Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Ansprüchen des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache

 

Leitsatz (amtlich)

Auf dem Mietvertrag beruhende Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren auch dann innerhalb 6 Monaten seit Rückgabe der Mietsache, wenn sie erst nach Beendigung des Vertrages entstanden sind (Abweichung von RGZ H2, 258, 262 und RG JW 1936, 2305)

 

Normenkette

BGB § 547a Abs. 3, § 558

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 1968 dahin geändert:

Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die beklagten Eheleute waren seit August 1962 Mieter einer Wohnung eines dem Kläger gehörenden Hauses, Der Kläger kündigte das Mietverhältnis im Juli 1965 und erstritt am 26. Mai 1966 vor dem Amtsgericht Wuppertal ein rechtskräftig gewordenes Räumungsurteil.

Am 1. September 1966 zogen die Beklagten aus und nahmen dabei die von ihnen angeschaffte Badezimmereinrichtung mit. In § 17 Buchstabe f des Mietvertrages war insoweit bestimmt:

"Mieter verpflichtet sich, den vorhandenen Baderaum vollständig als Bad einzurichten. Es ist dem Mieter gestattet, hierfür bei einem evtl. Auszug vom Nachmieter eine Entschädigung zum Zeitwert zu erheben. Nach einer Mietdauer von 10 Jahren gehen die eingebrachten Gegenstände entschädigungslos in das Eigentum des Vermieters über."

Im Rechtsstreit hat der Kläger Ersatz für von den Beklagten unterlassene Instandsetzungen und Schönheitsreparaturen sowie Zahlung rückständiger Heizungskosten verlangt. Erstmals mit Schriftsatz vom 17. Februar 1967 hat er, ohne einen entsprechenden Antrag anzukündigen, vorgetragen, die Beklagten hätten bei der Wegnahme der Badezimmereinrichtung die Wohnung beschädigt. Mit Schriftsatz vom 18. Mai 1967 hat der Kläger außerdem geltend gemacht, für die Beschaffung einer neuen Badeeinrichtung habe er 250 DM mehr aufwenden müssen, als die mitgenommene Einrichtung wert gewesen sei. Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 13. Dezember 1967 die Klage in Höhe von 1 543, 14 DM abgewiesen. Es hat die die Badezimmereinrichtung betreffenden Ersatzansprüche in Höhe von 1 191,64 DM als nach § 558 BGB verjährt angesehen.

Das Oberlandesgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 1 191, 64 DM verurteilt und die Revision zugelassen. Die Beklagten erstreben die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Kläger hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht legt § 17 Buchstabe f des Mietvertrages dahin aus, daß die Beklagten nicht berechtigt gewesen seien, die Badezimmereinrichtung wegzunehmen. Sie hätten auch nur gegen den Mietnachfolger, nicht aber gegen den Kläger einen Anspruch auf Ersatz des Zeitwertes der Einrichtung gehabt, falls diese zurückblieb. Wegen der daher unbefugten Wegnahme hätten die Beklagten die zur Wiederherrichtung des Badezimmers erforderlichen Kosten sowie einen Anteil des Kaufpreises der neuen Einrichtung von 250 DM zu ersetzen.

Diese nach dem Wortlaut des Mietvertrages mögliche Würdigung wird von der Revision hingenommen. Die so verstandene Vertragsbestimmung des § 17 Buchstabe f stand auch nicht mit § 547 a Abs. 3 BGB in Widerspruch, weil sie einen angemessenen Ausgleich durch Entschädigung der Beklagten seitens des Mietnachfolgers vertraglich ausdrücklich vorsah.

II.

1.

Beide Parteien gehen - rechtlich unbedenklich - davon aus, daß der Mietvertrag spätestens seit dem Erlaß des Räumungsurteils vom 26. Mai 1966 beendet ist. Die Wegnahme der Badezimmereinrichtung ist also nicht mehr innerhalb der Vertragszeit erfolgt. Deshalb, so meint das Berufungsgericht, sei § 558 BGB, wonach Ansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache innerhalb sechs Monaten seit Rückgabe des Mietgegenstandes verjähren, nicht anwendbar.

2.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolge.

a)

In der Rechtsprechung (RGZ 142, 258, 262; RG JW 1936, 2305) und im Schrifttum (Staudinger BGB 11, Aufl. § 558 Anm. 1 a; BGB RGRK 11. Aufl.. § 558 Aura. 3; Soergel/Siebert BGB 10. Aufl. § 558 Nr. 5; Roquette, Bas Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs § 558 Nr. 9) ist bisher überwiegend die Auffassung vertreten worden, nur Ansprüche, die während der Geltungsdauer des Vertrages entstanden seien, unterlägen der kurzen Verjährung des § 558 BGB (anders neuerdings OLG München OLGZ 1968, 134 und unter Bezugnahme auf diese Entscheidung Palandt BGB 28. Aufl. § 558 Anm. 1 a).

Der erkennende Senat hat sich dem hinsichtlich der Ansprüche des Mieters auf Verwendungsersatz angeschlossen (Urteil vom 14. Februar 1968 - VIII ZR 2/66 = NJW 1968, 888 = LM BGB § 558 Nr. 11). Für Ansprüche dieser Art gilt allerdings, daß die Verjährung mit der Beendigung des Mietverhältnisses beginnt (§ 558 Abs. 2 BGB). Das Reichsgericht hatte deshalb darauf hingewiesen, daß es widersinnig sei, die Verjährung von Ansprüchen zu einer Zeit beginnen zu lassen, in der sie noch nicht einmal entstanden seien (RG JV7 1936, 2305).

b)

Anders verhält es sich mit den Ersatzansprüchen des Vermieters. Deren Verjährung beginnt nach § 558 Abs. 2 BGB erst mit der Rückgabe der Mietsache, die, wie auch hier, häufig erst längere Zeit nach der Auflösung des Mietvertrages erfolgt. Der Widerspruch zwischen Verjährungsbeginn und Entstehungszeit des Anspruchs tritt daher hier nicht auf, so daß jedenfalls der Wortlaut des § 558 BGB der Anwendung dieser Vorschrift auf Ansprüche des Vermieters, die erst nach Beendigung des Mietverhältnisses entstanden sind, nicht entgegensteht.

c)

Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 11. November 1964 - VIII ZR 149/63 - (NJW 1965, 151 = LM BGB § 558 Nr. 7) offengelassen, ob auf Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache, die nicht in der Vertragszeit entstanden sind, § 558 BGB anzuwenden ist. Die Frage ist jedenfalls für den hier vorliegenden Fall zu bejahen.

§ 558 gehört wie die §§ 556, 557, 557 a BGB zu den Vorschriften, die die Abwicklung eines beendeten Mietverhältnisses regeln. Daraus folgt zwingend, daß er jedenfalls auf alle in ihm bezeichneten Ansprüche des Vermieters anzuwenden ist, die sich aus dem aufgelösten Mietvertrag ergeben, die also vertraglicher Natur sind. Dazu würde, wenn die Wegnahme berechtigt gewesen wäre, schon nach dem Gesetz der Anspruch auf Ersatz der Kosten gehören, die zur Wiederherstellung des vor der Einrichtung des Bades bestehenden Zustandes erforderlich waren: §§ 547 a Abs. 1, 258 BGB; denn auch dabei handelt es sich um einen Anspruch des Vermieters, der auf dem Mietvertrag beruht ohne Unterschied, ob die Wegnahme noch bei bestehendem oder erst nach beendetem Mietvertrag erfolgt ist. Hier waren die Beklagten, wie das Berufungsgericht rechtlich einwandfrei annimmt, verpflichtet, die Badezimmereinrichtung zurückzulassen. Die Verletzung dieser Vertragspflicht begründete einen Ersatzanspruch, der ebenso wie andere auf Vertragsverletzung beruhende Rechte (vgl. §§ 557, 558, 542, 550, 553, 554 BGB) seinerseits selbst wiederum vertraglicher Natur ist {§ 276 BG3).

Nach ständiger Rechtsprechung erfordert der Zweck des § 558 BGB eine rasche Auseinandersetzung der Mietparteien und die beschleunigte Klarstellung der Ansprüche wegen des Zustandes der überlassenen Sache bei ihrer Rückgabe zu ermöglichen, eine weite Auslegung dieser Vorschrift. Deshalb sind der kurzen Verjährungsfrist stets nicht nur vertragliche Ansprüche, sondern auch solche aus Eigentum oder aus unerlaubter Handlung unterworfen worden (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 18. September 1963 - VIII ZR 193/62 = NJW 1964, 545 = LM BGB § 558 Nr. 5). Dann aber ist nicht einzusehen, daß vertragliche Ansprüche des Vermieters nur deshalb, weil sie erst im Stadium der Abwicklung des beendeten Mietverhältnisses, also nach Auflösung des Mietvertrages entstehen, von der Anwendung des § 558 BGB ausgenommen sein sollen.

III.

Der Kläger hat die Mieträume am 1. September 1966 zurückerhalten. Er hätte danach, um die Verjährung rechtzeitig zu unterbrechen (§ 209 Abs. 1 BGB), spätestens am 1. März 1967 den hier streitigen Anspruch einklagen müssen. Das ist nicht geschehen, wie auch der Kläger nicht mehr in Abrede stellt.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb der in der Revisionsinstanz anhängige Zahlungsanspruch von 1 191, 64 DM verjährt. Das Landgericht hat die Klage daher insoweit mit Recht abgewiesen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Haidinger

Dr. Messner

Mormann

Dr. Bukow

Braxmaier

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456558

BGHZ, 34

Dieser Inhalt ist unter anderem im Erbschaftsteuergesetz-Kommentar enthalten. Sie wollen mehr?