Leitsatz

Die Dürftigkeit des Nachlasses ist zu verneinen, wenn der Nachlass erst durch ein Handeln des Erben, etwa unsachgemäße Verwaltung, dürftig geworden ist. Der gegen den Erben dann bestehende Erstattungsanspruch ist dem Nachlass hinzuzurechnen.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt hat den Antragsteller aus einem bestandskräftigen Haftungsbescheid für die Haftungsschulden des Vaters des Antragstellers in Anspruch genommen und in das Immobilieneigenvermögen des Antragstellers durch Eintragung einer Zwangshypothek vollstreckt. Die Zwangsversteigerung der Grundstücke ist angeordnet worden.

Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung und beruft sich zur Begründung des Antrags auf seine infolge der Dürftigkeit des Nachlasses eingetretene beschränkte Erbenhaftung.

 

Entscheidung

Die Voraussetzungen zum Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, die gemäß § 114 Abs. 1 FGO erlassen werden kann, liegen nicht vor. Der Antragsteller muss einen bestimmten Anordnungsanspruch und einen sog. Anordnungsgrund schlüssig darlegen und gegebenenfalls glaubhaft machen. Ein Anordnungsanspruch ist in diesem Fall nicht gegeben, da die Voraussetzungen für die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass nicht erfüllt sind.

Die beschränkte Erbenhaftung des Antragstellers wird nicht durch die Errichtung des notariell beurkundeten Nachlassverzeichnisses (Inventar) herbeigeführt. Darüber hinaus wurde weder die Nachlassverwaltung angeordnet noch trat Nachlassinsolvenz ein, so dass auch dadurch keine Beschränkung der Erbenhaftung eingetreten ist. Auch die Erklärung eines dritten Gläubigers, auf die Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu verzichten, führt nicht zu der gewünschten Haftungsbeschränkung.

Die Dürftigkeitseinrede, auf die sich der Antragsteller schließlich noch beruft, ist auf Grund der mangelhaften Verwaltung des Nachlasses seit dem Anfall der Erbschaft entfallen. Denn der Antragsteller haftet in Höhe der verbrauchten bzw. auf eigene Rechnung veräußerten Nachlassgegenstände. Dieser gegenüber dem Antragsteller bestehende Ersatzanspruch ist der Nachlassmasse hinzuzurechnen. Die die Kosten des Nachlassinsolvenzverfahrens oder -verwaltungsverfahrens deckende Masse ist auf Grund des gegenüber dem Antragsteller bestehenden Erstattungsanspruchs gegeben, eine Dürftigkeit des Nachlasses somit nicht vorhanden.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.05.2006, 3 V 25/05

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