschuldnerin damit zurückzuführen. Für diesen Kredit der E.-Bank hatte die Beklagte die persönliche Haftung übernommen. Am Tage vor der Scheckeinreichung hatten Vertreter der kreditgebenden Banken mit den Gesellschaftern der D. KG bzw. deren Rechts- und Steuerberatern Fragen einer Gesamtsanierung der Unternehmen der D.-Gruppe erörtert. Dabei wurde die Beklagte durch einen Rechtsanwalt vertreten. Im Anschluß an diese Besprechungen hatte die D.-Bank AG (im folgenden D.-Bank genannt) mit Schreiben vom selben Tag der H. & Co. KG den dieser von der Bank gewährten Kredit in Höhe von ca. 2,5 Millionen DM gekündigt und u.a. die Abführung aller eingehenden Schecks verlangt. Nachdem die H. & Co. KG die fälligen Löhne und Gehälter nicht mehr auszahlen konnte, wurde am 29. Juni 1979 Konkursantrag gestellt. Am 31. August 1979 wurde das Konkursverfahren eröffnet.

Der Kläger beansprucht von der Beklagten den Gegenwert der beiden Schecks entweder aufgrund ihm abgetretener Ansprüche der D.-Bank oder aus dem Recht der Gemeinschuldnerin, deren Vermögen durch die Einlösung der Schecks über das bei der E.-Bank unterhaltene Konto geschädigt sei, weil die Beklagte damit (zugleich) ihre Haftung gegenüber der Bank reduziert habe. Die Berechtigung der D.-Bank leitet der Kläger aus einer als Sicherheit für die Bankkredite vereinbarten Globalzession der Gemeinschuldnerin hinsichtlich ihrer Kundenforderungen her, von der lediglich solche Kundenforderungen ausgenommen worden waren, auf die sich ein verlängerter Eigentumsvorbehalt der Lieferanten der Gemeinschuldnerin erstreckte, sowie aus einer für eingehende Schecks auf abgetretene Kundenforderungen vereinbarten Übergabeersatzklausel.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, die Kundenschecks bei der E.-Bank einzulösen. Sie hat dazu behauptet, dies habe ständiger Übung entsprochen. Den Globalzessionsvertrag der Gemeinschuldnerin mit der D.-Bank habe sie in seinen Einzelheiten nicht gekannt. Das Kündigungsschreiben der D.-Bank vom 20. Juni 1979 habe sie erst nach Einlösung des Schecks erhalten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlußrevision den Zinsanspruch in voller Höhe weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht läßt offen, ob der Kläger die Klageforderung aus eigenem Recht als Konkursverwalter der H. & Co. KG oder aus abgetretenem Recht der D.-Bank beanspruchen kann. Es hält beide Anspruchsgrundlagen alternativ für gegeben, den Anspruch aus abgeleitetem Recht der D.-Bank aus § 823 Abs. 1 BGB, den aus eigenem Recht der Gemeinschuldnerin hergeleiteten Anspruchs aufgrund analoger Anwendung des § 342 HGB und aus § 826 BGB.

1. Für den Fall, daß die von der Beklagten eingelösten Kundenschecks für Warenlieferungen der Gemeinschuldnerin gegeben worden sind, die nicht mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Lieferanten der Gemeinschuldnerin belastet waren, geht das Berufungsgericht davon aus, die Beklagte habe durch die Einlösung der Schecks Eigentum der D.-Bank an diesen Schecks schuldhaft verletzt. Durch die Globalzession in Verbindung mit der Übergabeersatzklausel habe die D.-Bank in diesem Fall nämlich nicht nur die den Schecks zugrunde liegende Kaufpreisforderung der Gemeinschuldnerin erworben, sondern auch die Scheckforderungen mitsamt dem Eigentum an den Schecks selbst. Dieses über § 823 Abs. 1 BGB auch deliktisch geschützte Eigentum der D.-Bank habe die Beklagte durch die Einlösung der Schecks zugunsten der Gemeinschuldnerin bei der E.-Bank vernichtet, weil die E.- Bank nach Art. 21 ScheckG kraft guten Glaubens das Eigentum an den Schecks erworben habe.

Angesichts der Krisenlage bei der Gemeinschuldnerin sei die Beklagte zu dieser Scheckeinlösung nicht befugt gewesen, selbst wenn die D.-Bank früher mit einer solchen Verfahrensweise einverstanden gewesen sein sollte. Das Berufungsgericht läßt dabei offen, ob die Beklagte das Schreiben der D.- Bank über die Kreditkündigung bei der Einlösung der Schecks bereits erhalten hatte. Unabhängig davon habe die Beklagte angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gemeinschuldnerin nicht davon ausgehen können, daß die D.-Bank auf ihre Sicherungsrechte auch weiterhin habe verzichten wollen. Mögliche Außenstände gegenüber verbundenen Unternehmen hätten angesichts deren zweifelhafter Realisierungsmöglichkeit die Liquiditätskrise der Gemeinschuldnerin nicht als bloß vorübergehende Schwierigkeit eines im Kern gesunden Unternehmens erscheinen lassen können.

Das Verschulden der Beklagten sieht das Berufungsgericht zumindest darin, daß sie sich über das Ausmaß der wirtschaftlichen Krise der Gemeinschuldnerin und die Folgen daraus für die Rechte der Sicherungsgläubiger nicht die ausreichenden Kenntnisse verschafft habe, wie es ihre Pflicht als Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin gewesen sei.

2. Sofern die strittigen Kundenschecks allerdings für Warenlieferungen gegeben worden sind, auf denen ein verlängerter Eigentumsvorbehalt der Lieferanten der Gemeinschuldnerin lag, scheidet nach Ansicht des Berufungsgerichts wegen des insoweit von der D.-Bank mit der Globalzession verbundenen dinglichen Verzichts ein Eigentumserwerb der D.-Bank an solchen Schecks aus.

Die Beklagte habe deshalb in einem solchen Fall bei der Einlösung der Schecks für die Gemeinschuldnerin bei der E.-Bank formal zwar als Berechtigte gehandelt. Der Kläger könne dann aber aus dem Gesichtspunkt verbotswidriger Masseverkürzung die Scheckbeträge von der Beklagten als Schadensersatz verlangen, und zwar sowohl in analoger Anwendung des § 342 HGB, als auch aus § 826 BGB. Aus beiden Anspruchsgrundlagen könne der Kläger in diesem Fall als Konkursverwalter kraft seiner Befugnis zur Masseverwaltung nach § 6 KO aus eigenem Recht gegen die Beklagte vorgehen, um die durch die Scheckeinlösung bewirkte Verkürzung der Konkursmasse wieder auszugleichen.

II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen von Revision und Anschlußrevision nicht stand.

1. Zur Revision der Beklagten:

a) Rechtlich unbedenklich ist es allerdings, daß das Berufungsgericht eine alternative Klagebegründung für zulässig erachtet.

Die Verurteilung des Schädigers mit einer solchen alternativen Begründung setzt aber voraus, daß seine Haftung auch ohne Klärung des Sachverhalts in dem Punkt, der mit der Alternativbegründung umgangen werden soll, zu bejahen ist.

Unbedenklich konnte das Berufungsgericht im Streitfall davon ausgehen, daß die Kundenschecks bei ihrer Einlösung durch die Beklagte bei der E.-Bank entweder im Eigentum der D.-Bank oder im Eigentum der Gemeinschuldnerin standen, je nach dem, ob die Waren, für deren Bezahlung die Schecks gegeben waren, noch einem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Lieferanten der Gemeinschuldnerin unterlagen oder nicht.

Damit hat das Berufungsgericht den Kreis der potentiellen Eigentümer der Schecks im Zeitpunkt ihrer Einlösung bei der E.-Bank zutreffend ausgegrenzt. Durch die Ausstattung der Globalzession an die D.-Bank mit einer Übergabeersatzklausel war sichergestellt, daß die D.-Bank an allen Schecks Eigentum erwarb, die die Gemeinschuldnerin erhielt. Aufgrund der dinglichen Verzichtsklausel waren davon ausgenommen nur die Schecks für Waren, die unter einem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Lieferanten der H. & Co. KG standen. Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Gemeinschuldnerin mit ihren Lieferanten keine Übergabeersatzklausel bezüglich der Zahlungsmittel ihrer Kunden vereinbart hatte, fielen die Schecks, die sie für Eigentumsvorbehaltsware erhielt, zunächst in ihr Eigentum entsprechend dem zu unterstellenden Tilgungswillen ihrer Kunden (BGH, Urteil v. 15.12.1969 – II ZR 252/67 – WM 1970, 245; Baumbach/Hefermehl, WG, 14. Aufl. Art. 19 Rdnr. 21).

Da die Waren, die die Gemeinschuldnerin auslieferte, entweder unter verlängertem Eigentumsvorbehalt ihrer Lieferanten standen oder nicht, kamen demnach nur die D.-Bank oder die Gemeinschuldnerin selbst als Eigentümer auch der hier in Rede stehenden Schecks in Betracht.

b) Für den Fall, daß die D.-Bank Eigentümerin der Schecks geworden war, hat das Berufungsgericht auch zu Recht eine schuldhafte Eigentumsverletzung der Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB durch die Einlösung der Schecks bei der E.-Bank bejaht.

aa) War die E.-Bank hinsichtlich des Eigentums an den Schecks gutgläubig, wovon nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist, dann hat die D.-Bank das Eigentum gemäß Art. 21 ScheckG mit der Einreichung der Schecks durch die Beklagte bei der E.-Bank verloren.

Die Beklagte hat bei dieser Fallgestaltung den Eigentumsverlust auch in rechtswidriger Weise herbeigeführt. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht annimmt, im Zeitpunkt der Einlösung sei jedenfalls eine solche Verwertung von Schecks nicht mehr vom Willen der D.-Bank gedeckt gewesen.

bb) Rechtsfehlerfrei bejaht das Berufungsgericht auch eine schuldhafte Verletzung eines etwaigen Eigentumsrechts der D.-Bank an den Schecks. In Betracht kommt dabei allerdings nur eine fahrlässige Eigentumsverletzung. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts muß angenommen werden, daß die Beklagte damals die Gemeinschuldnerin für die Eigentümerin der Schecks hielt. Die Beklagte hätte aber die wahre Eigentumslage, nämlich das Sicherungseigentum der D.-Bank an den Schecks, anhand der Vereinbarungen über die Globalzession unschwer erkennen können. Als Geschäftsführerin durfte sie auch nicht ohne nähere Prüfung unterstellen, daß die Schecks der Gemeinschuldnerin gehörten. Denn daß hereinkommende Kundenschecks bei entsprechenden Vereinbarungen ohne weiteres in das Eigentum der Gläubiger als Sicherungsmittel fallen, ist keine ungewöhnliche Sicherungsmaßnahme.

Entgegen der Ansicht der Revision verwischt das Berufungsgericht hier auch nicht die Grenzen zwischen Vertrags-und Deliktshaftung. Sicherungseigentum ist deliktisch auch gegen unberechtigte Verfügungen des Sicherungsgebers geschützt. Der Schutz der D.-Bank war in erster Linie Aufgabe der Beklagten, der als Generalbevollmächtigten und Geschäftsführerin der H. & Co. KG der Zugriff auf die Schecks anvertraut war.

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, unter Duldung der D.-Bank immer mit Kundenschecks in der gleichen Weise verfahren zu haben. Angesichts der Krisensituation bei der Gemeinschuldnerin konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, daß das, was von der D.-Bank für den normalen Geschäftsbetrieb zugebilligt worden war, auch nun noch ohne weiteres fortgalt. Denn gerade für eine derartige Krisensituation will sich ein Gläubiger mit Hilfe der Übergabeersatzklausel ein besonders wirksames Sicherungsmittel in Form nicht nur schuldrechtlicher, sondern auch dinglicher Berechtigung an eingehenden Zahlungsmitteln verschaffen.

Soweit die Beklagte die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gemeinschuldnerin als bloß vorübergehende Liquiditätskrise bagatellisieren will, hat das Berufungsgericht dies schon dadurch als widerlegt angesehen, daß die Außenstände der Gemeinschuldnerin auch für die Beklagte bei realistischer Betrachtung als nahezu uneinbringlich angesehen werden mußten. Die Revision greift diese tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage der Gemeinschuldnerin, wie sie sich der Beklagten bei Einlösung der Schecks darstellte, im Ergebnis nicht an. Soweit sie sich gegen die Bedeutung wehrt, die das Berufungsgericht dem späteren Schreiben der Beklagten an die D.-Bank beimißt, mag der Revision zuzugeben sein, daß das Berufungsgericht dieses Schreiben überinterpretiert. Für die Entscheidung kommt es darauf aber nicht an, weil sich der Fahrlässigkeitsvorwurf schon unabhängig von diesem Schreiben aus den auch der Beklagten erkennbaren wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gemeinschuldnerin herleiten läßt.

Ob die D.-Bank durch Bürgschaften noch zusätzlich gesichert war, ist für den Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Scheckeigentum der D.-Bank unerheblich. Der Gläubiger kann zwischen mehreren Sicherungsmitteln grundsätzlich frei wählen (BGH, Beschluß vom 22. Mai 1984 – III ZR 75/83 – WM 1984, 906). Es waren für die Beklagte auch keine Anhaltspunkte gegeben, weshalb die D.-Bank wegen etwa bestehender Bürgschaften auf das Sicherungseigentum an eingehenden Zahlungsmitteln verzichtet haben könnte.

c) Das Berufungsurteil kann aber deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht für die andere Fallvariante, daß nämlich die Kundenschecks nicht im Eigentum der D.-Bank standen, sondern als Zahlungsmittel für Eigentumsvorbehaltsware in das Eigentum der Gemeinschuldnerin gelangt waren, zu Unrecht die Aktivlegitimation des Klägers als Konkursverwalter für einen Ersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der Masseverkürzung bejaht hat.

Zwar kann der Konkursverwalter kraft seines Amtes aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche geltend machen, durch die die Gesamtheit der Konkursgläubiger geschädigt ist (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1973 – VIII ZR 82/72 – WM 1973, 1354, 1355; RGZ 97, 107, 108; 120, 189, 192; 154, 276, 284 f. m.weit.Nachw.). Voraussetzung ist dafür aber immer, daß eine echte Masseverkürzung vorliegt. Das, was der Konkursverwalter vom Schädiger wieder zur Masse ziehen will, hätte ohne das schädigende Verhalten zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gesamtheit der Konkursgläubiger zur Verfügung stehen müssen.

Soweit durch das Verhalten der Beklagten nur einzelne Gläubiger geschädigt worden sind, wie etwa in der ersten Fallvariante die D.-Bank als Sicherungseigentümerin der Kundenschecks, stehen die Ersatzansprüche nicht der Konkursmasse, sondern den geschädigten Gläubigern selbst zu. Der Konkursverwalter kann solche Schadensersatzansprüche nicht aus eigenem Recht kraft seiner Sachwalterstellung für die Konkursmasse nach §§ 6, 117 Abs. 1 KO geltend machen (RGZ 73, 238, 241; 154, 276, 284 f.; RG JW 1935, 1562, 1564; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 9. Aufl., § 6 Rdnr. 40).

Diese Einschränkung für einen eigenen Anspruch des Konkursverwalters gilt für beide Anspruchsgrundlagen, auf die das Berufungsgericht den Schadensersatzanspruch des Klägers in der zweiten Fallvariante stützt, nämlich sowohl für § 342 HGB, wie auch für § 826 BGB.

aa) Bei § 342 HGB ergibt sich das aus dem Charakter dieses Instituts als einem besonderen Fall der Konkursanfechtung i.S. der §§ 29 ff KO. Die Gläubigerbenachteiligung, die durch die Konkursanfechtung wieder beseitigt werden soll, setzt begriffsnotwendig voraus, daß die verteilbare Masse durch die angefochtene Handlung verkürzt worden ist; sonst wären die Konkursgläubiger nicht benachteiligt. Demgemäß setzt auch die Anfechtung nach § 342 HGB voraus, daß die Rückerstattung der Einlage an den stillen Gesellschafter aus dem frei verfügbaren Vermögen des Geschäftsinhabers erfolgen muß (Schilling in HGB-RGRK 3. Aufl., § 342 Anm. 7). Soweit der Geschäftsinhaber den stillen Gesellschafter mit Vermögenswerten Dritter abfindet, entgeht den übrigen Gläubigern nichts an Befriedigungsmöglichkeiten.

bb) Auch Ersatzansprüche aus § 826 BGB kann der Konkursverwalter kraft seines Amtes aus eigenem Recht nur verfolgen, wenn die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, auf der sie beruhen, den Gemeinschuldner oder doch wenigstens die Gesamtheit der Konkursgläubiger durch Verkürzung der zu ihrer gemeinschaftlichen Befriedigung dienenden Konkursmasse getroffen hat. Soweit dagegen nur einzelne Gläubiger des (späteren) Gemeinschuldners geschädigt sind, geht es nicht um Vermögenswerte, die der Konkursverwalter zur Masse ziehen könnte; derartige Ersatzansprüche sind von dem geschädigten Gläubiger selbst zu verfolgen.

cc) An einer für die Aktivlegitimation des Klägers als Konkursverwalter notwendigen Masseverkürzung fehlt es jedoch im Streitfall, weil im Ergebnis die Scheckbeträge nicht zur Masse hätten gezogen werden dürfen, sondern den Lieferanten der Gemeinschuldnerin kraft deren verlängerten Eigentumsvorbehalts zugestanden hätten, so daß es für die jetzt zu treffende Entscheidung offen bleiben kann, ob überhaupt eine entsprechende Anwendung des § 342 BGB auf Feststellungen, wie sie dem Streitfall zugrunde liegen, zulässig ist.

Der Umstand, daß die beiden Kundenschecks in das Eigentum der Gemeinschuldnerin gelangt waren, hätte zwar nach § 1 KO dazu geführt, daß sie ohne die Einlösung mit der Konkurseröffnung in die Konkursmasse gefallen wären. Eine Verwertung zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger hätte indes nicht erfolgen dürfen, weil die Schecks für Forderungen gegeben worden waren, die einem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Lieferanten der Gemeinschuldnerin unterlagen.

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt der Lieferanten führte dazu, daß die Kaufpreisforderungen für die ausgelieferte Ware nicht der Gemeinschuldnerin zustanden, sondern ihren Lieferanten, solange die Gemeinschuldnerin deren Forderungen nicht tilgte. Zwar blieb die Gemeinschuldnerin zur Einziehung dieser abgetretenen Forderungen aus dem Weiterverkauf befugt, aber nur treuhänderisch. Im Innenverhältnis war sie kraft der Verlängerungsklausel in der Eigentumsvorbehaltsabrede gegenüber ihren Lieferanten verpflichtet, die eingezogenen Erlöse an diese abzuführen, um damit ihre eigene Kaufpreisverbindlichkeit gegenüber ihren Lieferanten zu tilgen (BGH, Urteile vom 15. Dezember 1969 – II ZR 252/67 – WM 1970, 245 und vom 19. Februar 1979 – II ZR 186/77 – NJW 1979, 1704).

Für den Kläger als Konkursverwalter bedeutet dies, daß er ebenfalls nicht befugt gewesen wäre, die Scheckbeträge für die Konkursmasse zu vereinnahmen.

Solange die Kaufpreisforderungen aus den Weiterverkäufen der Gemeinschuldnerin noch offen standen, hätten die Lieferanten der Gemeinschuldnerin kraft der Vorausabtretung aufgrund des verlängerten Eigentumsvorbehalts im Konkurs der Gemeinschuldnerin ein Absonderungsrecht an diesen Forderungen nach § 48 KO gehabt (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1970 – VIII ZR 52/69 – JZ 1971, 505). Dieses Absonderungsrecht hätte die Lieferanten nach § 127 KO dazu berechtigt, sich vorab aus diesen Forderungen zu befriedigen.

Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist dabei zugunsten der Beklagten davon auszugehen, daß die Lieferanten der Gemeinschuldnerin bei der Verwertung dieser Forderungen auch keinen Übererlös erzielt hätten, der dann in die Konkursmasse geflossen wäre.

Das Absonderungsrecht der Lieferanten an den im voraus abgetretenen Forderungen gegen die Kunden der Gemeinschuldnerin entfiel nicht dadurch, daß für die Forderungen noch vor Konkurseröffnung von den Kunden Schecks hereingegeben worden waren. Dadurch waren die abgetretenen Forderungen noch nicht erloschen. Denn nach § 364 Abs. 2 BGB ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch hier davon auszugehen, daß die Schecks lediglich erfüllungshalber gegeben worden sind. Mußte der Kläger als Konkursverwalter die abgetretenen Forderungen den Lieferanten kraft ihres Absonderungsrechts nach § 48 KO zur Vorabbefriedigung freigeben, mußte er ihnen auch die für die Forderungen erhaltenen Kundenschecks überlassen. Denn durch sie soll als Leistung erfüllungshalber i.S. des § 364 Abs. 2 BGB dem Gläubiger der Forderung lediglich eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit geschaffen werden (OLG Hamburg, Seufferts Archiv 50, Nr. 71; Jaeger, Konkursordnung, 8. Aufl. § 46 Rdnr. 15; Graf Lambsdorff, Handbuch des Eigentumsvorbehalts Rdnr. 352).

Hätte der Kläger die Schecks bei Konkurseröffnung noch vorgefunden und sie zugunsten der Konkursmasse verwertet und dadurch das Absonderungsrecht der Lieferanten verletzt, so hätte er sich sogar nach § 82 KO schadensersatzpflichtig gemacht (vgl. Jaeger, aaO, § 82 Rdnr. 9), falls die Scheckgegenwerte ununterscheidbar in der Konkursmasse untergegangen wären und die Lieferanten auch kein Ersatzabsonderungsrecht hätten geltend machen können (zum Ersatzabsonderungsrecht vgl. BGH, Urteile vom 9. Dezember 1970 – VIII ZR 52/69 – aaO und vom 5. Dezember 1985 – IX ZR 165/84 – zur Veröffentlichung bestimmt).

Das bedeutet: Durch die Einlösung der Schecks bei der E.-Bank sind nicht die Interessen aller Konkursgläubiger an einer gemeinschaftlichen Befriedigung aus der Masse verkürzt worden; geschädigt wurden nur diejenigen Lieferanten, zu deren Sicherung die Forderungen, für die die Schecks gegeben worden waren, von der Gemeinschuldnerin abgetreten worden waren. Die Verfolgung dieser Interessen gegen den Schädiger gehört nicht zu den Aufgaben des Konkursverwalters.

bb) Der Kläger kann auch keine eigenen Schadensersatzansprüche daraus herleiten, daß die Ansprüche der Lieferanten in Höhe des Scheckgegenwertes noch gegen die Konkursmasse bestehen.

Durch die Einlösung der Schecks bei der E.-Bank sind die entsprechenden Kaufpreisforderungen nach § 362 BGB durch Erfüllung erloschen und damit auch das Absonderungsrecht der Lieferanten an ihnen kraft deren verlängerten Eigentumsvorbehalts, ohne daß diesen ein Ersatzabsonderungsrecht analog § 46 KO zugestanden hätte.

Dem liegt die Wertung der Konkursordnung zugrunde, wie sie sich in den §§ 43 ff KO widerspiegelt, daß das Prinzip der gleichmäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger zugunsten einzelner absonderungsberechtigter Gläubiger nur solange durchbrochen werden soll, solange diese ihre Rechte gegenständlich verfolgen können (vgl. BGHZ 58, 257). Sobald ihre gegenständliche Berechtigung vernichtet wird und sich in eine bloße Wertersatzforderung umwandelt, sollen auch sie gewissermaßen wieder in die Reihe der übrigen Konkursgläubiger zurücktreten müssen.

Sind die Lieferanten aber insoweit nur einfache Konkursgläubiger, so ist der Konkursmasse durch die Einlösung der Schecks bei der E.-Bank kein Schaden entstanden, weil in Höhe der Scheckbeträge die – ebenfalls – einfache Konkursforderung dieser Bank getilgt wurde.

Für die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche der Lieferanten ist der Kläger nicht aktivlegitimiert.

2. Zur Anschlußrevision des Klägers:

Auf die Anschlußrevision des Klägers war das Berufungsurteil auch insoweit aufzuheben, als es die Klage wegen der Zinsforderung teilweise abgewiesen hat. Zu Recht rügt die Anschlußrevision, daß das Berufungsurteil insoweit nicht mit Gründen versehen ist (§ 551 Ziff. 7 ZPO).

Der Kläger hatte 4 % Zinsen seit dem 21. Juni 1979, also dem Tag der Einlösung der Schecks, begehrt. Dagegen hat das Berufungsgericht ihm nur Zinsen ab dem 10. Oktober 1980 zugesprochen, nämlich dem Tag der Zustellung des Mahnbescheides an die Beklagte. Möglicherweise hat das Berufungsgericht eine vorherige verzugsbegründende Mahnung vermißt und dem Kläger deshalb nur Prozeßzinsen nach § 291 BGB zusprechen wollen. Der vom Kläger angegebene Einlösungstag läßt dagegen vermuten, daß er sich auf die Verzinsungspflicht nach § 849 BGB bei Sachentzug berufen wollte. Weshalb das Berufungsgericht einen solchen Zinsanspruch verneinen wollte, läßt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen.

III. Bei dieser Sachlage war das Berufungsurteil auf Revision und Anschlußrevision insgesamt aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nun insbesondere aufzuklären haben, ob die Kaufpreisforderungen, für die die umstrittenen Schecks gegeben worden waren, noch dem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Lieferanten der Gemeinschuldnerin unterlagen oder nicht. Denn davon hängt die streitentscheidende Frage ab, wer Eigentümer der Schecks gewesen ist, als die Beklagte sie einlöste. Nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand wäre die Klage nur bei einem Scheckeigentum der D.-Bank begründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 650389

NJW 1986, 1174

ZIP 1986, 378

Dieser Inhalt ist unter anderem im Erbschaftsteuergesetz-Kommentar enthalten. Sie wollen mehr?