Allgemeines
(1) 1Nach§ 240 Abs. 2, § 242 Abs. 1 und 2 HGB haben Kaufleute für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs ein Inventar, eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. 2Das Inventar, in dem die einzelnen Vermögensgegenstände nach Art, Menge und unter Angabe ihres Werts genau zu verzeichnen sind (→BFH vom 23. 6. 1971 - BStBl II S. 709), ist auf Grund einer körperlichen Bestandsaufnahme (Inventur) zu erstellen; § 241 Abs. 1 HGB und R 36 Abs. 4 und 5 bleiben unberührt. 3Die Inventur für den Bilanzstichtag braucht nicht am Bilanzstichtag vorgenommen zu werden. 4Sie muß aber zeitnah - in der Regel innerhalb einer Frist von zehn Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag - durchgeführt werden. 5Dabei muß sichergestellt sein, daß die Bestandsveränderungen zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Bestandsaufnahme anhand von Belegen oder Aufzeichnungen ordnungsgemäß berücksichtigt werden. 6Können die Bestände aus besonderen, insbesondere klimatischen Gründen nicht zeitnah, sondern erst in einem größeren Zeitabstand vom Bilanzstichtag aufgenommen werden, so sind an die Belege und Aufzeichnungen über die zwischenzeitlichen Bestandsveränderungen strenge Anforderungen zu stellen.
Permanente Inventur
(2) 1Auf Grund des § 241 Abs. 2 HGB kann das Inventar für den Bilanzstichtag auch ganz oder teilweise auf Grund einer permanenten Inventur erstellt werden. 2Der Bestand für den Bilanzstichtag kann in diesem Fall nach Art und Menge anhand von Lagerbüchern (Lagerkarteien) festgestellt werden, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
1. |
1In den Lagerbüchern und Lagerkarteien müssen alle Bestände und alle Zugänge und Abgänge einzeln nach Tag, Art und Menge (Stückzahl, Gewicht oder Kubikinhalt) eingetragen werden. 2Alle Eintragungen müssen belegmäßig nachgewiesen werden. |
2. |
1In jedem Wirtschaftsjahr muß mindestens einmal durch körperliche Bestandsaufnahme geprüft werden, ob das Vorratsvermögen, das in den Lagerbüchern oder Lagerkarteien ausgewiesen wird, mit den tatsächlich vorhandenen Beständen übereinstimmt (→BFH vom 11. 11. 1966 - BStBl 1967 III S. 113). 2Die Prüfung braucht nicht gleichzeitig für alle Bestände vorgenommen zu werden. 3Sie darf sich aber nicht nur auf Stichproben oder die Verprobung eines repräsentativen Querschnitts beschränken; die Regelung in § 241 Abs. 1 HGB bleibt unberührt. 4Die Lagerbücher und Lagerkarteien sind nach dem Ergebnis der Prüfung zu berichtigen. 5Der Tag der körperlichen Bestandsaufnahme ist in den Lagerbüchern oder Lagerkarteien zu vermerken. |
3. |
1Über die Durchführung und das Ergebnis der körperlichen Bestandsaufnahme sind Aufzeichnungen (Protokolle) anzufertigen, die unter Angabe des Zeitpunkts der Aufnahme von den aufnehmenden Personen zu unterzeichnen sind. 2Die Aufzeichnungen sind wie Handelsbücher zehn Jahre aufzubewahren. |
Zeitverschobene Inventur
(3) 1Nach§ 241 Abs. 3 HGB kann die jährliche körperliche Bestandsaufnahme ganz oder teilweise innerhalb der letzten drei Monate vor oder der ersten zwei Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden. 2Der dabei festgestellte Bestand ist nach Art und Menge in einem besonderen Inventar zu verzeichnen, das auch auf Grund einer permanenten Inventur (→Absatz 2) erstellt werden kann. 3Der in dem besonderen Inventar erfaßte Bestand ist auf den Tag der Bestandsaufnahme (Inventurstichtag) nach allgemeinen Grundsätzen zu bewerten. 4Der sich danach ergebende Gesamtwert des Bestands ist dann wertmäßig auf den Bilanzstichtag fortzuschreiben oder zurückzurechnen. 5Der Bestand braucht in diesem Fall - im Gegensatz zur Inventur nach den Absätzen 1 und 2 - auf den Bilanzstichtag nicht nach Art und Menge festgestellt zu werden; es genügt die Feststellung des Gesamtwerts des Bestands auf den Bilanzstichtag. 6Die Bestandsveränderungen zwischen dem Inventurstichtag und dem Bilanzstichtag brauchen ebenfalls nicht nach Art und Menge aufgezeichnet zu werden. 7Sie müssen nur wertmäßig erfaßt werden. 8Das Verfahren zur wertmäßigen Fortschreibung oder Rückrechnung des Gesamtwerts des Bestands am Inventurstichtag auf den Bilanzstichtag muß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. 9Die Fortschreibung des Warenbestands kann dabei nach der folgenden Formel vorgenommen werden, wenn die Zusammensetzung des Warenbestands am Bilanzstichtag von der des Warenbestands am Inventurstichtag nicht wesentlich abweicht: Wert des Warenbestands am Bilanzstichtag = Wert des Warenbestands am Inventurstichtag zuzüglich Wareneingang abzüglich Wareneinsatz (Umsatz abzüglich des durchschnittlichen Rohgewinns). 10Voraussetzung für die Inanspruchnahme von steuerlichen Vergünstigungen, für die es auf die Zusammensetzung der Bestände am Bilanzstichtag ankommt, wie z. B. bei der Bewertung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 a EStG oder bei dem Bewertungsabschlag für bestimmte Importwaren nach § 80 EStDV, ist jedoch, daß die tatsächlichen Bestände dieser Wirtschaftsgüter am Bilanzstichtag durch körperliche Bestandsaufnahme oder durch permanente Inventur nachgewiese...