Leitsatz (amtlich)
Haben sich die Partner eines Finanzierungsleasingvertrages über Computer-Hard- und Software auf den Beginn der Vertragslaufzeit in Kenntnis dessen geeinigt, daß Teile der Software noch nicht in vertragsmäßigem Zustand vorhanden, jedoch noch nachzuliefern sind, ist der Anspruch des Leasinggebers auf Zahlung der Leasingraten zunächst in voller Höhe fällig. Dem Leasingnehmer kann jedoch die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) von dem Zeitpunkt an zustehen, an dem Lieferung der fehlenden, für die Vertragserfüllung wesentlichen Teile der Software vereinbarungsgemäß zu erbringen war.
Normenkette
BGB §§ 320, 535
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 05.04.1990; Aktenzeichen 16 U 104/89) |
LG Flensburg |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 5. April 1990 (16 U 104/89) aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin als Leasinggeberin verlangt vom Beklagten als Leasingnehmer nach fristloser Kündigung des zwischen ihnen abgeschlossenen Leasingvertrages Nr. 8… vom 21./25. August 1987 die Zahlung rückständiger und als Entschädigung zu leistender Leasingraten sowie Schadensersatz. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Sommer 1987 verhandelte der Beklagte, der ein Architekturbüro unterhält, mit der Firma 0. Gesellschaft für Organisation und Datenverarbeitung mbH und Co. KG (im folgenden als Lieferantin bezeichnet) über die Beschaffung eines von dieser vertriebenen kompletten EDV-Systems, bestehend aus Hardware und einem auf Architekturzwecke zugeschnittenen Softwaresystem CAD der Firma S. I. Der Vertrag sollte im Leasingwege abgewickelt werden. Mit Schreiben vom 21. August 1987 bestätigte die Lieferantin den Auftrag über die komplette Anlage mit Hard- und Software zum Preise von 128.191 DM. In dem Schreiben heißt es u.a.:
Die Software wird in der BASIC-Version geliefert mit der Gewährleistung, im Rahmen des Software-Pflegeabkommens unverzüglich auf die von der Fa. S. freigegebene UNIX-Version umzustellen.
Ebenfalls am 21. August 1987 beantragte der Beklagte auf einem Vertragsformular der Klägerin bei dieser den Abschluß eines Leasingvertrages über die von der Lieferantin zu liefernde EDV-Anlage. Unter dem 25. August 1987 teilte die Klägerin dem Beklagten die Annahme des Antrags mit und wies darauf hin, daß die Vertragszeit mit der Übernahme des Leasinggutes beginne. In den zum Vertragsbestandteil gemachten Allgemeinen Leasingbedingungen (ALB) der Klägerin, in denen sie sich von der mietrechtlichen Gewährleistung unter Abtretung der kaufrechtlichen Mängelansprüche freigezeichnet hat, ist u.a. bestimmt:
11. Verzug
11.1. Gerät der LN mit einer Leasingrate oder mit einer anderen Zahlungsverpflichtung in mindestens gleicher Höhe um mehr als einen Monat in Rückstand, …ist der LG berechtigt, nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen Nachfrist den Leasingvertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen, den Leasinggegenstand herauszuverlangen und freihändig zu verwerten sowie den LN wegen des Betrages in Anspruch zu nehmen, der sich aus den mit 6 % abgezinsten, bis zum Vertragsende fälligen Leasingbeträgen zuzüglich aller Kosten (z.B. Verwertung) sowie des voraussichtlichen Restwertes im Zeit punkt der planmäßigen Beendigung des Leasingvertrages abzüglich des Verwertungserlöses ergibt. Der LN ist berechtigt, nachzuweisen, daß dem LG ein wesentlich geringerer Schaden als der geltend gemachte entstanden ist.
16. Schriftform
…
Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung der Schriftformklausel. Ein Verstoß gegen die Schriftform hat die Nichtigkeit zur Folge.
Die im Vertrag vorgesehene Mietvorauszahlung von 28.500 DM an die Lieferantin leistete der Beklagte am 21. August 1987. Nach Abschluß des Leasingvertrages lieferte die Lieferantin den wesentlichen Teil der Hardware und jedenfalls einen Teil der Software an den Beklagten aus. Dieser übersandte nicht die von ihm erbetene Übernahmebestätigung. Sie wurde von der Klägerin und der Lieferantin deshalb mehrfach angemahnt. Der Beklagte rügte seinerseits in mehreren Schreiben,: darunter in dem vom 1. Oktober 1987, Unvollständigkeit und Mängel der Hard- und Software, insbesondere auch des UNIX-Betriebssystems und der dazugehörigen Programme.
Nach weiterer Korrespondenz schrieb der Beklagte unter dem 9. Dezember 1987 an die Klägerin und übersandte ihr die von ihm auf den 22. Dezember 1987 vordatierte, ihrem Text nach uneingeschränkte Übernahmebestätigung. In seinem Übersendungsschreiben verwies der Beklagte auf eine Vereinbarung, demzufolge die Übernahmebestätigung nur nach Erfüllung der in dem Schreiben aufgeführten 14 „Bedingungen” verwendet werden dürfe. Diese „Bedingungen” lauten auszugsweise:
1. Programmsystem UNIX-Star, auf der Platte sofort verwendbar installiert und in meinen Händen, spätestens am 22.12.1987.
…
13. Vereinbarung über die noch durchzuführende Systemschulung wie folgt:
…
3) UX-Topographie: 1 Tag
4) UX 4-Datenverwaltung: 1 Tag
Nach Nr. 9 der „Bedingungen” sollte die Laufzeit des Leasingvertrages am 1.1.1988 beginnen. Weiter heißt es in dem Schreiben:
Die Auszahlung des Anteils von 90 % der Rechnungs- bzw. Auftragssumme darf nur dann erfolgen, wenn jeder der Punkte 1, 2, 3, 4, 6, 8, 10, 11, 12, 13 und 14 vollständig erledigt sind.
Für die Erledigung der Punkte 8, 9, 11, 12, 13 und 14 würde es genügen, wenn sowohl Sie für die Sie betreffende Vereinbarung bezüglich Beginn des Leasingvertrages ab 1. Januar 1988 und Auszahlungsmodalitäten und die Firma 0. für die anderen erforderlichen Vereinbarungen jeweils eine Kopie dieses Schreibens mit einer Einverständniserklärung sowohl zu meinen Händen als auch zu Händen der UVW-Leasing umgehend übersenden.
Weiterhin gehe ich davon aus, daß mit Ablauf des 22.12.87 die Punkte 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 10 ebenfalls erledigt sind, so daß Sie unter diesen Voraussetzungen am 23.12.87 einen Betrag in Höhe von 90 % der Rechnungssumme an die Firma 0. überweisen könnten, so daß lediglich die Lieferung des PLT-Moduls – 7 – noch bis zum 15. Januar 88 zu erfolgen hat, wonach auch die restlichen 10% der Rechnungssumme gezahlt werden könnten.
Die Klägerin zahlte nach dem 23.12.1987 90% des Rechnungsbetrages der Lieferantin an diese, die weiteren 10% im Mai 1988. Der Beklagte entrichtete Leasingraten für die Zeit von Januar bis April 1988. Ab Mai 1988 stellte er weitere Zahlungen unter Berufung auf Mängel der Anlage ein. Nach mehreren Mahnungen und Hinweisen auf ihre Rechte nach Nr. 11 der ALB kündigte die Klägerin den Leasingvertrag mit Schreiben vom 20. Juni 1988 fristlos und ermächtigte die Lieferantin, das Leasinggut zurückzuholen. Der Beklagte verweigerte jedoch die Herausgabe.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin Zahlung der Leasingraten für Mai und Juni 1988 (2 × 2.971,90 DM zuzüglich Mehrwertsteuer), eine weitere Monatsrate bis zur Klageerhebung als Entschädigung (2.971,90 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) und 29 restliche Monatsraten ohne Mehrwertsteuer, abgezinst mit 6 %, als Schadensersatz geltend gemacht, weiterhin Erstattung des von ihr mit 21.856,14 DM bezifferten abgezinsten Restwertes für die Anlagegefordert, insgesamt 112.446,40 DM nebst 9 % Zinsen auf 111.214,30 DM seit dem 30. Juni 1988. Das Landgericht hat ihr 90.606,36 DM nebst Zinsen zugesprochen und die weitergehende Klage (Erstattung des Restwertes der Anlage) abgewiesen. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte weiterhin die völlige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
1. Das Berufungsgericht sieht die Grundlage für den Anspruch der Klägerin zutreffend in dem Leasingvertrag Nr. 8., den die Parteien durch Angebot des Beklagten vom 21. und Annahmeerklärung der Klägerin vom 25. August 1987 geschlossen haben. Gegen die Annahme des wirksamen Zustandekommens dieses Vertrages erhebt die Revision keine Einwendungen. Sie wendet sich auch nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der Leasingvertrag sei nicht nachträglich aufgehoben worden. Ebensowenig beanstandet sie, daß das Oberlandesgericht den Leasingvertrag nicht als Umgehungsgeschäft nach § 6 qualifiziert hat, weil Anhaltspunkte für den Übergang der Sachsubstanz der EDV-Anlage auf den Beklagten als Endziel des Vertrages nicht erkennbar seien. Bedenken gegen diese der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechende rechtliche Würdigung bestehen nicht (vgl. BGHZ 71, 196; 94, 195; BGH, Urteil vom 11. März 1987 – VIII ZR 215/86 = NJW 1987, 2082 unter I 2 c).
2. Vergeblich rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die Wirksamkeit und den Inhalt der im Vorfeld zum Schreiben des Beklagten vom 9. Dezember 1987 getroffenen Vereinbarungen verkannt; wegen der Nichterfüllung der dort aufgestellten Bedingungen sei der Leasingvertrag nicht in Gang gesetzt worden, so daß die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Leasingraten nicht entstanden oder wenigstens nicht fällig geworden sei.
a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, eine den Leasingvertrag abändernde Vereinbarung vor dem 9. Dezember 1987 sei vom Beklagten nicht schlüssig vorgetragen worden Der Inhalt des Schreibens vom 9. Dezember 1987 könne nicht als wirksam vereinbart angesehen werden, weil die Klägerin die in dem Schreiben geforderte Einverständniserklärung nicht abgegeben habe und das Schreiben auch kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben darstelle. Im übrigen habe die Klägerin mangels gegenteiliger Information durch den Beklagten nach dem 22. Dezember 1987 die gestellten Bedingungen als erfüllt ansehen und 90 % des Kaufpreises an die Lieferantin zahlen dürfen. Sache des Beklagten sei es gewesen, im Falle der Wirksamkeit der von ihm gestellten „Bedingungen” oder „Voraussetzungen” deren Nichteintritt bis zum 22. Dezember 1987 als dem von ihm selbst gewählten Termin mitzuteilen. Das habe er unterlassen und ab Januar 1988 Leasingraten bezahlt. Dadurch sei der Vertrag ab Januar 1988 in Lauf gesetzt worden.
b) Es kann dahingestellt bleiben, ob die im Schreiben vom 9. Dezember 1987 aufgeführten Bedingungen oder Voraussetzungen für eine „Verwendung” der Übernahmeerklärung wirksam vereinbart waren. Aus Rechtsgründen ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht auch für diesen Fall das spätere Verhalten des Beklagten als Einverständnis mit dem Laufzeitbeginn des Vertrages ab Januar 1988 und mit der Auszahlung von 90 % des Kaufpreises an die Lieferantin gewertet hat. Nur auf diese beiden Rechtsfolgen bzw. Umstände kam es nach dem Stand der Vertragsabwicklung an. Art und Umfang der gegenseitigen Vertragsleistungen lagen aufgrund des Leasingvertrages vom 21./25. August 1987 fest. Sie sollten durch das Schreiben vom 9. Dezember 1987 nicht geändert und nicht einmal ergänzt werden, so daß es auf die Erfüllung der Schriftform (Nr. 16 der ALB) nicht ankommt. Zweck des Schreibens war es nach seiner Formulierung vielmehr, die für die Übergabe der Leasingsachen und damit für den Vertragsbeginn nach Ansicht des Beklagten noch erforderlichen Erfüllungshandlungen näher zu bezeichnen und zeitlich festzulegen; weiterhin sollte mit Rücksicht auf einige bis Januar 1988 noch nicht zu erbringende Leistungen der Kaufpreis an den Lieferanten nur in Höhe von 90 % ausgezahlt werden.
Selbst bei einer Einigung über diese Übergabevoraussetzungen war der Vertragsbeginn indessen nicht endgültig von deren Erfüllung abhängig. Die Parteien konnten sich abermals ausdrücklich oder stillschweigend über eine Änderung einigen. Das ist nach der vertretbaren, aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Würdigung durch das Berufungsgericht dadurch geschehen, daß der Beklagte die EDV-Anlage unstreitig benutzte und ab Januar 1988 Leasingraten in voller Höhe zahlte, ohne die nunmehr von ihm geltend gemachte Nichteinhaltung der im Schreiben vom 9. Dezember 1987 genannten Bedingungen bzw. Voraussetzungen zu rügen. Abweichend vom ursprünglichen Vertragstext, der den Laufzeitbeginn an die (vollständige) Übergabe der Leasingsachen knüpfte, waren sich die Parteien darüber einig, den Vertrag ohne Rücksicht auf die noch nicht ganz vollständige Verschaffung einzelner Lieferungsteile in Lauf zu setzen. Diese Einigung hatte die Fälligkeit des Anspruchs auf Leasingraten zur Folge. In welcher Weise sie sich auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) auswirkte, wird in anderem Zusammenhang zu erörtern sein (unten II 3 c, d).
Die Wirksamkeit der stillschweigenden Einigung wird durch das Schriftformerfordernis nach Nr. 16 der ALB nicht berührt. Dabei kann offenbleiben, ob diese Klausel gegenüber der individuellen Modifizierung der Vertragsregelung über den Laufzeitbeginn Geltung beanspruchen könnte. Der Beklagte kann sich jedenfalls nach Treu und Glauben auf das Schriftformerfordernis nicht berufen, weil er durch sein Verhalten bei der Klägerin das Vertrauen erweckt hat, als bedürfe es einer weiteren schriftlichen Vereinbarung nicht. Im übrigen entspricht auch das von ihm als gültig angesehene Schreiben vom 9. Dezember 1987 nicht dem Schriftformerfordernis nach § 125 BGB.
II.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Beklagte durch die Einstellung seiner Zahlungen ab Mai 1988 in Verzug geraten, so daß die Klägerin den Leasingvertrag am 20. Juni 1988 wirksam habe kündigen können und Anspruch auf die mit ihrer Klage geforderten Beträge habe. Dem Beklagten stünden Gegenrechte weder wegen Mängeln der gelieferten Anlage noch wegen Unvollständigkeit der Lieferung zu. Das hält nach dem Stande der bisherigen Feststellungen den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Zutreffend und insoweit ohne Widerspruch der Revision hat es das Berufungsgericht für entscheidend gehalten, ob dem Beklagten im Mai, und Juni 1988 Gegenrechte zustanden, die den Eintritt des Verzuges mit den Ratenzahlungen hinderten. Bestanden solche Gegenrechte nicht, konnte die Klägerin diel zwei fälligen Leasingraten für Mai und Juni 1988 sowie nach § 557 BGB die Juli-Rate einschließlich Mehrwertsteuer fordern, weil der Beklagte nach Kündigung des Leasingvertrages die Herausgabe der EDV-Anlage verweigerte (BGH, Urteil vom 22. März 1989 – VIII ZR 155/88 = WM 1989, 742 unter II A 1 c). Entgegen der Ansicht der Revision hat die Klägerin diesen Anspruch auch bereits in der Klageschrift als „Entschädigungsanspruch” geltend gemacht. Die Klägerin konnte den Vertrag weiterhin wegen Verzuges fristlos kündigen (§ 554 BGB) und Schadensersatz verlangen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1984 – VIII ZR 313/82 = NJW 1984, 2687 = WM 1984, 933).
2. Ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln der EDV-Anlage stand dem Beklagten nicht zu, wie. das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat. In Nr. 4 der ALB hatte sich die Klägerin in zulässiger Weise von ihrer Mängelhaftung freigezeichnet, indem sie gleichzeitig die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche gegenüber der Lieferantin an den Beklagten abtrat. Dieser hätte die Mängelansprüche unmittelbar gegen die Lieferantin durchsetzen müssen, was hier nicht geschehen ist. Erst daraufhin hätte er gegenüber der Klägerin den Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend machen und weitere Leasingzahlungen verweigern können (st.Rspr., z.B. BGHZ 81, 298). Die Ansicht der Revision, der Beklagte dürfe wegen „völliger Unbrauchbarkeit” der EDV-Anlage nicht auf Gewährleistungsansprüche verwiesen werden, trifft nicht zu. Beruhte die angebliche – insoweit vom Beklagten nicht näher erläuterte – Unbrauchbarkeit auf Sachmängeln, galt dafür nichts anderes als bei einzelnen Mängeln.
3. Nach dem bisherigen Streitstand läßt sich indessen nicht ausschließen, daß dem Beklagten wegen unvollständiger Lieferung der EDV-Anlage die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 Abs. 1 BGB) zustand und er deshalb nicht in Verzug geraten war, so daß die Klägerin nicht wirksam hätte kündigen können. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Sachvortrag des Beklagten zu dieser Frage übergangen hat (§ 286 ZPO).
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat allerdings auch das Berufungsgericht die Frage der Teilnichterfüllung geprüft und mehrere darauf abzielende Behauptungen des Beklagten für unbegründet erklärt. Daß der ursprünglich fehlende Plotter nachgeliefert und das deutschsprachige Keyboard „ausgetauscht war, bezweifelt auch die Revision nicht. Dasselbe gilt hinsichtlich der Feststellung des Oberlandesgerichts, die Programmteile UNIX AXE und UNIX PE (wohl gleichbedeutend mit dem besonders erwähnten HP UX Programming environment) und die zeitweilig als fehlend gerügten Handbücher seien nachgeliefert, wenn auch teilweise vom Beklagten als mangelhaft bezeichnet.”
Die Ansicht der Revision, das Berufungsgericht habe die Lieferung des UNIX Plot-Moduls ohne entsprechenden Sachvortrag selbst der Klägerin angenommen, trifft nicht zu. In seinen der Klageerwiderung vom 14. Oktober 1988 beigefügten Schreiben vom 16. und 29. Februar 1988 hatte der Beklagte die Lieferung selbst bestätigt und nur Mängeleinwendungen erhoben. Dasselbe gilt hinsichtlich der Datenumsetzung, die nach den zitierten Schreiben zwar geleistet wurde, jedoch vorhandene Daten vernichtet haben soll. Welche Bedeutung die von der Revision vermißte, in Nr. 12 des Schreibens vom 9. Dezember 1987 verlangte Erklärung haben soll, das vorhandene Diskettenlaufwerk sei auch für das neu zu installierende UNIX-Betriebssystem tauglich, ist nicht erkennbar. Die Lieferantin hatte in ihrem vom Beklagten mit der Klageerwiderung selbst vorgelegten Schreiben vom 9. Mai 1988 u.a. mitgeteilt, sie habe ab Januar 1988 unentgeltlich ein anderes Laufwerk zur Verfügung gestellt. Dem hat der Beklagte nicht widersprochen. Irgendein Nachteil wegen möglicher Untauglichkeit des früheren Diskettenlaufwerks ist daher nicht schlüssig vorgetragen.
b) Mit Recht macht die Revision jedoch geltend, das Berufungsgericht habe den Sachvortrag des Beklagten über das Fehlen ganzer Programmteile „Topographie” und „Datenbankverwaltung” übergangen oder zumindest nicht zutreffend erörtert.
Der Beklagte hatte in seiner Klageerwiderung vom 14. Oktober 1988 ausdrücklich gerügt, die Programmteile „Topographie” und „Datenbankverwaltung” seien nicht geliefert worden, so daß die Bedingung Nr. 1 seines Schreibens vom 9. Dezember 1987 nicht erfüllt sei. Diesen Vortrag hat er in seiner Berufungsbegründung wiederholt. Das Berufungsgericht hat ihn nicht ausdrücklich erörtert, sondern hinsichtlich der beiden Programme nur die Rüge mangelnder Schulung dazu erwähnt. Möglicherweise hat es die beiden Programme als Teile des von ihm erörterten „UNIX-Betriebssystems” verstanden. Die dazu gegebene Begründung, Unvollständigkeit der Leistung liege deshalb nicht vor, weil ursprünglich die Software in der Basic-Version habe geliefert und später auf die UNIX-Version habe umgestellt werden sollen, erschöpft jedoch den Sachverhalt nicht und verkennt überdies die sich aus dem von der Klägerin nicht bestrittenen Ausbleiben der beiden Programme ergebenden Rechtsfolgen. Denn es kommt ersichtlich nicht auf die Vollständigkeit der Lieferung im Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses an. Auch nach Ansicht des Berufungsgerichts gehörte jedenfalls das Ergebnis der Umstellung auf die UNIX-Version zum Inhalt des Leasingvertrages. Das ergibt sich zum einen aus der Erwähnung des „HPUX Programms” – im Leasingvertrag, zum anderen aus der Tatsache, daß in der mehrmonatigen Korrespondenz ständig von der UNIX-Version die Rede war, ohne daß die Klägerin der Einbeziehung dieses Teils der Leistungen in den Vertragsumfang widersprochen hätte. Nach ihrer Behauptung hat sie nach Empfang des Schreibens vom 9. Dezember 1987, in dem fast ausschließlich von der UNIX-Version die Rede war, den Beklagten nach dem 22. Dezember 1987 angerufen und gefragt, ob die Bedingungen seines Schreibens erfüllt seien; erst nach Bejahung dieser Frage habe sie sodann 90 % des Kaufpreises an die Lieferantin gezahlt. Spätestens mit diesem Verhalten hat sich die Klägerin damit einverstanden erklärt, daß zum Gegenstand des Leasingvertrages auch die UNIX-Version der Software gehören sollte. Dann aber kann es für die Rechtsfolgen allein darauf ankommen, ob die Programme „Topographie” und „Datenbankverwaltung” im Rahmen der Umstellung auf die UNIX-Version ab Dezember 1987 vertragsgemäß geliefert wurden oder ob diese Lieferung in einer von der Klägerin zu vertretenden Weise unterblieb.
c) Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz nur behauptet, die beiden fehlenden Programme seien Bestandteile des UNIX-Systems, für das sie nicht verantwortlich gewesen sei. Das Unterbleiben der Lieferung ist deshalb für die Revisionsinstanz als unstreitig zu behandeln. Ferner ist zu unterstellen, daß die Nichtlieferung keine mangelhafte, sondern eine unvollständige Leistung darstellt. Das hat der Bundesgerichtshof bereits für den Fall entschieden, daß sich ein Leasingvertrag auf Hardware und Standardsoftware bezieht und die Software nicht geliefert wird; denn in einem solchen Falle berührt die Nichtlieferung des einen, in seiner technischen Funktionsfähigkeit selbständigen Teils nicht die Brauchbarkeit des anderen und stellt deshalb keinen Mangel, sondern eine Teilnichterfüllung dar (BGH, – vom 1. Juli 1987 – VIII ZR 117/86 = NJW 1988, 204 = WM 1987, 1131 unter A 13 a). Diese Gesichtspunkte gelten auch im vorliegenden Fall. Anders wäre es nur, wenn die beiden fehlenden Programme gewissermaßen notwendige, dem Betrieb der übrigen Anlage als Bestandteil dienende Funktion hätten und somit keinen selbständigen Bestandteil darstellten, sondern einen unselbständigen Teil einer einheitlichen Sache (vgl. für den Fall eines fehlenden Handbuchs zu einer Hardware BGH, Urteil vom 5. Juli 1989 – VIII ZR 334/88 = NJW 1989, 3222 =.WM 1989, 1574 unter II 1; für einen Kaufrechtsfall vgl. ferner BGH, Urteil vom 27. Juni 1990 – VIII ZR 72/89 = WM 1990, 2000 = DB 1990, 2016 unter III 1 b a.E.). Für eine solche Fallgestaltung ist dem festgestellten Sachverhalt aber nichts zu entnehmen.
d) Folge der Teilnichterfüllung hätte, wenn deswegen die Übergabe der Leasingsache zu verneinen gewesen wäre, sein können, daß die Zahlungspflicht des Beklagten nicht begonnen hätte (so im Falle BGH, Urteil vom 1. Juli 1987 a.a.O.). Hier hatten sich die Parteien jedoch über den Beginn der Vertragslaufzeit gerade wegen der besonderen Vertragsgestaltung geeinigt (vgl. oben I 2). Damit war die Forderung der Klägerin auf die Leasingraten fällig geworden. Dem Beklagten war andererseits die Berufung auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) nicht abgeschnitten. Denn die Einigung über den Vertragsbeginn läßt sich mit der Annahme der Leistung durch Abgabe einer Übernahmeerklärung vergleichen, die ebenfalls die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nicht ausschließt, sondern nur dem Leasingnehmer die Beweislast aufbürdet, wenn er die gänzliche oder teilweise Nichterfüllung des Vertrages geltend machen will (BGH, Urteil vom 1. Juli 1987 a.a.O. unter A II 2 c). Ob darüber hinaus die Einigung über den Vertragsbeginn einen Verzicht auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages für solche nicht erbrachte Leistungen enthielt, die vor der Einigung schon hätten erbracht werden sollen, kann dahingestellt bleiben. Denn die Nichterfüllung solcher Leistungsteile ist nicht dargetan. Ein weitergehender, Verzicht ist jedenfalls nicht anzunehmen. Nach dem zwischen den Parteien bestehenden und unter Mitwirkung der Lieferantin zu erfüllenden Vertrag sollte die Umstellung auf das UNIX-System nach und nach erfolgen. Deshalb kann nicht angenommen werden, der Beklagte habe auf eine Einrede nach § 320 BGB auch für solche Leistungen verzichten wollen, die nach dem 1. Januar 1988 fällig, jedoch nicht rechtzeitig erbracht wurden.
e) Das Recht zur Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) hindert den Eintritt des Verzuges des Schuldners auch dann, wenn er die Einrede noch nicht erhoben hat (BGHZ 84, 42, 44; BGH, Urteil vom 27. Februar 1974, – VIII ZR 206/72 = WM 1974, 369 unter II vor 1 m.w.Nachw.). Deshalb kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob sich der Beklagte bis zum Juni 1988 nur auf Mangelhaftigkeit, nicht aber Unvollständigkeit der Leistung der Klägerin berufen hatte. Allerdings gilt dies nicht unbeschränkt. Im Rahmen der ohnehin nach § 320 Abs. 2 BGB vorzunehmenden Abwägung kann es von Bedeutung sein, ob nach dem Verhalten des Beklagten die Klägerin darauf vertrauen durfte, die Leistung sei entsprechend den Abmachungen mit der Lieferantin vertragsgemäß erbracht. Feststellungen darüber sind jedoch nicht getroffen. Eine endgültige Sachentscheidung ist daher für das Revisionsgericht nicht möglich.
4. Da bisher im einzelnen nicht feststeht, welche Vereinbarungen hinsichtlich der Programme „Topographie” und „Datenbankverwaltung” bestanden, insbesondere ob diese Programme schon in der ursprünglichen Version zu liefern gewesen waren und wie sie durch die Umstellung auf das UNIX-System angepaßt werden mußten, ferner wann dies zu geschehen hatte und ob ein vertragswidriges Verhalten hinsichtlich dieser beiden Programme vorlag, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, insbesondere über die Einrede des nicht erfüllten Vertrages hinsichtlich der beiden Programme, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ist nach erneuter Verhandlung der Eintritt des Verzuges des Beklagten und damit die Wirksamkeit der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung zu verneinen, weil dem Beklagten die Einrede des nicht erfüllten Vertrages im damaligen Zeitraum zustand, bliebe die Klage mit ihrer derzeitigen Begründung ohne Erfolg. Ob sie mit anderer Begründung zulässig und begründet wäre, hängt von der Frage ab, ob die Parteien in zulässiger Weise weiteres Vorbringen – u.a. zur Wirksamkeit der vom Beklagten im Schriftsatz vom 14. Oktober 1988 ausgesprochenen Kündigung – in den Rechtsstreit einführen werden.
Ist dagegen Verzug des Beklagten und Wirksamkeit der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung erneut zu bejahen, wird hinsichtlich der von der Revision erhobenen weiteren Rügen auf folgendes hingewiesen:
- Der Einwand, auf die Juli-Rate habe Mehrwertsteuer nicht verlangt werden dürfen, ist wie oben (II 1) dargelegt, unbegründet.
- Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Einwand, die 6 %ige Abzinsung sei nicht gerechtfertigt, ebenfalls unbegründet. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Vertragsklausel über die Abzinsung wirksam wäre. Die Klägerin hat sich in der Klagebegründung nicht auf diese Klausel berufen, sondern ohne Bezugnahme auf den Vertrag mit einer Abzinsung von 6 % ihren Schaden berechnet. Das hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bestritten. Insbesondere hat er nichts dafür vorgetragen, daß der Klägerin ein tatsächlich geringerer Schaden entstanden sei, wie ihm dies durch die Vertragsregelung ausdrücklich eingeräumt worden ist. Diese Art der Vertragsregelung würde im übrigen, ihrer Unwirksamkeit entgegenstehen, da mit ihr nicht der Eindruck erweckt wird, als müsse der Leasingnehmer in jedem Falle die Abzinsung von 6 %. hinnehmen.
- Die Geltendmachung weiterer ersparter Vertragskosten wäre Sache des Beklagten gewesen. Er hat jedoch in den Vorinstanzen die Schadensberechnung nicht bestritten und weitere ersparte Vertragskosten nicht behauptet. Das Berufungsgericht hat deshalb entscheidungserheblichen Sachvortrag insoweit nicht übergangen.
- Ein Mitverschulden der Klägerin käme bei der gegebenen Sachlage nicht in Betracht. Anders als bei einem Schadensersatzanspruch des Leasinggebers wegen falscher Übernahmebestätigung des Leasingnehmers besteht der Schaden hier nicht in der Auszahlung des Kaufpreises an den Lieferanten, sondern im Ausbleiben der vertraglichen Leasingraten. An diesem Ausfall hätte die Klägerin nichts selbst verschuldet, wenn ihre Kündigung berechtigt war.
Fundstellen
Haufe-Index 749233 |
NJW 1991, 2135 |
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