Leitsatz

Ein Großbetrieb darf eine Rückstellung für die voraussichtlichen Kosten einer Betriebsprüfung auch ohne ergangene Prüfungsanordnung bilden.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige war ein Unternehmen, welches nach den Kriterien der BpO als Großbetrieb anzusehen war. Dieses bildete in dem Streitjahr 2006 eine Rückstellung für die vo­­raussichtlichen Kosten einer steuerlichen Außenprüfung, da mit einer solchen Prüfung gerechnet werden müsse. Die Finanzverwaltung vertrat demgegenüber – gestützt auf H 5.7. Abs. 4 EStH – die Auffassung, dass mangels ergangener Prüfungsanordnung eines solche Rückstellung nicht zu bilden sei.

Das FG gab der Klage statt. Bei Großbetrieben sei die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung zulässig. Zwar fehle es an einer Prüfungsanordnung, so­­dass noch keine Mitwirkungspflicht nach § 200 AO bestanden habe. Aus den Umständen sei aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, dass zukünftig eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt werde. So sei aus § 4 Abs. 2 BpO ersichtlich, dass bei Großbetrieben die Anschlussprüfung der Regelfall sei. Auch ergebe sich aus den Statistiken des BMF, dass bei Großbetrieben regelmäßig jedes Jahr geprüft werde. Die Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen sei deshalb bereits hinreichend konkretisiert.

 

Hinweis

Der Entscheidung ist zutreffend. Sie liegt zwar nicht auf der Linie der Finanzverwaltung, entspricht aber der weit überwiegenden Ansicht in der Literatur. Bei einem Betrieb, der nach der BpO als Großbetrieb anzusehen ist, muss nach allen Statistiken damit gerechnet werden, dass dieser anschlussgeprüft wird, und alles jedes Jahr einer Betriebsprüfung unterzogen wird. Wenn dies so ist, muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass die Kosten für die Durchführung einer Betriebsprüfung auf das Unternehmen zukommen werden. Folglich liegen dies Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB vor. Dies gilt gleichermaßen für steuerliche Zwecke.

Somit erscheint an diesem Urteil höchstens überraschend, dass es dazu überhaupt kommen musste. Sollte das Urteil durch den BFH bestätigt werden, womit zu rechnen sein sollte, bedeutet dies, dass zukünftig keine Diskussionen mehr über die grundsätzliche Bildung einer Rückstellung mehr erforderlich sein dürfte.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.10.2010, 3 K 2555/09; Az. des BFH: IR 99/10.

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