Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens ist, wie bei der Prüfung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr, die Wechselwirkung von Waren- und Markenidentität oder -ähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der älteren Marke, diese allerdings im Sinn der Kennzeichnungskraft des in Frage stehenden Stammbestandteils, zu beurteilen.
Normenkette
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Aktenzeichen 2 U 210/95) |
LG Stuttgart (Aktenzeichen 17 O 249/95) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 5. Juli 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte nimmt die Klägerin mit der Widerklage, um die es, nachdem die gegenläufige negative Feststellungsklage übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, nur noch geht, aus Markenrecht wegen der Verwendung der Bezeichnung „Cefallone” für Arzneimittel auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Die Beklagte ist nach Übernahme einer im Jahre 1948 gegründeten Vorgängerin seit 1952 als Herstellerin von Arzneimitteln vorwiegend auf pflanzlicher und homöopathischer Grundlage tätig. Sie führt in ihrer Firma den Bestandteil „CEFAK”. Für sie sind aufgrund von Anmeldungen seit dem 1. Oktober 1948 eine Vielzahl von Marken für Arzneimittel eingetragen, die jeweils mit der Buchstabenfolge „Cefa-” oder „CEFA-” beginnen. Die Marken werden nur teilweise benutzt.
Die Klägerin, ein umsatzstarker Generika-Produzent, stellt seit März 1994 unter der Bezeichnung „Cefallone” ein rezeptpflichtiges Antibiotikum mit dem 1994 patentfrei gewordenen Wirkstoff Cefaclor/Cephaclor her. Dieser Wirkstoff gehört zu den Cephalosporinen, einer Gruppe von Breitbandantibiotika, zu denen auch die Wirkstoffe Cefadroxil, Cefalexin, Cefamandol, Cefazedon und Cefazolin gehören. Die Klägerin hat am 27. Mai 1993 die Wortmarke „Cefallone” für Arzneimittel für Menschen und Tiere angemeldet. Einen gegen die Bekanntmachung dieser Anmeldung gerichteten Widerspruch der Beklagten aus ihrer Marke Nr. 763 505 „CEFASULFON” hat das Deutsche Patentamt durch einen noch nicht rechtskräftigen Beschluß zurückgewiesen.
Die Beklagte hält die Benutzung der Bezeichnung „Cefallone” durch die Klägerin für eine Verletzung ihrer Markenrechte. Neben einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr hat sie auch Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens geltend gemacht.
Die Klägerin hat jede Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt und im wesentlichen vorgebracht, Generika-Produzenten verwendeten zur Bezeichnung von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Cefaclor/Cephaclor und anderer Cephalosporine insbesondere am Zeichenanfang die Buchstabenfolge „Cef-” und „Cefa-”, teilweise auch in der Schreibweise mit „ph”. Im übrigen seien Marken mit dem Präfix „Cepha-”, auch in anderer Schreibweise, die in Deutschland für die Klasse 5 Schutz genössen, keine Seltenheit. Unter den von der Beklagten verwendeten Arzneimittelbezeichnungen mit dem Zeichenanfang „Cef-” oder „Cefa-” befinde sich kein Antibiotikum.
Das Landgericht hat
die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln und unter Einräumung einer Aufbrauchs- und Umstellungsfrist bis 10. Oktober 1995 verurteilt,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für ihre Arzneimittel das Zeichen „Cefallone” zu benutzen;
die Klägerin verurteilt,
der Beklagten darüber Rechnung zu legen, wieviele Arzneimittel unter der Bezeichnung „Cefallone” sie vertrieben hat und zwar unter Angabe der Menge, des Vertriebsdatums, des Preises und der Abnehmer und unter Aufschlüsselung der Herstellungs- und Vertriebskosten, wobei es der Klägerin vorbehalten bleibt, die Abnehmer auf ihre Kosten nur einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, der berechtigt ist, der Beklagten auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer benannt ist oder nicht;
- festgestellt, daß die Klägerin der Beklagten all denjenigen Schaden zu ersetzen hat, der dieser aus einer der in Nr. 1 aufgeführten Handlungen entstanden ist.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts geändert und die Widerklage abgewiesen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision begehrt die Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung der Klägerin. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision, hilfsweise, ihr eine Aufbrauchsfrist von mindestens sechs Monaten zu gewähren.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat eine Markenverletzung verneint und dazu ausgeführt:
Die geltend gemachten Ansprüche stünden der Beklagten weder nach den Vorschriften des Warenzeichengesetzes noch nach denen des Markengesetzes zu.
Es bestehe keine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Marken „Cefavora” und „Cefavale” der Beklagten und der angegriffenen Bezeichnung „Cefallone” der Klägerin. Aufgrund des Gesamteindrucks sei eine Verwechslungsgefahr weder nach dem Klang noch nach dem Schriftbild oder dem Sinn gegeben. Dabei sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerklagemarken auszugehen, da die mitgeteilten Umsätze der Beklagten keinen Anhalt für eine Stärkung der ursprünglich normalen Kennzeichnungskraft der Marken gäben. Die einander gegenüberstehenden Zeichen hätten zwar die gleiche Silbenzahl und stimmten in den beiden Anfangssilben überein. Erhebliche Unterschiede bestünden jedoch in den beiden jeweiligen Endsilben „-vora” und „-vale” einerseits und „-lone” andererseits, die je den Gesamteindruck der Widerklagemarken und des angegriffenen Zeichens der Klägerin jedenfalls in erheblichem Umfang mitbestimmten. Bei Arzneimittelbezeichnungen reichten diese Unterschiede aus, um eine Verwechslungsgefahr im unmittelbaren Sinne auszuschließen, weil nicht nur Ärzte und Apotheker, sondern auch Laien bei Arzneimitteln genau auf die Unterschiede achteten. Das bestätigten insbesondere die verschiedenen mit „Cefa-” beginnenden Arzneimittelbezeichnungen der Beklagten, die die Patienten ebenfalls auseinanderhalten müßten, weil diese Arzneimittel verschiedene Indikationsgebiete beträfen.
Es bestehe auch keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens. Zwar stimmten die Marken zumindest für den flüchtigen Betrachter in dem Anfangsbestandteil „Cefa-” überein, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen auffassen und als Hinweis auf das Unternehmen der Beklagten verstehen könne, weil die Beklagte seit Jahren mehrere Zeichen mit dem Stamm für ihre Arzneimittel verwende. Dieser Umstand reiche jedoch nicht in jedem Fall aus, um eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens zu begründen. Anerkannt sei, daß die Anlehnung des als Stamm in Betracht kommenden Zeichenteils an warenbeschreibende Angaben die Verwechslungsgefahr ausschließen könne. Das gewinne im vorliegenden Fall Bedeutung, denn der Bestandteil „Cefa-” sei zwar in den Marken der Beklagten nicht an warenbeschreibende Angaben angelehnt, sondern nehme Bezug auf deren Firmennamen CEFAK, während die nachfolgenden Silben der Arzneimittelmarken überwiegend an warenbeschreibende Angaben angelehnt seien. Bei dem Zeichen der Klägerin sei das aber anders; hier sei die Silbe „Cefa-” ein Hinweis auf den Wirkstoff Cefaclor/Cephaclor. Das sei für Ärzte und Apotheker ohne weiteres erkennbar, so daß diese Personen deshalb bei dem Arzneimittel „Cefallone” in diesem Bestandteil keinen Hinweis auf die Beklagte sähen, sondern sofort erkennten, daß es sich um einen Hinweis auf den Wirkstoff des Arzneimittels handele. Das gelte um so mehr, als die Beklagte bei Ärzten und Apothekern nur als Hersteller von Arzneimitteln auf pflanzlicher und homöopathischer Grundlage bekannt sein könne, da sie jedenfalls seit geraumer Zeit nur solche Arzneimittel und keine Antibiotika herstelle. Da es sich bei „Cefallone” um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel handele, komme es vorrangig auf die Kenntnisse der verordnenden Ärzte und der abgebenden Apotheker an.
Die geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz scheiterten unabhängig vom Fehlen einer Verwechslungsgefahr daran, daß der Beklagten durch die Verwendung der Bezeichnung „Cefallone” für ein Antibiotikum mit dem Wirkstoff Cefaclor/Cephaclor seitens der Klägerin schon deshalb kein Schaden entstanden sein könne, weil sie selbst kein Arzneimittel vertreibe, das ein Arzt anstelle eines Cefaclor-Präparats verschreiben könne. Die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Marktverwirrungsschaden habe die Beklagte nicht geltend gemacht. Es fehle auch jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Beklagten dadurch ein Schaden entstanden sein könnte, daß irgend jemand sie für den Hersteller von „Cefallone” gehalten und dies bei ihr etwa wegen minderer Qualität von „Cefallone” zu einer Beeinträchtigung ihres Ansehens geführt haben könnte.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung nach dem Inkrafttreten des Markengesetzes der Beklagten nur zustehen können, wenn sie sowohl nach den Vorschriften des Warenzeichengesetzes als auch nach den Vorschriften des Markengesetzes gegeben sind (§§ 152, 153 Abs. 1 MarkenG).
2. Das Berufungsgericht hat eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Marken „Cefavora” und „Cefavale” der Beklagten einerseits und der Bezeichnung „Cefallone” der Klägerin andererseits schon auf der Grundlage des Markengesetzes verneint. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a) Nach der Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH GRUR 1998, 387, 389 = WRP 1998, 39, 41 - Sabèl/PUMA; Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97 - Canon, Tz. 16 f.), die für die Auslegung der in Umsetzung der dieser Richtlinienbestimmung entsprechenden Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL erlassenen Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Hierzu gehören, wie sich aus der zehnten Begründungserwägung ergibt, insbesondere der Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen.
b) Angesichts der danach in Betracht zu ziehenden Wechselwirkung der für die Prüfung in der Revisionsinstanz zugrundezulegenden Warenidentität – von der das Berufungsgericht, ohne das näher auszusprechen, ersichtlich ausgegangen ist, weil es sich bei den einander gegenüberstehenden Waren jeweils um Arzneimittel handelt -, der Ähnlichkeit der Widerklagemarken mit der angegriffenen Bezeichnung sowie der Kennzeichnungskraft der Widerklagemarken, die das Berufungsgericht unangegriffen für durchschnittlich erachtet hat, kann die Verneinung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr nicht als rechtsfehlerhaft erachtet werden.
Maßgeblich für die Verwechslungsgefahr zweier Kennzeichnungen ist – wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist – der Gesamteindruck, den sie vermitteln (BGH, Beschl. v. 12.2.1998 - I ZB 32/95, WRP 1998, 875 f. - salvent/Salventerol, m.w.N.). Das Berufungsgericht hat diesen Gesamteindruck dahin bestimmt, daß er jeweils sowohl durch die Anfangssilben „Cefa-” als auch durch die weiteren Silben bestimmt werde, so daß sich ein hinreichender Abstand zwischen den einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen ergebe. Das beanstandet die Revision ohne Erfolg.
Zwar weist sie mit Recht darauf hin, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes schon zum Warenzeichenrecht, insbesondere aber auch zum Markengesetz, bei der Prüfung der Markenähnlichkeit grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben ist als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild haften bleiben. Es ist des weiteren, wie die Revision zutreffend hervorhebt, zu berücksichtigen, daß insbesondere der Wortanfang von Bedeutung ist, weil der Verkehr diesem nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig größere Beachtung schenkt als Endsilben, zumal wenn diese auf dem in Frage stehenden Warengebiet weithin üblich sind (BGH WRP 1998, 875, 876 - salvent/Salventerol).
Gleichwohl kann die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die in den Endsilben „-vora” und „-vale” einerseits sowie „-lone” andererseits gegebenen erheblichen Unterschiede so beachtlich sind, daß eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr auszuschließen sei, aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Die in den beiden Endsilben bestehenden Unterschiede zwischen den Widerklagemarken auf der einen Seite und der angegriffenen Bezeichnung auf der anderen Seite sowohl in der Vokal- als auch in der Konsonantenfolge reichen, wie das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, jedenfalls bei Bezeichnungen für Arzneimittel aus, um eine Verwechslungsgefahr im unmittelbaren Sinne auszuschließen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes überwiegt im Fall der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln – um solche handelt es sich bei den unter der angegriffenen Bezeichnung vertriebenen Waren – die Auffassung der verordnenden Ärzte, die eigenverantwortlich die Auswahl des Arzneimittels mit der erforderlichen Sorgfalt treffen (BGH, Urt. v. 29.9.1994 - I ZR 114/84, GRUR 1995, 50, 52 - Indorektal/Indohexal).
3. Das Berufungsgericht hat auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens verneint. Diese Beurteilung hält sowohl auf der Grundlage des alten als auch des neuen Rechts den Angriffen der Revision indessen nicht stand.
Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens nur dann angenommen werden kann, wenn die einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen nicht unmittelbar verwechselbar sind, jedoch in einem Bestandteil übereinstimmen, welchen der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb nachfolgende Bezeichnungen, die einen identischen oder wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Markeninhaber zuordnet (BGH, Beschl. v. 22.5.1968 - I ZB 3/67, GRUR 1969, 40, 41 = WRP 1968, 367 - Pentavenon; Urt. v. 17.1.1975 - I ZR 62/74, GRUR 1975, 312, 313 - BiBA; Urt. v. 19.1.1989 - I ZR 223/86, GRUR 1989, 350, 352 - Abbo/Abo; BGHZ 131, 122, 127 - Innovadiclophlont; BGH, Urt. v. 7.12.1995 - I ZR 130/93, GRUR 1996, 267, 269 = WRP 1997, 453 - AQUA). Die Rechtsprechung zum Serienzeichen beruht auf der dem Verkehr bekannten Übung mancher Unternehmen, sich eines Stammzeichens für alle ihre Waren zu bedienen und dieses – dabei als solches erkennbar bleibende – Stammzeichen für einzelne Waren zu deren individueller Kennzeichnung abzuwandeln (BGH GRUR 1969, 40, 41 - Pentavenon). Anlaß zu einer Schlußfolgerung in dieser Richtung kann für den Verkehr insbesondere dann bestehen, wenn ein Unternehmen – wie hier die Beklagte mit dem Wortstamm „Cefa-” – mit demselben Wortstamm innerhalb mehrerer Zeichen bereits im Verkehr aufgetreten ist (BGH GRUR 1975, 312, 313 - BiBA).
Das Berufungsgericht ist im Streitfall zwar nach den im einzelnen nicht geprüften Behauptungen der Beklagten über die Verwendung des Bestandteils „Cefa-” von dessen Stammzeicheneigenschaft ausgegangen, es hat diese aber gleichwohl nicht ausreichen lassen, um der Beklagten gegenüber den angegriffenen Handlungen der Klägerin bezüglich des Bestandteils „Cefa-” den markenrechtlichen Schutz zuzuerkennen. Es hat das damit begründet, daß – gegebenenfalls in mehreren Marken verwendete – Bestandteile nach der Rechtsprechung unter der Geltung des Warenzeichengesetzes dann nicht geeignet seien, vom Verkehr als Stammbestandteil einer Serie angesehen zu werden, wenn sie an warenbeschreibende Angaben angelehnt sind (vgl. Nachweise bei Busse/Starck, WZG, 6. Aufl., § 31 Rdn. 238). Zwar verkennt das Berufungsgericht, wie seinen Ausführungen entnommen werden kann, nicht, daß der Bestandteil „Cefa-” in den Marken der Beklagten nicht an warenbeschreibende Angaben angelehnt ist, sondern auf deren Firmennamen CEFAK Bezug nimmt. Es meint jedoch, der vorerwähnte Gesichtspunkt gewinne Bedeutung, weil in der angegriffenen Bezeichnung die Silbe „Cefa-” – für Ärzte und Apotheker ohne weiteres erkennbar – ein Hinweis auf den Wirkstoff Cefaclor/Cephaclor und nicht auf die Beklagte sei. Mit dieser Annahme verfehlt das Berufungsgericht den Begriff der Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens. Auch diese ergibt sich, wie die unmittelbare Verwechslungsgefahr, aus der Wechselwirkung von Waren- und Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke und kann deshalb nur rechtsfehlerfrei beurteilt werden, wenn, was das Berufungsgericht bisher noch nicht getan hat, zunächst die erforderlichen Feststellungen auch zur Markenidentität oder -ähnlichkeit und zur Kennzeichnungskraft des in Frage stehenden Stammbestandteils getroffen werden. Nur so wird eine gesicherte tatsächliche Grundlage für die Beantwortung der Frage (auch) nach der Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens geschaffen. Die danach erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.
Es wird dabei unter Berücksichtigung des entsprechenden Vortrags der Beklagten in der Berufungserwiderung insbesondere zu prüfen haben, ob Gründe vorliegen, aus denen der Verkehr den von der Beklagten verwendeten Bestandteil „Cefa-” nicht als Stammbestandteil ansieht sowie ob und gegebenenfalls in welcher Weise die – erst nach der Eintragung einer Reihe von Cefa-Zeichen für die Beklagte begonnene – Verwendung der Wirkstoffbezeichnung Cefaclor/Cephaclor durch Dritte und die allgemein gebrauchte Bezeichnung anderer Cephalosporine zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft des Bestandteils „Cefa-” als Stammbestandteil oder zum völligen Wegfall seiner Eignung, als Stammbestandteil zu dienen, geführt hat. Dabei wird das Berufungsgericht auch dem Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, daß es sich bei der Wirkstoffbezeichnung Cefaclor/Cephaclor nicht um ein INN handele, sondern daß diese Bezeichnung von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nur vorgeschlagen und auf einen Widerspruch der Beklagten hin – jedenfalls bisher – nicht zur Eintragung als INN gelangt sei.
Dieser Beurteilung ist das Berufungsgericht – entgegen seiner Annahme im Berufungsurteil – nicht deshalb enthoben, weil der Bestandteil „Cefa-” in der angegriffenen Bezeichnung ein Hinweis auf den Wirkstoff Cefaclor/Cephaclor sei. Auf diese Frage kommt es bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens nicht entscheidend an. Die im Streitfall aus Markenrecht in Anspruch genommene Klägerin kann sich, soweit der – bisher nicht festgestellte – Schutzumfang des Stammbestandteils der Serie der Beklagten reicht, nicht auf eine Anlehnung an eine beschreibende Angabe berufen.
4. Das Berufungsgericht hat, unabhängig von der Frage einer Markenverletzung, die geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Klägerin verneint, weil der Beklagten durch die angegriffene Verwendung der Bezeichnung „Cefallone” seitens der Klägerin kein Schaden entstanden sein könne. Auch hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
Voraussetzung für die begehrte Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ist nach allgemeinen Grundsätzen lediglich, daß eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens dargelegt wird (BGH, Urt. v. 6.12.1974 - I ZR 110/73, GRUR 1975, 434, 437 f. - BOUCHET), die bei Markenverletzungen – jedenfalls bei der Frage der Verletzung infolge Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens, wie sie im Streitfall in Frage steht – in aller Regel in der Marktverwirrung liegen wird.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Erdmann, Mees, v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.10.1998 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538509 |
BGHR |
NJW-RR 1999, 1055 |
GRUR 1999, 587 |
Nachschlagewerk BGH |
WRP 1999, 530 |
NJWE-WettbR 1999, 234 |