Leitsatz (amtlich)
Allein aus der Vereinbarung, gemeinsam das Aufmaß zu nehmen, läßt sich nicht schließen, die Parteien hätten damit eine Vereinbarung über die Fälligkeit des Werklohns getroffen.
Einer Schlußrechnung fehlt nicht deshalb die Prüffähigkeit, weil sie nicht nach den Positionen des Leistungsverzeichnisses aufgestellt ist, sondern auf frühere Abschlagsrechnungen Bezug nimmt, in denen die Leistungen prüfbar dargestellt sind.
Normenkette
VOB/B § 14 Nr. 2, § 16 Nr. 3; BGB § 631 Abs. 1; VOB/B § 14 Nr. 3
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Aktenzeichen 13 U 154/97) |
LG Stuttgart (Aktenzeichen 20 O 113/96) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
I.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten restlichen Werklohn für ausgeführte und abgenommene Erd- und Rohbauarbeiten an einem Gebäude des Beklagten in H.
II.
Dem Auftrag zugrunde lagen unter anderem der Bauvertrag vom 27. März 1995, das Leistungsverzeichnis über Erdarbeiten vom 13. Oktober 1994, das Leistungsverzeichnis über Rohbauarbeiten vom 19. September 1994 sowie die VOB/B. Über die ausgeführten Arbeiten erstellte die Klägerin zehn Abschlagsrechnungen, denen jeweils die von ihr gefertigten Aufmaßpläne beilagen. Am 7. Dezember 1997 erteilte die Klägerin die Schlußrechnung, in der auf die einzelnen Abschlagsrechnungen Bezug genommen wird. Der Beklagte verweigerte die Zahlung, weil er die Schlußrechnung wegen des fehlenden gemeinsamen Aufmaßes nicht für prüfbar und deswegen die Forderung nicht für fällig hält.
III.
Das Landgericht hat die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Es hält die Schlußrechnung nicht für prüfbar gemäß § 14 VOB/B, weil nach den glaubhaften Angaben des Zeugen M. ein gemeinsames Aufmaß vereinbart worden und darauf nicht verzichtet worden sei. Die Klägerin habe ihre Verpflichtung, das gemeinsame Aufmaß zu nehmen, verletzt. Dies habe zur Folge, daß die Schlußrechnung nicht prüfbar sei.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der dagegen gerichteten Revision verfolgt diese ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht folgt der rechtlichen Beurteilung des Landgerichts. Die Klage sei derzeit unbegründet. Die Parteien hätten ein gemeinsames Aufmaß vereinbart; dieses fehle, so daß die Rechnung nicht prüffähig und die Forderung nicht fällig sei. Wenn die Parteien sich auf ein gemeinsames Aufmaß geeinigt hätten, werde der Werklohn erst nach Erstellung dieses gemeinsamen Aufmaßes fällig. Da das Aufmaß die Zahlungspflicht mitbestimme, liege es nahe, die Verpflichtung zur Erstellung eines gemeinsamen Aufmaßes den Hauptpflichten zuzurechnen mit der Folge, daß die Werklohnansprüche nicht fällig seien, wenn der Auftragnehmer seine Mitwirkung versage.
Zusätzlich sei die Abrechnung der Klägerin unsubstantiiert und nicht prüfbar, weil die Klägerin entgegen § 14 Nr. 1 VOB/B nicht entsprechend den Positionen des Leistungsverzeichnisses abgerechnet, sondern lediglich die nicht am Leistungsverzeichnis orientierten Teilrechnungen zusammengefügt habe.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerhaft an, die Fälligkeit des Werklohns sei davon abhängig, daß ein gemeinsames Aufmaß genommen wird (1.). Es geht ohne nähere Begründung verfehlt davon aus, die Schlußrechnung sei nicht prüffähig (2.).
1. Beim VOB-Vertrag wird der Werklohn fällig, wenn das Werk abgenommen ist und die Voraussetzungen des § 16 Nr. 3 VOB/B gegeben sind (vgl. BGH, Urteile vom 22. April 1982 - VII ZR 191/81, BGHZ 83, 382, 384 und vom 20. Oktober 1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 293).
a) Weitere Anforderungen sind an die Fälligkeit der Werklohnforderung nicht zu stellen.
Rechtsfehlerhaft ist daher die Ansicht des Berufungsgerichts, die Fälligkeit des geltend gemachten Werklohns sei zusätzlich davon abhängig, daß zwischen den Parteien ein gemeinsames Aufmaß erstellt wird. Das Berufungsgericht stützt seine Ansicht zu Unrecht auf die Senatsentscheidung vom 21. Dezember 1978 (VII ZR 269/77, BauR 1979, 159). Der dort entschiedene Fall liegt anders. Der Vergütungsanspruch wurde dort nicht abgelehnt, weil entgegen der vertraglichen Vereinbarung kein gemeinsames Aufmaß genommen, sondern weil die Leistung nicht abgenommen worden war. Hier ist unstreitig eine Abnahme erfolgt.
b) Auch wenn die Parteien über das in § 14 Nr. 2 VOB/B geregelte Zusammenwirken hinaus, die Feststellungen möglichst gemeinsam vorzunehmen, vertraglich vereinbaren, gemeinsam das Aufmaß zu nehmen, läßt sich daraus allein nicht schließen, die Parteien hätten damit eine Vereinbarung über die Fälligkeit der Werklohnforderung getroffen. Die Vereinbarung, ein gemeinsames Aufmaß zu nehmen, ist keine Vereinbarung über die Fälligkeit des Werklohns (a.A. ohne Begründung Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Aufl. Rdn. 1394). Das Aufmaß hat den Zweck, den Umfang der tatsächlich erbrachten Leistungen nach Zahl, Maß und Gewicht festzustellen. Es ist Grundlage der Rechnungsstellung. Um Streitigkeiten über die Tatsachengrundlagen zu vermeiden, soll gemäß § 14 Nr. 2 VOB/B die Feststellung möglichst gemeinsam erfolgen. Wie diese Vertragsklausel allgemein oder für den Fall, daß die Parteien vereinbaren, ein gemeinsames Aufmaß zu nehmen, zu qualifizieren ist (vgl. zum Streitstand Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., B § 14 Nr. 2 Rdn. 30 bis 32; Nicklisch/Weick, VOB, Teil B, 2. Aufl., § 14 Rdn. 17), ist hier unerheblich.
Nimmt der Auftragnehmer kein gemeinsames Aufmaß, begibt er sich der Vorteile, die ein vom beiderseitigen Einverständnis getragenes Aufmaß hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. Januar 1974 - VII ZR 73/73, BauR 1974, 210; Werner/Pastor aaO Rdn. 2034 m.w.N.). Er hat dann vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, daß die in der Rechnung geltend gemachten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind, die Nichterweislichkeit geht zu seinen Lasten.
2. Verfehlt ist die nicht näher begründete weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Schlußrechnung sei nicht prüffähig, weil die Klägerin nicht entsprechend den Positionen des Leistungsverzeichnisses abgerechnet, sondern lediglich ihre nicht an den Leistungsverzeichnissen orientierten Teilrechnungen zusammengefügt habe.
Nach der Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - VII ZR 296/97, ZfBR 1999, 37 = BauR 1999, 63 jeweils m.w.N.) ist die Prüfbarkeit der Schlußrechnung kein Selbstzweck. Die Anforderungen an die Prüfbarkeit ergeben sich vielmehr aus den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers. Diese bestimmen und begrenzen Umfang und Differenzierung der für die Prüfung erforderlichen Angaben der Schlußrechnung. In welchem Umfang die Schlußrechnung aufgeschlüsselt werden muß, damit der Auftraggeber in der Lage ist, sie in der gebotenen Weise zu überprüfen, ist eine Frage des Einzelfalls, die abgesehen von den Besonderheiten der Vertragsgestaltung und der Vertragsdurchführung auch von den Kenntnissen und Fähigkeiten des Auftraggebers und seiner Hilfspersonen abhängt.
Die Schlußrechnung entspricht den vom Senat an die Prüffähigkeit gestellten Anforderungen. Unschädlich ist, daß sie nicht nach den Positionen des Leistungsverzeichnisses aufgestellt ist, sondern auf frühere Abschlagsrechnungen Bezug nimmt. Denn dort sind die Leistungen prüfbar aufgeschlüsselt. Sie ist zudem vom Architekten des Beklagten geprüft. Dessen Einwendungen, daß die angesetzten Massen nicht stimmten oder nicht nachprüfbar seien oder in den Rechnungen Positionen enthalten seien, die nicht Gegenstand des Auftrags seien, betreffen nicht die Prüfbarkeit der Schlußrechnung, sondern deren inhaltliche Richtigkeit.
III.
Das Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Unterschriften
Thode, Haß, Hausmann, Wiebel, Kuffer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.04.1999 durch Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539061 |
DB 1999, 2158 |
BauR 1999, 1185 |
EBE/BGH 1999, 212 |
NJW-RR 1999, 1180 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1526 |
ZAP 1999, 820 |
MDR 1999, 1133 |
ZfBR 1999, 235 |
ZfBR 1999, 319 |