Leitsatz

Einheitswert der Schuldnerwohnung muss Zwangsvollstreckungsgläubigern nach derzeitiger Gesetzeslage durch die Finanzbehörden nicht bekannt gegeben werden

 

Normenkette

§ 10 ZVG; § 30 Abs. 4 AO; § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Die Finanzbehörde ist nicht befugt, den Einheitswert einer Schuldnerwohnung einem in das Wohnungseigentum vollstreckenden Gläubiger mitzuteilen. Die Offenbarung von Verhältnissen, die – wie der Einheitswertbescheid – in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, ist nur in den gesetzlich genannten Ausnahmefällen möglich. Das WEG sieht – derzeit – eine solche Ausnahme nicht vor. Eine Offenbarung aufgrund des Gerichtskostengesetzes ist nur zur Kostenberechnung zulässig, nicht zum Nachweis der Voraussetzungen einer Zwangsversteigerung.
  2. Gläubiger können im Wohnungseigentumsrecht Werte einer Schuldnerwohnung meist auch durch Vergleichsberechnungen in zutreffender Höhe schätzen. Um aus der Rangklasse 2 nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG vollstrecken zu können, müsste also zunächst ein Schuldner zur Herausgabe des Einheitswertbescheids oder zur Abgabe der Zustimmung bzw. zu dessen Bekanntgabe verklagt und verurteilt werden. Ohne entsprechenden Titel ist eine rasche Anordnung der Zwangsversteigerung unter Ausnutzung der Rangklasse 2 nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich.
Anmerkung

Insoweit hat die Bundesregierung bereits gesetzlichen Reformbedarf bestätigt und eine Neuregelung angekündigt.

Nach Zustimmung durch den Bundesrat ist die Gesetzesänderung zwischenzeitlich (mit Wirkung 11.7.2009) in Kraft getreten: "Wohnungseigentümergemeinschaften können künftig über das Finanzamt den Einheitswert von Wohnungen säumiger Hausgeldschuldner in Erfahrung bringen!"

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf v. 12.11.2008, 4 K 170/08 AO, ZMR 2009, 213

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