(1) 1Für den Begriff der Leibrente im Sinne des § 22 Nr. I Satz 3 Buchstabe a EStG ist, soweit es sich nicht um Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung handelt, vom bürgerlichen Recht (§§ 759 ff. BGB) auszugehen. 2Er hat ein einheitliches nutzbares Recht (Rentenstammrecht) zum Inhalt, das dem Berechtigten für eine vom Leben einer Person abhängige Zeit eingeräumt ist und dessen Früchte als fortlaufend wiederkehrende gleichmäßige, zahlen- oder wertmäßig fEStGelegte Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen bestehen; auf die BFH-Urteile vom 27.9.1973 (BStBl 1974 II S. 103) und vom 18. 3.1980 (BStBl II S. 501) wird hingewiesen. 3Eine grundsätzlich auf Lebensdauer einer Person zu entrichtende Rente bleibt eine Leibrente auch dann, wenn sie unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. Wiederverheiratung, früher endet (BFH-Urteil vom 5.12.1980 - BStBl 198III S. 265). 4Der Erwerb des Stammrechts spielt sich auf der Vermögensebene ab. 5Es ist ohne Bedeutung, ob der Berechtigte das Stammrecht entgeltlich oder unentgeltlich erworben hat (BFH-Urteil vom 7.8.1959 - BStBl III S. 463). 6Durch die Einräumung eines lebenslänglichen Wohnrechts und die Versorgung mit elektrischem Strom und Heizung wird eine Leibrente nicht begründet (BFH-Urteile vom 2. 12.1966 - BStBl 1967 III S. 243 und vom 12. 9.1969 - BStBl II S.706). 7Eine Leibrente liegt ebenfalls nicht vor, wenn bei wiederkehrenden Bezügen die einzelnen Leistungen davon abhängig sind, daß der Berechtigte ein Wettbewerbsverbot beachtet (BFH-Urteil vom 11. 3.1975 - BStBl II S. 630). 8Aus dem Erfordernis der Gleichmäßigkeit ergibt sich, daß eine Leibrente ferner nicht gegeben ist, wenn die Bezüge von einer wesentlich schwankenden Größe, z. B. Umsatz oder Gewinn eines Unternehmens, abhängen; das gilt auch dann, wenn die Bezüge sich nach einem festen Vomhundertsatz oder einem bestimmten Verteilungsschlüssel bemessen (BFH-Urteile vom 10. 10. 1963 - BStBl III S. 592, vom 27. 5. 1964 - BStBl III S. 475 und vom 25. 11. 1966 - BStBl 1967 III S. 178). 9Unterliegt die Bemessungsgrundlage jedoch keinen oder nur unbedeutenden Schwankungen, so kann eine Leibrente vorliegen. 10Veränderungen in der absoluten Höhe, die sich deswegen ergeben, weil die Bezüge aus gleichmäßigen Sachleistungen bestehen, stehen der Annahme einer Leibrente nicht entgegen. 11Durch einen Vertrag, bei dem die einzelnen Rentenbezüge von den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen des Gebers oder Empfängers abhängig sind, wird kein einheitliches Stammrecht begründet (BFH-Urteil vom 11. 10. 1963 - BStBl III S. 594). 12Im einzelnen gilt folgendes:
1. |
1Unterhaltsverträge zwischen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten sind für die Frage, ob eine Leibrente vorliegt oder nicht, nur von Bedeutung, wenn der Unterhaltsverpflichtete nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist (§ 22 Nr. I Satz 2 EStG). 2In der Regel wird kein einheitliches Stammrecht begründet, weil diese Verträge im allgemeinen mindestens stillschweigend den Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Gebers und des Unterhaltsbedürfnisses des Empfängers enthalten. 3Eine Leibrente liegt nur dann vor, wenn auf Änderungsmöglichkeiten nach § 323 ZPO ausdrücklich verzichtet wird (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 27.9.1973 - BStBl 1974 II S. 103 und die dort angeführte weitere Rechtsprechung sowie auf das BFH-Urteil vom 1. 8. 1975 - BStBl II S.881). |
2. |
a) |
1Bei einem Betriebs- oder Vermögensübergabevertrag kann eine Leibrente nur vorliegen, wenn der Vertrag keine Klausel enthält, die entsprechend dem Rechtsgedanken des § 323 ZPO eine jederzeitige Abänderbarkeit der Geldrente ermöglicht. 2Eine Leibrente ist dann nicht gegeben, wenn die vertraglichen Vereinbarungen ausdrücklich vorsehen, daß eine Änderung nach § 323 ZPO nicht ausgeschlossen ist (BFH-Urteile vom 1. 8.1975 - BStBl II S. 881 und vom 20. 5.1980 - BStBl II S. 573); es sei denn, die Klausel hat lediglich die Bedeutung einer Wertsicherungsklausel im Sinne der Nummer 4 (BFH-Urteil vom 28. 1. 1986 - BStBl II S. 348). 3E1ne nachträgliche Erläuterung des Vertrags dahingehend, daß die Anwendung des § 323 ZPO nicht habe ausgeschlossen sein sollen, läßt den Leibrentencharakter der laufenden Zahlungen jedoch unberührt (BFH-Urteil vom 19. 9. 1980 - BStBl 1981 II S. 26). 4Das gleiche gilt bei einer vertraglichen Vereinbarung, daß bei Wegfall der Geschäftsgrundlage die Höhe der Rentenzahlung der Abänderung unterliegen soll (BFH-Urteil vom 12. 4. 1967 - BStBl III S. 668). |
b) |
1Werden auf Grund eines Übergabevertrags verschiedenartige laufende Leistungen (z. B. bei Altenteilsleistungen auf Grund von Hofübergabeverträgen zwischen Eltern und Kindern) erbracht, wobei es sich auch ausschließlich um Geldleistungen handeln kann, so ist grundsätzlich bei jeder Leistung gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Leibrente oder von sonstigen wiederkehrenden Bezügen im Sinne des Abschnitts 165 erfüllt sind (BFH-Urteile vom 2.12.1966 - BStBl 1967 III S. 243, vom 18. 3. 1980 - BStBl II S. 50... |
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